Roy DeMeo
Roy Albert DeMeo (* 7. September 1942 in Bath Beach, Brooklyn, New York City; † 10. Januar 1983[1]) war ein italo-amerikanischer Mobster der La Cosa Nostra in der Gambino-Familie. Als einfacher „Soldato“ in der Mafia-Hierarchie war er Kopf der sogenannten DeMeo-Crew, welcher das F.B.I. mindestens 70 Morde zwischen 1973 und 1983 zur Last legt. Die meisten Opfer wurden nie gefunden, da die Crew die Leichen auf spezielle Weise beseitigte.
Leben
Frühe Jahre
Roy Albert DeMeo wurde 1942 in Bath Beach, Brooklyn als Sohn einer aus Italien stammenden Arbeiterfamilie geboren. Bereits als Teenager begann er als Kredithai mit Kreditwucher Geld zu verdienen. Im Alter von 17 Jahren war dies bereits ein Vollzeitjob für ihn. Er heiratete früh und wurde Vater von drei Kindern.
Gambino-Familie
Der Gambino-Soldato Anthony Gaggi wurde auf den erfolgreich arbeitenden Gangster aufmerksam und schlug ihm vor, sich der Gambino-Familie anzuschließen. In den späten 1960er Jahren hatte DeMeo zwei Standbeine: Einerseits das Kreditwuchergeschäft mit Gaggi und andererseits eine Bande junger Drogendealer und Autodiebe, die von ihm angeführt wurde.
Die Crew beinhaltete unter anderem Joseph „Dracula“ Guglielmo (DeMeos Cousin), Joseph Testa, Anthony Senter und Josephs jüngeren Bruder Patrick Testa.
DeMeo trat der Gewerkschaft Brooklyn Credit Union bei. Dieser Job diente ihm einerseits als Tarnung, andererseits unterschlug er auch Geld der Gewerkschaft und investierte es in sein Kreditwuchergeschäft. Als die Crew durch einen Polizeiinformanten bedroht wurde, beging sie ihren ersten Mord.
Gemini-Methode
Die Crew entwickelte in den folgenden Jahren eine Methode, die Leichen zu zerstückeln und zur Identifizierung unkenntlich zu machen. Diese Vorgehensweise nannte die Crew „Gemini-Methode“. Laut späteren Aussagen von Mitgliedern der Crew lockte man das Opfer in einen Nebenraum der Bar Gemini Longue in den Flatlands, Brooklyn. Dort schoss DeMeo dem Opfer mit einer Pistole, die mit Schalldämpfer ausgestattet war, in den Kopf und wickelte ein Handtuch um den Kopf des Opfers, um den Blutfluss zu stillen. In einer Badewanne wurde das Opfer dann ca. 40 Minuten ausgeblutet und zerstückelt. Auf Brooklyner Mülldeponien, vor allem auf der Fountain Avenue Dump, wurden die Leichenteile dann verborgen, wo sie nie wiedergefunden wurden. Die Opfer wurden aus den unterschiedlichsten Gründen ermordet, meist wegen geschäftlicher Gründe, aber auch aus privater Rache.
Weitere kriminelle Laufbahn
1975 wurde DeMeo Teilhaber einer Peepshow in New Jersey, nachdem der Besitzer seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte. DeMeo handelte auch mit Pornofilmen, die Sodomie beinhalteten. Dabei lernte er den späteren Killer Richard Kuklinski kennen. Als sein Vorgesetzter Anthony Gaggi dies erfuhr, verbot er DeMeo unter Androhung des Todes derartige Filme zu produzieren und zu vertreiben. DeMeo hielt sich nicht an das Verbot, aber da er weiter Geld an Gaggi lieferte, geschah weiter nichts.
Auch der Drogenhandel war für DeMeo ein riskantes Geschäft. Unter Todesdrohungen hatte die Gambino-Familie den Drogenhandel verboten; auch hieran hielt DeMeo sich nicht.
Die Gewerkschaftskasse der Brooklyn Credit Union wurde von DeMeo derart geplündert, dass die Gewerkschaft bankrottging. DeMeo betrieb außerdem einen Gebrauchtwagenhandel und raubte Lastkraftwagen aus, die sich auf dem Weg vom oder zum Flughafen John F. Kennedy International Airport befanden.
Im Herbst 1976 starb der Kopf der Gambino-Familie Carlo Gambino. Paul Castellano folgte ihm als Familien-Boss. Daraufhin wurde DeMeos direkter Vorgesetzter Gaggi zum Capo ernannt, was für DeMeo von Vorteil war. Allerdings genoss er selbst nicht das uneingeschränkte Vertrauen Castellanos. Dieser konzentrierte sich mehr auf das sogenannte „White-Collar-Crime“ und soll sich gegen eine weitere Beförderung DeMeos ausgesprochen haben.
