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Nihonshoki

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Das Nihonshoki (jap. 日本書紀, dt. Chronik Japans in einzelnen Schriften) ist nach dem Kojiki das zweitälteste noch existierende Geschichtswerk Japans, es wurde 720 vollendet. Das Buch ist in klassischem Chinesisch geschrieben und in 30 Bände unterteilt. Es umfasst eine Theogonie (Weltentstehungssage) und eine Genealogie der antiken japanischen Kaiser (Tennō), die bis zum Leben der Kaiserin Jitō (645–703) reicht. Das Werk ist auch als Nihongi (日本紀, Chronik Japans) bekannt, wird heute aber meist als Nihonshoki bezeichnet.

Der Autor des Nihonshoki war dem Vorwort des Werks zu Folge Prinz Toneri (舎人親王, 676735), der heute im Allgemeinen als Herausgeber angesehen wird. Er war der Sohn Kaiser Tenjis, der das Projekt der Abfassung einer nationalen Chronik im chinesischen Stil ins Leben rief. Außerdem waren zweifellos auch zahlreiche andere Autoren, möglicherweise sogar chinesische und koreanische, sowie budhistische Mönche an der Abfassung beteiligt, was sich aus den unterschiedlichen Stilen und dem überhaupt sehr fragmentarischen Charakter des Werkes ablesen lässt.

Das Nihonshoki beruht auf verschiedenen Quellen. Es wurde nach dem Vorbild chinesischer Geschichtswerke angelegt und zitiert zahlreiche „Schriften“ (書), deren genaue Quelle aber nicht genannt wird. Angeblich stützt es sich auf ältere Geschichtsbücher wie Tennōki (天皇紀, Buch der Kaiser) und Kokuki (国紀, Buch des Landes), die 622 verfasst wurden, aber nicht mehr erhalten sind. Beide sollen beim sog. Staatsstreich gegen Kogyoku am Beginn der Taika-Ära (Taika no kaishin oder Itsushi no hen) im Jahr 645 verbrannt worden sein.

Trotz der im Vergleich zum Kojiki viel stärker sachlichen, historiografischen Anlage des Werks, die der chinesischen Geschichtstradition entspricht, beinhaltet auch das Nihonshoki sehr viel religiöses und mythologisches Material und besitzt daher sowohl für die allgemeine Frühgeschichte als auch für die Religionsgeschichte Japans einen unschätzbaren Wert.

Die erste Übersetzung des Nihonshoki ins Englische wurde bereits 1896 von W. G. Aston herausgebracht und gilt noch heute als Standardübersetzung (Nihongi, Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697), in Auszügen wurde das Werk aber auch von Karl Florenz ins Deutsche übertragen (Japanische Mythologie, 1901).

Der Anfangsmythos des Nihonshoki

Die ersten Kami lebten hoch im Himmel, während die Erde noch jung und ungeformt über einen riesigen Ozean treibt. Nach vielen Generationen von Göttern werden der Himmelsvater Izanagi und die Erdmutter Izanami geboren. Sie begeben sich auf die Himmelsbrücke, einem Regenbogen, der die Erde und den Himmel verbindet. Sie tragen einen perlenbesetzten Speer bei sich, mit dem sie den Ozean aufrühren. Als sie den Speer wieder aus dem Wasser ziehen, fallen einige Tropfen herab. sobald sie das Wasser berühren, verwandeln sie sich zu festem Boden. Dies ist die erste Insel der Erde, und das Götterpaar lässt sich auf ihr nieder. dort errichten sie ein Haus und einen Pfeiler. Dieser Pfeiler wird zur Zeugung von Kinder benötigt: Izanagi läuft links um den Pfeiler herum, Izanami rechts. Durch dieses Ritual zeugen sie viele weitere Kami. Doch bei der Geburt des Feuergottes erleidet Izanami, die Erdmutter, schwere Verbrennungen und stirbt. Izanagi ist über ihren Tod tief getroffen, er versucht, seine Gattin aus dem rätselhaften "Wurzelland", dem Totenreich, zurückzuholen. Doch als er seine Frau dort antrifft, meint sie: "Ich habe schon von den Früchten dieser Welt gekostet, ich kann nicht zu dir zurückkehren. Aber ich will die Götter fragen, ob es nicht doch eine Lösung gibt." Währenddessen ist es Izanagi jedoch verboten, Izanagi anzusehen, doch er kann sich nicht zurückhalten und sieht seine Geliebte an... die sich daraufhin in einen wütenden Dämonen verwandelt! Izanagi flieht, verfolgt von wilden Kami und den Kriegern der Unterwelt. Er entkommt und verschließt den Ausgang des Totenreichs mit einem großen Felsbrocken. Da er von seinem Ausflug in die Unterwelt schmutzig ist, wäscht er sich in einem Fluss und zeugt so durch wundersame Weise vierzehn neue Kami. Eines dieser Kinder ist Amaterasu, die Sonnengöttin. Sie ist aus seinem linken Auge hervorgegangen, der Mondgott aus seinem rechten, und seiner Nase ist der fürchterliche Sturmgott, Susanowo (Susanoo) entfahren.

