Vierpass

Vierpässe sind häufige Ornamente der Romanik und der Gotik. In der Architektur wurden sie vor allem im Maßwerk bei der Gestaltung von Fenstern oder als Blendmaßwerk bei der Dekoration von Wandflächen genutzt. Seltener treten der Dreipass, der Fünf- und der Sechspass auf; letztere werden unter dem Begriff Vielpass zusammengefasst.
Vierpass

Ein Vierpass, die häufigste der Formen, besteht üblicherweise aus vier Kreisbögen mit gleichen Radien, die einem Kreis einbeschrieben sind; es gibt sowohl ‚stehende‘ als auch ‚liegende‘ Formen. Ein Vierpass besitzt vier Symmetrieachsen. Es gibt zwei häufig verwendete Formen: so bestehen die meisten Vierpässe entweder aus vier Halbkreisbögen oder aus vier Dreiviertelkreisbögen. Darüber hinaus kommen vor allem in der Spätgotik zahlreiche Variante, darunter auch gestreckte oder gezogene Vierpässe vor, deren Flächen oder Maßwerklinien sich – vor allem beim Blendmaßwerk – überschneiden können.
Geschichte
In der klassischen Antike tauchen Vierpässe nicht auf. Einer der ersten Vierpässe aus dem vierten Jahrhundert findet sich im frühchristlichen Baptisterium der tunesischen Stadt Kelibia, welches sich heute im Bardo-Museum in Tunis befindet. Er wiederholt sich auf einer unteren Ebene und ist vollständig mit Mosaiken überzogen, die möglicherweise eine Vier-Jahreszeiten-Symbolik beinhalten.
Die Interpretation des Vierpasses wird ab dem achten Jahrhundert aus der byzantinischen von der lateinischen Kirche übernommen und steht zunächst vermehrt für die Einheit der vier Evangelisten. Ein bekanntes Beispiel ist die Darstellung von Markus im karolingischen Codex Liber Viventium (Buch der Lebenden) aus [[Kloster Pfäfers|Pfäfers.]
Ab dem 12ten Jahrhundert werden dann vermehrt die Heiligen von dieser Form umschlossen, als Zeichen dass sie nach ihrem Tod in den Himmel eingegangen sind. In der Gotik wird der Einsatz vielseitiger und reicht von der architektonischen Verwendung als Brunnenform bis zur Verwendung auf Münzen.
Münzen und Wappen
Auch auf Münzen sind Vierpässe als Verzierung des Gepräges, die das innere Münzbild umschließen, seit dem Hochmittelalter als ornamentale Umrahmung der Münzrückseite (Revers) zu finden. Auch in der Heraldik erscheinen manchmal Vierpässe.
Beispiele
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‚stehender‘ Vierpass mit Halbkreisbögen
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‚stehender‘ Vierpass mit Dreiviertelkreisbögen
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‚liegender‘ Vierpass mit Spitzen eines Quadrats
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gezogener ‚liegender‘ Vierpass mit Überlappungen im Inneren
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‚stehender‘ Dreipass
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‚liegende‘ Dreipässe an der Porte narbonnaise in Carcassonne
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Fenster aus dem 13. Jahrhundert mit drei stehenden Sechspässen oben und vier liegenden Dreipässen unten