Sozialdemokratische Partei Österreichs
Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) ist eine der ältesten Parteien Österreichs. Sie stellt vier Landeshauptmänner bzw. -frauen (Wien, Burgenland, Salzburg und Steiermark) und regiert in Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich und Kärnten in der Landesregierung als Juniorpartner oder mittels Proporzsystem der Landesräte mit (Stand Dezember 2005). Sie stellt viele Bürgermeister, u.a. in Wien, Linz, Salzburg, St. Pölten, Wels, Steyr, Amstetten, Villach, Wolfsberg, Leoben, Bruck an der Mur, Kapfenberg, Wiener Neustadt, Knittelfeld, Judenburg. Darüber hinaus ist sie besonders stark in den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer sowie einigen Betrieben vertreten. Der SPÖ stehen zahlreiche Vorfeldorganisationen in allen Bereichen nahe, darunter ARBÖ, ASKÖ, Volkshilfe, Kinderfreunde , SJÖ und die Aktion kritischer SchülerInnen .
Geschichtliche Entwicklung
Von den Anfängen bis 1945
Der Gründungsparteitag fand 1874 im burgenländischen Neudörfl statt. In den folgenden Jahren kam es zu Spaltungen in gemäßigte und anarchistische Gruppen, ehe der Armenarzt Viktor Adler 1889 die verschiedenen Gruppen einigen konnte. Die Partei stand auf dem Boden des Marxismus und erfreute sich steigender Wählerzahlen vor allem in Wien, Böhmen und Mähren, aber auch in den industrialisierten Gebieten der Steiermark, Ober- und Niederösterreichs. Aufgrund der Einführung des allgemeines Wahlrechtes für Männer vervielfachte sich ihr Mandatsstand im Abgeordnetenhaus bei den Wahlen 1907, als sie bereits knapp nach den Christlichsozialen zweistärkste Partei wurden. 1911 wurde sie dann stärkste Partei.
Trotz ihres Eintretens für die 2. Sozialistische Internationale unterstützte sie in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs die staatliche Politik, erst im Winter 1917/18 organisierte man umfangreiche Streiks, die auch ein Grund waren für das Ende der Monarchie und die Ausrufung der "Republik Deutsch-Österreich" im November 1918. Die SDAPÖ war auch nach dem Vertrag von Saint-Germain für den Anschluss an Deutschland, da man sich dort früher als in Österreich die sozialistische Revolution erwartete.
Während der gesamten ersten Republik standen sich zwei Parteiflügel gegenüber: die gemäßigten Sozialdemokraten (liberale Demokratie, Wohlfahrtsstaat) unter Karl Renner und die radikaleren Austromarxisten unter Otto Bauer. 1918-1920 war man Teil der großen Koalition mit den Christlichsozialen, wo neben der Verfassung einige soziale Errungenschaften verankert wurden (Achtstundentag, Betriebsrätegesetz etc.). Nachdem 1920 die CS die Wahlen gewannen, ging man in Opposition, letztendlich kam man in der 1. Republik nie mehr an die Regierung. 1924 wurde der "Republikanische Schutzbund" als paramilitärische Organisation der SDAP gegründet, der später die Heimwehren als Gegner hatte. Das Linzer Programm von 1926, stark unter dem Einfluss Otto Bauers stehend, verstärkte noch einmal die Kluft zwischen "Rot" und "Schwarz". Erste offene Konflikte entstanden aufgrund des Schattendorf Urteils, das zur Brandstiftung des Justizpalastes durch Sozialdemokraten führte.
