The Man That Was Used Up

The Man That Was Used Up. A Tale of Late Bugaboo and Kickapoo Campaign (Ein verbrauchter Mann) ist der Titel einer satirischen Kurzgeschichte des amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe, die er im August 1839 in Burton’s Gentleman's Magazine veröffentlichte und 1840 in die Sammlung Tales of the Grotesque and Arabesque aufnahm.
Ein für Poes Geschichten typischer namenloser Ich-Erzähler vermag nach einigen Schwierigkeiten hinter das Geheimnis eines hochdekorierten Brigadegenerals zu kommen.
Inhalt
Ein Freund führt den Erzähler bei John A. B. C. Smith ein, einem „wahrlich schneidigen Burschen“, der in vielen Schlachten Heldentaten vollbracht haben soll. Mit seinem „Haupthaar“, das einem Brutus „Ehre gemacht“ hätte, dem Ebenmaß der Brust, den Schultern, die Apollon beschämt hätten und der wohltönenden Stimme scheint er das Ideal eines Mannes zu sein.[1]
Ihm fällt auf, dass der Held sich mit einer gewissen Steifheit und „rechtwinklige(n) Präzision“ bewegt, die ihm bei einer derart überragenden Persönlichkeit indes nicht affektiert oder gezwungen, sondern angemessen erscheint.[2] Der Freund deutet an, dass der „Desperado“ bei den Damen wegen seines Draufgängertums beliebt sei, beginnt zu flüstern und will gerade mehr erklären, als der General ihn unterbricht und sich ein Gespräch entwickelt. Dabei erweist er sich als angenehmer Causeur mit überragender Allgemeinbildung, wenn er auch auf Einzelheiten der Schlachten nicht weiter eingeht, ins Philosophische abdriftet und sehr ausführlich die Errungenschaften der Technik und die neuesten Erfindungen preist.
Nach dem Gespräch ist der Erzähler neugierig geworden und trifft unterschiedliche Freunde und Bekannte, von denen er sich weitere Angaben verspricht. Sie alle loben Smith, verfluchen die Indianer, preisen langatmig das erfindungsreiche Zeitalter, deuten aber ein schreckliches Schicksal des Generals an. Der Erzähler kann sich noch so sehr bemühen, endlich Details zu erfahren - es gelingt ihm nicht, denn stets weichen sie aus, werfen andere Namen ein oder werden unterbrochen.
Als auch der vierte Versuch scheitert, begibt er sich zur Quelle selbst, um das „verruchte Geheimnis“ zu lösen.[3] Früh am Morgen steht er vor der Tür, wird aber vom Kammerdiener zunächst ins Schlafgemach geführt, da der Held noch mit der Morgentoilette beschäftigt sei. Er blickt sich um und sieht auf dem Boden nur ein „wunderlich ausschauendes Bündel-Etwas“.[4] Schlecht gelaunt, befördert er es mit einem Fußtritt zur Seite. Da beginnt das Bündel mit quiekender Stimme zu sprechen und beklagt das wenig zivilisierte Benehmen. Entsetzt stolpert er zurück und sieht mit an, wie der bald herbeigerufene Diener aus Korkbeinen, Glasaugen, weiteren Teilen und einer Perücke das Wesen zusammensetzt, das sich bald als General Smith entpuppt. Man müsse ja nicht „mit den Bugabus und Kickapus kämpfen, wenn man mit nur einer Schramme davonkommen will.“[5] Nachdem er auch seinen künstlichen Gaumen erhalten hat, steht er in alter Pracht vor ihm und kann erneut seine melodische Stimme erklingen lassen.
Hintergrund

Mit dem Titel der Erzählung spielte Poe auf den Wahlkampfslogan der Whig Party „Van, Van, is a used-up man“ an,[6] der sich gegen den amerikanischen Präsidenten Martin Van Buren richtete, dessen Amtszeit kürzer war als der kostspielige zweite Seminolenkrieg. Er war zunächst Vizepräsident unter Andrew Jackson, der sich als Oberbefehlshaber an den Indianerkriegen beteiligt hatte und den Indian Removal Act unterstützte.
