Fraktionsdisziplin
Der Begriff Fraktionszwang beschreibt den Druck, der auf die Mitglieder einer parlamentarischen Fraktion von der Fraktionsführung und anderen Fraktionsmitgliedern ausgeübt wird, um ein einheitliches Abstimmungsverhalten aller Fraktionsmitglieder zu erzielen. In Deutschland ist der "Fraktionszwang" eher ein "Fraktionsdruck", da keine direkten Konsequenzen drohen.
Die Fraktion stimmt meist vorher (intern) über eine Entscheidung ab, an das Ergebnis dieser Abstimmung sind faktisch alle Mitglieder der Fraktion gebunden. In einigen Fällen müssen alle Fraktionsmitglieder diese Meinung nach außen vertreten.
Der Fraktionszwang steht im Widerspruch zu dem Idealbild des Grundgesetzes, nach dessen Artikel 38 Absatz 1 Abgeordnete "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen" sind; allerdings ist allgemein anerkannt, dass ein gewisser Fraktionszwang nötig ist. Der Fraktionszwang ist in keinem Gesetz und keiner Geschäftsordnung verankert. Faktisch jedoch ist der Fraktionszwang Alltag im Parlament. Den Abgeordneten steht es immer frei zu entscheiden wie sie wollen, sie müssen dann aber damit rechnen bei der nächsten Wahl nicht mehr aufgestellt zu werden. Innerparteiliche Diskussionen, obwohl sie Ausdruck einer demokratischen Willensbildung und teilweise notwendig sind, führen außerdem zu schlechten Wahlergebnissen.
Es gibt aber auch Gründe für den Fraktionszwang:
- kein Abgeordneter kann in allen Fachthemen ausreichende Sachkenntnis haben und muss sich daher an den Meinungen der anderen Mitglieder seiner Fraktion orientieren
- jede Partei muss sich, um ihre Interessen durchsetzen zu können, auf ihre Abgeordneten verlassen und die Abgeordnete verdanken der Partei ihr Mandat
- ohne Fraktionszwang wäre die Funktionsfähigkeit des Parlaments stark eingeschränkt, da von Abweichlern aus der eigenen Fraktion und von der Opposition (deren Abgeordnete der Meinung sind, die Regierung müsse abgelöst werden) die Gesetzgebung blockiert werden würde
- es kann durchaus eine Gewissensentscheidung sein, Gesetzen zuzustimmen, die nicht der eigenen Überzeugung entsprechen, da Alternativen (Regierungswechsel) oder die Unterstützung durch die Fraktion bei einem anderen Thema schwerer wiegen
Lässt sich der Fraktionszwang nicht einfach durchsetzen kann der Bundeskanzler mit einer Gesetzesabstimmung eine Vertrauensfrage verknüpfen. In Ausnahmefällen oder bei ethischen Entscheidungen werden Abstimmungen freigegeben und es fällt eine so genannte Gewissensentscheidung.
siehe auch: