Animal Forensics

Animal forensics bezeichnet ein Teilgebiet der Gerichtsmedizin, bei dem Tiere direkt oder indirekt in Kriminalfälle verwickelt sind bzw. eine forensische Auswertung biologischen Spurenmaterials tierischen Ursprungs erfolgt. Untersuchbares Material umfasst Blut, Haare bzw. Federn, Speichel, Kot, Urin, Haut- und Schleimhautproben sowie andere Körperzellen bzw. Gewebe.
Von diesem Bereich im engeren Sinne abzugrenzen sind zum einen die Analyse tierischer Spuren in der Kriminalbiologie, die nicht direkt mit dem Tathergang einer Straftat im Zusammenhang stehen (wie etwa die forensische Entomologie), sowie die gerichtliche Veterinärmedizin, die sich mit dem Tierkaufsrecht, tierschutzwidrigen Tötungsdelikten, Kunstfehlern bei der Behandlung von Tieren und ähnlichem befasst.
Anwendungsgebiete
In der Kriminalistik ist ein direkter oder indirekter Bezug von Tieren zu forensischen Fragestellungen denkbar. Ersterer umfasst überwiegend versicherungsrelevante Straftaten wie Verkehrsunfälle durch Haus- und Wildtiere oder Hundebissattacken, erstreckt sich aber auch auf Delikte wie etwa Wilddiebstahl, die Fälschung von Abstammungsdokumenten und andere Betrugsfälle. Bei Letzterem dagegen kann die Analyse tierischen Spurenmaterials am Tatort zur Klärung von Gewaltverbrechen an Menschen beitragen („Tiere als Ermittlungshelfer“).
Ein weiteres Einsatzgebiet der animal forensics ist der Verbraucherschutz. Hier wird die Verfälschung von tierischen Lebensmitteln, z. B. durch Zumischung von minderwertigen Tierbestandteilen, die Mitverwendung nicht zugelassener Tierarten (etwa beim Döner) oder falsch deklarierte Anteile bestimmter Fleischsorten in Mischprodukten (z.B. in Wurstwaren) verfolgt.
Zuletzt können die Untersuchungsmethoden im Dienst des Artenschutzs stehen, indem der Nachweis erbracht werden kann, dass bestimmte Produkte aus Tieren geschützter Vorlage:Speciesen hergestellt wurden oder importierte Tiere bzw. Tierprodukte tatsächlich zu einer geschützten Spezies zählen.
Untersuchungsmethoden

Die Aufklärung von Straftaten gegen das Leben und die Gesundheit von Tieren geht Hand in Hand mit der molekularen Individualisierung und der Zuordnung von Spuren. Die zu verfolgenden Ziele sind sichere Artidentifikation, Klärung der Todesursache und die trianguläre Verbindung von Täter, Opfer und Tatort.
Obwohl der Einsatz bewährter traditioneller Methoden wie vergleichender Morphologie, Pathologie, Ballistik und Spurenkunde weiterhin unverzichtbar bleibt, gewinnen bei der Aufklärung solcher Delikte DNA-gestützte Methoden zunehmend an Bedeutung.
Während sich bei der Speziesbestimmung die Bestimmung mitochondrialer DNA-Sequenzen (codierend oder nicht codierend) gegenüber den ursprünglichen RFLP-Ansätzen durchgesetzt hat, ist auch auf dem Wildtiersektor für eine Individuenidentifikation die Erstellung des genetischen Profils auf Mikrosatelliten-Basis das Mittel der Wahl. Für spezielle Fragestellungen wurden darüber hinaus DNA-Tests entwickelt, die eine Geschlechtsbestimmung erlauben.
Prinzipielle diagnostische Möglichkeiten anhand forensischer Analysen sind die Speziesbestimmung, die Rassebestimmung, Identitätsnachweise und Abstammungskontrollen.
Molekulargenetisches Methodenspektrum
Für molekularbiologische Nachweise kommen verschiedene methodische Ansätze in Betracht: Je nach Fragestellung, Art, Qualität und Quantität der Probe kann das Kerngenom (nukleäre NDN) oder das mitochondriale Genom (mtDNA) in die Untersuchung miteinbezogen werden.
Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus (RFLP)

Diese Technik besteht in der enzymatischen Spaltung der DNA durch Restriktionsendonukleasen sowie der Auftrennung der einzelnen Fragmente durch Gel-Elektrophorese mit anschließender Fragmentlängenanalyse. Die entstehenden Banden werden z. B. durch Hybridisierungstechniken (Southern blotting) sichtbar gemacht. Die Nutzung des RFLP ist eine der ursprünglichsten Methoden für die forensische DNA-Analyse. Die Entwicklung moderner, effizienterer Analysemethoden ließ den RFLP in den Hintergrund treten. Der Nachteil dieser Methode liegt in der hohen Ausgangsmenge an DNA, die für diese Form der Analyse vorhanden sein muss. Durch Umwelteinflüsse negativ veränderte Proben (Schmutz, Schimmel) sind für diese Form der Untersuchung nicht geeignet. Prinzipiell kann der RFLP sowohl für die Analyse mitochondrialer als auch nukleärer DNA genutzt werden. In der Tierforensik wird diese Methode zur Speziesbestimmung bei Haus- und Wildtieren verwendet.
Mikrosatelliten-Analyse (Genotypisierung)
Mikrosatelliten oder STRs (short tandem repeats) stellen kurze, repetitive DNA-Elemente dar, deren Grundmotiv (repeat) aus 1-5 Nucleotiden aufgebaut ist und im Durchschnitt 10-50fach wiederholt wird. Da die STRs im allgemeinen keine Erbinformation tragen, einen hohen Polymorphiegrad sowie dichte Verteilung im Genom aufweisen und durch beide Elternteile (biparental) vererbt werden, sind sie als unabhängige Marker prädestiniert für alle molekulargenetischen Bereiche. Die Variabilität der STR-Regionen wird genutzt, um das genetische Profil eines Individuums von einem anderen zu unterscheiden. Die Erstellung eines DNA-Profils wird auch als Genotypisierung bezeichnet. Die ersten Mikrosatelliten-Marker für Hunde und Katzen wurden Mitte der neunziger Jahre entwickelt. Mittlerweile existieren spezifische Marker für alle Haustiere und zahlreiche Wildtierspezies. Ursprünglich für die Abstammungskontrolle entwickelt, sind sie zum nützlichen Hilfsmittel für Identitätsnachweise in der Gerichtsmedizin geworden. In der Tierforensik dienen sie nicht nur der molekularen Individualisierung, sondern können auch zur Speziesbestimmung sowie zur Identifikation von Ursprungspopulationen (Rasse, Schwarm) eingesetzt werden. Die STR-Analyse setzt das Vorhandensein von Kern-DNA voraus. Durch die Entwicklung der PCR reichen winzige Mengen biologischen Spurenmaterials für eine erfolgreiche DNA-Amplifikation aus. Für Proben mit degradierter, zersetzter oder fehlender Kern-DNA (altes, autolytisches Gewebe, Haare ohne/mit beschädigter Haarwurzel) ist diese forensische Methode nicht geeignet. Die Identifikation auf Mikrosatellitenbasis basiert auf der Angabe von Ausschluss-, Treffer- und Irrtumswahrscheinlichkeiten. Für deren Berechnung sind umfangreiche Referenzpopulationen vonnöten.