DeMeo war darüber enttäuscht und suchte nach weiteren Möglichkeiten, Geld für die Familie zu verdienen, um weiter aufzusteigen.
Die Allianz mit den Westies
DeMeo strebte eine Allianz mit der irischen Verbrecherbande Westies unter James Coonan an. Möglicherweise steckte Roy DeMeo auch hinter der Ermordung Mickey Spillanes, einem bandeninternen Konkurrenten Coonans. DeMeo brachte ein Treffen der Westies-Führung mit Paul Castellano zustande. Die Westies lieferten eine regelmäßige Tributzahlung an die Gambino-Familie ab, übernahmen Mordaufträge für diese und konnten in bestimmten Geschäftsfeldern ungehindert agieren.
Nach diesem Erfolg beförderte Castellano DeMeo und ernannte ihn zum Vollmitglied der Familie („Made Man“), was ihm stärkeren Schutz und mehr Einnahmemöglichkeiten zusicherte. DeMeo war Verbindungsmann zu den Westies und handelte trotz des Drogenhandelverbotes weiter mit Drogen. Ebenfalls war DeMeo verpflichtet worden, die Genehmigung der Familienspitze einzuholen, wenn er Morde begehen wollte. Auch an diese Regel hielt er sich nicht. Innerhalb der Gambino-Familie kamen die Gerüchte auf, dass die Crew bis Ende 1977 über 100 Morde begangen haben soll. Dabei soll sie in mindestens einem Fall 5.000 US-Dollar für einen Mord erhalten haben. Einige Morde seien wohl auch gratis begangen worden, um befreundeten Gangstern Gefallen zu tun.
Im November 1978 wurde Edward Grillo von der Crew ermordet. Grillo war selbst Teil der Crew gewesen, hatte sich jedoch stark verschuldet und es wurde befürchtet, er könnte anfällig dafür werden, vor dem FBI auszusagen. Er wurde ermordet und zerstückelt und war damit das erste interne Mordopfer der Crew.
Daraufhin folgte Chris Rosenberg, ein treuer Weggefährte DeMeos, der sich der Crew 1966 im Alter von 16 Jahren angeschlossen hatte. Dieser hatte ein Mitglied eines kolumbianischen Drogenkartells ermordet und musste aus mafiapolitischen Gründen sterben, um den Frieden zwischen den Verbrecherorganisationen zu wahren. DeMeo soll Wochen gezögert haben, bevor er seinen Geschäftspartner ermordete.
Während dieser Zeit ermordete DeMeo auch einen vollkommen Unbeteiligten. DeMeo hatte diesen für einen kolumbianischen Killer gehalten und nach einer wilden Verfolgungsjagd erschossen. Laut DeMeos Sohn Albert, der später das Buch For The Sins of My Father schrieb, soll DeMeo geweint haben, als er merkte, dass er einen Unbeteiligten ermordet hatte.
Eppolito-Morde
Ende 1979 waren DeMeo und Anthony „Nino“ Gaggi in einen Konflikt mit James Eppolito und James Eppolito Jr. verwickelt. Beide waren Mitglieder in Gaggis Crew. James, selbst ein hochrangiges Mitglied der Gambino-Familie, schwärzte Gaggi und DeMeo bei Castellano an, da sie mit Drogen handelten. Dies hätte die Todesstrafe nach sich gezogen. Castellano stellte sich jedoch auf die Seite Gaggis und stellte Eppolito zum Abschuss frei. Gaggi und DeMeo ermordeten daraufhin James Eppolito und James Eppolito Jr.
Dabei wurden sie von einem Zeugen beobachtet und Gaggi wurde aufgrund der Aussage des Zeugen verurteilt. DeMeo ermordete diesen Zeugen später.
Niedergang und Tod
1982 beobachtete das FBI DeMeo auf Grund der auffallend großen Zahl von verschwundenen Personen, die mit diesem zu tun gehabt hatten. Es gelang ein Gespräch zwischen dem Gambino-Soldato Angelo Ruggiero und Gene Gotti, einem Bruder John Gottis, abzuhören. In diesem Gespräch wurde darüber gesprochen, dass Paul Castellano DeMeo beseitigen lassen wollte. Allerdings habe er Schwierigkeiten gehabt, jemanden zu finden, der diesen „Job“ erledigen wollte.
DeMeo war ein erfahrener Killer, der immer von einer großen Zahl von ebenfalls erfahrenen Killern umgeben war. Frank DeCicco wurde schließlich beauftragt und soll dann aber jemanden in DeMeos Crew beauftragt haben.
