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Naturtheorie

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Eine Naturtheorie ist eine Theorie zur Beschreibung und Erklärung der äußeren, nicht von Menschen gemachten Wirklichkeit (Natur). Sie versucht, wissenschaftsübergreifende Aussagen über natürliche Phänomene auf wenige Grundprinzipien zurückzuführen oder die Gültigkeit eines oder mehrerer durch Forschung oder Beobachtung entdeckter bzw. hypothetisch unterstellter Grundprinzipien in den verschiedenen natürlichen Phänomenen nachzuweisen.

Theorien der Natur sind weiter und zugleich enger definiert als Naturgesetze, die nach modernem Verständnis nur beobachtbare Regelmäßigkeiten im Verhalten realer Systeme beschreiben. Die Naturtheorien der Neuzeit versuchten, das immer stärker fragmentierte Wissen der sich rasch entwickelnden Einzelwissenschaften zu integrieren. Oft hatten sie hypothetischen Charakter, weil sie auf nicht unmittelbar beobachtbaren Prinzipien basierten. Dennoch ergaben sich daraus Anregungen für die positive Forschung (so z. B. durch die Verallgemeinerung des Darwinschen Evolutionsgedankens im 19. Jahrhundert), der Einzug in viele Fachrichtungen hielt.[1] In anderen Fällen hemmten sie die einzelwissenschaftliche Forschung oder blieben trotz ihres prinzipiell richtigen Ansatzes Jahrhunderte lang ohne Folgen, wie etwa die Lehre des Atomismus, deren Überprüfung beim damaligen Stand der Technik nicht möglich war. So konnte die Atomtheorie erst mehr als 2000 Jahre nach ihrer ersten Formulierung um 1910 so eindeutig bestätigt werden, dass sich ihr alle ernsthaften Naturwissenschaftler anschlossen. Wie andere vorneuzeitliche Naturtheorien erfüllte sie jedoch bereits im Altertum die Minimalanforderungen an eine wissenschaftliche Theorie bzw. Hypothese und kehrte in verschiedenen Abwandlungen und in verfeinerter Form immer wieder. Ähnliches wie für den Atombegriff gilt auch für andere Begriffe wie „Materie“, „Kraft“ oder „Energie“, an denen man festhielt, obwohl sie im Lauf der Zeit sehr unterschiedlich interpretiert bzw. definiert wurden und dabei ihre Anschaulichkeit verloren.

Von der sich seit dem 17. Jahrhundert in viele Denkrichtungen zersplitternden Naturphilosophie[2] unterscheiden sich die neueren Naturtheorien vor allem durch ihre Versuche, das Verständnis allgemeiner Prinzipien der Natur erfahrungswissenschaftlich und nicht metaphysisch zu fundieren. Die Naturphilosophie (bzw. heute die Philosophie der Naturwissenschaften) arbeitet demgegenüber vor allem an der Schärfung der den Naturwissenschaften vorausgesetzten Begriffe. Sie überprüft die Tauglichkeit dieser Begriffe im Hinblick auf die Erkenntnisgewinnung und diskutiert die Schranken menschlicher Erkenntnis- und Erklärungsmöglichkeiten. Die technische Formbarkeit und Substituierbarkeit von Naturprozessen sind Themen der Technikphilosophie.

Begriffsgeschichte

Das Programm einer Theorie der Natur im oben skizzierten Sinn wird zuerst von Aristoteles formuliert, der den Anspruch erhebt, „Grund-Sätze oder Ursachen oder Grundbausteine“, also Prinzipien einer „Wissenschaft der Natur“ aus dem „Vermengten“ (dem uns oberflächlich bekannten Ganzen) herauszuarbeiten und einen Weg von den „Ganzheiten zu den Einzelheiten“, d. h. im analytischen Sinne zu beschreiten.[3]

In lateinischer Form (als Theoria Naturae) verwendet wurde der Begriff seit der frühen Aufklärung für eine vernunftbasierte, nicht auf „Spekulationen und Meinungen“ gegründete Naturerkenntnis, so z.B. 1721 von dem Arzt Michael Albert aus Halle in seinem Handbuch der Medizin,[4] das allerdings noch den religiösen Gedanken des Pietismus verhaftet war.

Rugjer Josip Bošković, dessen Atomistik auf der Mechanik Newtons und dessen Trägheitsbegriff aufbaute, verwendete 1758 den Begriff „Theoria“ in seiner Abhandlung Theoria philosophiae naturalis redacta ad unicam legem virium in natura existentium („Theorie der Naturphilosophie, reduziert auf ein einheitliches Gesetz der in der Natur existierenden Kräfte“) zur Abgrenzung seiner naturwissenschaftlichen Bestrebungen von der Naturphilosophie seiner Zeit.

Außer im Lateinischen wurde der Begriff zuerst in der angelsächsischen Literatur benutzt, oft auch im Plural (Theories of Nature).[5] Im Italienischen wird teoria della natura hingegen oft als Oberbegriff verwendet, der auch Naturphilosophie und Naturgeschichte einschließt. Auch im Deutschen wurde lange Zeit nicht zwischen Naturphilosophie und Naturtheorie unterschieden; zuerst taten das die Physiker des 19. Jahrhunderts.

Klaus Mainzer verwendet den Begriff für die Versuche, eine einheitliche Theorie der Natur auf Grundlage mathematischer Verfahren zu begründen, wie dies z.B. durch Newton erfolgte. Diese Theorien knüpfen an den Gedanken des Pythagoras an, wonach es eine einheitliche Symmetriestruktur in Mathematik und Natur gebe, die heute mit Hilfe des Instrumentariums der mathematischen Gruppentheorie sowohl von der Totalität als auch von der elementaren Ebene ausgehend erfasst werden könne. Zwischen ganzheitlicher Erfassung der Natur und ihrer atomistischen Auffassung bestehe kein Widerspruch, sondern eine Komplementarität, wie es bereits Niels Bohr formuliert habe.[6] Wolfgang Lefèvre und Falk Wunderlich vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte verwenden den Begriff „Naturtheorie“ in Bezug auf die Schriften Kants über die Natur im Sinne einer metaphysikfreien, aber nicht nur auf Erkenntnistheorie reduzierten Theorie der Natur. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff einer „einheitlichen Naturtheorie“ oder Ur-Theorie im Zusammenhang mit den Versuchen zur Vereinheitlichung der begrifflichen Grundlagen der Quantentheorie und der Allgemeinen Relativitätstheorie verwendet.[7]

Doch auch für Goethes Versuche einer Synthese rationaler Naturerklärung, anschaulicher Erfassung von biologischen Entwicklungsmodellen und ästhetischer Theorie[8] und für Schellings spekulative Idee der Natur als reiner Produktivität[9] wurde der Begriff der Naturtheorie verwendet.

In neuester Zeit findet sich der Begriff vor allem im Kontext sozialwissenschaftlicher (z.B. von Oliver Schlaudt) und ökologischer Debatten. Zu den modernen, sich oft als kritisch verstehenden Naturtheorien gehören auch die Versuche, die Bereiche der Natur und der Kultur bzw. Gesellschaft voneinander abzugrenzen bzw. ihre Verschmelzungsphänomene zu untersuchen. Durch die „Vergesellschaftung“ der Natur, die naturverändernde Kraft der modernen Technik und deren ökologische Auswirkungen entstehen immer wieder neue Fragestellungen der Naturtheorie. Dabei stehen Versuche einer Neubegründung der Naturtheorie ohne philosophische Implikationen im Vordergrund.[10] Somit gibt es heute eine ganze Bandbreite von Theorien, die sich auf die Natur bzw. ihr Verhältnis zur Gesellschaft beziehen und dabei versuchen, über einzelwissenschaftliche Erkenntnisse hinaus zu gelangen, während andere Stimmen von einem anhaltenden „Verfall der Naturtheorie in der Neuzeit“ und einer so entstandenen „Leerstelle“ sprechen.[11]

Antike

Bereits die Babylonier des ersten vorchristlichen Jahrtausends strebten anders als ihre Vorgänger - die Sumerer - nicht nur nach einer äußerlichen begrifflichen Ordnung der Natur- und Gegenstandswelt, deren Phänomene auf ein großes Pantheon von in schlecht sortierten Listen namentlich aufgeführten Göttern zurückgeführt wurden, sondern nach einer „Erklärung der (ihnen) zum großen Teil nicht mehr wirklich verständlichen Überlieferung“, wobei allerdings „an die Sachgemäßheit der Erklärung keine allzu hohen Ansprüche gestellt“ wurden.[12]

Mit diesem zumindest in rudimentärer Form überlieferten Erbe waren die griechischen Naturphilosophen konfrontiert, entwickelten es aber zunächst nicht in Richtung einzelwissenschaftlicher Theoriebildung weiter, sondern durch vertiefende Reflexion, Begriffsklärung und immer wieder erneute versuchsweise Systematisierung. In der vorsokratischen[13] Zeit fallen daher Naturphilosophie und Naturtheorie weitgehend zusammen. Die Philosophen des ionischen kleinasiatischen Küstensaums waren noch nicht Wissenschaftler im engeren Sinne, doch sie konnten die vielfältige Natur mit ihren Phänomenen von Ebbe und Flut, Nebel, Regen, Wellenbildung, Sturm, Erdbeben usw. genauer beobachten, als dies die Bewohner des Zweistromlandes konnten. Sie versuchten, einen Urgrund (Chaos, Nacht) oder Urstoff (das Apeiron des Anaximander), ein grundlegendes Prinzip (Wasser – so Thales von Milet, Luft – so Anaximenes oder Feuer – so Heraklit), einen Dualismus von Prinzipien (Licht – Dunkelheit, Kälte – Wärme – so Anaximander) oder auch eine Vier Elemente, wie sie angeblich zuerst von Empedokles vertreten wurde, als Ursachen der natürlichen Phänomene zu identifizieren und mit den Einzeltatsachen in Einklang zu bringen. Wenn man ein Urchaos am Beginn der Weltschöpfung annahm, wie es schon die Babylonier taten, ergab sich das Problem, wie daraus eine geordnet-regelmäßige Struktur des Kosmos entstehen konnte. Das konnte nur durch Einführung von Kräften erklärt werden.

