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Dialogues des Carmélites

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Die Sopranistin Elin Rombo in der Rolle der Schwester Blanche de la Force, Inszenierung an der Königlichen Oper, Stockholm 2011, unter der Regie von Johanna Garpe

Dialogues des carmélites (Gespräche der Karmelitinnen) ist eine Oper in drei Akten mit zwölf Bildern aus dem Jahr 1956 von Francis Poulenc, die er als Auftragswerk für die Mailänder Scala komponierte. Das Libretto beruht auf dem gleichnamigen Bühnenstück von Georges Bernanos, das wiederum die Novelle Die Letzte am Schafott von Gertrud von Le Fort zum Vorbild hatte. Die Spieldauer beträgt zweieinhalb bis drei Stunden. Die Uraufführung fand am 26. Januar 1957 in Mailand statt und war ein großer Erfolg. Das Werk behandelt die Ereignisse im Karmelitinnenkloster von Compiègne bis zur Hinrichtung der 16 Karmelitinnen durch die Guillotine am 17. Juli 1794 in Paris.

Historischer Hintergrund

Die Oper beruht ebenso wie die Novelle von Gertrud von Le Fort auf einem historischen Ereignis: Am 17. Juli 1794 wurden während der Französischen Revolution die sogenannten Märtyrinnen von Compiègne unter der Guillotine hingerichtet, weil sie nicht bereit waren, ihre Gelübde zu brechen. Sie gingen singend in den Tod. Begraben wurden sie in einem Massengrab auf einem Pariser Friedhof, dem Cimetière de Picpus. Papst Pius X. sprach die Karmelitinnen von Compiègne 1906 selig.

Entstehungsgeschichte des Werkes und Uraufführung

Im Jahr 1953 machte der Direktor des Mailänder Musikverlags Ricordi, Guido Valcarenghi, den Vorschlag, bei Francis Poulenc ein Ballett über die italienische Büßerin Margareta von Cortona für das Mailänder Teatro alla Scala zu bestellen. Die Geschichte der Heiligen fand Poulenc jedoch uninteressant, er wollte lieber ein Libretto über die Dialogues des Carmélites vertonen und machte sich Anfang August 1953 an die Komposition. Bis zum März nächsten Jahres schritt die Arbeit an der Partitur ohne Schwierigkeiten voran, doch dann bekam Poulenc Kummer aufgrund der schweren Erkrankung seines Lebensgefährten Lucien Roubert. Dazu kamen noch aufführungsrechtliche Differenzen mit der literarischen Vorlage. Im Sommer 1954 musste sich Poulenc wegen seiner nervlichen Probleme in stationäre Behandlung begeben. Erst ein Jahr später konnte er weiter an seinem Werk arbeiten. Im Juni war die Orchestrierung fertiggestellt, und die Uraufführung fand am 26. Januar 1957 in der Mailänder Scala in italienischer Sprache statt. Die französischsprachige Uraufführung folgte am 21. Juni in der Opéra de Paris, in der von Poulenc gewünschten Besetzung mit Denise Duval in der Rolle der Blanche de la Force, Régine Crespin als zweite Priorin und Rita Gorr als Mère Marie.[1]

Rezeption und Aufführungen

Die Oper war schon bei der Uraufführung ein Erfolg und gilt heute als eines der wichtigsten Werke des Musiktheaters des 20. Jahrhunderts, das regelmäßig inszeniert und aufgeführt wird, so zum Beispiel in Berlin 1994 (Deutsche Oper, Regie Günter Krämer[2]) und 2011 (Komische Oper, Regie Calixto Bieito[3]).

Die Inszenierung von Dmitri Tcherniakov an der Bayerischen Staatsoper aus dem Jahr 2010[4] mit einem abgewandelten Schluss, in dem nur Blanche stirbt, veranlasste die Erben von Poulenc und Bernanos, gerichtlich gegen eine Wiederaufnahme vorzugehen: "Nach Meinung der Erben muss der Märtyrertod aller Nonnen zwingend szenisch umgesetzt werden. Ansonsten würden Deutungsmöglichkeiten eröffnet, die der Kernaussage des Werkes nicht gerecht würden."[5] In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Das Tribunal de Grande Instance de Paris urteilte, dass die umstrittene Inszenierung den „Kern des Werks“ respektiere. Dieser Auffassung schloss sich in zweiter Instanz das Berufungsgericht in Paris im Wesentlichen an, allerdings darf die Aufzeichnung der Produktion auf DVD nicht mehr vertrieben werden. [6]

Inhalt der Oper

Erster Akt

Das Stück besteht aus drei Akten in zwölf Bildern und spielt während der Französischen Revolution, etwa 1794. Blanche de la Force, die Tochter des Marquis de la Force und die Schwester des Chevaliers, ist verängstigt. Sie wurde bei einem Ausflug von pöbelnden Menschen aggressiv mit dem Tode bedroht. Ihrer Mutter war etwas Ähnliches passiert, sie starb daraufhin kurz nach der Geburt ihrer Tochter. Blanche bittet ihren Vater um die Genehmigung, in das Karmelitinnenkloster eintreten zu dürfen. Dort wird sie von der sterbenskranken Priorin de Croissy auf das harte Leben im Kloster hingewiesen. Blanche ist trotzdem entschlossen und will im Kloster den Namen Blanche von der Todesangst Christi annehmen. Die alte Priorin liegt im Sterben und spricht mit der Novizenmeisterin Mère Marie über Blanche. Sie hat die Vision, dass das Kloster zerstört werde und die Schwestern den Tod erleiden würden.

