Imponderabilien
Imponderabilien (lat. imponderabilis - unwägbar) sind ein bildungssprachlicher Ausdruck für Unwägbarkeiten, also nicht vorhersehbare Risiken. Der Ausdruck wird nur im Plural verwendet; das Gegenteil sind Ponderabilien. Beide Begriffe gehen wahrscheinlich auf Lavoisier zurück, der damit die nicht wägbaren 'Elementarstoffe' (z.B. 'Lichtstoff') von den wägbaren Grundbestandteilen der Gase unterschied.
Der Ausdruck wird auch als Bezeichnung für Immissionen verwendet, die nicht unmittelbar wieder zu Boden sinken, wenn sie in die Luft ausgebracht sind. Diese sind damit im wörtlichen Sinne unwägbar: Man kann sie im gasförmigen Aggregatszustand nicht fassen, greifen oder eben wiegen.
In der Betriebswirtschaftslehre werden unter Imponderabilien wertmässig nicht oder nur schlecht quantifizierbare Einflussfaktoren auf eine Investitionsentscheidung verstanden.
Beispiele
Ihrer Natur nach unwägbar sind in jedem Falle Strahlungen wie das Licht, Geräusche, Erschütterungen und Wärme. Sie können, da sie kein stoffliches Substrat haben, nie gewogen werden.
Ihrem Aggregatszustand nach unwägbar sind Dämpfe, Ruß, Rauch, Staub und ähnliches, solange sie sich nicht gesetzt haben, also noch als Wolke existieren. Das Gleiche trifft für normalerweise fest oder flüssig auftretende Stoffe zu, sofern sie im gasförmigen Zustand sind wie etwa Wasserdampf. Haben sich dem Zustand nach unwägbare Stoffe niedergeschlagen oder ihren Aggregatszustand so geändert, dass sie fassbar und damit wägbar sind, sind sie keine Imponderabilien mehr: Kondensat von Wasserdampf, der niedergeschlagene (und zu einem Haufen zusammengekehrte) Ruß oder Staub sind wägbar. Stoffe, die ihrem Zustand nach unwägbar sind, sind dann keine Imponderabilien, wenn sie in einem Behältniss gefasst sind: Das Gas in einer Gasflasche ist keine Imponderabilie; man kann es wiegen. Dreht man den Gashahn auf und lässt es in die freie Luft entweichen, wird es zur Imponderabilie.
Bienen und andere Insekten, ebenso wie Vögel, sind wägbar, obwohl sie normalerweise nicht unmittelbar zu Boden sinken, wenn sie in die Luft ausgebracht werden, sondern davonfliegen und damit eigentlich unfassbar sind. Sie fallen, etwa wenn sie betäubt sind, genauso zu Boden wie ein Stein (die klassische Ponderabile) und sind damit wägbar.
Zivilrecht
Nach dem deutschen Bürgerlichen Recht wird bei Imponderabilien, die ein Grundstück und die Eigentümer (nicht die Besitzer) beeinträchtigen, nach Vorlage:Zitat de § BGB das grundsätzlich bestehende Recht des Eigentümers, jeden Dritten von jeder Einwirkung auszuschließen, erheblich eingeschränkt. Denn das Abwehrrecht des Eigentümers kann bei Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnlichen von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen kann nicht durchgesetzt werden, wenn die Imponderabilien die Benutzung des Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Eine solche unwesentliche Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Immissionsvorschriften für die Anlage eingehalten werden oder die Immission ortsüblich ist und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Schutzeinrichtungen verhindert werden kann. Dieser (eingeschränkte) privatrechtliche Immissionsschutz mit dem öffentlich-rechtlichen Immissionsschutz kann heute nur noch in Ausnahmefällen kollidieren, weil die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Pflichten nahezu ausnahmslos dazu führt, dass auch der Privatmann ein Abwehrrecht nicht hat. Der öffentlich-rechtliche Immissionsschutz (durch das BImSchG, TA Lärm, TA Luft unter anderem) konkretisiert durch die vorgegebenen Grenzwerte die Wesentlichkeit der Imponderabilien.
Ist der Abwehranspruch gegen die Imponderabilien ausgeschlossen, weil die Abwehr bspw. unmöglich ist, so besteht ein Ausgleichsanspruch auf Grundlage eines enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs.
Da Imponderabilien nicht beherrschbar sind, kann an ihnen, auch wenn sie körperliche Gegenstände sind, so lange kein Eigentum bestehen als sie noch unbeherrschbar sind. An einer Rußwolke oder an frei auströmendem Gas ist daher, ein Eigentum nicht möglich, wohl aber am niedergeschlagenen (und zusammengekehrten) Ruß oder am gefassten Gas.
Öffentliches Recht
Die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erheblichen Umwelteinwirkungen sind nach der allgemein herrschenden Meinung in Schriftum und Rechtsprechung nur Einwirkungen unwägbarer Stoffe.