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Newell Sill Jenkins

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Brief von Richard Wagner an N. S. Jenkins, Seite 1
Brief von Richard Wagner an N. S. Jenkins, Seite 2 und 3

Newell Sill Jenkins (* 29. Dezember 1840 in Falmouth, Massachusetts; † 25. September 1919 in Havre, Montana) war ein US-amerikanischer Zahnarzt, der den größten Teil seine Lebens in Dresden praktizierte.[1] Er entwickelte das nach ihm benannte Porzellan-Email und verbesserte dadurch entscheidend die Zusammensetzung der Porzellanmasse für Zahnkronen und -brücken.

Leben

Jenkins stammt aus einer Reedereifamilie. Nach seinem Studium am Baltimore College of Dental Surgery eröffnete er 1863 seine zahnärztliche Praxis in Bangor (Maine)). Er korrespondierte mit dem in Berlin praktizierenden Zahnarzt Frank Abbott, der in Europa zu den renommiertesten Zahnärzten gehörte. Abbott bestärkte ihn darin nach Deutschland auszuwandern. Am 20. November 1866 wanderte er zusammen mit seiner Familie nach Dresden aus, wo er von 1866 bis 1909 praktizierte.[1] Der zum königlich-sächsischen Geheimen Hofrat ernannte Zahnarzt war seit 1893 Besitzer der Villa Thorwald in der Schillerstraße 12 im Dresdner Stadtteil Loschwitz.

Zu seinem Patientenkreis gehörten nicht nur Mitglieder europäischer Fürstenhäuser, sondern auch Prominente wie Richard Wagner. „Ich halte es nicht für unmöglich, dass ich mich noch entschließe, mit meiner ganzen Familie und meinem letzten Werke für immer nach Amerika auszuwandern“, sagte Wagner, als er ein finanzielles Desaster seiner Ring-Aufführung bei den ersten Festspielen 1876 im Bayreuther Festspielhaus erlebt hatte. Wagner besprach mit Jenkins seine Auswanderungspläne in die USA und formulierte in einem dreiseitigen Brief auch die Bedingungen, die seine Existenz jenseits des Ozeans absichern und den Amerikanern den Parsifal bringen sollten. Dank Jenkins Überredungskünsten setzte Wagner seine Pläne, nach Amerika auszuwandern nicht um, worauf Parsifal bei den zweiten Bayreuther Festspielen am 26. Juli 1882 in Bayreuth uraufgeführt wurde.[2][3][4]

1907 zog er nach Paris, wo er seine Forschungen fortsetzte und große Anerkennung genoss. Zweimal wurde er zum Präsidenten des American Dental Clubs of Paris gewählt. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen aus Deutschland, England, Frankreich, den USA, Norwegen, Holland und Spanien.[5] Während des 1. Weltkriegs kehrte er 1916 in die USA zurück, wo er 1919 verstarb.

Werk

Jenkins wurde trotz seiner hohen Verdienste um die Zahnheilkunde lange Zeit von zahnmedizinischen Historikern ignoriert, obwohl er während seiner Schaffenszeit 32 wissenschaftliche Artikel zur Verbesserung der ästhetischen Zahnversorgung mit Porzellanfüllungen veröffentlicht[6] und teilweise patentiert hatte.[7]

Einführung des Kofferdams in Deutschland

Erste Anerkennung fand er, als er den 1864 von dem New Yorker Zahnarzt Sanford Christie Barnum entwickelten Kofferdam in Deutschland einführte, einen Spanngummi, der den zu behandelnden Zahn von der Mundhöhle insbesondere vor Flüssigkeiten und Speichel isoliert. Ursprünglich diente er dazu, das Arbeitsfeld trocken zu halten, da es damals noch keine zahnärztlichen Absauganlagen gab.[8]

