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Joachim Meisner

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Joachim Kardinal Meisner

Joachim Kardinal Meisner (* 25. Dezember 1933 in Breslau, Stadtteil Lissa) ist seit 1989 Erzbischof des Erzbistums Köln.

Leben

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Meisner (Bildmitte) zieht 1997 nach der Eucharistiefeier im Dom durch die Innenstadt, entlang mehrerer Stationen mit Altären.

Joachim Meisner wuchs mit drei Brüdern im katholisch geprägten Schlesien auf. Die dortige Volksfrömmigkeit betrachtet er noch heute als das Idealbild einer katholisch geprägten Gesellschaft. Nach der Vertreibung 1945 aus Schlesien und dem Tod seines Vaters in demselben Jahr lebte Meisner im thüringischen Körner. Nach einer Lehre als Bankkaufmann trat Meisner 1951 ins Spätberufenenseminar Norbertuswerk in Magdeburg ein und holte hier das Abitur nach. Von 1959 bis 1962 studierte er Philosophie und Theologie in Erfurt und wurde im Dezember 1962 dort zum Priester geweiht. Er war Kaplan in Heiligenstadt und Erfurt, danach Rektor des Erfurter Caritasverbandes. 1969 promovierte er zum Dr. theol. an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Am 17. März 1975 wurde er zum Titularbischof von Vina und Weihbischof in Erfurt-Meiningen ernannt und am 17. Mai desselben Jahres durch den Apostolischen Administrator von Erfurt Hugo Aufderbeck zum Bischof geweiht. Zum Bistum Erfurt gehört unter anderem das Eichsfeld, welches eine katholische Enklave in der protestantisch bis atheistisch geprägten DDR war. Dort fand Meisner ein ähnliches katholisches Gemeindeleben wie in seiner schlesischen Heimat vor. Das Glaubensleben dort prägt Meisners Denken bis heute: Damals wie heute sieht er in solchen Enklaven Inseln des Katholizismus im „Meer des Unglaubens“. Was damals die sozialistischen Machthaber waren, ist in Meisners Denken heute der Liberalismus und die Beliebigkeit.

Am 25. April 1980 ernannte ihn Papst Johannes Paul II., den er seit Jahren persönlich kannte, zum Bischof von Berlin. In dieses Amt wurde er am 17. Mai 1980 eingeführt.

Von 1982 bis 1989 saß Meisner der Berliner Bischofskonferenz vor.

Am 5. Januar 1983 nahm ihn Johannes Paul II. als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Pudenziana in das Kardinalskollegium auf.

Nach dem Tod Joseph Kardinal Höffners 1987 schickten die Domkapitulare des Erzbistum Köln gemäß dem Konkordat mit dem Heiligen Stuhl einen Zehnervorschlag an die Bischofskongregation. Auf dem üblichen Dreiervorschlag (Terna), der dem Domkapitel zur Bischofswahl zurückgesendet wurde, befand sich der Name Meisners, obwohl dieser nicht auf der Liste des Domkapitels gestanden hatte. Dies musste von den Domkapitularen als Aufforderung Papst Johannes Pauls II. verstanden werden, Meisner zum neuen Erzbischof zu wählen. Das Domkapitel weigerte sich jedoch zunächst. Theologen aus ganz Deutschland und Politiker protestierten gegen diese Aktion des Papstes und argumentierten, dass sie nicht dem Konkordat entspreche. Das Kölner Domkapitel akzeptierte aber schließlich das Ansinnen des Papstes, Meisner zum Erzbischof zu wählen, und tat dies, indem es zunächst seine Wahlordnung änderte und damit auch eine Wahl mit relativer Mehrheit ermöglichte, mit 6 Ja-Stimmen bei 10 Enthaltungen. Damit war dem Konkordat Genüge getan. Am 20. Dezember 1988 wurde Meisner nach seiner Wahl zum Erzbischof von Köln ernannt und am 12. Februar 1989 in dieses Amt eingeführt.

Kardinal Meisner ist derzeit Vorsitzender der Liturgiekommission der deutschen Bischofskonferenz und der Solidaritätsaktion Renovabis. Weiterhin ist er Mitglied mehrerer kurialer Kongregationen, darunter der Kongregation für den Klerus.

Kritik

Meisners Amtsführung und Auffassungen sind beständiger Kritik ausgesetzt. In seiner – dem Kirchenrecht und der Lehre in jedem Punkt entsprechenden – Auslegung kritisierte er seit seiner Amtseinführung als Erzbischof besonders scharf den Zeitgeist, die Abtreibungspraxis in Deutschland und die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften gegenüber der konventionellen Ehe, die er als Gefahr dieses grundrechtlich geschützten Gutes ansieht. Auch seine Einforderung kirchlichen Gehorsams wird in der heutigen von Dialog, Vermittlung, Partizipation und Konsens geprägten Gesellschaft von manchen mit Befremden aufgenommen. So wurde er in den Medien häufiger wegen der Maßregelung von Priestern kritisiert.

