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Ehebruch

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In der Ethnologie und der Anthropologie wird als Ehebruch das Eingehen gesellschaftlich nicht geduldeter außerehelicher Beziehungen definiert. In Europa versteht man unter Ehebruch meist eine außereheliche sexuelle Beziehung zwischen zwei Personen, von denen wenigstens eine verheiratet ist – anders als beim bloßen Fremdgehen (Seitensprung).

In Deutschland beispielsweise ist Ehebruch als Verletzung der aus der Ehe folgenden Verpflichtung zur vollständigen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 2 BGB) verboten; die Gesetzgebung definiert den Vollzug des Geschlechtsaktes als Ehebruch. Jedoch wird Ehebruch seit dem 1. September 1969 (1. StrRG) nicht mehr strafrechtlich sanktioniert. Auch ist seit dem Wegfall des Verschuldensprinzips zum 1. Juli 1977 (1. EheRG) der Ehebruch kein hinreichender Scheidungsgrund mehr.

Vor allem in Gesellschaften mit einer Ideologie der männlichen Kontrolle über die weibliche Sexualität und Reproduktivität wird Ehebruch der Frau streng bestraft. In Gesellschaften hingegen, in denen der biologischen Vaterschaft keine große Bedeutung beigemessen wird (es handelt sich dabei ausnahmslos um matrilineare Gesellschaften), gilt der sexuelle Ehebruch als minder schweres Delikt.

In ein und derselben Gesellschaft können unterschiedliche, sich teilweise sogar sich gegenseitig ausschließende Konzepte des Ehebruchs vorkommen.

Ehebruch in ausgewählten Kulturen

Im antiken Athen

Im antiken Athen hatte der betrogene Ehemann das Recht, seine Ehefrau zu töten sowie den ehebrechenden Mann beliebig zu bestrafen. Er durfte ihn töten oder verstümmeln.

Es wird von Fällen berichtet, wo dem Mann das Glied oder die Nase abgehackt wurde, zuweilen wurde ihm auch der Kopf einer Meeräsche in den Darmausgang gerammt.

Im antiken Rom seit 18 v. Chr. und im rezipierten römischen Recht Europas

Nach römischem Recht galt die lex Iulia de adulteriis, ein Gesetz, das 18 v. Chr. unter Augustus erlassen wurde. Ergänzt wurde dieses Gesetz im römischen und später im byzantinischen Reich durch Erlasse aus dem 2. - 6. Jahrhundert. In dieser ergänzten Form steht es im Corpus Iuris Civilis und hat bis in die Neuzeit Einfluss auf das europäische Eherecht ausgeübt.

Danach hatte der Mann gegenüber der Frau deutliche Vorteile. Er konnte unter bestimmten Voraussetzungen öffentliche Anklage gegen seine Frau wegen Ehebruchs erheben. Die Ehefrau konnte das im umgekehrten Fall nicht. Wenn ein Vater seine noch im Haus wohnende Tochter beim Ehebruch ertappte, konnte er sie und den Ehebrecher straflos töten. Der Ehemann hatte solch ein Recht anfangs noch nicht. In einem Gesetz der späten Kaiserzeit aber wurde auch er straflos gestellt, wenn er einen auf frischer Tat ertappten Ehebrecher tötete. Dies wurde allerdings in einem byzantinischen Gesetz von 542 wieder eingeschränkt.

Als Strafe für Ehebruch war der Tod durch das Schwert vorgesehen. Wenn aber eine Reihe von weiteren Gesetzen der Ehebrecherin jedes weitere eheliche Zusammenleben verbot, so machten solche Normen nur Sinn, wenn die Frau noch längere Zeit weiterlebte. Daraus ist zu folgern, dass die schwere Strafandrohung auch bei Verurteilten nicht immer zur Vollstreckung führte. Auch werden wegen stark eingeschränkter verfahrensrechtlicher Voraussetzungen und zahlreicher Ausnahme-Tatbestände nur ein sehr kleiner Teil der Ehebrüche überhaupt Gegenstand von Gerichtsverfahren gewesen sein.