Zweiter Akt

Der zweite Akt der Oper beginnt damit, wie Blanche und die ebenfalls neu in das Kloster eingetretene Novizin Constance vom hl. Dionysius die Totenwache für die bisherige Priorin halten. Zur neuen Priorin wird Mutter Maria Theresa vom hl. Augustin (Lidoine) gewählt, und die Schwestern geloben ihr Gehorsam. Unterdessen bedroht draußen das revolutionäre Volk das Kloster. Der Chevalier will seine Schwester in Sicherheit bringen, aber Blanche weigert sich. Die Revolutionäre dringen in das Kloster ein, Kommissare befehlen die Räumung, aber die Schwestern sind entschlossen zu bleiben.

Dritter Akt

Im dritten Akt versucht Mère Marie in Abwesenheit der Priorin ihre Mitschwestern zu überreden, den Weg des Opfertodes zu gehen. Bei der folgenden Abstimmung ist Constance zunächst dagegen, sie will, dass Blanche verschont wird, beugt sich dann aber der Mehrheit. Blanche flieht aus dem Kloster, als ein Kommissar den Nonnen befiehlt, die Klausur zu verlassen. Mère Marie besucht Blanche, die Zuflucht in ihrem leerstehenden Elternhaus gesucht hat – ihr Vater, als Adliger, ist bereits hingerichtet worden – und berichtet ihr von der tödlichen Gefahr, in der sich die anderen Schwestern befinden. Es gelingt ihr aber nicht, sie zum Mitkommen zu bewegen. Die Priorin kehrt zu den Schwestern zurück und bereitet sie auf den Tod vor. Blanche erfährt, dass alle an diesem Tag hingerichtet werden sollen, ein Karren bringt sie schließlich zum Schafott. Im Finale des Stückes beginnen die Schwestern gemeinsam zu singen, dann werden sie eine nach der anderen unter der Guillotine hingerichtet. Als Constance als letzte an die Reihe kommt, drängt sich Blanche durch die Menschenmenge und geht mit ihr gemeinsam in den Tod.[7]

Personen und Darsteller der Uraufführungen

Rolle Stimmlage Besetzung der Premiere
am 26. Januar 1957 in Mailand
Dirigent:
Nino Sanzogno
Überarbeitete Version in französischer Sprache
Premiere am
21 Juni 1957 in Paris
Leitung: Pierre Dervaux
Marquis de la Force Bariton Scipio Colombo Xavier Depraz
Chevalier de la Force, sein Sohn Tenor Nicola Filacuridi Jean Giraudeau
Blanche de la Force/später Schwester Blanche von der Todesangst Christi, seine Tochter Sopran Virginia Zeani Denise Duval
Thierry, ein Diener Bariton Armando Manelli Michel Forel
Madame de Croissy, Priorin des Klosters Alt Gianna Pederzini Denise Scharley
Schwester Constance vom hl. Dionysius, eine junge Novizin Soprano Eugenia Ratti Liliane Berton
Mère Marie der Inkarnation, Subpriorin Mezzosopran Gigliola Frazzoni Rita Gorr
M. Javelinot, ein Arzt Bariton Carlo Gasperini Max Conti
Madame Lidoine/Mutter Marie vom hl. Augustin, die neue Priorin Sopran Leyla Gencer Régine Crespin
Mutter Jeanne vom Kinde Jesu, die älteste Schwester Alt Vittoria Palombini Janine Fourrier
Schwester Mathilde Mezzosopran Fiorenza Cossotto Gisèle Desmoutiers
Kaplan des Klosters Tenor Alvino Manelli Michel Forel
Erster Kommissar Tenor Antonio Pirino Raphael Romagnoni
Zweiter Kommissar Bariton
Offizier Bariton
Kerkermeister Bariton
11 weitere Karmelitinnen, Offiziere, Gefangene, Stadtvolk

Szenisches Beispiel und Hörprobe

Einzelnachweise

  1. Benoit van Langenhove: Dialogues des Carmélites, auf der Internetseite lamediatheque.be, Aufruf 24. März 2012
  2. Internetseite Oper aktuell
  3. Internetseite der Komischen Oper Berlin
  4. "Dialogues des Carmélites": Die Überwindung der Angst Premierenkritik auf merkur-online vom 29. März 2010, abgerufen am 14. Januar 2016
  5. Spielplan Oper, staatsoper.de, abgerufen am 14. Januar 2016
  6. Erben wollen Aufführung rechtlich unterbinden, Mitteilung von staatsoper.de, abgerufen am 14. Januar 2016
  7. Internetseite mit dem Inhalt des Stückes