Der Wort „Kickapoo“ im Untertitel bezieht sich auf einen Indianerstamm, gegen den der Held gekämpft haben will und den Poe in seiner 1840 veröffentlichten Erzählung The Business Man ebenfalls kurz erwähnte.[7]
Neben der Kritik an fortschrittsgläubigen und materialistischen Positionen nahm Poe in seiner Satire vermutlich den langjährigen General Winfield Scott aufs Korn, der sich an den Kämpfen gegen die Indianer beteiligt hatte. Der Veteran des Britisch-Amerikanischen Krieges nahm später auch am Mexikanisch-Amerikanischen und Sezessionskrieg teil, war mit Edgar und seinem Ziehvater John Allan bekannt und genoss zu dem Zeitpunkt großes Ansehen.[8]
Während Poes Zeit als Unteroffizier beim Artillerieregiment waren die Vorgesetzten mit seiner Leistung so zufrieden, dass sie bereit waren, ihn bereits am 1. Januar 1829 zum Seargeant-Major zu befördern. Er war zwar stolz, den Rang so schnell erreicht zu haben, konnte aber nach den Militärstatuten nicht weiter aufsteigen und strebte eine vorzeitige Entlassung an, für die er das Einverständnis seines Ziehvaters benötigte. Der aber war zunächst nicht bereit, dem undiplomatisch vorgetragenen Wunsch Poes zu entsprechen. Später ließ Poe sich von zwei Offizieren überzeugen, die militärische Laufbahn doch nicht aufzugeben. Sie rieten ihm, sich als Kadett für die Militärakademie West Point zu bewerben, um in der Hierarchie weiter aufsteigen zu können. So wandte sich Poe erneut an Allan und bat ihn, sich beim Justizminister der Vereinigten Staaten William Wirt und General Scott für ihn einzusetzen, um eine Empfehlung zu erhalten.[9] Die erst spät eintreffende Antwort war enttäuschend und schockierend zugleich. Poe erfuhr, dass Frances Allan im Sterben lag und er sich nach Richmond begeben solle. In der Bibliothek Winfield Scotts fand sich später auch ein mit persönlicher Widmung versehenes Belegexemplar des Gedichtbandes Al Aaraaf, Tamerlane, and Minor Poems.[10]
Burlesken und Satiren
Die Kurzgeschichte zeigt eine Seite Poes, die relativ unbekannt ist, wird sein Name doch vorwiegend mit den Schreckens- und Schauergeschichten verbunden, zu denen Der Untergang des Hauses Usher, Der schwarze Kater oder Das vorzeitige Begräbnis gehören, deren Effekte den Leser unmittelbar ansprechen. Ein wichtiger Bereich seines Werkes, der von Kritikern vergleichsweise wenig beachtet wurde, kann indes als satirisch, burlesk und parodistisch bezeichnet werden.[11] Neben The Man That Was Used Up zählen auch The Duc de L'Omelette, König Pest und A Tale of Jerusalem zu den Burlesken.[12]
Gegenüber den Geschichten des Grauens setzen die Satiren und Burlesken häufig ein umfangreiches Hintergrundwissen über den literarischen Geschmack der Zeit und andere Details voraus, um verstanden zu werden, was zu ihrer vergleichsweise geringen Popularität führte.[13]
Die „Arabesken“ und „Grotesken“ lassen sich nicht einfach voneinander abgrenzen, zumal Poe selbst die Begriffe nicht eindeutig unterschied und beide den Charakter seines Werkes ausmachen, das als „bizarr“ und „überraschend“ ebenso eingestuft werden kann wie als „originell“ und „phantasievoll“.[14] Von seinen frühen fünf Beiträgen für die Philadelphia Saturday Courier ist lediglich seine erste Erzählung Metzengerstein eine Arabeske, die auf die späteren großen Schreckensgeschichten deutet, während die übrigen vier zu den Burlesken gehören.