Hindi-Film
Bollywood ist ein Synonym für die Filmindustrie in Mumbai (früher Bombay), Indien, welche aufgrund ihres kommerziellen Charakters einer Legende nach von einem Filmkritiker in Anlehnung zu den Filmstudios von Hollywood in Kalifornien, USA, so betitelt wurde.
Die Wortkreuzung Bollywood enthält die Bestandteile Bombay und Hollywood. Die bekannten Studios sind Filmalaya und Film City im Norden der Stadt. In Indien werden ca. 700-900 Filme pro Jahr gedreht, davon knapp 200 in Bollywood. Damit produziert Indien jährlich weltweit die meisten Filme.
Als Bollywoodfilme werden in der Regel hindisprachige Produktionen bezeichnet, während Filme aus anderen Regionen meist nicht mit eingeschlossen sind, u.a. Tamil Nadu (Kollywood), Andhra Pradesh (Telugu-Filme; Tollywood) usw. Bollywood ist daher entgegen eines weitverbreiteten Irrtums kein Genre, sondern eine Herkunftsbezeichnung.
Hintergründe
Obwohl die Bollywood-Filmindustrie schon in den 1930er Jahren entstand, gelten die 1960er und 1970er Jahre als die Glanzzeiten. In den 1980ern und frühen 1990ern wurden viele Film-Epen gedreht. Um die Jahrtausendwende kriselte die indische Filmindustrie, die u. a. unter Videopiraterie und dem aufkommenden Satellitenfernsehen leidet. Mit dem Entstehen von Multiplexcentern in den Städten bilden sich verschiedene Genretypen heraus.
Den typischen Bollywoodfilm gibt es nicht, doch lassen sich Schemata in der Erzählweise erkennen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Filme meist zweieinhalb bis vier Stunden dauern, eine Unterbrechung (Intermission) enthalten und die Handlung meistens von mehreren musikalischen Tanzszenen (ähnlich wie im westlichen Musical) unterbrochen und erzählerisch kommentiert wird. Die Filmsongs werden oftmals noch vor dem Kinostart zu Werbezwecken als Musikvideos bei MTV oder B4U Music gespielt. Eine erfolgreiche Produktion soll alle neun Rasas („Geschmacksrichtungen“), die traditionell überlieferten Bestandteile indischer Kunst, enthalten: Liebe, Heldentum, Ekel, Komik, Schrecken, Wundersames, Wut, Pathos und Friedvolles.
Entgegen der weitverbreiteten Meinung ist die Sprache der Bollywoodfilme nicht reines Hindi sondern Hindustani. Außerdem wird in Bollywoodfilmen zu bis zu 80% der Urdu-Wortschatz verwendet , obwohl die öffentliche Ausstrahlung von Bollywoodfilmen in Pakistan, dem Herkunftsland von Urdu, einer strengen Zensur unterliegt und meistens nicht gestattet wird. (müsste überarbeitet werden, da nicht ganz richtig. Pakistan ist nicht das Herkunftsland von Urdu, da es ja selber nach der Teilung Britisch-Indiens erst seit 1947 besteht. Tatsächlich ist Urdu eine mit dem Farsi (persisch) verwandte Sprache im Gegensatz zu Hindi, welches mit dem Sanskrit verwandt ist. Urdu ist tatsächlich die Amtssprache von Pakistan, wird aber nur von einer Minderheit nativ gesprochen. --Stephenma 12:59, 5. Apr 2006 (CEST))
Bei den Inhalten lassen sich zeitbedingte Moden erkennen; in den 1970ern waren oft Filme mit vielen Actionelementen (z. B. Curry-Western wie „Sholay“) in Mode. Seit Mitte der 1990er Jahre, vor allem seit dem großen Erfolg von „Dilwale Dulhania Le Jayenge“ (1995) dominieren eher Liebesfilme, die sich oft um prunkvolle Hochzeiten drehen. Im Unterschied zum westlichen Kino ist hier zu erwähnen, dass in Bollywood-Filmen so gut wie nie geküsst wird und Sexzenen auch sehr selten sind und eher in Low-Budget-Produktionen vorkommen – falls ein größerer Film dies doch beinhalten sollte, wird dies in den Medien mit einiger Empörung aufgenommen. Eines der berühmteren Beispiele hierfür ist der Film Fire, der nicht nur Sexszenen enthielt, sondern auch eine lesbische Romanze und Aamir Khans Film Raja Hindustani, in dem er Karisma Kapoor küsst, die für ihre Rolle den Filmfare Best Actress Award gewann.
