Segeltuch
Als Segeltuch (plural: -tuche oder -tücher), Segelleinwand oder Segelleinen wird ein aus starkem Garn, dicht und fest gewebter Stoff in Leinwandbindung bezeichnet.
Geschichte
Ursprünglich waren diese Tuche meist aus reinem Hanf-, oft aber auch aus mit Hanf und Flachs gemengtem Werggarn gefertigt. Daher stammt auch der Name Canvas für Segeltuch, das Wort Canvas stammt aus dem 13. Jahrhundert aus dem Angelsächsischen Canevaz und aus dem alt Französischen Canevas, es leitet sich aus dem (Lat. Cannapaceus) für Cannabis "aus Hanf" und aus dem griechischen Wort κάνναβις (Cannabis) ab.[1][2] Diese Segeltücher, Canvaße waren relativ schwer und materialbedingt weiß, beige oder braun. Die Verarbeitung war aufgrund der Dicke des Stoffs nur mit speziellen Sattlernähmaschinen möglich. Heutzutage bezeichnet Canvas allgemein feste Stoffe in Leinwandbindung aus verschiedensten Materialien, meistens aus Baumwolle.
Anforderungen
Die Anforderungen des Segeltuch-Canvas im maritimen Bereich muss eine hohe Reißfestigkeit aufweisen, insbesondere bei ungleichförmiger Belastung durch Böen. Wasserabweisende Eigenschaften werden dabei bevorzugt, da das Segel durch Regen und Gischt zwangsläufig nass wird. Würden die Fasern zu viel Wasser aufnehmen, würde das Gewicht des nassen Segels den Schwerpunkt des Schiffes nach oben verlagern und somit dessen Stabilität beeinflussen.
Wichtige Anforderungen bei der Herstellung von Segeltuch-Canvas sind zudem die Formstabilität und Dehnbarkeit (fachmännisch: Reck), damit das Profil erhalten bleibt, sowie ein geringes Gewicht. Neben Wetterbeständigkeit, Reißfestigkeit, Gewicht, Beständigkeit gegenüber UV-Strahlung[3], Profiltreue, Lebensdauer und Einsatzgebiet spielt der Kostenfaktor ebenfalls eine wesentliche Rolle für die Produktion.
Anwendungen
Schifffahrt
Schifffahrt
Heutige Segel- oder Canvastücher im maritimen Sinn werden häufig aus Chemiefasern wie Polyethylen und Verbundstoffen[4] hergestellt, da diese keine Nässe binden und ein geringeres Gewicht bei gleicher Haltbarkeit aufweisen. Jedoch finden auch traditionell gewebte Tuche aus reiner Baumwolle und Hanf weiterhin ihre Anwendung.
In der Schifffahrt kommt Segeltuch vorwiegend im Bootssport, seltener auch bei historischen Seglern zum Einsatz. Im Bootssport gehören Polyestersegel (auch als Dacrontücher bekannt) zum Standard. Diese werden maßgeblich von Fahrtenseglern eingesetzt. Polyestersegel werden grundsätzlich gewebt und anschließend durch Tempern und die Behandlung mit Harzen veredelt. Sie sind kostengünstig, können Überlastungen gut vertragen und sich zum Teil wieder zurückformen. Dadurch verlieren sie im Laufe der Zeit jedoch an Profil.
Insbesondere im Regattabereich finden sich dagegen häufig kostspieligere Laminat- oder Membransegel, diese können dann aber eigentlich nicht mehr als Segel-„Tuch“ bezeichnet werden. Laminatsegel werden aus unterschiedlichen Kunststofflagen zusammengeschweißt. Dies führt zu einem geringeren Gewicht gegenüber Polyestersegeln. Laminatsegel sind sehr reckarm und damit auch nach längerer Belastung profiltreu. Sie werden zunehmend auch für Tourensegler interessant, da der Aufpreis im Vergleich zu Dacron Segeln deutlich gesunken ist. Durch Beschichten mit einem Leinwandgewebe sind sogenannte Cruising Laminate ähnlich robust wie Dacron Segel. Laminatsegel werden durch Delamination unbrauchbar; durch die technologischen Fortschritte konnte ihre durchschnittliche Lebensdauer jedoch deutlich gesteigert werden.
Andere Anwendungen
Segeltuch oder Canvas wird nicht nur in der Schifffahrt eingesetzt, sondern kommt in vielen „außermaritimen“ Bereichen zur Anwendung. Hier spricht man aber meistens nur noch von Canvas. Durch die hohe Stabilität wird Canvas häufig in verschiedenen textilen Anwendungen verwendet, zum Beispiel für Bekleidungsstoffe, Persennings, Schlechtwetter-, Sonnen- und Sichtschutz, Zeltplanen, LKW-Abdeckungen aber auch für Sitzsäcke, Taschen, Schuhe, Transport- und Seesäcke.[5] Aus Baumwolle gefertigtes Canvas wird seit Jahrhunderten als Abdeckung für Zelte verwendet,[6][7] obwohl das Ausgangsmaterial nicht wasserdicht ist. Erst der Regen führt dazu, dass die Baumwollfasern aufquellen und eine relativ wasserdichte Oberfläche durch das dicht gewobene Tuch entsteht.
Es stehen verschiedene Naturfasern für diese Anwendungen zur Verfügung, sowohl Baumwolle, Hanf u. s. w. , aber auch verschiedeneChemiefasern wie Polyester, Polyacryl sowie Mischgewebe. Kunstfasern haben gegenüber Baumwollfasern Vorteile in Bezug auf die Wasserdichtigkeit, durch schnelleres Trocknen, die längere Lebensdauer und die langsamere Entstehung von Stockflecken und Schimmelpilzen. Durch die Webart, durch Textilveredelungen wie z.B. Textilbeschichtungen und Imprägnierungen erreicht man eine dauerhafte Wasserdichtigkeit. Speziell für den Einsatz in öffentlichen Bereichen wie Messen, Veranstaltungen und öffentlich zugänglichen Gebäuden stehen Canvasstoffe zur Verfügung, die die gesetzlich geforderte Sicherheit im Bereich des Brandschutzes erfüllen. Derartige Stoffe sind gemäß der Norm DIN 4102 B1 schwer entflammbar imprägniert, oder sind aus permanent schwer entflammbaren Materialien gefertigt.[5]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ The Online Etymology Dictionary. Etymonline.com, abgerufen am 5. Mai 2012.
- ↑ Oxford Dictionaries. Oxford University Press, abgerufen am 1. März 2014.
- ↑ Kooperationsforum mit Fachausstellung, Nachbericht Material, Funktion, Design. Bayern Innovativ, Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer, abgerufen am 10. Februar 2015.
- ↑ Degischer, Hans Peter; Lüftl, Sigrid: Leichtbau: Prinzipien, Werkstoffauswahl und Fertigungsvarianten (2009).: S. 112., Wiley-VCH Verlag, Weinheim
- ↑ a b Was ist Segeltuch? (HTML) Abgerufen am 10. Februar 2015.
- ↑ Correspondenzblatt des Niederrheinischen Vereins für Öffentliche Gesundheitspflege. Niederrheinischer Verein für Öffentliche Gesundheitspflege, S. 23, Band 1, 1872, abgerufen am 10. Februar 2015.
- ↑ Gatschet, Alb S. "Die Sprache der Tonkawas." In: Zeitschrift für Ethnologie, (1877): S. 64ff., Dietrich Reimer Verlag, Berlin.