Erst im spätrömischen Recht war die Scheidung überhaupt durch Vorgabe von Scheidungsgründen eingeschränkt. Im Scheidungsgesetz des Theodosius (449) war grundsätzlich nicht nur der Ehebruch der Frau ein Scheidungsgrund, sondern auch der des Mannes. Im Detail gab es dabei freilich weiter Ungleichheiten zu Ungunsten der Frau.

Im späteren süd- und mitteleuropäischen Recht hat das römische Recht zum Ehebruch, vermittelt über die italienische Strafrechtsdoktrin, jahrhundertelang eine Tradition der Ungleichheit aufrechterhalten. Unter seinem Einfluss standen zum Beispiel Art. 145 der Bambergensis und auch noch Art. 229, 230 Code Civil und Art. 324 II, 337, 339 Code pénal. Nach den letzteren, unter persönlichem Einfluss Napoleons zustande gekommenen Normen war ein Ehebruch der Frau immer Scheidungsgrund. Ein Ehebruch des Mannes führte nur zur Scheidung, wenn der Mann seine Konkubine in der ehelichen Wohnung gehalten hatte. Strafrechtlich wurde ein Ehebruch der Frau härter bestraft als ein solcher des Mannes. Ein Ehemann, der seine in der Ehewohnung ertappte Frau oder deren Liebhaber auf der Stelle tötete, wurde dafür nicht bestraft. Für eine Ehefrau, die ihren Mann ertappte, gab es solch ein Strafprivileg nicht.

Dieser Tradition der Ungleichheit steht eine Tradition der Gleichheit gegenüber, die auf kanonisches Recht zurückgeht und in Teilen Deutschlands zum Beispiel in Art. 120 der Carolina von 1532 Aufnahme fand.

Judentum

Im Judentum des Alten Testaments kann ein Mann seine eigene Ehe nicht brechen, als Ehebruch gilt nur die geschlechtliche Gemeinschaft einer verheirateten oder verlobten Frau mit einem anderen Mann - in diesem Fall sind jedoch beide gleich schuldig.

Nach dem mosaischen Gesetz war die Strafe für den im Sechsten Gebot verbotenen Ehebruch die Steinigung für beide, Mann und Frau. In der Praxis kam es jedoch oft nur zur Scheidung: der Mann verstieß seine Frau und heiratete eine andere oder er ließ sich wegen Ehebruchs der Frau scheiden.

Ein bekannter Ehebruch aus dem Alten Testament ist die Geschichte von König David und Batseba, während ihr Mann Urija im Krieg war. Als sie schwanger wird, versucht David mit allen Mitteln, das Kind trotzdem dem Ehemann unterzuschieben, damit der Ehebruch nicht herauskommt. Als das nicht hilft, lässt er Urija töten und heiratet Batseba. Es gelingt ihm, den öffentlichen Skandal zu verhindern, aber er wird vom Propheten Natan mit seiner Schuld konfrontiert (2. Sam Kapitel 11 und 12). David sieht sein Vergehen ein und bereut es zutiefst. Daher vergibt ihm Gott und sieht von der dafür eigentlich vorgesehenen Todesstrafe ab.

In der Zeit des zweiten Tempels galt die Frau als potentielle Ursache des Ehebruchs - die Pharisäer beispielsweise achteten darauf, Frauen nicht zu berühren (einige sogar, sie möglichst nicht zu sehen).

Offener Ehebruch, beispielsweise die Beziehung zwischen Herodes Antipas und Herodias, galt unter gläubigen Juden in der Zeit des zweiten Tempels als Skandal.

Christentum

In der Bergpredigt dreht Jesus die pharisäische Sicht um: nicht die Frau ist die potentielle Ursache zum Ehebruch, sondern der Mann, der sie mit begehrlichem Blick ansieht. (Matthäus 5,27f). Schon dieser Blick, nicht erst ein geschlechtlicher Akt, ist Ehebruch.