Die staatliche Zensur in Indien ist weniger ein Problem für Filmemacher als die Selbstzensur der Produzenten, die den Film verkaufen wollen. Damit sich Filme rechnen, müssen die Besucher mehrmals ins Kino gehen, am besten mit der gesamten Familie. Daher sind die meisten indischen Filmhits ausgesprochen familientauglich.
Indische Filme finden ihr Verbreitungsgebiet seit jeher im asiatischen und afrikanischen Raum, wo sie eine ernste Konkurrenz zu Hollywood sind. Besonders in Gebieten von Auslandsindern (NRIs) wie London oder New York City werden Bollywoodfilme zu Hits. In den letzten Jahren werden diese Produktionen auch unter Nicht-Indern immer populärer.
Das Bollywood-Kino wird getragen von einem stark entwickelten Starsystem, wobei sich auch immer wieder Regisseure einen Namen machen. Stars sind in Indien omnipräsent und prangen von den meisten Werbeplakaten.
Wichtige Filme
- 1930er: Alaam Ara
- 1940er: Kismet, Barsaat, Mahal
- 1950er: Mother India, Devdas, Awara, Pyaasa, Shri 420, Do Bigha Zameen
- 1960er: Mughal-e-Azam, Sangam, Aradhana, Junglee, Guide
- 1970er: Sholay, Mera Naam Joker, Kabhi Kabhie, Amar Akbar Anthony, Bobby, Zanjeer, Pakeezah
- 1980er: Umrao Jaan, Coolie, Maine Pyar Kiya, Qayamat Se Qayamat Tak
- 1990er: Dilwale Dulhania Le Jayenge, Dil Se, Bombay, Hum Aapke Hain Kaun, Kuch Kuch Hota Hai
- ab 2000: Kabhi Khushi Kabhie Gham, Lagaan, Dil Chahta Hai, Devdas, Kal Ho Naa Ho, Veer-Zaara, Black, Swades, Rang De Basanti
Der erfolgreichste Bollywood-Film aller Zeiten ist Sholay, der inflationsbereinigt zwischen 1,5 und 2,1 Milliarden Rupien (je nach Quellenlage) eingespielt hat und es schaffte, 5 Jahre lang ununterbrochen in den indischen Kinos zu laufen. Letzteren Rekord hat Dilwale Dulhania Le Jayenge gebrochen. Seit 1995 lief er mehrere Jahre ununterbrochen in den Kinos in Indien. In einem Kino in Mumbai hat er es bis jetzt auf über 500 Wochen gebracht. Der Film „Gadar – A Love Story“ von 2001 ist, nicht inflationsbereinigt, der einträglichste Film.
Einspielergebnisse angepasst nach Inflation (Quelle: boxofficeindia.com):
Sholay (1,5 Milliarden), Mughal-E-Azam (1,2), Mother India (1,1), Hum Aapke Hain Kaun (1,0), Dilwale Dulhania Le Jayenge (0,9)
Einspielergebnisse angepasst nach Inflation (Quelle: ibosnetwork.com): Sholay (2,1 Milliarden), Hum Aapke Hain Kaun (1,2), Mother India (1,1), Mughal-E-Azam (1,0), Muqaddar Ka Sikandar (1,0)
Lagaan war 2002 sogar für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Er ist der dritte indische Film (neben „Salaam Bombay“ und Mother India), dem diese Ehre zuteil wurde.
Wichtige Stars heute
- Amitabh Bachchan: „Big B“ gilt nach wie vor als der größte Bollywood-Star aller Zeiten. Er wurde bei der Online-Millenniumsabstimmung des britischen Senders BBC zum „größten Schauspieler des Milleniums“ gekürt.
- Shah Rukh Khan: Er ist zur Zeit der gefragteste Mann Bollywoods. Wird auch „King Khan“ genannt.
- Aamir Khan: Der Hauptdarsteller und Produzent von Lagaan geht aus Prinzip zu keinen Preisverleihungen und ist der bestbezahlte Schauspieler Bollywoods.
- Salman Khan: Dritter der „Drei Großen Khans“ in Bollywood.
- Saif Ali Khan: Bekannter Schauspieler aus Parineeta und Hum Tum. Sohn von Schauspielerin Sharmila Tagore.