Es war die hervorragende Leistung des Thales, erkannt zu haben, dass die Substanz des Wassers bei verschiedenen Aggregatzuständen dieselbe bleibt. Noch besser ließ sich die Vier-Elemente-Lehre mit den beobachtbaren Zustandsformen der Materie vereinbaren. Empedokles zufolge gab es kein singuläres Urelement mehr. Feuer, Luft, Wasser und Erde waren gleichberechtigt, und zwei Urkräfte, die metaphorisch als Liebe und Hass bezeichnet wurden, mischten und trennten sie (z. B. Entstehung und Auflösung von Nebel). Der Zustand der höchsten Durchmischung besteht in der Gestalt einer Kugel; danach erfolgt eine Trennung, bis die Erde ihre jetzige Form erreicht hat. Der Gegenstand dieses Denkens – die Natur – wurde als lebendig, ja göttlich begriffen.

Diese „Prototheorien“ stützten sich weitgehend auf Anschauung und Einzelbeobachtungen – so wuchs Empedokles im Einzugsbereich des Ätna auf – , blieben allerdings ohne wesentliche Nutzanwendung, nicht zuletzt, weil aufgrund ihrer nur mündlichen Tradierung Erfahrungsdaten zunächst nicht gesammelt wurden und daher ein kumulativer Erkenntnisfortschritt nicht stattfand und auch gar nicht beabsichtigt war. Ihr Ziel war eher die Erklärung des Unbegreifbaren, ja Bedrohlichen. So formulierte auch 400 Jahre später der Römer Lukrez:

„Nichts kann je aus dem Nichts entstehn durch göttliche Schöpfung./ Denn nur darum beherrschet die Furcht die Sterblichen alle,/ weil sie am Himmel und hier auf Erden gar vieles geschehen/ sehen, von dem sie den Grund durchaus nicht zu fassen vermögen.“[14]

Doch schon aus Sicht des 4. vorchristlichen Jahrhundert entsprachen die Naturbetrachtungen der Vorsokratiker lediglich einer „Malerei“ der Natur, als welche sie Platon im Phaidros bezeichnet.[15]

Dennoch enthält die vorsokratische Philosophie genuine Theorieelemente: Die innere Struktur der Welt ist kein Rätsel mehr, es gibt keine Schöpfungsmythen, in denen personifizierte Götter eine Rolle spielen,[16] und sie kann vom Menschen erkannt und formuliert werden. Diese Formulierung - auch wenn sie oft metaphorisch bleibt - soll in sich konsistent sein und ist der Diskussion und Kritik ausgesetzt. Insofern erfüllen diese Gedankensysteme im Grundsatz die minimalen Anforderungen an wissenschaftliche Hypothesen.

Bereits bei Anaximander und Heraklit findet sich die Vorstellung einer allem Sein immanenten Gesetzlichkeit; für Heraklit gibt es keinen Zufall. Damit spaltet sich eine Weltentstehungslehre (die Kosmogonie) bzw. eine Lehre von der Ordnung der Welt und der Gestirne (die Kosmologie) von der Götterentstehungslehre (der Theogonie) ab; denn die Annahme von Göttern, deren Rolle bei der Schöpfung des Universums noch im 6. Jahrhundert für Pherekydes von Syros unverzichtbar erschien, ist in einer Welt strenger Notwendigkeit eigentlich nicht notwendig. So erklärt Thales die Erdbeben durch Wasserbewegungen, Anaximander durch den Wind, der durch Felsspalten streift.

Die Vorstellung von Gesetzen, denen die Natur unterliegt – verbunden mit der Verwendung des Begriff der Notwendigkeit – wird dann von Demokrit, Xenophon, Platon und endgültig von Aristoteles formuliert, die auch einen differenzierten Kausalitätsbegriff entwickeln. Während bei Platon noch die Natur in ihrer Ganzheitlichkeit gedacht wird, stehen bei Aristoteles bereits ihre einzelnen Phänomene im Vordergrund. Er setzt sich von den Vorsokratikern ab, die die Natur mechanistisch-materiehaft, also aus heutiger Perspektive „physikalisch-reduktionistisch“ denken, und versucht, den älteren „Naturbegriff im Sinne des natürlichen Werdens und Veränderns wiederherzustellen“.[17] Mit seiner Vier-Usachen-Theorie (Material, Form, Veränderungsanstoß und -ziel) versucht er, Verursachungskomplexe von Dingen, Veränderungen und Bewegungen sichtbar zu machen, wobei er auch auf Dinge stößt, denen die Zielbestimmtheit fehlt.[18]

Demokrit vereinigt in seiner Atomtheorie die Lehren von Heraklit (Theorie des Urfeuers und der ständigen Bewegung) und Parmenides (ständige Veränderung ist nur Schein – das Seiende ist unabhängig von Raum und Zeit), indem er die ständige Veränderung mit der Bewegung kleinster Partikel des Seins im teilweise leeren Raum erklärt. Diese Körperchen unterscheiden sich nur durch ihre geometrische Form; aus ihren mechanischen Bewegungen entstehen Erde, Feuer, Luft und alle Qualitäten der Materie. Auch die Seele – so Demokrit – bestehe aus besonders feinen runden Atomen. Epikur entwickelt diese Naturtheorie unter Verzicht auf alle metaphysischen Annahmen, aber auch auf den strengen Determinismus Demokrits weiter. Die Atome, die unsichtbar sind und sich in Größe, Gestalt und Schwere unterscheiden, erzeugen durch Zusammenstoß und zufällige Abweichungen von ihrer senkrechten Fallrichtung unzählige Kombinationen.

Der Römer Lukrez stellt in seinem Lehrgedicht De rerum natura, in welchem er seinen römischen Landsleuten das Weltverständnis des Epikur erklärt, einen Zusammenhang zwischen den Zufallsschwankungen (fortuna) der unsichtbaren Atome, den Bewegungen der Natur und des Kosmos, die dafür nur ein „Bild und Gleichnis“ seien,[19] und dem freien Willen von Lebewesen her, also zwischen Materie und Psyche. Gegen den strengen Determinismus der Stoa, die den Atomgedanken durch das 'pneuma' ersetzte, und ihren Glauben an eine göttliche Lenkung der Welt[20] setzt er die Annahme, dass man lediglich die Regelmäßigkeiten der Natur beobachten könne, und bestreitet, dass Götter in der Lage seien, sich in die Natur einzumischen.[21] Dabei bleibt er jedoch in erster Linie Dichter und Philosoph: Marx (wie in der Antike in ähnlicher Form schon Cicero und Seneca) kritisierte sein Desinteresse an den positiven Wissenschaften und die „Nonchalance“ und Willkür, mit der er die „Realgründe“ von Naturphänomenen einführte,[22] galt doch das Interesse der Römer weniger der Naturerklärung als vielmehr Recht, Staat und Ackerbau.

Speziellere Naturtheorien finden sich in der Medizin, die eine einfachere Beobachtung von Symptomen und Krankheitsverläufen ohne experimentellen Eingriff erlaubt, so u. a. bei Hippokrates[23] und Eryximachos, welcher in Platons Symposion[24] auftritt. Er ist vermutlich mit einem Athener Arzt gleichen Namens identisch, der um 415 v. Chr. des Religionsfrevels bezichtigt wurde. Im Symposion lässt Platon Eryximachos alle körperlichen Lebensphänomene auf zwei gegeneinander wirkende nützliche bzw. schädliche Prinzipien des Eros zurückführen, wobei nicht geklärt ist, ob es sich bei Aussagen wie der über die ursprüngliche Kugelgestalt der Menschen um eine Parodie handelt.

Lateinisches Manuskript des Anfangs von Buch I der „Physik“ des Aristoteles mit griechischem Originaltext am Rande

Insbesondere Aristoteles war es, der als Vertreter einer neuen „Bildungsaristokratie“, welche sich auf die Arbeit von Unfreien stützte und daher Muße zum Nachdenken genoss, das Praktikable gering schätzte. Er ging explizit davon aus, dass alles Nötige zum Leben bereits vorhanden, die Bedürfnisse gesättigt und eine Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen nicht nötig seien. Diese Haltung bezog sich nicht etwa nur auf einen Verzicht der nachträglichen Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern auf den Weg ihrer Erkundung selbst. Neben der Beobachtung beschränkte man sich auf Messung und Zählung; praktische Eingriffe in die Natur zum Zwecke ihrer Erkundung oder experimentellen Umgestaltung fanden nicht statt.[25] Daher erlaubten nur in der (praktisch wenig relevanten) Astronomie die bereits von der orientalischen Wissenschaft entwickelten mathematischen Hilfsmittel präzise Vorhersagen aufgrund von Langzeitbeobachtungen. Erst Archimedes gelang als erstem Physiker eine auf wenige Axiome gegründete rein mathematische Herleitung von mechanischen und hydrostatischen Gesetzmäßigkeiten. Nur in diesen Fällen kann man von einer erfolgreichen Theoriebildung im neuzeitlichen Sinne sprechen.