1933 schaltete sich das Parlament bei einer an sich bedeutungslosen Abstimmung selbst aus, was die christsoziale Dollfuß-Regierung nützte, um mit Notgesetzen autoritär weiter zu regieren und einen Kampf gegen die Sozialdemokratie zu führen, was zum Bürgerkrieg im Februar 1934 führte. Daraufhin wurde die SDAP verboten und der austrofaschistische Ständestaat errichtet. Ihre Nachfolgepartei, die SPÖ wurde 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung, gegründet.
siehe auch: Geschichte Österreichs: Februarkämpfe, Austrofaschismus und Ständestaat
Von 1945 bis heute

Am 14. April 1945 wurde die Partei als Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) neu gegründet; erster Bundesvorsitzender wurde Adolf Schärf. Am 20. Dezember 1945 wird das SPÖ-Mitglied Karl Renner durch die Bundesversammlung zum ersten Bundespräsidenten der 2. Republik gewählt. Die SPÖ vertrat einen gemäßigten, pragmatischen Kurs und wirkte in der Konzentrationsregierung und in mehreren Koalitionen mit der ÖVP mit. Sie konnte unter anderem die Verstaatlichung vieler Betriebe und darüber hinaus eine Verbesserung der Situation von Arbeitern bewirken.
1966 bis 1970 war die SPÖ in Opposition um schließlich 1970 mit dem neuen Parteivorsitzenden Bruno Kreisky eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der FPÖ zu bilden. Von 1971 bis 1983 regierte sie mit absoluter Mehrheit, danach bildete sie eine Koalition mit der FPÖ. Die Koalition wurde 1986, nach der Machtübernahme Jörg Haiders innerhalb der FPÖ, aufgelöst und die SPÖ bildete bis 1999 eine Koalition mit der ÖVP. Im Jahr 2000 ging die SPÖ in Opposition. Bei der Nationalratswahl im Jahr 2002 erreichte sie Stimmengewinne, jedoch blieb durch den Erdrutschsieg der ÖVP die Mehrheit aus ÖVP und FPÖ mit 5 Mandaten Vorsprung bestehen.
Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich gewann die SPÖ im Jahr 2003 11% hinzu (von 27% auf 38%) und ist damit mit vier von neun Landesräten in Oberösterreich vertreten. In Salzburg gewann die SPÖ im März 2004 13% hinzu und erreichte 45 Prozent. Damit überholte sie die ÖVP, die auf 38% kam und stellt mit Gabi Burgstaller in Salzburg erstmals den Landeshauptmann bzw. Landeshauptfrau (diese Bezeichnung wird von Burgstaller vorgezogen). Ebenfalls 2004 gewann mit Heinz Fischer wieder ein SPÖ-Kandidat die Bundespräsidentenwahl.
1991 wurde die Partei in Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) umbenannt. Sie ist mit einem durchschnittlichen Nationalratswahlergebnis von 40% nach den schwedischen Sozialdemokraten die erfolgreichste sozialdemokratische Partei Europas.
2005 konnte nach mehr als dreijähriger Forschung der Bericht über die Aufklärung der sogenannten "braunen Flecken" innerhalb der Partei abgeschlossen werden. Er befasst sich mit Parteimitgliedern und Funktionären, die vor dem Anschluss Österreichs illegale Mitglieder der NSDAP bzw. ehemalige Nationalsozialisten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren. Als Beispiel wird der NS-Arzt und vermutliche Kindermörder in der NS-Euthanasieanstalt "Am Spiegelgrund", Heinrich Gross, genannt, der in der SPÖ zu hohen Ehren kam, mit diversen Auszeichnungen der Republik versehen wurde und von der österreichischen Justiz über lange Zeit vor Strafverfolgung geschützt wurde. (s. auch Literatur, Links)
Bundesparteivorsitzende seit 1945


Wahlergebnisse der letzten wichtigen Wahlen

Nationalratswahlen 2002: 36,5%
Mandate (total 183): 69
Europawahlen 2004: 33,5%
Mandate (total 732, Österreich 18): 7
Landtagswahlen Wien 2005: 49,1% (+2,2% Prozentpunkte gegenüber 2001)
Landtagswahlen Burgenland 2005: 51,8% (+5,2 Prozentpunkte gegenüber 2000)
Landtagswahlen Steiermark 2005: 40,7% (+8,4 Prozentpunkte gegenüber 2000)
Landtagswahlen Salzburg 2004: 45,3% (+13,1 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Landtagswahlen Kärnten 2004: 38,4% (+5,5 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Landtagswahlen Vorarlberg 2004: 16,8% (+3,9 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Landtagswahlen OÖ 2003: 38,3% (+11,3 Prozentpunkte gegenüber 1997)
Landtagswahlen NÖ 2003: 32,4% (+3,2 Prozentpunkte gegenüber 1998)
Landtagswahlen Tirol 2003: 25,9% (+3,1 Prozentpunkte gegenüber 1999)
Siehe auch: Gemeinderatswahl in Wien 2005
Prominente Mitglieder
Die Partei stellte mehrere Bundeskanzler und Bundespräsidenten:
- Karl Renner, Bundeskanzler 1918-1920 und Bundespräsident 1945-1950
- Theodor Körner, Bundespräsident 1951-1957
- Adolf Schärf, Bundespräsident 1957-1965
- Franz Jonas, Bundespräsident 1965-1974
- Bruno Kreisky, Bundeskanzler 1970–1983
- Fred Sinowatz, Bundeskanzler 1983–1986
- Franz Vranitzky, Bundeskanzler 1986–1997
- Viktor Klima, Bundeskanzler 1997–2000
- Heinz Fischer, Bundespräsident seit 2004
Eine Auswahl aktiver SPÖ-Politiker und -Politikerinnen:
- Alfred Gusenbauer, Bundesparteivorsitzender
- Michael Häupl, Wiener Bürgermeister
- Hans Niessl, Burgenländischer Landeshauptmann
- Gabi Burgstaller, Salzburger Landeshauptfrau
- Franz Voves, Landeshauptmann der Steiermark
- Josef Cap, Obmann des Parlamentsklubs
- Barbara Prammer, 2. Nationalratspräsidentin
- Christoph Matznetter, Budget- und Finanzsprecher im Nationalrat
- Josef Broukal, österreichischer Journalist und Abgeordneter zum Nationalrat
- Renate Brauner, Wiener Sozial- und Gesundheitsstadträtin
Außerdem stellte die SPÖ mit Johanna Dohnal die erste Frauenministerin.
Parteizeitungen der SPÖ
Grundsatzprogramm
Das SPÖ-Grundsatzprogramm stammt vom Parteitag 1998. Darin werden die klassisch sozialdemokratischen Grundsätze angeführt (Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Vollbeschäftigung), gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit von Liberalisierung, Modernisierung und Veränderung thematisiert.
Literatur
- Caspar Einem, Wolfgang Neugebauer, Andreas Schwarz: Der Wille zum aufrechten Gang. Czernin Verlag, 2005. ISBN 370760196X / Buchbesprechung gibt es hier zu lesen.
- Maria Mesner (Hrsg.): Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch, Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg. Das Beispiel der SPÖ. Oldenbourg Verlag, 2005.
- Martin van Amerongen: KREISKY und seine unbewältigte Gegenwart, Styria Verlag, Graz, 1977
- Barbara Kaindl-Widhalm: Demokraten wider Willen? Autoritäre Tendenzen und Antisemitismus in der 2. Republik, Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1990
- Wolfgang Neugebauer: Widerstand und Opposition, in: NS-Herrschaft in Österreich, öbv und hpt, Wien, 2000.
Siehe auch
- SPÖ Tirol
- Kinderfreunde Österreich
- Rote Falken
- Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs
- Sozialistische Jugend Österreich
- Naturfreunde Österreich
- Bekannte Mitglieder der SPÖ
- SPÖ-Abgeordnete zum Österreichischen Nationalrat (22.Legislaturperiode)
Weblinks
- Sozialdemokratische Partei Österreichs
- Lexikon der Wiener SPÖ zu Geschichte und Begrifflichkeiten
- Linzer Programm (3. November 1926)
- Otto Bauer - Austromarxismus
- Geschichtspolitik der SPÖ 1970 bis 2000
- Der Mut zum Fleck Artikel im Falter über die Aufarbeitung der "braunen Flecken".