Izanagi beschließt, diesen drei edlen Kami die Welt zu überlassen. Amaterasu überlässt er das hohe Himmelreich, den Mondgott macht er zum Hüter der Nacht. Susanowo schließlich ist der Gebieter über das Meer. Er, der Sturmgott, will jedoch mehr. Er beginnt zu weinen und seine Tränen überfluten das Land, sodass nichts mehr wächst. Da fragt ihn Izanagi "Warum weinst du, mein Sohn, statt über das Reich zu herrschen, dass ich dir gegeben?" Susanowo antwortet: "Vater, lieber würde ich zu meiner Mutter in die Unterwelt gehen." Da wird Izanagi von einer fürchterlichen Wut gepackt und verbannt seinen Sohn.

Bevor Susanowo jedoch auswandert, begibt er sich in den Himmel zu seiner Schwester Amaterasu unter dem Vorwand, sich von ihr verabschieden zu wollen. Doch die Sonnengöttin wird misstrauisch und fühlt, dass sich ihr Bruder ihres Throns bemächtigen will. Tatsächlich fordert sie Susanowo heraus: "Wer von uns beiden die mächtigsten Götter erschafft, soll über den Himmel herrschen." Amaterasu nimmt Susanowos Schwert, dass er von seinem Vater erhalten hat, zerbricht und zerkaut es und formt drei Göttinen aus ihrem Atemhauch. Susanowo nimmt die Juwelen seiner Schwester, zerkaut sie und formt fünf männliche Kami. Wer hat nun gewonnen? Susanowo behauptet, er sei es. Als er seinen neuen Thron besteigt, richtet er jedoch so viel Unheil an, dass Amaterasu erschrocken in eine Höhle flieht und den Eingang mit einem Felsen verschließt. Da Amaterasu die Sonne ist, wir die Welt nach ihrem Verschwinden in tiefe Finsternis getaucht. Die Kami ersinnen daraufhin eine List: Sie stellen einen Spiegel vor den Eingang der Höhle und tanzen und singen. Amaterasu ist verwirrt: "Warum lacht ihr, wo doch die Welt in tiefe Dunkelheit getaucht?" "Wir bestaunen eine Göttin, die edler ist als Ihr", rufen die Kami zurück. Da schlüpft Amaterasu aus ihrem Versteck. Als sie in den Spiegel blickt, blendet sie sich selbst. Die Kami nutzen diesen Augenblick um die Höhle hinter ihr zu verschließen. So kehrt die Wärme und das Licht wieder zurück.

Susanowo, seines Throns wieder entmächtigt, steigt auf die Erde hinab und kehrt in die Provinz Izumo im Nordwesten von Japan ein. Dort erfährt er von einer achtköpfigen Schlange, die die Leute in der Gegend terrorisiert. Er nimmt acht Fässer voll Reiswein her und stellt sie in der Nähe des Platzes auf, wo er die Schlange vermutet. Von dem Geruch des Weins angezogen, kommt die achtköpfige Schlange angekrochen und trinkt von dem Wein. Schnell ist sie betrunken, und Susanowo ist es möglich, sie zu erschlagen. In einem der Schwänze entdeckt Susanowo ein Schwert, dass er seiner Schwester Amaterasu schenkt. Noch heute symbolisiert das Schwert die Macht der Kaiser und wird in einem Tempel aufbewahrt. Susanowo hat die Schlange erschlagen und erhält den Lohn für seine Tat: er hat einem Greisenpaar versprochen, die Schlange zu töten, wenn sie ihm ihre Tochter zur Frau geben würden, die ansonsten im Rachen der Schlange geendet hätte. Mit diesem Mädchen zeugt Susanowo viele Nachkommen, und einer davon ist Kami-Herr-der-großen-Erde, einem weiteren wichtigen Gott.

Literatur

  • Karl Florenz: Japanische Mythologie. Nihongi. „Zeitalter der Götter“. Tokyo, 1901
  • Karl Florenz: Die historischen Quellen der Shinto-Religion. Aus dem Altjapanischen und Chinesischen übersetzt und erklärt. Göttingen, 1997, ISBN 3525541198
  • Nelly Naumann: Die Mythen des alten Japan. München, 1996, ISBN 3406411479