Analyse der mitochondrialen d-loop (Haplotypisierung)
Die mtDNA wird nicht aus dem Zellkern, sondern aus den Mitochondrien gewonnen. Die Analyse mitochondrialer DNA kann in Bereichen angewendet werden, wo RFLP und Genotypisierung versagen. An Tatorten sichergestellte Haare sind meist ausgefallenen und besitzen keine intakte Wurzel mehr. Obwohl die Genotypisierung immer versucht wird, sofern das Wurzelende des Haares noch vorhanden ist, ist sie nicht erfolgreich, wenn nur sehr wenige Haare als Beweismittel zur Verfügung stehen.In solchen Fällen wird mitochondriale DNA aus dem Haarschaft isoliert. Auch die Gewinnung aus zersetzten Blut- und Gewebeproben ist einfacher, da die mtDNA in tausendfacher Kopienzahl pro Zelle vorliegt. Für die forensische Identifikation wird ein Bereich der mtDNA untersucht, den man als d-loop (displacement loop), Kontrollregion oder hypervariable Region bezeichnet. Die Analyse beinhaltet die PCR-Amplifikation und Sequenz-Analyse der d-loop. Die unterschiedlichen Sequenzvarianten werden als Haplotypen bezeichnet. Die mtDNA folgt einem maternalen Vererbungsmodus, so dass sich alle Tiere aus derselben mütterlichen Linie einen Haplotypen teilen. Dies führt einerseits dazu, dass auch über die mütterliche Linie verwandte Tiere Referenzproben stellen können, bedeutet aber gleichzeitig, dass die Nachkommen einer Linie mit dieser Methode nicht voneinander getrennt werden können (z.B. Wurfgeschwister). Auch nicht verwandte Tiere können den gleichen Haplotypen aufweisen. Oft kann die Haplotypisierung nur zum Ausschluss verdächtiger Tiere eingesetzt werden. Zur genauen Angabe über die Trefferwahrscheinlichkeit (match identity) sind Referenzdatenbanken nötig, die Aussagen über die Frequenz und Signifikanz des identifizierten Haplotypen in der jeweiligen Population erlauben. Für die Aufklärung von Fällen, die seit Jahren als ungelöst gelten, erweist sich die mtDNA als wertvolles Hilfsmittel. Ausser für die Individuenidentifikation kann die Sequenzierung der d-loop auch zur Speziesbestimmung eingesetzt werden.
Cytochrom B und 12srRNA
Die Genabschnitte für das Cytochrom B und die 12srRNA liegen ebenfalls im mitochondrialen Genom. Im Gegensatz zur Kontrollregion handelt es sich hier um codierende Elemente, die als hoch konserviert gelten. Sequenzvariationen werden nur auf Speziesebene beobachtet. Beide Bereiche wurden häufig in phylogenetischen Studien eingesetzt und ermöglichen eine sichere Artbestimmung. Die Analyse besteht aus der PCR-Amplifikation des gewählten Bereiches. Anschließend kann entweder die RFLP-Technik oder eine direkte Sequenzierung durchgeführt werden. Für beide Methoden sind umfangreiche Referenzdatenbanken nötig. Diese können privat oder international zugänglich (z. B. BLAST in der NCBI) sein.
Methoden zur Geschlechtsbestimmung (sex determination)
Gängige Verfahren zur Geschlechtsbestimmung beruhen auf dem Nachweis Y-chromosom-spezifischer Sequenzen (SRY-Gen) oder der Detektion x-/y-spezifischer RFLPs beim Säugetier sowie der Amplifikation des Chromo-Helicase-DNA bindenden Gens bei Vögeln. Ein Geschlechtsnachweis kann ebenfalls durch den Einsatz x-oder y-chromosomaler Mikrosatelliten erbracht werden. Ein neuerer methodischer Ansatz bei Wiederkäuern verwendet zur Analyse das Amelogenin-Gen. Auf beiden Geschlechtschromosomen vorhanden, besitzt es spezifische Fragmentlängen für männliche und weibliche Tiere. Die Bestimmung des Geschlechts aus Fleisch, Blut oder Haarproben findet in der Tierforensik Anwendung im Natur-und Artenschutz sowie auf dem Lebensmittelsektor. Sie dient dem Nachweis von Wilderei und Betrugsdelikten.