Entwicklung von Porzellanmassen

Jenkins entwickelte das nach ihm benannte Porzellan-Email und verbesserte dadurch entscheidend die Zusammensetzung der Porzellanmasse für Porzellaninlays, Zahnkronen und -brücken und die dazu gehörende Verarbeitungstechnik. Hierzu gehörte auch die Entwicklung von Stahlbohrern, die mit Diamantstaub beschichtet waren, um eine glatte Kavität erzeugen zu können. Die Porzellaninlays haben erstmalig die Möglichkeit eröffnet, zahnfarbene Frontzahnfüllungen zu erzeugen und leiteten damit die Ära der ästhetischen Zahnmedizin ein. Für die Produktion und den Vertrieb des „Jenkins Porcelain Enamel“ gründete er die Manufaktur Klewe & Co. Sein persönlicher Freund, ein gewisser Samuel Langhorne Clemens kaufte die Herstellungs- und Vertriebsrechte für den amerikanischen Markt. Der Name dieses Mannes wird den meisten nichts sagen, denn er ist unter seinem Pseudonym als amerikanischer Schriftsteller Mark Twain bekannt geworden.[1][6]

Entwicklung der Zahnpasta Kolynos

Zusammen mit Willoughby D. Miller entwickelte Jenkins eine Zahnpasta namens Kolynos, die erstmals Desinfizienzien enthielt. Der Name stammt aus dem Griechischen Kolyo Nosos („Krankheitsprävention“). Zahlreiche Versuche, die Zahnpasta von Apothekern in Europa herstellen zu lassen, erwiesen sich als unwirtschaftlich. Nach seiner Rückkehr in die USA experimentierte er mit Harry Ward Foote (1875–1942), Chemieprofessor am Sheffield Chemical Laboratory der Yale University.[9] Nachdem Jenkins in den Ruhestand ging, übertrug er die Herstellung an seinen Sohn Leonard A. Jenkins, der am 13. April 1908 die ersten Zahnpastatuben auf den Markt brachte. Innerhalb weniger Jahre expandierte die Firma in Nordamerika, Lateinamerika, Europa und dem Fernen Osten. Ein Zweigbetrieb entstand 1909 in London. Bis in die Neuzeit ist Kolynos vor allem im südamerikanischen Raum und in Ungarn weit verbreitet. Colgate-Palmolive übernahm das Produkt von American Home Products im Jahre 1995 zum Preis von einer Milliarde US-Dollar.[10]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Dr. Newell Sill Jenkins, Revue d'histoire de l'art dentaire. (englisch). S. 20. Abgerufen am 31. März 2016.
  2. Richard Wagner und sein Zahnarzt, zm, 30. März 2016. Abgerufen am 31. März 2016.
  3. Richard Wagner und seine Zahnärzte. Akademie für Zahnärztliche Fortbildung, Karlsruhe. Abgerufen am 1. März 2016.
  4. Sein guter Freund, Richard Wagner und Zahnarzt Jenkins, zm, Heft 10/2013. Abgerufen am 31. März 2016.
  5. Dr. Newell Sill Jenkins, Revue d'histoire de l'art dentaire. (englisch). S. 25. Abgerufen am 31. März 2016.
  6. a b J. M. Hyson, S. D. Swank: Dr. Newell Sill Jenkins: progenitor of cosmetic dentistry. In: Journal of the California Dental Association. Band 31, Nummer 8, August 2003, S. 626–629, PMID 13677405.
  7. Patent Nr. 585,442. Newell Sill Jenkins, Portable Melting Apparatus, patentiert am 29. Juni 1897. Google Patents. Abgerufen am 31. März 2016.
  8. Reinhardt Winkler: Sanford Christie Barnum – Der Erfinder des Kofferdam. In: Die Quintessenz, Band 42, 1991, S. 483–486.
  9. Nachruf auf Harry Ward Foote, Science, 6. März 1942, S. 241–242. Abgerufen am 2. April 2016.
  10. Kolynos Toothpaste and Nalgiri Cosmetics - A curious blend of Greek and Hindu. Abgerufen am 31. März 2016.