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Pfahlwege im Campemoor

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Als Bohlenwege im Campemoor werden sechs vorgeschichtliche Bohlenwege im Campemoor bei Neuenkirchen-Vörden bezeichnet. Sie waren aus Holzstämmen gefertigt und bestanden zu unterschiedlichen Zeiten. Der älteste Weg entstand in der Jungsteinzeit um 4800 v. Chr. Er gilt als der bisher älteste entdeckte Verkehrsweg der Welt. Die Wege haben sich aufgrund der guten Konservierungseigenschaften des Moores bis heute erhalten.

Lage

Die Fundstelle mit den sechs Bohlenwegen liegt innerhalb des Campemoores südwestlich des Dümmers und südlich von Damme. Das Campemoor ist Teil des Großen Moores, eines zusammenhängenden Hochmoorgebietes zwischen Damme, Lohne, Vechta und Goldenstedt innerhalb des 300 km² großen Dümmerbeckens. Das Campemoor weist eine etwa 2,4 Meter mächtige Torfschicht auf, in der sich die Bohlenwege in etwa einem Meter Tiefe befanden.

Entdeckung

Bereits beim Handtorfstich im Campemoor in den 1950er und 1960er Jahren wurde ein Bohlenweg beobachtet. Er wurde nicht näher wissenschaftlich untersucht und geriet bald in Vergessenheit. Als Ende der 1980er Jahre das Campemoor maschinell abgetorft wurde, kam der Bohlenweg erneut zum Vorschein. Dabei wurde, wenige Meter davon entfernt, ein zweiter Bohlenweg entdeckt. Das Torfabbauunternehmen meldete die Entdeckung im Jahr 1991 dem Staatlichen Museum für Naturkunde und Vorgeschichte in Oldenburg. Die Fundstelle wurde dem hannoverschen Institut für Denkmalpflege (IfD), als Vorläufer des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD), zugewiesen. Das NLD unternahm im Jahr 1992 erste archäologische Untersuchungen, zusammen mit der seit 1987 beim Denkmalamt etablierten Moorarchäologie und einem interdisziplinären Forschungsprojekt zur Siedlungsgeschichte in der Dümmer-Region.

Ausgrabungen

Ausgrabungen förderten mehrere im Torfkörper des früheren Moores liegende Bohlenwege zutage. An den Hölzern wurden mit Hilfe der C14–Methode und der Dendrochronologie Altersbestimmungen vorgenommen. Sie ergaben, dass der älteste und als PR 31 bezeichnete Bohlenweg um 4800 v. Chr. angelegt wurde. Erst wenige Jahrhunderte vor diesem Zeitpunkt hatte der Prozess der Moorbildung begonnen. Zu dieser Zeit bestanden noch Sandinseln, die aus dem Moor herausragten und anscheinend durch die Wege verbunden waren.

PR 31

Der als PR 31 bezeichnete Bohlenweg verlief in Nord-Süd-Richtung in einer flachen Senke. Er lag in einem Bereich, der sich im Übergang vom Niedermoor zum Hochmoor befand, und wies die typischen konstruktiven Merkmale eines jungsteinzeitlichen Pfahlweges auf. Der Weg war, je nach Beschaffenheit des Untergrundes, um 2,5 Meter und bis zu 5 Meter breit. Der Unterbau bestand aus drei bis fünf parallelen Reihen von Kiefern- und Birkenstämmen. Die darauf geschaffene Lauffläche bildeten bis zu 20 cm breite Kiefernstämme. Gesichert war die Konstruktion durch randliche Sicherungspflöcke aus Birke, die in regelmäßigen Abständen gesetzt waren.

PR 32

Ein weiterer Bohlenweg war der jüngere, auf 3000 bis 2700 v. Chr. datierte Weg PR 32. Er führte durch einen Kiefern-Birkenbruchwald und verlief auf einer flachen Sandrippe in einem Abstand von 30 Metern, parallel zum Bohlenweg PR 31. Pollenanalytische Untersuchungen am Bohlenweg PR 32 ergaben, dass sich kurz nach seiner Anlage die Verbreitung der Kiefer in diesem Gebiet verringerte. Als Ursache wird die Nutzung der Kiefernwaldbestände für den Bau des Bohlenweges angenommen

PR 33 - PR36

In unmittelbarer Nähe wurden vier weitere Bohlenwege entdeckt, die teilweise neben- und übereinander lagen. Sie wurden als Pr 33 - Pr 36 bezeichnet. Der Weg PR 33 entstand zwischen 4000 und 3700 v. Chr., PR 34 um 3900 bis 3700 v. Chr. und PR 35 um 3800 v. Chr., während PR 36 bisher nicht datiert wurde. Als sich ab 3000 v. Chr. das Hochmoor bildete, wurden die Bohlenwege darunter begraben. Innerhalb des Moor- und späteren Torfkörpers haben sie sich unter Luftabschluss in situ erhalten.

Re­sü­mee

Bei den archäologischen Untersuchungen in den 1990er Jahren konnten die Wege trotz des Einsatzes von geophysikalischen Prospektionsmethoden nicht auf der gesamter Länge verfolgt werden. Es ist nicht bekannt, welchen Zweck die Wege erfüllten, da die Erfindung des Rads erst rund 1000 Jahre später erfolgte. Es wird vermutet, dass sie Siedlungsstellen auf Sandinseln miteinander verbanden. In den 1960er Jahren wurde in der Niederung südlich des Dümmers eine Siedlung archäologisch untersucht, die sich anhand von C-14 Bestimmungen in die Zeit um 4700 v. Chr. datieren ließ und mit dem Beginn des Moorwegebaus zeitlich zusammenfällt.

Bei den Ausgrabungen auf den Trassen der Bohlenwege gab es kaum Funde. Zu den wenigen Fundstücken gehörten ein Felsovalbeil und Fragmente eines Tongefäßes. Die Grabungsergebnisse werden im Stadtmuseum Damme sowie im Industriemuseum Lohne präsentiert.

Literatur

  • Ursula Dieckmann: Untersuchungen zu Aufbau und Lage der neolithischen Bohlenwege 31 (Pr) und 32 (Pr) im Campemoor in: Paläoökologische Untersuchungen zur Entwicklung von Natur- und Kulturlandschaft am Nordrand des Wiehengebirges, Heft 4, 1998, S. 67-71 (Online)
  • Alf Metzler : Neolithischer Moorwegebau in der Dümmerniederung In: Mamoun Fansa, Frank Both, Henning Haßmann (Herausgeber): Archäologie|Land|Niedersachsen. 400.000 Jahre Geschichte. Landesmuseum für Natur und Mensch, Oldenburg 2004.

Koordinaten: 52° 27′ 57″ N, 8° 11′ 13″ O