Geschichte und Entwicklung
- der erfolgreiche Einsatz molekularbiologischer Methoden in der Forensik war untrennbar mit der Humangenetik und ihren Fortschritten gekoppelt (DNA, PCR; Entwicklung von Sonden, Entdeckung von Mini- und Mikrosatelliten)
- Vorreiter immer die Humanforensik, wichtige Namen: Jeffreys etc. (Paper)
- Standardisierung und Automatisierung in den Labor- und Auswertungsmethoden führten zur Schaffung von Datenbanken, die als statistische Grundlage für populationsgenetisch gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnungen dienen können (probability of match identity, exclusion probability, maternal Index): im Gegensatz zur Humanforensik hier noch Nachholbedarf durch konkurrierende Forschergruppen; in Deutschland und Österreich beginnendes Standardisierung durch die CADNAP)
- der Nutzen forensischer Beweise auf DNA-Basis ist abhängig von der Bereitschaft der Justiz, diese Indizien anzuerkennen (klassisches Beispiel: Snowball)
- die Methoden wurden überwiegend aus anderen Bereichen wie Abstammungskontrolle, Populationsgenetik, conservation genetics und der Grundlagenforschung adaptiert
Verwendetes Spurenmaterial
Haare

Vergleichende Morphologie, Mikroskopie und Histologie stellen klassische Methoden im Bereich forensischer Haaranalysen dar.
Jede Säugerspezies besitzt Haare mit charakteristischer Länge, Farbe und Wurzelstruktur sowie spezifischen morphologischen internen Merkmalen. Ein Haar besteht aus der Haarwurzel und dem Haarschaft, der prinzipiell aus Mark, Rinde und Kutikula aufgebaut ist.
Beim Tier kommen Leit-, Stamm-, Deck-, Fell- und Grannenhaare, Flaum- und Wollhaare, Borsten, Langhaare (Schwanz, Mähne), Wimpern und Tasthaare vor. Die Haare verschiedener Körperregionen desselben Individuums können dabei beträchtliche Variabilität aufweisen.
Die charakteristische Struktur von Mark und Kutikula der Haare ist streng tierartspezifisch. Sie erlaubt daher auch eine sichere Unterscheidung zwischen Mensch und Tier. Als Kriterien zur genauen Bestimmung der Spezies dienen die Struktur der im Zentrum der Haare befindlichen Markzellen, die Dicke des Marks und seine Kontinuität („Markstrahl“), die Anzahl der Markzellschichten sowie das Dickenverhältnis von Haarmark zu Haarrinde. Außerdem können Gehalt und Verteilung von Pigmenten und das Oberflächenprofil der Kutikulazellen analysiert werden.

Während der anagenen Phase zeigt das Haar aktives Zellwachstum. Die Zellteilung im Bereich der Haarpapille führt zur Ausbildung der Hauptbestandteile Mark, Cortex, Cutikula und Wurzelscheide. In der telogenen Phase dagegen ruht der Haarfollikel. Die Übergangszeit zwischen diesen beiden Perioden bezeichnet man als katagen.
Aufgrund der Wurzelrückbildung findet der natürliche Haarverlust überwiegend in der telogenen Phase statt. Da lose Haare leicht auf andere Individuen oder Gegenstände transferiert werden können, bilden sie die Hauptquelle forensischer Haarspuren. Haarverlust kann aber auch in einem aktiven Wachstumsstadium stattfinden, z. B. durch Hängenbleiben an einem Gegenstand. Eine mikroskopische Analyse der Haarwurzel erlaubt nicht nur die Bestimmung der Wachstumsphase, sondern auch eine Unterscheidung zwischen „ausgerissen“ und „ausgefallen“.
Die konkrete Analyse eines tierischen Haares umfasst zuerst die Zuordnung der Spezies aufgrund seiner artspezifischen Morphologie. Anschließend erlaubt das Verfahren der „Vergleichsmikroskopie“ - die Verwendung zweier Lichtmikroskope, die über eine optische Brücke verbunden sind - eine simultane Beurteilung des fraglichen Haars mit einer Haarprobe bekannten Ursprungs. Letztere entstammt für gewöhnlich einer Referenzprobensammlung bzw. ist die Vergleichsprobe eines verdächtigen Tieres. Weist das untersuchte Haar übereinstimmende mikroskopische Eigenschaften mit der Referenz auf, resultiert daraus ein gemeinsamer Ursprung beider Haare. Tierhaare weisen jedoch normalerweise nicht ausreichend individuelle morphologische Eigenschaften auf, um mit absoluter Sicherheit einem bestimmten Individuum unter zweifelsfreiem Ausschluss anderer, ähnlicher Tiere zugeordnet werden zu können.