Mittelalter

Mit der Übernahme des Aristotelismus in die christliche Dogmatik kam es auch zur Ablehnung des Experiments, das schon von Platon und Aristoteles als Manipulation der Natur, als künstliche Abtrennung, die das innere Wesen der Natur verberge, verworfen worden war. Durch das Insistieren auf der Anschauung als Erkenntnismittel begab man sich des wichtigsten Bindeglieds zwischen Naturtheorie und Wirklichkeit. Eine weitere Voraussetzung, die Annahme der inneren Zweckhaftigkeit der Natur und damit ihr Anthropomorphismus, wurde ebenfalls von Aristoteles übernommen.[26]

Das änderte sich auch nicht grundsätzlich durch die bereits im Frühmittelalter erfolgte Wiederentdeckung der Korpuskular-(Atom-)Theorie der Antike, so durch Isidor von Sevilla. Im frühen 12. Jahrhundert kam es mit zunehmendem Verständnis der Natur als autonom sogar zur Wiederbelebung des Atomismus vor allem durch Odo von Cambrai und Adelard von Bath: Die Körperwelt erhält einen Eigenwert, der göttliche Schöpfungsakt hat ihr nur eine Grundordnung und bestimmte Qualitäten verliehen. Doch führt dies noch nicht zu ihrer empirischen Erforschung. Nach kirchlichen Angriffen auf die Atomistik lebt sie im 14. Jahrhundert wieder auf, z. B. durch Nicolaus von Autrecourt, der direkt an Demokrit anschließt, dringt jedoch nicht zu einer echten Theoriebildung durch, mit der komplexere physikalische Erscheinungen aus der Verbindung von Atomen erklärt oder vorhergesagt werden könnten. Die mittelalterlichen Atomisten bleiben meist in logisch-mathematischen Nachweisen stecken. Außerdem konkurriert der Atomismus mit dem Chemismus des Paracelsus, der alle organischen Lebensvorgänge auf chemische Prozesse zurückführt. Immerhin begreift Nicolaus das Licht als einen Teilchenstrom, der sich mit endlicher Geschwindigkeit im Vakuum ausbreite; er nimmt auch an, dass die Materie unvergänglich sei.[27]

Im gesamten Mittelalter und selbst in der Renaissance blieb die Naturphilosophie also weitgehend der Metaphysik in der Tradition des Aristoteles verhaftet und arbeitete sich an Konflikten mit der Autorität der theologischen Lehrmeinungen ab, die nur von Giordano Bruno infrage gestellt wurden.[28] Das behinderte die Entwicklung von genuinen Naturtheorien; lediglich die methodologische Reflexion der Erforschung der Natur wurde weiter entwickelt, z. B. durch Nikolaus Cusanus oder später durch Francis Bacon.

Die Philosophie des christlichen Spätmittelalters, die Scholastik, war geprägt von der Diskussion des Universalienproblems, dessen gesellschaftlicher Hintergrund der mühsam bewahrte Monotheismus und die aufrecht zu erhaltende Einheit der Kirche waren. Die Dreieinigkeit stand für eine gottgegebene Einheit der Natur, die real, aber der sinnlichen Erfahrung nicht zugänglich war. Für die Anhänger einer erstarkenden Gegenposition zu diesem Realismus, die Nominalismus genannt wurde, waren dagegen die einzelnen sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände wirklich, wie es Roscelin in provokativer Weise formulierte. Diese Nominalisten versuchten sich von vereinheitlichenden Vorstellungen zu lösen, wurden zunächst verfolgt und setzten sich gegen 1400 durch. Wilhelm von Ockham vertrat den differenziertesten Nominalismus: Wenn nur das Individuum und das einzelne Ding wirklich sind (und letzteres Ausdruck göttlicher Ideen ist), dann sind Verallgemeinerungen rein sprachlicher Natur. Zwar verhindert der Gedanke, das einzelne Ding verkörpere eine göttliche Idee, seine Identifizierung mit realen physikalischen Objekten; doch wird durch ihn die neuzeitliche Vorstellung vorbereitet, dass logische Kalküle einzig verallgemeinernden und nicht existenzbegründenden Charakter haben. Das Allgemeine ist nicht mehr etwas Vorgegebenes, aber Unzugängliches, wie Platons Ideen, sondern lässt sich erforschen und in einer idealen Sprache formulieren, wozu Leibniz seine mathematisch-logische Universalsprache entwickelte.

Frühe Neuzeit und Aufklärung

Boyles zweites Modell einer Luftpumpe zur Feststellung der Gewichts der Luft

In der frühen Neuzeit setzten sich – vor allem bedingt durch die Entwicklung der Optik und Präzisionsmechanik sowie die Weiterentwicklung der Mathematik – messtechnische verfeinerte Methoden der Naturbeobachtung und experimentelle Methoden der Naturerforschung durch. Allerdings kamen Widerstände gegen dieses Programm nicht nur von kirchlichen Kreisen wie im Falle Galileo Galileis, sondern auch aus der Wissenschaft selbst und in der Tradition des Verdikts Aristoteles gegen das Experiment auch aus der Philosophie. Exemplarisch dafür war die Kontroverse zwischen Thomas Hobbes und Robert Boyle über dessen Experimente mit der Luftpumpe. Die Existenz des Vakuums blieb lange eine Streitfrage zwischen Korpuskular- und Atomtheorien.[29] Boyle, der zwischen beiden Positionen schwankte, war an der Beschreibung von Wirkungen interessiert, nicht an den ihnen zugrundeliegenden Ursachen. Hobbes hingegen forderte, dass neues Wissen kausal begründet und mit logischer Notwendigkeit hergeleitet werden müsse. Die bloß experimentelle Herbeiführung künstlicher Effekte führe – so Hobbes – nicht zu wahrem Wissen, da eine Induktion von der Wirkung auf die Ursachen stets hypothetisch bliebe. Auch das Argument Boyles, dass seine Experimente jederzeit wiederholbar seien, konnte Hobbes Skeptizismus gegenüber wissenschaftlichen Instrumenten und den durch sie bedingten Verfälschungen der Natur nicht beseitigen; doch setzte sich die Position Boyles rasch mit Hilfe der Royal Society durch.[30]

Im Zeitalter des Barock wurden die Wissenschaften unter dem Einfluss der praktischen Entwicklung einer leistungsfähigen Mechanik von einem reduktionistischen mechanistisch-mathematischen[31] Weltbild oder einem Maschinenparadigma[32] beherrscht. Der Prozess der Verdrängung eines teilweise spekulativen Naturphilosophie durch die vermeintlich „exakten“ und metaphysikfreien Naturtheorien führte jedoch nicht auf allen Gebieten zu Erkenntnisfortschritten. So ging mit der Ächtung der Aristotelischen Naturphilosophie und der Dominanz des mechanistischen Weltbildes, das auch auf biologische Phänomene übertragen wurde, ein großer Teil des ärztlichen Wissens der Antike, des Mittelalters und der arabischen Welt verloren. Der vermutete Wirkungsbereich von mechanischen Verfahren“ wurde weit überdehnt, sie wurden gar zur Heilung von Kranken herangezogen.[33] Auch konnten Fernwirkungen mit Hilfe der Mechanik nur schwer erklärt werden. René Descartes und Christiaan Huygens versuchten die Gravitation aus Wirbeln des Äthers zu erklären; ein leerer Raum war für sie noch nicht vorstellbar.

Höhepunkt der Entwicklung waren die Formulierung der theoretischen Mechanik durch Isaac Newton und dessen Gravitationsgesetz, die für eine gewisse Zeit als „Theory of Everything“ zu taugen schienen. Allerdings wurden diese Theorien durch spinozistische Lehren über eine geistig-körperliche Ursubstanz ohne Ausdehnung wie noch bei Bošković oder durch theologisch-metaphysische Annahmen über eine erste Ursache ergänzt oder untermauert. Dazu gehörten die Urzeugungs-, Sintflut- und Katastrophentheorien wie die von Georges Cuvier zur Erklärung der Ursprünge und des Formwandels des Lebens. Durch Newtons Annahme eines sich nach vorgegebenen Regeln streng deterministisch bewegenden Weltalls wurde die Vorstellung eines dauerhaft notwendigen göttlichen Eingreifens allmählich aus der Kosmologie verdrängt. An die Stelle der Annahme des göttlichen Anstoßes von außen trat die Vorstellung der Selbstbewegung, an die Stelle des intuitiv einleuchtenden Impulsbegriffs das unanschauliche Trägheitsgesetz.

Wirbel des Äthers um Fixsterne und Planeten erzeugt die Gravitation (nach René Descartes)

Dennoch erwiesen sich diese Konzepte seit etwa 1740/50 als unzureichend zur Erklärung der experimentell neu gewonnenen Erkenntnisse über Wärme, Magnetismus, Licht, Blutkreislauf oder die chemische Umwandlung von Substanzen. Insbesondere warf die Vielfalt der Phänomene der organischen Natur zahlreiche Probleme auf, für deren Lösung ein mechanistisches Globalparadigma sich als wenig nützlich erwies. Außerdem suchten Wissenschaftler wie Philosophen weiter nach Naturerklärungen, die mit möglichst wenigen anzunehmenden Prinzipien auskamen und nicht die Wirksamkeit zahlreicher Kräfte unterstellen mussten. Ockhams Rasiermesser wurde zum Kriterium, an dem sich das Streben nach einer sparsamen und eleganten Theorie auszurichten hatte.

Der Hylozoismus des Platonikers Ralph Cudworth war ein Versuch, das Leben oder die Fähigkeit der Selbstbewegung als Eigenschaft von Materie zu erklären, der sich gegen den mechanischen Determinismus wie auch gegen die Prädestinationslehre der Calvinisten richtete. So wurde die sich entwickelnde Naturtheorie immer wieder in die theologischen Konflikte der Zeit hineingezogen. Parallel zur schwindenden Rolle der Theologie bei der Naturerklärung verbreitete sich die Auffassung, das Gute sei eine Eigenschaft der Natur, so bei den Cambridger Platonikern, die gegen den Materialismus der erstarkenden Naturwissenschaften antraten. In der Folge häuften sich bis zur Aufklärung die Versuche, eine Ethik naturalistisch zu begründen. Die Ideen einer „guten“ Natur und des edlen Wilden wurden von Berichten der Forschungsreisenden des 18. Jahrhunderts über Völker genährt, die sich vermeintlich im Naturzustand befanden, so durch die Reiseberichte Louis Antoine de Bougainvilles, die von Diderot aufgegriffen wurden. Obwohl sich David Hume schon frühzeitig gegen solche naturalistischen Fehlschlüsse gewandt hatte, die versuchten, aus der Beschreibung der Natur auf ethische Qualitäten oder Normen zu schließen, zeigten sich die Vertreter der Naturrechtstheorien von dieser Argumentation unbeeindruckt: Für sie war das Gute das, was dem natürlichen Wesen der Dinge entsprach.

Auch viele Artikel in Diderots Enycopédie werden noch von metaphysischen Annahmen geleitet, die von Leibniz` Monadentheorie beeinflusst waren, das heißt von der Annahme quasi metaphysischer, unsterblicher Atome mit der Fähigkeit der Erkennung der Außenwelt.[34] So wird in der Encyclopédie das „Gesetz der Erhaltung“ der Materie als eines der Hauptgesetze der Natur interpretiert, da es die Grundlage für die Geltung aller anderen Gesetze sei. Es erstrecke sich auch auf die sozialen Beziehungen und moralischen Verhältnisse: Werde es verletzt, vernichte man sich selbst. Niemand könne zum Beispiel freiwillig aus der Welt scheiden, ohne den sozialen Pakt mit den anderen und auch deren Erhaltung in Frage zu stellen.[35] Damit erhält der Erhaltungssatz der Materie geradezu einen ethischen Wert.

Funktionsgraphen aus Rugjer Josip Boškovićs Theoria naturalis philosophiae zur Verdeutlichung der abstandsabhängigen Attraktions- und Repulsionskräfte zwischen den Elementarteilchen (1763)

Eine systematische Begriffsdifferenzierung zwischen der (mehr oder weniger spekulativen, der Metaphysik verhafteten) Naturphilosophie und der (zumindest von ihrem Anspruch her strikt erfahrungsbasierten) Naturwissenschaft setzte sich Mitte des 18. Jahrhunderts weitgehend durch, obwohl letztere sich bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts ein eigenes Programm gegeben hatte. Diese Differenzierung eröffnete auch den Weg für Versuche der Verallgemeinerung einzelwissenschaftlicher Befunde in einer Naturtheorie und lieferte damit Anregungen für weitere Forschung. Für die Zeit Kants war charakteristisch, dass es eine Fülle einzelner gesicherter Erkenntnisse gab, über die Konsens herrschte, während hinsichtlich übergreifender, die verschiedenen Wissensbestände zusammenbindender Theorien keinerlei Einigkeit bestand. Dies gilt selbst für ein damals bereits hoch entwickeltes Gebiet wie die Mechanik. In der Physik und Chemie standen die verschiedensten Theorien völlig unverbunden nebeneinander.

Hinzu kam die durch die Entdeckung des stratigraphischen Prinzips durch den dänischen Anatom und Geologen Nicolaus Steno vorbereitete Erkenntnis des späten 18. Jahrhunderts, dass die Natur eine eigene Geschichte und die Erde eine „Tiefenzeit“ (Stephen Toulmin) habe.[36] Insbesondere Georges-Louis Leclerc de Buffon tastete sich mit seiner Naturtheorie an den Evolutionsgedankens heran, ohne ihn freilich zu explizieren.

Während die Naturwissenschaftler den spekulativen Theorien in der Aristotelischen Tradition ihr methodisch gesichertes, aber auf einer schmalen Basis gewonnenes Erfahrungswissen entgegensetzten, waren sie bei Versuchen der Verallgemeinerung ihrer Theorien aufgrund des fragmentarischen Charakters ihrer Wissensbasis doch selbst gezwungen, auf hochspekulative Annahmen zurückzugreifen. Kants dynamische Theorie der Materie kann als erste moderne Naturtheorie angesehen werden, die sich weitgehend von den metaphysischen Annahmen des Spinozismus, Newtonismus und Hylozoismus befreit, obwohl er den Begriff der Metaphysik in seinem Frühwerk „Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaften“ weiter benutzte.[37] In diesem Werk spiegelt sich der Stand der Naturwissenschaften seiner Zeit. Er kannte auch die „Stufenleitertheorie“ Charles Bonnets einer statisch ordnenden Naturgeschichte „von Engeln, Menschen bis zum Vieh,/vom Seraphim bis zum Gewürm“, wie sie Alexander Pope schwärmerisch beschreibt, die er als regularistisches Prinzip akzeptierte,[38] und entwickelte eine Theorie der periodischen Entstehung und des Vergehens von Sonnensystemen in seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels.

Kants Leistung besteht im Wesentlichen aus der Eliminierung unbrauchbarer Theorien, doch kann sie auch als Vorwegnahme späterer Entwicklungen der naturwissenschaftlichen Erkenntnis angesehen werden.[39] So beeinflusste er offenbar die Arbeiten André-Marie Ampères zum Elektromagnetismus, der seine Erkenntnisse selbst als rein induktiv gewonnen darstellte.

Aufgrund seiner Kenntnisse der Leistungsfähigkeit der Newtonschen Mechanik kam Kant später auch zu der Schlussfolgerung, dass alle Versuche, ihr eine rein logisch-analytische Fundierung zu verleihen, prinzipiell ebenso zum Scheitern verurteilt sein mussten wie ihre Legitimation durch vergangenheitsbezogene empirische Beobachtungen. Dies konnte er aus seiner Lektüre Hume schließen. Dieser hatte gezeigt, dass aus rein beschreibenden Aussagen über das Sein keine Aussagen über das Sollen - also auch nicht über eine in der Natur herrschende Notwendigkeit oder Gesetzmäßigkeit - abgeleitet werden können. Damit hatte er die Verwendung induktive Verfahren in der Naturforschung generell in Frage gestellt (Humes Gesetz). Dieses Dilemma versuchte Kant durch die Einführung synthetisch-apriorischer Urteile zur Fundierung der empirischen naturwissenschaftlichen Forschung zu lösen.[40]

Auch der strenge Determinismus der Himmelsmechanik von Pierre-Simon Laplace, der ein ähnliches, im Wesentlichen richtiges Bild von der Entstehung des Sonnensystems zeichnete wie Kant, kam ohne metaphysische Annahmen aus und strahlte in verschiedene Forschungszweige aus; doch Laplaces Erkenntnisoptimismus wurde von der Wissenschaft nur kurzfristig geteilt.

Naturtheorien im Zeitalter der industriellen Verwertung der Natur

Ökonomische Theorien

Explizit und implizit wurden Naturtheorien seit dem 18. Jahrhundert auch von der klassischen Ökonomie formuliert. Die Physiokraten gingen davon aus, dass nur die Natur bzw. die Erde ein Sozialprodukt hervorbringt (Naturwertlehre). Jedoch erkannten sie, dass dieses durch eine systematische Bewirtschaftung vermehrt werden kann. Ihre Theorie von der sorgsam zu kultivierenden Natur richtete sich gegen die feudale Abschöpfungswirtschaft,[41] Adam Smith unterstellte im Rahmen einer umfassenden, allerdings theologisch fundierten Ordnungsvermutung, dass eine grundsätzliche Harmonie zwischen Bevölkerungswachstum und Nahrungsgrundlage existieren müsse. Für Malthus hingegen stellt die Natur dem gesellschaftlichen Fortschritt in Gestalt einer objektiven Ressourcenschranke ein unüberwindbares Hindernis entgegen.[42] Marx und Engels waren vor allem an der Frage interessiert, durch welche Prozesse sich der Mensch aus seinem natürlichen Umfeld herauslöst. Dieses geschehe nicht durch das Bewusstsein, sondern durch Arbeit, indem der Mensch anfange, seine Lebensmittel zu produzieren.[43] Dass eine Naturtheorie von Marx nicht entwickelt wurde, hängt wohl damit zusammen, dass er die Reproduktionsfähigkeit der Natur für unbegrenzt hielt. In der marxistischen Theorietradition wurde jedoch die Marxsche Arbeitswertlehre als Bindeglied zwischen Natur- und Kulturtheorie weiterentwickelt.[44]

Umgekehrt wurden grundlegende Elemente von Naturtheorien in die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften exportiert, wenn auch oft nur per Analogie, Metapher oder Projektion – bis hin zum Wachstumsbegriff und zur Evolutionsökonomik.

Naturgeschichte

Im 18. Jahrhundert hatte sich - ausgehend von der Biologie - das Fach Naturgeschichte entwickelt, das auf der Registrierung und Nomenklatur der sichtbaren Umwelt beruhte, ohne sich um Generalisierungen zu bemühen, wofür beispielhaft das Werk von Carl Linnaeus stehen kann. Die Aufgabe, von den Ergebnissen der sich ausdifferenzierenden Naturwissenschaften ausgehende Verallgemeinerungen zu entwickeln, stellte sich im 19. Jahrhundert erneut, als neue Erkenntnisse der Biologie, Physiologie, experimentellen Psychologie usw. und immer mehr unsichtbare Wirkfaktoren in das Gesamtbild zu integrieren waren. Viele der damals entwickelten neuen, teils auch esoterischen Naturtheorien flossen in den Werken deutscher Romantiker wie z. B. bei Novalis zusammen,[45] ohne dass sie in ein konsistentes Begriffssystem eingebaut werden konnten. Dieses war vielmehr durch die Annahme einer Vielzahl von in der Natur wirkenden „Kräften“ gekennzeichnet.

Ein solches Konzept der die Natur gestaltenden, in einer Art Fließgleichgewicht befindlichen mechanischen, chemischen, elektrischen usw. Kräfte prägte auch das umfangreiche, von der Romantik beeinflusste Werk Alexander von Humboldts, das in dem Buch Kosmos: Entwurf einer physischen Weltbeschreibung seinen Abschluss fand.[46] Hierin unternahm er den auch einem breiteren Publikum zugänglichen Versuch einer synthetisch-holistischen Erklärung - also nicht nur Beschreibung und Benennung - der Strukturen der organischen und anorganischen Welt und des Kosmos. Dieser Ansatz ließ sich nicht in ein disziplinäres Korsett pressen: Der Forscher arbeitet nicht im Labor, sondern er ist „Wissenschaftsreisender“. Damit begründete er ein Paradigma, das von der amerikanischen Wissenschaftshistorikerin Susan Faye Cannon als Humboldtion Science[47] bezeichnet wurde. Auch Darwin kannte und schätzte Humboldts Arbeiten über Lateinamerika.

Die Laborwissenschaften

Die von der Romantik beeinflusste Idee immaterieller Kräfte prägte auch die experimentelle Arbeitsweise vieler Physiker, wie z. B. bei Robert Mayers Entdeckung des mechanischen Wärmeäquivalents, und sicherte Erkenntnisgewinn, obwohl die Laborwissenschaften überwiegend recht naiv mit dem Naturbegriff umgingen und ihre Theorien spekulativ waren. Mayer ließ sich von einer Analogie zwischen der „Kraft“ (vis) fallender Körper aufgrund der Gravitation und der Entstehung von Wärme bei der Kompression von Gasen leiten. Joule kam ausschließlich durch Experimentieren mit Elektromotoren zu den gleichen Schlussfolgerungen. Helmholtz schließlich versuchte den Energieerhaltungssatz mit Schlussfolgerungen aus der Newtonschen Mechanik herzuleiten. Gemeinsam war den drei Forschern wohl nur die Anschauung der praktischen industriellen Nutzung der Dampfkraft. Eine Zeit lang schien es so, als könne eine einheitliche Theorie aller Naturphänomene – auch der biologischen – auf Grundlage von Wärme und mechanischer Energie begründet und auf so atomtheoretische Annahmen verzichtet werden. Anderen Wissenschaftlern galt die elektrische Interaktion von Teilchen als Erklärungsursache für die meisten Kräfte wie Reibung, Viskosität oder Elastizität. Maxwells kinetische Wärmetheorie gab den Vertretern eines Atomismus erneuten Aufschwung und führte zu verschärften Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Paradigmen, wobei deren potenzielle Nutzanwendung immer wichtiger erschien und spekulativen, empirisch nicht überprüfbaren Theorien eine Absage erteilt wurde.[48] So zögerte anfangs selbst Maxwell, sich auf die spekulative Atomtheorie einzulassen, die er schließlich akzeptierte, weil die Vorstellung, dass Gase aus elastischen Kügelchen bestehen, mit vielen Phänomenen der Makrowelt in Einklang zu bringen waren. Die Anschauung erwies sich ebenso oft wichtiges Korrektiv der Theorie wie sie in die Irre führte, aber sie verlor allmählich ihre Bedeutung gegenüber dem Experiment und der Induktion.

Nikolai Dellingshausen setzte 1872 mit seinen Betrachtungen über die Beziehung von Bewegung und Wärme als „Elementen der Naturtheorie“ dem „Versuche einer spekulativen Physik“[49] die induktive Methode entgegen, die die Deduktion von Naturerscheinungen aus philosophischen Annahmen durch die Verallgemeinerung von beobachteten Erscheinungen auf allgemeine Gesetze ersetzen sollte. Er selbst blieb jedoch der spekulativen Äthertheorie verhaftet, indem er die chemischen Elemente als Vibrationsatome, d.h. als stehende Wellen in den Schwingungen eines Weltäthers erklärte.[50]

Die Induktion wurde also selbst zu einem leitenden Prinzip der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, wenngleich zu einem rein methodischen. Insbesondere war man damit in der Medizin erfolgreich, wo keine umfangreichen Experimente notwendig und durchführbar waren. So wurden die bahnbrechenden Forschungsergebnisse von Ignaz Semmelweis zu Infektionswegen im Krankenhaus nur durch Beobachtung naheliegender Zusammenhänge gewonnen.

Der Evolutionsgedanke

Eine entscheidende Wende im Naturverständnis brachte das Werk Darwins, das aus einer Synthese zwischen einem vorwiegend theoriegeleiteten, deduktiven Vorgehen und einem auf morphologischen Vergleichen von Vögeln (den berühmten Darwinfinken), Tierskeletten usw. beruhenden induktiven Forschungsprozess resultierte. Sein Verständnis der sog. „natürlichen“ Selektion gründete vor allem auf dem Populationsbegriff von Malthus und dem ökonomischen Konkurrenzmodell,[51] die Einsicht in die Variation war durch Anschauung gewonnen und die funktionalistisch-teleologische, vom Gedanken der Anpassung und Höherentwicklung geprägte Sicht auf die einzelnen Elemente des Körpers schloss an die Theorie Lamarcks an; außerdem flossen theologische Ideen eines unorthodoxen Deismus in sein Werk ein, wenn er über das Verhältnis von gestaltetem Design und Zufall der Details spekulierte.

Zwar forderte selbst ein Experimentalpsychologe wie Wilhelm Wundt noch um 1860 eine „allgemeine Wissenschaft“ zu dem Zweck, die „durch die Einzelwissenschaften vermittelten Erkenntnisse zu einem widerspruchslosen System zu vereinigen“.[52] doch blieb die Reichweite von generalisierenden Ansätzen wie der Theorie des Gleichgewichts offener dynamischer Systeme auf der Basis der Arbeiten von Claude Bernards begrenzt. Bald wurde bald deutlich, dass man sich von der fruchtlosen Überarbeitung alter Ideen zu trennen habe, wenn man neue Erkenntnisse auf experimentelle Weise gewinnen wolle.

Die Entmaterialisierung der Natur

Die philosophische Idee des „Ganzen“ der Natur, wie sie noch für die Romantik charakteristisch war, wurde ebenso wie der spontan-realistische Materiebegriff im letzten Drittel des Jahrhunderts abgelöst durch die positivistische Auffassung des einzig möglichen Weges einer graduellen und kumulativen Annäherung an ein vollständiges System von Erkenntnissen über die Natur. Als Ernst Mach 1895 auf einen Lehrstuhl „Geschichte und Theorie der induktiven Wissenschaften“ an die Universität Wien berufen wurde, glaubten große Teile der wissenschaftlichen Öffentlichkeit an eine Vereinheitlichung der Theoriebildung unter der Führung der Physik. Der Physiologe Emil Heinrich Du Bois-Reymond entwickelte sich von einem Vertreter materialistisch-mechanischer Theorien zu einem Kritiker des Herrschaftsanspruchs des mechanischen Weltbildes. Ernst Mach und Moritz Schlick forderten, sich auf die methodologischen und begrifflichen Voraussetzungen von Naturforschung zu konzentrieren, statt Aussagen über die Natur selbst zu treffen oder sich einen Begriff von ihr zu machen, und zielten dabei vor allem die Eliminierung des Materiebegriffs. Mit dieser methodologisch-erkenntnistheoretischen Wende und den logisch-sprachphilosophischen Arbeiten des Wiener Kreises endete die Ära der großen naturtheoretischen Entwürfe.

Ernst Haeckel: Stammbaum des Menschen (1874)

Eine Ausnahme bildet vor allem die fortlebende Darwinsche Evolutionstheorie, die von Ernst Haeckel in seiner Anthropogenie auf die menschliche Ontogenese übertragen und auch mit ökonomisch-effizienzbezogenen Motiven und Begriffen kombiniert wurde (Naturhaushalt, Ressourcenkonkurrenz). Bis in die heutige Zeit wandelte diese „altdarwinistische“ Theorie[53] oft ihre Gestalt, ging die verschiedensten Verbindungen ein und entwickelte sich in Kombination mit der Systemtheorie zu einer Supertheorie.

Die Naturphilosophie hingegen wurde im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zunehmend als spekulativ stigmatisiert,[54] war sie doch durch den Erkenntnisfortschritt der Einzelwissenschaften scheinbar obsolet geworden. Die Kritik kam nicht nur von Seiten der positivistischen Wissenschaftler: Auch Nietzsche wandte sich gegen die Begriffs-„Mumien“ und den „Ägyptizismus“ der Philosophie und deren Ignoranz gegenüber dem Werden und Vergehen von Theorien, Begriffen und gegenüber der sinnlich erfahrbaren Welt.[55]

So setzte sich die Annahme einer immanent zweckfreien (aber verwertbaren!) Natur ebenso durch wie die Eliminierung des Begriffs der Notwendigkeit durch eine regularistische Perspektive, die an die Stelle nezessitaristischer Annahmen von Gesetzen und Prinzipien trat. Doch lebte die zweckbezogene Betrachtungsweise als wichtiges heuristisches Instrument insbesondere in den Biowissenschaften fort.[56] Im 20. Jahrhundert wurde schließlich auch - mit großer Verzögerung und gegen den Widerstand vieler Wissenschaftler (z. B. Einsteins) - eine stochastische Sicht auf die Naturphänomene weitgehend akzeptiert. Die stochastischen Theorien (z. B. die Quantenstatistik) erschien wesentlich weniger elegant als etwa die Relativitätstheorie Einsteins, für den die innere Vollkommenheit der Theorie ihre Nähe zur wirklichen Welt widerspiegelte. Theorieästhetische Erwägungen wie Sparsamkeit, Reduzierung der Zahl der Axiome und Symmetrie, wie sie vor allem von Henri Poincaré geltend gemacht wurden, verloren jedoch in der Folgezeit trotz der statistischen Interpretation der Quantenphänomene nicht an Bedeutung. Hingegen büßte der logisch-sprachphilosophische Ansatz, der selbst zur Auflösung von Naturphilosophie und Naturtheorie mit beigetragen hatte und auf den sich Nietzsches Verdikt der Ahistorizität ebenfalls beziehen lässt, seit den 1980er Jahren an Relevanz stark ein.[57]

Die erneute Suche nach einer physikalisch fundierten allgemeinen Naturtheorie

Das ungeklärte Verhältnis der Relativitätstheorie Einsteins und der Quantentheorie Max Plancks gab im 20. Jahrhundert neuen Anlass zum Versuch der Formulierung von Naturtheorien, die die physikalische Forschung wieder auf eine Einheit der Natur hinlenken sollten, wie es Carl Friedrich von Weizsäcker forderte.[58]

Doch wurde die Suche nach einer Universaltheorie immer mehr zu einem Spezialgebiet der Physiker. Paul Diracs Hoffnung, dass auf der Grundlage seiner Dirac-Gleichung, welche Quantenphysik und spezielle Relativitätstheorie zusammenbrachte, eine solche neue Theorie entstehen könne, erwies sich in den 1930er Jahren als unbegründet. Weitgehend unbeantwortet blieben die Fragen nach Wesen und Geltung stochastischer Regularitäten[59] in der Kosmologie, biologischen Evolution oder Quantenwelt wie auch nach dem Ursprung der Naturkonstanten. Weizsäcker schlug im Anschluss an Kant als Lösung eine sog. abstrakte Quantentheorie vor, die im Wesentlichen auf den Begriffen der Zeit und der logischen Ur-Alternative (also der binären Entscheidung) basierte, wegen ihrer Abstraktheit jedoch nicht vollständig ausformuliert werden konnte.[60] Die binäre Logik und das Phänomen der Quantenverschränkung mit entgegengesetzt-reziproken Polaritäten oder Energien bilden auch die Grundlage für Versuche, das Problem der Kausalität zu verstehen.[61] Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Metagesetz existiert, das die zeitliche Entwicklung der Naturgesetze und damit auch der Naturkonstanten vorgebe.[62] Auch die von Erwin Schrödinger initiierten, zunächst erfolglosen Versuche zur Formulierung einer einheitlichen Feldtheorie, die alle Materie- und Kraftfelder des Universums zusammenfasst, dauerten an. Werner Heisenberg arbeitete in den 1950er Jahren noch einmal erfolglos an der Etablierung einer Weltformel, einer theory of everything, die die vier Grundkräfte - Gravitation, Elektromagnetismus sowie die schwache und die starke Wechselwirkung im Atomkern - zusammenfassen sollte. John Ellis und andere Wissenschaftler vom CERN prägten 1978 den Begriff der Grand Unified Theory (GUT), einer teilweisen Vereinheitlichung dieser Kräfte, für die es mehrere Ansätze gibt. Eine solche Theorie wäre allerdings derart mathematisiert und abstrakt, dass sie sich nicht mehr als System erfahrungsbasierter Aussagen über die äußere, nicht vom Menschen gemachte Natur interpretieren ließe. Kaum anschaulicher ist die String-Theorie, deren Vertreter seit etwa 30 Jahren ebenfalls den Anspruch auf eine „allumfassende Theorie der Natur“ erheben.[63]

Teilchenbeschleuniger (Zyklotron) in Berkeley, 1939

Mit diesen Ansätzen wurde neben der Mathematik zunehmend der experimentellen Elementarteilchenphysik die Schlüsselrolle für die Entwicklung eines alle Theorien umfassenden Modells zur Erklärung der Wechselwirkungen der Natur zugeschrieben. Damit wurde die technische Infrastruktur (Technoscience) immer wichtiger für die Produktion naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, deren Artefaktcharakter allerdings anhand ihrer mit Teilchenbeschleunigern erzielten Befunde immer deutlicher hervortritt. Bisher wurden so 25 künstliche Elemente produziert, die sämtlich in der Natur nicht vorkommen[64] und zahlreiche extrem kurzlebige Materiezustände hergestellt, die als Elementarteilchen bezeichnet werden. Damit verliert der Begriff des „natur“wissenschaftlichen Experiments seine Konturen. Ähnliches gilt für die Synthetische Biologie. Die mit diesen Mitteln gewonnenen, zu realen Entitäten hypostasierten „Kunstprodukte“ sind immer auch Artefakte,[65], nicht nur zweckfreie Naturphänomene, sondern zumindest zum Teil Ergebnisse menschlicher Intention, also „creations of the mind“,[66], die aber den Pfad der weiteren Forschung bestimmen.[67] Die seit Heisenbergs Entdeckung der Unschärferelation infrage gestellte Trennung des Beobachters von der beobachteten Natur, die durch den Beobachtungsvorgang eine Veränderung erfährt, erhält somit durch die Erkenntnisse der Teilchenphysik eine ganz neue Dimension.

Die Rationalitätskrise der 1960er Jahre

Die 1960er Jahre brachten u.a. mit Thomas S. Kuhns Theorie des naturwissenschaftlichen Paradigmenwechsels[68], also des Werdens und Vergehens von Theorien, eine Rationalitätskrise nicht nur der Naturwissenschaften, sondern erschütterten ganz allgemein den Glauben, dass wissenschaftliche Wahrheit das Resultat eines vernünftigen Diskurses sei.[69] Obwohl nur ein Jahr vor Veröffentlichung von Kuhns Buch Ernest Nagel,[70] der Vertreter eines radikalen physikalischen Reduktionismus, noch von einer stabilen Struktur und kontinuierlichen Entwicklung von Theorien und Erkenntnissen gesprochen hatte, erschien die Vision einer kumulativen menschlichen Einsicht in die Gesetze der Natur und ihrer ganzheitlichen Zusammenschau durch den zu beobachtenden ständigen Wechsel von Forschungsparadigmen gescheitert zu sein.

Damit setzten sich konventionalistische Ansätze durch, die zwischen einer Kerntheorie und einem System von sie absichernden Aussagen an ihrer Peripherie unterscheiden. Diese „Stufenskala der Festigkeit“ von Theorien war bereits eine Erkenntnis des frühen 20. Jahrhunderts.[71] Wahl und Aufbau der Kerntheorie sind also letzten Endes eine Frage bloßer Übereinkunft. Im Falle von Schwierigkeiten bei der Erklärung der Realität oder innertheoretischen Widersprüchen wird möglichst nur die Peripherie angepasst und man versucht den Kern so lange stabil zu halten wie möglich.[72] Mit dieser Vorgehensweise wird recht präzise die Geschichte der Verteidigung des Ptolemäischen Systems gegen das heliozentrische Weltbild im Mittelalter bis zu seinem Zusammenbruch in der frühen Neuzeit beschrieben. Dahinter steht die Vorstellung, dass auch falsche Annahmen realitätsadäquate Folgerungen nach sich ziehen und ein großes prognostisches Potenzial haben können. Paul Feyerabend postuliert sogar, dass wissenschaftliche Durchbrüche vor allem durch Verletzung der methodischen Regeln erreicht werden. Diese Theoriestränge führen jedoch weg von einer Theorie der Natur und zurück zur Erkenntnistheorie bzw. hin zu einer Wissenschaftssoziologie.

Unabhängig von den Bemühungen der theoretischen und Experimentalphysiker um Integration ihrer Befunde oder auch in kritischer Wendung gegen die kostspielige Artefaktproduktion zur Stützung einer als reduktionistisch empfundenen theory of everything[73] gelangen in anderen Wissenschaftsdisziplinen immer wieder Systematisierungs- und Theoretisierungsversuche in Bezug auf Querschnittsthemen, die die traditionelle Wissenschaftssystematik und sogar die Abgrenzung der Natur- von den Sozialwissenschaften in Frage stellten: so mit der Kybernetik, den evolutionstheoretisch beeinflussten bottom-up-Theorien der Selbstorganisation lebender und komplexer Systeme (Robert B. Laughlin, Ludwig von Bertalanffy, Gilbert Simondon, Francisco Varela, Per Bak), der Chaostheorie, der Ökosystemtheorie und der Theorie des Universums als zellulärer Automat;[74] doch ein ganzheitlicher Begriff von Natur ließ sich nicht wieder gewinnen.

