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Josef Schafheutle

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Josef Schafheutle (* 17. März 1904 in Freiburg im Breisgau; † 22. Dezember 1973 ebenda) war ein deutscher Jurist, der als Ministerialbeamter zur Zeit des Nationalsozialismus im Reichsjustizministerium und später im Bundesjustizministerium tätig war.

Leben

Schafheutle absolvierte ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaft an den Universitäten Freiburg und Heidelberg. Er wurde 1930 zum Dr. jur. promoviert und schloss sein Studium mit der großen juristischen Staatsprüfung ab. Er trat 1930 als Gerichtsassessor in den badischen Justizdienst ein. Ab 1932 war er als Regierungsrat im Badischen Justizministerium tätig. Zur Zeit des Nationalsozialismus wechselte der Regierungsrat 1933 ins Reichsjustizministerium. Dort wirkte er an der Ausarbeitung des politischen Sonderstrafrechts sowie des Strafprozessrechts mit, unter anderem handelte es sich um die Verordnung zur Beschleunigung des Verfahrens in Hochverrats- und Landesverratssachen, die Verordnung über die Bildung von Sondergerichten, das Gesetz über Verhängung und Vollzug der Todesstrafe sowie das Gesetz zur Abwehr politischer Gewalttaten.[1][2] Von November 1936 bis 1941 war er zugleich Landgerichtsdirektor am Landgericht Karlsruhe unter Beibehaltung seiner Beschäftigung im Reichsjustizministerium, wo er 1941 zum Oberregierungsrat ernannt wurde. Während des Zweiten Weltkrieges war er zuletzt Oberfeldrichter der Reserve.[3] Schafheutle war nicht Mitglied der NSDAP.[4]

Nach Kriegsende war er 1945 kurzzeitig Sachbearbeiter in der Finanzabteilung der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg. Er gehörte 1945 zu den Mitbegründern der CDU in Berlin. Noch im selben Jahr wurde er Rechtsreferent bei der Deutschen Zentralverwaltung der Finanzen in der Sowjetischen Besatzungszone. Von 1946 bis 1950 war er in den Speziallagern Hohenschönhausen und Sachsenhausen inhaftiert.[5] Nach seiner Entlassung zog er in die Bundesrepublik Deutschland und war ab 1950 als Oberregierungsrat und danach Ministerialrat im Bundesjustizministerium tätig, wo er das Referat II 1 (Materielles Strafrecht; Straffreiheitsgesetze) leitete. Er war maßgeblich an der Schaffung des Ersten Strafrechtsänderungsgesetzes beteiligt, das später als Blitzgesetz bezeichnet wurde und am 30. August 1951 in Kraft trat. Dieses eindeutig gegen Kommunisten gerichtete Gesetz beinhaltete nach dem Verfassungsrechtler Alexander von Brünneck fast die wortgleiche Übernahme der Landesverratsdelikte aus der Strafrechtsnovelle von 1934. Im Zuge dieses Gesetzes wurden in allen Oberlandesgerichtsbezirken politische Sonderstrafkammern gebildet. Von 1951 bis 1968 wurde nach diesem Gesetz gegen eine halbe Million Bundesbürger ermittelt und 10.000 Angeklagte verurteilt.[1] Von 1951 bis 1953 war er Generalstaatsanwalt in Freiburg im Breisgau. Im August 1953 kehrte er an das Bundesjustizministerium zurück, wo er als Ministerialdirektor die Abteilung II (Strafrecht und Verfahren) leitete. Als sein Kollege Eduard Dreher Anfang 1959 Richter am Bundesgerichtshof werden sollte, wurde dessen Vergangenheit als Staatsanwalt am Sondergericht Innsbruck im Zuge der Verhängung von Todesstrafen zum Problem. Schafheutle gab entlastende Stellungnahmen zugunsten Drehers ab.[6] Schafheutle trat im Januar 1967 in den Ruhestand.

Eine Kurzvita Schafheutles ist im Braunbuch der DDR aufgeführt.

Schriften (Auswahl)

  • Gesellschaftsbegriff und Erwerb in das Gesellschaftsvermögen : Beiträge z. Erl. d. Gesellschaft d. bürgerl. Rechts ; Mit e. Nachw. v. Prof. Dr. Heinrich Hoeniger: Zur Struktur des Gesellschaftsbegriffes, Bensheimer, Mannheim/ Berlin/ Leipzig 1931, Abhandlungen z. bürgerl., Handels- u. Arbeitsrecht. H. 6 (zugleich: Freiburg i. B., Rechts- und staatswissenschaftliche Dissertation)
  • Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung mit dem dazu gehörigen Ausführungsgesetz / Erl. von Leopold Schäfer, Otto Wagner, Josef Schafheutle, Vahlen, Berlin 1934
  • Die Strafgesetznovellen von 1933 und 1934 : Mit Ausführungsvorschriften / Erl. Leopold Schäfer; Hans Richter; Josef Schafheutle, Industrieverl. Spaeth & Linde, Berlin 1934

Literatur

  • Manfred Görtemaker, Christoph Safferling (Hg.): Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013 ISBN 978-3-525-30046-6
  • Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung 1961, Band 14, Oldenbourg Verlag, München 2004, S. 336f. (online)
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-596-16048-0.
  • Marc von Miquel: Ahnden oder amnestieren? Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren, Reihe: Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, Band 1, Wallstein, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-748-9.
  • Werner Schubert: Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts. Bd.2. Protokolle der Großen Strafprozeßkommission des Reichsjustizministeriums (1936–1938); Teil 1. Erste Lesung: Leitsätze, Vorverfahren, Hauptverfahren, Gemeinsame Verfahrensvorschriften (Richter, Staatsanwalt, Beteiligte, Mittel der Wahrheitsforschung, Zwangsmittel), Rechtsbehelfe (Allgemeine Vorschriften, Beschwerde, Berufung), S. XXVII

Einzelnachweise

  1. a b Hans Canjé: Zum Beispiel: Josef Schafheutle. In: Ossietzky, Ausgabe 13/2013
  2. Marc von Miquel: Ahnden oder amnestieren? Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren, Göttingen 2004, S. 65
  3. Klaus-Detlev Godau-Schüttke: Der Bundesgerichtshof - Justiz in Deutschland, Berlin 2005, ISBN 3-922654-66-5, S. 87
  4. Joachim Rückert: Einige Bemerkungen über Mitläufer, Weiterläufer und andere Läufer im Bundesministerium der Justiz nach 1949. In: Manfred Görtemaker, Christoph Safferling (Hg.): Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme, Göttingen 2013, S. 85
  5. Joachim Rückert: Einige Bemerkungen über Mitläufer, Weiterläufer und andere Läufer im Bundesministerium der Justiz nach 1949. In: Manfred Görtemaker, Christoph Safferling (Hg.): Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme, Göttingen 2013, S. 85
  6. Christoph Safferling: Die Arbeit der Unabhängigen Wissenschaftlichen Kommission, in: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Die Rosenburg – Die Verantwortung von Juristen im Aufarbeitungsprozess, Redebeiträge des 2. Symposiums am 5. Februar 2013 im Schwurgerichtssaal Nürnberg, Berlin 2013, S. 19f.