Die klassische Mikroskopie ermöglicht damit folglich eine Bestimmung von Spezies, Rasse, Haartyp und Haarstatus; anhand einzelner Haare ist jedoch in aller Regel keine Individuenzuordnung möglich. Die Aussagekraft morphologischer Vergleichsuntersuchungen variiert in Abhängigkeit von Erfahrung und Training des Forensikers, der Verfügbarkeit von Haarstandards sowie einem adäquaten technischen Equipment.
Sind Haare jedoch gewaltsam herausgerissen worden, so ist anhand der anhaftenden Gewebeteile eine Bestimmung von Geschlecht (über die Färbung des geschlechtsspezifischen Chromatins in den Follikelzellen) und Blutgruppe prinzipiell möglich; sie wird jedoch in der Routine nicht umgesetzt.
Präzisere Anhaltspunkte bezüglich der möglichen Herkunft eines Haares können molekulargenetische Tests basierend auf Analysen sowohl der nukleären als auch der mitochondrialen DNA liefern.
Blut
Klassische Methoden in der Analyse von Blut waren die Blutgruppenserologie, die Bestimmung von Proteinen des Blutserums und vom Isoenzymen sowie die Charakterisierung von MHC-Antigenen. Ursprünglich wurden sie für Abstammungskontrollen angewendet.
Ab Mitte der 90er Jahre führte die stark verbesserte Ausschlusswahrscheinlichkeit, d.h. eine bei weitem größere Eindeutigkeit der Zuordnung, beim Einsatz moderner molekulargenetischer Methoden zu einer kontinuierlichen Verdrängung der konventionellen Verfahren.
Die gegenwärtigen Analysemöglichkeiten von Blut umfassen das ganze molekulargenetische Methodenspektrum. Die Wahl der jeweiligen Methode ist dabei abhängig von Quantität und Qualität der zur Verfügung stehenden Probe. Die Untersuchung von Blut spielt eine Rolle bei
- Abstammungskontrollen (z.B. zur Kontrolle der angegebenen Elterntiere),
- Identitätsnachweisen (z.B. zur Identifikation eines gestohlenen Tieres),
- Bissattacken zwischen Tieren (zur Identifikation der beteiligten Tiere),
- Bissattacken von Tieren am Menschen (zur Identifikation des Tätertieres),
- Tötungsdelikten (zur zweifelfreien Identifikation des Tätertieres),
- Wilderei (z.B. zur Feststellung, ob eine unter Schutz stehende Tierart getötet wurde),
- Unfällen (z.B. bei Wildunfällen durch Spuren am Fahrzeug).
Speichel

Speichelspuren werden regelmäßig im Zusammenhang mit Bissattacken gegen Menschen oder Tiere sichergestellt. Sie dienen der Identifizierung und Überführung verdächtiger Täter-Tiere.
Für molekulargenetische Analysen wird die DNA aus den im Speichel enthaltenen Epithelzellen der Maulschleimhaut isoliert. Methoden der Wahl sind – in Abhängigkeit von Qualität und Quantität der Proben-DNA - zum einen die STR-Typisierung, zum anderen die Sequenzierung der mitochondrialen DNA (d-loop).
Problematisch kann eine Kontamination des Täter-Speichels mit Blut oder Haaren des Opfers sein. Dennoch wurde in der Forschung eine positive Korrelation zwischen der zunehmenden Schwere der Bissverletzungen und einer höheren Erfolgsquote bei der Isolierung der Täter-DNA aus Speichel festgestellt.Vorlage:Ref
Knochen und Gewebe
Gewebeproben unterschiedlichster Art, auch von tierischen Produkten stammend, werden vor allem in der „Wildtier-Forensik“ und bei der forensischen Untersuchung von Lebensmitteln routinemäßig analysiert. Während bei den wildlife forensics alles um den Artenschutz dreht, stehen bei den food forensics Betrugsdelikte, Fehldeklarationen von Lebensmitteln (z.B. Verstöße gegen die LMKV) und der Verbraucherschutz im Mittelpunkt.
Im übrigen ist in der Kriminalbiologie in Einzelfällen, vor allem im Zusammenhang mit tierschutzwidrigen Tötungsdelikten, die Untersuchung von Gewebeproben erforderlich.