[15] Trotz dieser Abgrenzungsschwierigkeiten lassen sich für Poes Burlesken und Satiren gewisse Wesenszüge herausarbeiten. Zu ihren gehört etwa die Entwicklung eines Betrugs, der im Verlauf der Erzählung entdeckt wird.[16] Ein weiteres Kennzeichen sind neben den vielen Wortspielen und doppeldeutigen Redensarten seine bizarren, häufig ins Tierhafte und Verkrüppelte gehenden Figurenzeichnungen, mit denen er die romantische und gotische Schauerliteratur parodierte.[17]
Untersucht man sein Frühwerk, fällt auf, dass Poe auf den groben Humor nach 1838 verzichtete und bei seinen Überarbeitungen auf viele obszöne und beleidigende Anspielungen und aufdringliche Tiraden verzichtete.[18]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Zit. nach: Edgar Allan Poe: Ein verbrauchter Mann. In: Edgar Allan Poe, Gesammelte Werke in 5 Bänden, Band II. Der Fall des Hauses Ascher. Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger, Haffmans Verlag, Zürich 1999, S. 20
- ↑ Zit. nach: Edgar Allan Poe: Ein verbrauchter Mann. In: Edgar Allan Poe, Gesammelte Werke in 5 Bänden, Band II. Der Fall des Hauses Ascher. Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger, Haffmans Verlag, Zürich 1999, S. 21
- ↑ Edgar Allan Poe: Ein verbrauchter Mann. In: Edgar Allan Poe, Gesammelte Werke in 5 Bänden, Band II. Der Fall des Hauses Ascher. Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger, Haffmans Verlag, Zürich 1999, S. 29
- ↑ Edgar Allan Poe: Ein verbrauchter Mann. In: Edgar Allan Poe, Gesammelte Werke in 5 Bänden, Band II. Der Fall des Hauses Ascher. Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger, Haffmans Verlag, Zürich 1999, S. 29
- ↑ Edgar Allan Poe: Ein verbrauchter Mann. In: Edgar Allan Poe, Gesammelte Werke in 5 Bänden, Band II. Der Fall des Hauses Ascher. Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger, Haffmans Verlag, Zürich 1999, S. 30
- ↑ Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Metzler, Stuttgart 1991, S.5
- ↑ Kuno Schuhmann: Anmerkungen zu Ein verbrauchter Mann. In: Edgar Allan Poe: Der Fall des Hauses Ascher, Gesammelte Werke in 5 Bänden, Band II. Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt und Hans Wollschläger, Haffmans Verlag, Zürich 1999, S. 409
- ↑ Frank T. Zumbach: E.A. Poe – Eine Biographie. Patmos Verlag, Düsseldorf 2007, S. 51
- ↑ Frank T. Zumbach: E.A. Poe – Eine Biographie. Patmos Verlag, Düsseldorf 2007, S. 162
- ↑ Frank T. Zumbach: E.A. Poe – Eine Biographie. Patmos Verlag, Düsseldorf 2007, S. 200
- ↑ Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Metzler, Stuttgart 1991, S.70
- ↑ Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Metzler, Stuttgart 1991, S.71
- ↑ So Henning Thies: Kindlers Neues Literatur Lexikon. Band 13, Edgar Allan Poe, The Duc de L’Omelette. München 1991, S. 478
- ↑ So Henning Thies: Kindlers Neues Literatur Lexikon. Band 13, Edgar Allan Poe, The Duc de L’Omelette. München 1991, S. 478
- ↑ Henning Thies: Kindlers Neues Literatur Lexikon. Band 13, Edgar Allan Poe, The Duc de L’Omelette. München 1991, S. 478
- ↑ Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Metzler, Stuttgart 1991, S.70
- ↑ Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Metzler, Stuttgart 1991, S.71
- ↑ Liliane Weissberg: Edgar Allan Poe. Metzler, Stuttgart 1991, S.71