Ebenso problematisch wird das Verhältnis zwischen „Welt“ und „Information“. Ging man seit der frühen Aufklärung vom Primat der äußeren sichtbaren Welt aus, aus der heraus z. B. durch Laborversuche Informationen erzeugt wurde, stellt der Virtualismus von John A. Wheeler dieses Verhältnis auf den Kopf: Primär gebe sei die Information. Unsere konkret sichtbare äußere Umwelt gehe aus der Unsicherheit der Quantenwelt hervor (It from bit); das Problem bestehe in der Beschreibung der Grenze und des Übergangs zwischen beiden Bereichen.[75]

Naturtheorien in Sozialwissenschaften und Ökologie

Die Kritische Theorie, vor allem in Gestalt ihres Mitbegründers Herbert Marcuse, befasste sich seit den 1950er Jahren mit den Herrschaftsimplikationen der Naturwissenschaften.[76] Marcuse postulierte, dass bereits die kognitive Struktur der experimentellen Wissenschaften nicht nur auf die fortschreitende Naturbeherrschung, sondern auch auf die Erhöhung der Wirksamkeit der Herrschaft des Menschen über den Menschen ausgerichtet sei. Er forderte eine andere Naturwissenschaft und eine neue, nicht-ausbeuterische Haltung gegenüber der Natur, eine „erotische“ Einstellung ihr gegenüber.[77] Auch die Vertreter einer Kritischen Evolutionstheorie versuchten den altdarwinistischen Evolutionsgedanken im Rahmen einer Naturtheorie zu modernisieren.[78]

Die Idee einer „alternativen Naturwissenschaft“ beeinflusste mit gewisser Verzögerung auch die Ökologiebewegung und selbst die marxistische Diskussion.[79] Jürgen Habermas wiederum geht es primär um den Aspekt einer „Moralisierung“ der menschlichen Natur und u. a. um das Recht auf ein natürliches genetisches Erbe, in das nicht künstlich eingegriffen werden soll.[80]

Gentechnik und Artificial Life-Forschung, die Sozionik und andere Entwicklungen liefern derzeit Anlass, weiter über den laufenden Prozess der „Denaturalisierung“ in der „Technokultur“[81] wie auch über den der „Naturalisierung der Gesellschaft“ nachzudenken.[82] Allerdings wird der Begriff der Naturalisierung von den Sozialwissenschaften in Formeln wie „Naturalisierung der sozialen Ungleichheit“, der sozialen Differenzierung oder des Geschlechts meist metaphorisch-ideologiekritisch und nicht im Kontext einer Naturtheorie benutzt; er meint dann: „(scheinbar) von Geburt an“ oder „nicht (nur) in Naturkategorien denken“.[83] Das Thema der „Sozialisierung der Natur“ wird vorwiegend durch Einzelstudien zu den Grundlagen von Kultur und Technik im Biotischen angesprochen.[84]

Die fortschreitende Subjektivierung der Erkenntnis durch die Theoretiker der Postmoderne führte zur Negierung des „Außen“ und damit der Natur insgesamt. Donna Haraway kritisiert den daraus resultierenden Anthropozentrismus der naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozesse. In seinen wegweisenden Arbeiten, die an der Schnittstelle zwischen Technik- und Sozialtheorie angesiedelt sind, setzt sich Bruno Latour sowohl vom Naturbegriff als auch vom Begriff des Naturgesetzes ab, bei dem es sich immer um eine soziale Konstruktion handle.[85] Natur und Gesellschaft sind zu hybriden Quasi-Objekten verflochten, die heute sowohl stark vermehrt als auch zugleich verleugnet werden (z.B. das Ozonloch). Damit knüpft er implizit an den Versuch Friedrich Engels' an, eine Brücke zwischen Sozialgeschichte und Naturtheorie mittels abstrakter Modellbildung (der von Engels so genannten Dialektik der Natur[86]) zu schlagen.[87]

So kommt es zu einem postmodernen Bedeutungsverlust der Naturtheorien und der Naturphilosophie, deren Fragestellungen zum Teil von Kultur- und Technikwissenschaften weiter bearbeitet werden. Dafür wird in der ökologischen Forschung die seit den Physiokraten vernachlässigte Frage nach den inhärenten Werten oder dem Wert der Natur erneut aufgeworfen.[88] Auch bei der Gaia-Hypothese und ähnlichen Superorganismus-Theorien handelt es sich um einen allerdings vielfach kritisierten Versuch, einen neuen naturtheoretischen Denkansatz zum Verständnis des Verhältnisse von Leben und anorganischer Welt zu formulieren.[89] Empirisch fundierter erscheinen hingegen die Versuche zur Entwicklung einer Theorie der konstitutiven Rolle von Diversität in der Natur zu sein.[90]