- Hrithik Roshan: Er gilt derzeit als der „schönste Mann“ von Bollywood.
- Madhuri Dixit: Populärster weiblicher Star der 1990er-Jahre und oftmalige Partnerin der „Drei Großen Khans“.
- Kajol: Großer Bollywood-Star der 1990er-Jahre und oftmals Filmpartnerin von Shah Rukh Khan.
- Rani Mukherji: Cousine von Kajol und eine der zurzeit gefragtesten Bollywood-Schauspielerinnen (z. B. Kuch Kuch Hota Hai, Saathiya, Hum Tum, Veer-Zaara, Black).
- Aishwarya Rai: Das Fotomodell und ehemalige Miss World (1994) gilt als der Bollywood-Star mit den größten, auf Hollywood bezogenen Ambitionen.
- Preity Zinta: Star aus Kal Ho Naa Ho, Dil Se und Veer-Zaara.
- Kareena Kapoor: Schwester von Karisma Kapoor, eines großen weiblichen Bollywood-Stars der späten 1990er-Jahre.
Zur Liste indischer Schauspieler in der Wikipedia.
Wichtige Regisseure
- Yash Chopra (Silsila, Deewaar, Veer-Zaara)
- Aditya Chopra (Dilwale Dulhania Le Jayenge, Mohabbatein)
- Ram Gopal Varma (Shiva, Rangeela, Company, Naach)
- Mani Ratnam (Roja, Bombay, Dil Se)
- Karan Johar (Kuch Kuch Hota Hai, Kabhi Khushi Kabhie Gham, Kal Ho Naa Ho (nur Produzent))
- Raj Kapoor (Awara, Shri 420, Sangam, Mera Naam Joker...)
- Sanjay Leela Bhansali (Hum Dil De Chuke Sanam, Devdas, Black)
- Guru Dutt (Pyaasa)
Bollywood im Fernsehen
Bollywood im Sat-TV
Zahlreiche Fernsehsender aus Indien, Pakistan, Sri Lanka und Bangladesch haben Bollywoodfilme im Programm. Auch in Deutschland sind einige davon unverschlüsselt empfangbar.
Die meisten senden auf Astra2 (28,2° Ost) und auf Hotbird (13° Ost). Die Frequenzen ändern sich jedoch häufig, oft bereits nach einigen Monaten und auch die Sender wechseln.
Siehe auch: Liste asiatischer TV-Programme in Europa
Bollywood im deutschen Fernsehen
Bollywoodfilme wurden bereits in den 1950er und 1960er Jahren im DFF ausgestrahlt; seit 2004 wurden vermehrt Bollywoodproduktionen auf ARTE und Vox (Hindi mit deutschen Untertiteln) sowie RTL II (synchronisiert) gezeigt.
Meist werden die Filme auf RTL II nicht in voller Länge ausgestrahlt, sondern leicht gekürzt. Bei einem langen Film wie Kabhi Khushi Kabhie Gham betrugen die Kürzungen rund eine halbe Stunde. Auf der anderen Seite wurden manche Filme als "Special Editions" mit "Deleted Scenes" gezeigt (Veer-Zaara, Kaal, Swades).
Literatur
- Yves Thoraval, The Cinemas of India (1896-2000), Macmillan 2000
- Jyotika Virdi, The Cinematic ImagiNation: Indian Popular Films as Social History, Rutgers University Press 2003
- H.R. F. Keating, Inspector Ghote geht nach Bollywood, Unionsverlag 2005
Weblinks
- Jump Cut – Magazin für Film und Kritik Schwerpunkt Bollywood mit Einführung in Geschichte und Ästhetik
- Molodezhnaja.ch Die größte deutschsprachige Bollywood-Webseite mit über 850 Filmkritiken.
- Bollywood-online.de Bollywoodfilm-Datenbank und Magazin mit Filmkritiken, Hintergrund-Infos, Bollywood-News, Forum
- Bolly-wood.de/.net Die Website mit der man Bollywood Kenner wird, inkl. vielen Zusatzinformationen und Bildern.
- Bollywoodsbest.de /org /net Das Bollywood-Forum mit umfangreichen Informationen zur indischen Filmindustrie sowie zum Land selbst.
- BollywoodPlaces.de BollywoodPlaces aktuelle News zu Bollywood Stars, Indien und vieles mehr.
- Happyindia.de Bollywood Portal mit Schwerpunkt Nachrichten, Unterhaltung.