In Johannes 8,2-11 wird von den Pharisäern Jesus angesichts einer beim Ehebruch ertappten Frau die Fangfrage gestellt, ob sie gesteinigt werden soll - ein Nein widerspricht dem Gesetz Mose, ein Ja ebenfalls, da nach 5. Mose 22,24 die Frau und der Mann gesteinigt werden sollen. Jesus antwortet: "Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie." Da sich die Pharisäer bewusst sind, den juristischen Fall für eine Fangfrage missbraucht zu haben, und da niemand unter ihnen ohne Sünde ist, verlassen sie den Platz kommentarlos. Jesus sagt zur Frau: "Ich verurteile dich auch nicht. Sündige von jetzt an nicht mehr."

In Markus 10,2-12 sagt Jesus öffentlich, dass die Trennung einer Ehe nicht im Willen Gottes für die Schöpfung liegt - privat dann wesentlich deutlicher, dass jede Scheidung im Grunde ein Ehebruch ist. Der Unterschied zwischen öffentlicher und privater Haltung liegt wahrscheinlich darin, dass er sich damals im von Herodes Antipas beherrschten Judäa aufhielt, wo ein öffentliches Auftreten gegen Ehebruch nicht sehr lange vorher Johannes den Täufer den Kopf gekostet hat.

Im frühen Christentum schließt Ehebruch als fortgeführte Sünde vom Reich Gottes und der christlichen Gemeinschaft aus (1. Thess. 4,3, Hebräer 13,4).

Die gegenseitige Pflicht zur Treue in der Ehe ist in allen christlichen Kirchen bis heute unbestritten. Unterschiede gibt es in der Beurteilung des Schweregrads einer Verletzung dieser Pflicht und in den für diesen Fall geltenden Regeln. Diese unterscheiden sich heute weniger nach Konfessionen, als nach konservativer oder liberaler Einstellung über Konfessionsgrenzen hinweg. So ist sich beispielsweise die Haltung von konservativen Katholiken und Evangelikalen vergleichbar; ebenso die Haltung von liberalen Katholiken und liberalen Protestanten.

Germanen

Bei den Germanen war der Ehebruch der Frau ein unter Umständen todeswürdiges Verbrechen. Zumindest musste die Täterin damit rechnen, mit geschorenem Haar und unbekleidet durch das Dorf gejagt zu werden. Moorleichen junger Frauen sind als hingerichtete Ehebrecherinnen interpretiert worden, wobei sich bei dem Mädchen von Windeby das zu den Pradebeispielen gehört nach neusten Untesuchungen um einen Jungen handelt, der die ganze Theorie aushebeln könnte.

Islam

In vielen Staaten, in denen der Islam Staatsreligion ist, - besonders wenn dort die Scharia das Rechtswesen bestimmt - drohen Ehebrechern teilweise drakonische Strafen.

In einigen islamisch geprägten Ländern ist der Ehebruch allerdings straffrei, wie z.B. in der Türkei.


Ehebruch in der Literatur

Die wohl berühmtesten Ehebrecherinnen der Weltliteratur sind Anna Karenina (Leo Tolstoi), Effi Briest (Theodor Fontane) und Emma-Luise Bovary (aus dem Roman 'Madame Bovary' von Gustave Flaubert).

Literatur

  • Lukas, Helmut; Schindler, Vera und Johann Stockinger: "Ehebruch". In: Interaktives Online-Glossar: Ehe, Heirat und Familie. 1993-1997. [1]
  • Marshall, Donald S./Suggs, Robert C. (ed.): Human Sexual Behavior. Variations in the Ethnographic Spectrum. London, Basic Books, 1971.
  • Duncker, Arne: Gleichheit und Ungleichheit in der Ehe. Köln u.a. 2003. (Böhlau, Rechtsgeschichte und Geschlechterforschung, Bd. 1). ISBN 3-412-17302-9. Rechtsgeschichte des Ehebruchs in Europa bis ca. 1900 auf S. 677-721, 1105-1107.

Siehe auch

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