DeMeos Sohn Albert schrieb, dass sein Vater in den letzten Tagen seines Lebens paranoid geworden war und bereits seine persönlichen Sachen beiseitegelegt haben soll. Ein religiöses Pamphlet, das der Sohn entdeckte hatte, ließ darauf schließen, dass Roy DeMeo wohl eine Beichte abgelegt habe. Am 10. Januar 1983 ging er zu Patrick Testas Laden, um seine Crew zu treffen – Testa war ebenfalls Mitglied der Crew. Acht Tage später wurde DeMeos Leiche erschossen in einem Kofferraum aufgefunden. Das FBI verdächtigte Anthony Gaggi, dieser wurde allerdings nicht angeklagt. Laut der Biographie Anthony Cassos aus dem Jahre 2008 wurde DeMeo in Patrick Testas Haus in East Flatbush von Joseph Testa und Anthony Senter erschossen. Der Auftragsmörder Richard Kuklinski arbeitete oft mit DeMeo zusammen und behauptete später, er habe DeMeo ermordet.
Die DeMeo-Crew wurde bald darauf zerschlagen: Henry Borelli, Joseph Testa und Anthony Senter wurden alle zu lebenslange Haftstrafen für insgesamt 25 nachgewiesene Morde verurteilt. Die Verurteilung wurde auch möglich, weil die früheren Mitglieder Frederick DiNome und Dominick Montiglio vor Gericht ausgesagt hatten.
1984 nahm das FBI ein Gespräch des Colombo-Mitglieds Ralph „Little Ralphie“ Scopo auf, in dem dieser behauptete, die Gambino-Familie hätte Angst davor gehabt, dass DeMeo ein Pentito werden könnte und gegen die Familie aussagen würde.[2]
Adaptionen
- In den Büchern Murder Machine von Gene Mustain und Jerry Capeci sowie For the Sins of My Father von Roys Sohn Albert DeMeo geschrieben, wird das Leben DeMeos beschrieben.
- In dem 2012 erschienenen Film The Iceman über das Leben des Mörders Richard Kuklinski, basierend auf dem gleichnamigen Buch von Philip Carlo,[3][4] wird DeMeo von Ray Liotta gespielt. In dem Film wird die Figur des Chris Rosenberg als Josh Rosenthal von David Schwimmer dargestellt. Auch die Geschichte über den aus Paranoia getöteten puertoricanischen Staubsaugervertreter, der von DeMeo für einen kolumbianischen Killer gehalten wurde, wird im Film aufgegriffen.
Dokumentationen
- 2012: Im Netz der Mafia – Die Geheimakten des FBI; Folge 11 Der Serienkiller: Roy Demeo; britische Dokumentation
Literatur
- Al DeMeo: For The Sins of My Father: A Mafia Killer, His Son, and the Legacy of a Mob Life, 2003, ISBN 978-0-7679-1129-0
- Howard Abadinsky: Organized Crime. 5th Edition, Chicago: Nelson-Hall, 1997.
- Richard Gambino: Blood of my Blood: The Dilemma of the Italian American. NY: Doubleday, 1974.
- Jeff Harvey: "'Real Life Soprano' DeMeo gives Glimpse into Mob", Old Gold and Black Reporter, Wake Forest University, 21. November 2002.
- Joseph O'Brien: Boss of Bosses: The Fall of the Godfather: The FBI and Paul Castellano. NY: Dell, 1992.
- Nicholas Pileggi: Wiseguy: Life in a Mafia Family. New York: Pocket, 1985.
- Anthony DeStefano: The Last Godfather: Joey Massino & the Fall of the Bonanno Crime Family. California: Citadel, 2006.
- Selwyn Raab: The Five Families: The Rise, Decline & Resurgence of America's Most Powerful Mafia Empire. New York: St. Martins Press, 2005.
Weblinks
- Roy DeMeo at Crime Library
- For the sins of my father Tiziano Thomas Dossena, L'Idea Magazine #23 Vol.II, NY 2005
- Roy DeMeo at Find A grave
Einzelnachweise
- ↑ https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/JTRD-24X
- ↑ Capeci, Jerry (2004). The complete idiot’s guide to the Mafia (2te Auflage). Indianapolis, IN: Alpha Books. Seiten 14 ff. ISBN 1-59257-305-3.
- ↑ Carlo, Philip: The Ice Man: Confessions of a Mafia Contract Killer, HarperCollinsPublishers, 2006, Sydney ISBN 978-0-7322-8496-1 ISBN 0-7322-8496-1
- ↑ Carlo, Philip: ICE MAN: Bekenntnisse eines Mafia-Killers. Piper Verlag, Mai 2011. ISBN 978-3-492-26434-1
Personendaten | |
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NAME | DeMeo, Roy |
ALTERNATIVNAMEN | DeMeo, Roy Albert (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Mafioso |
GEBURTSDATUM | 7. September 1942 |
GEBURTSORT | Bath Beach, Brooklyn, New York City |
STERBEDATUM | 10. Januar 1983 |