Die Kritik gegenüber Meisner ist allgemein auf ein unterschiedliches Kirchen-Verständnis zwischen Meisner und seinen Kritikern zurückzuführen. Während Kritiker von Meisner häufig Dialogbereitschaft und eine Kirchen-Öffnung verlangen, beharrt Meisner auf den überlieferten Traditionen der römisch-katholischen Kirche, und damit auch auf deren Amtsverständnis und ihrer Verbundenheit zum Papst. So untersagte er beispielsweise 2004 dem vom Vatikan abgesetzten Bischof Jacques Gaillot einen Auftritt in seinem Bistum.

Um seine Auffassungen wirksam zu platzieren, neigt Meisner zu drastischen Vergleichen. Im Oktober 2003 hatte Meisner beispielsweise bei einem Vortrag in Budapest „Wissenschaftsgläubige“ und Homosexuelle mit Terroristen und Drogensüchtigen gleichgesetzt und als eine Gefahr für die „europäische Werteordnung“ bezeichnet. Mehrere Homosexuellenverbände erstatteten deshalb Strafanzeige wegen Volksverhetzung, die jedoch nicht weiter verfolgt wurden. Zur Dreikönigspredigt am 6. Januar 2005 deutete Meisner eine Parellele zwischen der Abtreibung und dem Holocaust an. Meisner hatte wörtlich gesagt:

„Es ist bezeichnend: Wo der Mensch sich nicht relativieren und eingrenzen lässt, dort verfehlt er sich immer am Leben: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen lässt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht. Abtreibung und Euthanasie heißen die Folgen dieses anmaßenden Aufbegehrens gegenüber Gott. Das sind nicht soziale Probleme, sondern theologische. Hier kommt das erste Gebot ins Spiel: "Du sollst keine fremden Götter neben mir haben", d.h. du sollst dich nicht selbst zum Gott machen, der sich Verfügungsrecht über seinen eigenen Leib und über das Leben anderer anmaßt. "Das Licht leuchtet in die Finsternis" (Joh 1,5), das ist kein harmloses Geschehen. Entweder nehme ich es auf, dann gehe ich erleuchteter durch die Welt oder ich verschließe mich ihm und werde noch dunkler als bisher."

Auch das „Forum Deutscher Katholiken“ stellt sich auf die Seite des Kölner Erzbischofs und dankte ihm für seinen Mut. Meisner zeige „die generelle Ursache der Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ auf, heißt es in einer Erklärung. Außerdem: „Der Kardinal verharmlost oder mindert in keiner Weise die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden. Er bringt vielmehr das millionenfache Unrecht der Ermordung von Menschen nachdrücklich ins Bewusstsein.“

Beides seien angeblich Folgen der Wertelosigkeit heutiger Gesellschaften. Auch hierfür wurde Meisner hart kritisiert, unter anderem wurde ihm Verharmlosung des Holocaust vorgeworfen. Meisner hat seine Äußerung daraufhin öffentlich zurückgenommen. Auch sei es die Kirche, die empfängnisverhütende Mittel ablehne.

Wegen ihrer Haltung zur Abtreibungsgesetzgebung fordert Meisner außerdem seit Jahren von der CDU, auf das „C“ in ihrem Parteikürzel zu verzichten, da es sich nicht mehr um eine christliche Partei handle.

Während Meisners Aussagen und Amtsführung von liberalen Kirchenführern wie etlichen Theologen und einigen engagierten Laien kritisiert werden, sehen ihn konservative und traditionelle Christen als Galionsfigur und Verfechter des katholischen Glaubens an. Diese Kreise erfreuen sich Meisners bischöflicher Unterstützung.

Kritik aus liberalen Kirchenkreisen erfährt neben Kardinal Friedrich Wetter auch Meisner, da er besonders traditionsgebundene Gruppen seine Unterstützung gewähre, u.a. auch solche, die dem Opus Dei nahe stehen. Beim Weltjugendtag 2005 in seinem Bistum wurde auch solchen Gruppen aus dem konservativem Spektrum die Mitorganisation ermöglicht, heißt es.