Einzelnachweise

  1. Martin Neukamm (Hrsg.): Darwin heute. Darmstadt 2014.
  2. John A. Schuster: What Was the Relation of Baroque Culture to the Trajectory of Early Modern Natural Philosophy? 2nd International Workshop of the Baroque Science Project, University of Sydney 2008 [1]
  3. Hans Günter Zekl (Übers. und Hrsg.): Aristoteles` Vorlesungen über die Physik. Vorlesung über Natur. Hamburg 1987, 1. Halbband, Buch I, 184a (S. 3).
  4. [2] Therapia Medica
  5. Paul A. Roth: Theories of Nature and the Nature of Theories. in: Mind, 99(1980), S. 431-438.
  6. Mainzer 1988, S. 141, 268, 607.
  7. Kober 2011.
  8. Till mann Köppe: Literatur und Wissen: Theoretisch-methodische Zugänge. Berlin, New York 2001, S. 211.
  9. Horst Albert Glaser, György Mihály Vajda: Die Wende von der Aufklärung zur Romantik 1760-1820. 2011.
  10. So z.B. Anthony Paul Smith: A Non-Philosophical Theory of Nature: Ecologies of Thought. Belgrave MacMillan 2013.
  11. Jutta Weber: Umkämpfte Bedeutungen: Naturkonzepte im Zeitalter der Technoscience. Frankfurt/M. 2003, S. 19.
  12. Wolfram von Soden: Leistung und Grenze sumerischer und babylonischer Wissenschaft. (1936) Nachdruck in: B. Landsberger / W. von Soden: Die Eigenbegrifflichkeit der der babylonischen Welt. Leistung und Grenze sumerischer und babylonischer Wissenschaft. Darmstadt 1974, S. 21 ff., hier: S. 49.
  13. Christof Rapp: Vorsokratiker. München 2007.
  14. Lukrez: Über die Natur der Dinge, I. Buch, 1. Lehrsatz, online
  15. Phaidros 270c, zit. nach Wolfgang Kullmann, Jochen Althoff, Markus Asper: Gattungen wissenschaftlicher Literatur in der Antike. Tübingen 1998, S. 269.
  16. Das bedeutet nicht, dass spätere Autoren auf die Vorstellung eines Schöpfers oder Demiurgen völlig verzichten. So Platon in seinem Dialog Timaios, 28C, 29A, aber auch neuzeitliche Theoretiker wie Newton.
  17. Helmut Flashar: Aristoteles: Lehrer des Abendlandes. München 2013, S. 241.
  18. Aristoteles; Physik, 1. Halbband, Buch II, Kap. 3-5 (S. 63 ff.).
  19. Buch II, 122 ff.
  20. Buch I, 49 ff.
  21. Lukrez, Buch V.
  22. Karl Marx: Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie. In: MEW Band 40. Berlin 1968, S. 276 f.
  23. Joseph Schumacher: Antike Medizin: Die naturphilosophischen Grundlagen. Bd. 1, Berlin 1963.
  24. Symposion, 185e—188e.
  25. Heinrich Popitz: Wege der Kreativität. 2. Aufl. Tübingen 2000, S. 125.
  26. Heinrich Popitz: Wege der Kreativität. 2. Aufl. Tübingen 2000, S. 128 ff.
  27. Bernhard Pabst: Atomtheorien des lateinischen Mittelalters. Darmstadt 1994, S. 85 ff., 276 ff., 294
  28. Jens Brockmeier: Die Naturtheorie Giordano Brunos: Erkenntnistheoretische und naturphilosophische Voraussetzungen des fruhburgerlichen Materialismus. Frankfurt/M. 1980.
  29. Michael Heidelberger: Atonmbegriff und Erfahrung. [3]
  30. Steven Shapin, Simon Schaffer: Leviathan and the Air-Pump: Hobbes, Boyle, and the Experimental Life. Princeton, NJ 1985.
  31. Franz Borkenau: Der Übergang vom feudalen zum bürgerlichen Weltbild. Paris 1934. Neudruck Darmstadt 1971.
  32. Bernd Remmele: Die Entstehung des Maschinenparadigmas: Technologischer Hintergrund und kategoriale Voraussetzungen. Wiesbaden 2013.
  33. Paul Feyerabend: Erkenntnis für freie Menschen. Frankfurt 1992, S. 98 f.
  34. Ursula Winter: Leibniz und die Naturtheorien der französischen Aufklärung: Die Rezeption der Begriffe von Monas und Körper, Einheit und Aggregat im Naturdiskurs der Encyclopédie. In: Herbert Breger, Jürgen Herbst, Sven Erdner (Hrsg.): Einheit in der Vielheit. Nachtragsband zum VIII. Internationalen Leibniz-Kongress. Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft, Hannover 2006. ISBN 3-9808-1671-0, S. 235–243.
  35. Bd. II der Enzyklopädie, 1752, zit. nach: Dealnis Diderot: Enzyklopädie: Philosophische und politische Texte aus der Encyclopédie. München 1969, S. 253.
  36. Gottfried Hofbauer: Die geologische Revolution. Darmstadt 2015.
  37. Kants Naturtheoretische Begriffe. 1747-1780. Datenbank des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte. 2008
  38. Rolf Löther: Kant und die biologische Evolutionstheorie. In: Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät 69(2004), S. 111–118, [online: http://leibnizsozietaet.de/wp-content/uploads/2012/11/10_loether.pdf]
  39. Siehe die Zusammenfassung in: Naturphilosophie. in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 6. Basel 1984, Sp. 546-560, hier: Sp. 548-550.
  40. Wolfgang Stegmüller: Gedanken über eine mögliche Rekonstruktion von Kants Metaphysik der Erfahrung. Teil I. In Ders.: Aufsätze zu Kant und Wittgenstein. Darmstadt 1972, S. 1–30, hier: S. 17, 24.
  41. Hans Immler: Natur in der ökonomischen Theorie. Teil 1. Wiesbaden 2013, S. 310 ff.
  42. Rolf Peter Sieferle: Bevölkerungswachstum und Naturhaushalt: Studien zur Naturtheorie der klassischen Ökonomie. Frankfurt/M. 1990.
  43. Karl Marx: Deutsche Ideologie. MEW, Band 3, S. 23.
  44. Rolf Löther: Zur Einheit von Naturtheorie und Kulturtheorie. In Zs. f. Wissenschaftsforschung 3(1986)3, S. 59–67.
  45. Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 1. München 2000, S. 204.
  46. Reprint: Eichborn-Verlag 2004.
  47. Susan Faye Cannon: Science in Culture: The Early Victorian Period. New York 1978.
  48. Desmond Bernal: Wissenschaft. (Science in History.) Bd. 2, Reinbek 1970, S. 549f.
  49. Nikolai Dellingshausen: Grundzüge einer Vibrationstheorie der Natur. Reval 1872, S. IV.
  50. Dellingshausen, S. 338.
  51. Peter Vorzimmer: Darwin, Malthus, and the Theory of Natural Selection. In: Journal of the History of Ideas 30(1969)4, S. 527–542.
  52. Zit. nach Naturphilosophie, in: Hist.Wb.Philos. 6, Sp. 556.
  53. Jürgen Remane: Selektion und Evolutionstheorie: Müssen „altdarwinistische Dogmen“ durch eine kritische Evolutionstheorie ersetzt werden? In: Paläontologische Zeitschrift 57(1983)3, S. 205–212.
  54. Jutta Weber: Umkämpfte Bedeutungen: Naturkonzepte im Zeitalter der Technoscience. Frankfurt/M. 2003, S. 23.
  55. F. Nietzsche: Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt. 1889, § 1.
  56. Siehe etwa Hermann Haken, Maria Haken-Krell: Entstehung biologischer Information und Ordnung. Darmstadt 1989, S. 90, wo z. B. vom Zweck der reversen Transkription der DNA die Rede ist.
  57. Ian Hacking: Einführung in die Philosophie der Naturwissenschaften. Stuttgart 1996. S. 40.
  58. Carl-Friedrich von Weizsäcker: Die Einheit der Natur. 1971, Neuauflage Stuttgart 2002.
  59. Josef Honerkamp: Was können wir wissen?: Mit Physik bis zur Grenze verlässlicher Erkenntnis. Berlin/Heidelberg 2013.
  60. Carl Friedrich von Weizsäcker: Aufbau der Physik. München 1985, S. 23 f., 330 f.; siehe dazu auch Kober 2011.
  61. Wen-Ran Zheng: A Unifying Theory of Nature, Agents and Causality with Applications in Quantum Computing, Cognitive Informatics and Life Sciences. New York 2011.
  62. Lee Smolin: Im Universum der Zeit. München 2014.
  63. Paul Davies, Julian R. Brown (Hrsg.): Superstrings. Eine Allumfassende Theorie der Natur in der Diskussion. München 1988.
  64. Was ist ein künstliches Element? Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
  65. Artifact, in: Stanford Encyclopedia of Philosophie
  66. Amie Thomasso: Artifacts and Human Concepts. In: Eric Margolis, Stephen Laurence (Hrsg.): Creations of the Mind: Theories of Artifacts and Their Representation. Oxford University 2007, S. 52–73.
  67. Hacking 1996, S. 57 ff.
  68. Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt 1996. Englische Erstausgabe: The Structure of Scientific Revolutions. Chicago Press, Chicago 1962.
  69. Ian Hacking: Einführung in die Philosophie der Naturwissenschaften. Stuttgart 1996, S. 13 ff.
  70. E. Nagel: The Structure of Science: Problems in the Logic of Scientific Explanation. 1961.
  71. Hermann Weil: Philosophie der Mathematik und Naturwissenschaften. 3. Auflage (1928); Neudruck: München 1966, S. 195 f.: Die Theorien haben „verschiedene Grade der Festigkeit“; an einigen wird „mit großer Zähigkeit als Prinzipien festgehalten“ und man rettet sie oft nur durch „Ausflüchte“. Am ehesten werden sie durch „negative Erfahrungen“ erschüttert. Damit wäre das später von Karl Popper entwickelte Falsifikationsprinzip beschrieben.
  72. Imre Lakatos: Die Geschichte der Wissenschaft und ihre rationalen Rekonstruktionen. In: Ders. (Hrsg.): Kritik und Erkenntnisfortschritt: Abhandlungen des Internationalen Kolloquiums über die Philosophie der Wissenschaft. London 1965, Band 4. Heidelberg 2013, S. 271–312, hier: S. 275 f.
  73. Robert B. Laughlin: Abschied von der Weltformel. München 2009, ISBN 978-3-492-25327-7.
  74. Klaus Mainzer, Leon Chua: The Universe as Automaton: From Simplicity and Symmetry to Complexity. Heidelberg usw. 2011
  75. John A. Wheeler unter Mitarbeit von Kenneth W. Ford: Geons, Black Holes & Quantum Foam. A Life in Physics. Ney Work 1998.
  76. Zusammenfassend: C. Fred Alford; Science and Revenge of Nature: Marcuse and Habermas. Gainesville 1985.
  77. H. Marcuse: Eros and Civilization. (1955), dt.: Triebstruktur und Gesellschaft. Frankfurt 1965.
  78. Klaus Bonik u.a.: Materialistische Wissenschaftsgeschichte: Naturtheorie und Entwicklungsdenken. Berlin (Argument Sonderband) 1981.
  79. André Leisewitz: Ökologie, Naturaneignung, Naturtheorie. Köln 1984.
  80. J. Habermas: Die Zukunft der menschlichen Natur: Auf dem Wege zu einer liberalen Eugenik? Frankfurt/M. 2001.
  81. Weber, S. 16. Dieser Begriff wird hier nicht im Sinne der subkulturellen Jugendbewegung, sondern einer mehr oder weniger digitalisierten Alltagskultur und Medienwelt verwendet.
  82. Oliver Schlaudt: Naturtheorie, Gesellschaftstheorie, Messtheorie? Überlegungen zu einer kritischen Naturtheorie. In: Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie. Band 1 (2014), Heft 1, S. 148–161, ISSN (Online) 2194-5640, ISSN (Print) 2194-5632, DOI: 10.1515/zksp-2014-0006.
  83. So etliche Beiträge in: Karl-Siegbert Rehberg: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilband 1 u. 2. Frankfurt 2008; z. B. der von Sabine Toppe: online
  84. Über Informationsaustausch und „Mehrheitsentscheidungen“ im Tierreich siehe z. B. Haken 1989, S. 194–197.
  85. Bruno Latour: Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Frankfurt/M. 2008.
  86. Friedrich Engels, Dialektik der Natur. MEW Bd. 20, Berlin 1973.
  87. Hartmut Winkler: Spuren, Bahnen: Wirkt der Traffic zurück auf die mediale Infrastruktur? In: Christoph Neubert, Gabriele Schabacher (Hrsg.): Verkehrsgeschichte und Kulturwissenschaft: Analysen an der Schnittstelle von Technik, Kultur und Medien, S. 49-72, hier: S. 65.
  88. W. Butler, T. G. Acott: An Inquiry Concerning the Acceptance of Intrinsic Value Theories of Nature. In: Environmental values. 16(200)2, S. 149–168.
  89. Ludwig Trepl: Die Erde ist kein Lebewesen - Kritik der Gaia-Hypothese. In: Scilogs.de 13. Februar 2013.
  90. S. T. A. Pickett u.a.: Ecological Understanding: The Nature of Theory and The Theory of Nature. San Diego 1994.

Literatur

Allgemeines

  • Naturphilosophie. In: Joachim Ritter, Karlfried Gründer (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 6, Basel 1984.
  • Klaus Mainzer: Symmetrien der Natur: ein Handbuch zur Natur- und Wissenschaftsphilosophie. Berlin 1988.
  • Klaus Mainzer: Materie: Von der Urmaterie zum Leben. München 1996.
  • Lars Weber: Die Naturwissenschaft: Eine Biographie. Berlin, Heidelberg 2014.

Aspekte

  • Karim Akerma: Der Gewinn des Symbolischen. Zur Ableitung von Naturtheorie aus dem gesellschaftlichen Sein in der Tradition kritischer Theorie seit Marx, Lit Verlag, Hamburg 1992. ISBN 978-3-89473-251-6
  • Martin Kober: Die Konstituierung der Raum-Zeit in einer einheitlichen Naturtheorie. Saarbrücken 2011.
  • Wolfgang Lefèvre: Naturtheorie und Produktionsweise: Probleme einer materialistischen Wissenschaftsgeschichtsschreibung. Eine Studie zur Genese der neuzeitlichen Naturwissenschaft. Darmstadt 1978. (Zur Entstehung der Einzelwissenschaften vom 13. bis zum 17. Jahrhundert.)
  • Rolf Löther: Zur Einheit von Naturtheorie und Kulturtheorie, in: Zeitschrift für Wissenschaftsforschung, 3:1986, S. 59–67.
  • Rolf Peter Sieferle: Bevölkerungswachstum und Naturhaushalt. Studien zur Naturtheorie der klassischen Ökonomie, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990. ISBN 3-518-58070-1
  • Ursula Winter: Leibniz und die Naturtheorien der französischen Aufklärung. Die Rezeption der Begriffe von Monas und Körper, Einheit und Aggregat im Naturdiskurs der Encyclopédie, in: Herbert Breger; Jürgen Herbst; Sven Erdner (Hrsg.): Einheit in der Vielheit, Nachtragsband zum VIII. Internationalen Leibniz-Kongress. Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft, Hannover 2006, S. 235–243. ISBN 3-9808-1671-0
  • Wen-Ran Zheng: A Unifying Theory of Nature, Agents and Causality with Applications in Quantum Computing, Cognitive Informatics and Life Sciences. New York 2011. ISBN 978-1-6096-0526-1

Siehe auch