Zitate

  • „Sie wissen doch, warum in Köln der mächtigste von uns Hirten wohnt? Das ist nämlich so: Wenn zum Beispiel die Limburger Herde mit ihrem Hirten vorbeizieht, dann rufen die Menschen zur Begrüßung: 'Hallo, Franz, einen schönen Tag noch!'. Wenn der Aachener Hirte vorbeikommt, dann heißt’s: 'Na, Heinrich, wirklich schwere Zeiten: Kopf hoch – Ihr schafft das schon.' Wenn aber der Kölner Hirte vorbeigeht, hört man nur ein Flüstern: 'Allmächtiger!'“ (Karl Kardinal Lehmann anlässlich der Verleihung des Ordens Wider den tierischen Ernst über seinen Kölner Kollegen Meisner, 22. Januar 2005)
  • „Drei Wochen vor seinem Tod ließ mich der Heilige Vater in die Gemelli-Klinik kommen und fragte mich dort: "Warten sie noch in Köln auf mich?" - Ich sagte: "Heiliger Vater, wir warten unerschütterlich". Wir rufen nun von hier aus zum Himmel hinauf: "Heiliger Vater Johannes Paul II., wir warten auf dich!" Und wir rufen nach Rom hinüber: "Heiliger Vater Benedikt XVI., wir warten auf dich!" Mit dem Petrus von gestern, das ist Johannes Paul II., und mit dem Petrus von heute, das ist Benedikt XVI., in unserer Mitte, werden wir auf unserem Glaubensweg gestärkt, denn dem Petrus wurde vom Herrn gesagt: "Stärke deine Brüder (und Schwestern)" (Lk 22,32). Junge Menschen sind noch viel näher an ihrem Lebensbeginn als ältere Leute. Darum wirkt in ihnen der Ursprung ihres Lebens aus Gottes Hand viel stärker und intensiver in der Suche nach echtem und wahrhaftigem Leben nach, als bei anderen Leuten.“ (Aus der Predigt von Joachim Kardinal Meisner in der Eröffnungsmesse im Kölner Rheinenergie Stadion zum Weltjugendtag 2005 am 16. August 2005, Volltext)
  • "Nächstenliebe ist kein Freundlichkeitsbrei" (2005 im Interview mit dem Magazin "Der Spiegel")
  • „Wir feiern den ersten Weltjugendtag mit zwei Päpsten: mit Papst Johannes Paul II. vom Himmel her und mit unserem Papst Benedikt XVI. von der Erde her. Was wird das für ein großes Fest des Glaubens werden!.“ (Aus der Predigt von Joachim Kardinal Meisner in der Eröffnungsmesse im Kölner Rheinenergie Stadion zum Weltjugendtag 2005 am 16. August 2005, (http://www.wjt2005.de/index.php@id=1891&backpid=1364&begin_at=30&tt_news=859.htm)
  • Joachim Kardinal Meisner (1975)
  • Bischof Hugo Aufderbeck † (1962)
  • Alfred Kardinal Bengsch † (1959)
  • Julius August Kardinal Döpfner † (1948)
  • Erzbischof Joseph Otto Kolb † (1935)
  • Erzbischof Johann Jakob von Hauck † (1912)
  • Bischof Ferdinand von Schlör † (1898)
  • Erzbischof Joseph von Schork † (1891)
  • Erzbischof Franz Joseph von Stein † (1879)
  • Erzbischof Friedrich von Schreiber † (1875)
  • Erzbischof Gregor (Leonhard Andreas) von Scherr OSB † (1856)
  • Antonio Saverio Kardinal De Luca † (1845)
  • Giacomo Filippo Kardinal Fransoni † (1822)
  • Pietro Francesco Kardinal Galeffi † (1819)
  • Alessandro Kardinal Mattei † (1777)
  • Bernardino Kardinal Giraud † (1767)
  • Papst Clemens XIII. (Carlo della Torre Rezzonico) † (1743)
  • Papst Benedikt XIV. (Prospero Lorenzo Lambertini) † (1724)
  • Papst Benedikt XIII. (Pietro Francesco (Vincenzo Maria) Orsini de Gravina OP) † (1675)
  • Paluzzo Kardinal Paluzzi Altieri Degli Albertoni † (1666)
  • Ulderico Kardinal Carpegna † (1630)
  • Luigi Kardinal Caetani † (1622)
  • Ludovico Kardinal Ludovisi † (1621)
  • Erzbischof Galeazzo Sanvitale † (1604)
  • Girolamo Kardinal Bernerio, O.P. † (1586)
  • Giulio Antonio Kardinal Santorio † (1566)
  • Scipione Kardinal Rebiba † (1577)

Veröffentlichungen

  • Mit dem Herzen sehen. Chancen und Auftrag der Kirche zu Beginn des dritten Jahrtausends, Aachen September 2000.
  • Die heilige Messe, Augsburg 1997.
  • Spuren Gottes auf unseren Wegen. Der Alltag als Begegnungsfeld des Menschen mit Gott , Hildesheim/ Berlin 1993.
  • Wider die Entsinnlichung des Glaubens. Gedanken zur Re-Evangelisierung Europas, Graz u.a. 1990.
  • Unsere Hoffnung stärke euch, Köln u.a. 1989.
  • Sein, wie Gott uns gemeint hat! Betrachtungen zu Maria, Berlin/ Hildesheim 1988.
  • Nachreformatorische katholische Frömmigkeitsformen in Erfurt (= Erfurter theologische Studien, Bd. 26), Leipzig 1971.
  • Das Auditorium Coelicum am Dom zu Erfurt. Ein Beitrag zur Universitätsgeschichte Erfurts (= Erfurter theologische Schriften, Bd. 6), Leipzig 1962.

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