In Abhängigkeit vom Erhaltungszustand der Probe können alle molekurgenetischen Methoden verwendet werden. Hierbei finden überwiegend Verfahren zur molekulargenetischen Spezies- und Gewebetypbestimmung Anwendung.
Sperma
Im Gegensatz zur Humanforensik spielt die molekulargenetische Analyse von Sperma bei Tieren kaum eine Rolle. Sie wird überwiegend im Bereich der Abstammungskontrollen genutzt. Bisweilen erlangt sie Bedeutung bei einem Verdacht auf sexuelle Übergriffe durch Tiere.
Tiere in der Kriminalbiologie
Tiere als Opfer
Tatbestände, bei denen Tiere zu Opfern werden, umfassen in erster Linie Diebstahl, Tierquälerei und Tötungsdelikte.
Die Aufgabenstellungen in diesem Bereich umfassen
- die genetische Charakterisierung tierischen Spurenmaterials,
- die Identifizierung einzelner Individuen anhand von Referenzmaterial ,
- Nachweis der kriminellen Handlungen anhand von Tatortspuren,
- Klärung der Täteridentität (Spuren beim Täter, die als vom Opfer stammend nachgewiesen werden können).
Zur Klärung dieser Fragen kann etwa die mit Hilfe des Genetischen Fingerabdrucks festgestellte Übereinstimmung von DNA-Spuren an Tatwaffen mit der Opfer-DNA ebenso beitragen. Gleiches gilt für eine Kongruenz zwischen sonstigen tierischen Überresten, wie z.B. Blut- und Haarspuren nach Unfällen auf dem Asphalt der Straße, mit Referenzproben. Solche Vergleichsproben lassen sich oftmals durch das Sammeln von Haaren aus bei der Pflege der betroffenen Tiere verwendeten Bürsten oder Decken gewinnen. Ein völliger Mangel an Vergleichs-DNA des Individuum selbst kann sogar noch durch eine Analyse der DNA der Elterntiere ausgeglichen werden: Durch den Nachweis einer engen Verwandtschaft auch auf diese Weise die Identität des Opfers geklärt werden.
Diebstahl
Vier gestohlene Rinder konnten über eine STR-Analyse der angegebenen Muttertiere eindeutig identifiziert werden.Vorlage:Ref
In einem Fall in Argentinien wurden die Referenzproben von den eindeutig gekennzeichneten Überresten der abgeschlachteten Kadaver genommen und zusammen mit sichergestellten Fleischstücken in einem Geschäft einer komparativen DNA-Analyse unterzogen.Vorlage:Ref
Tierquälerei
Ein bekanntes Beispiel für Tierquälerei in Deutschland ist der „Pferderipper“, dessen Identität noch immer ungeklärt ist. Ungeachtet diverser Nachahmungstäter werden ihm im Zeitraum 1993 bis 2003 über 50 Taten zugeordnet, bei denen mehr als 100 Pferde mittels Stich- bzw. Schnittwaffen (Lanzen) oder durch Schüsse getötet wurden. Das Ziel waren Pferde unterschiedlichen Geschlechts, Alters sowie verschiedener Größe und Rasse. Die Taten wurden auf abgelegenen Weiden, in Ställen sowie bewohnten und unbewohnten Reithallen begangen.
Tötungsdelikte
14 durch Abwürgen getötete Wildwiederkäuer in einem ungarischen Zoo wurden offensichtlich Opfer eines Hundekampftrainings. Durch vergleichende mikroskopische Untersuchungen von Tatortspuren gerieten die Wachhunde des Zoos in Verdacht. Die STR-Analyse der Haare und einiger Blutspuren vom Tatort konnte sie jedoch als Täter ausschließen und machte stattdessen ein Einzeltier unbekannter Rasse für die Tat verantwortlich.Vorlage:Ref.
Mittels der DNA-Forensik konnte auch ein Hund identifiziert werden, der ein Minipferd getötet und ein zweites schwer verletzt hatte. Die Überführung des Tätertieres gelang mit Hilfe von Spuren von Pferdeblut am Rand der Wasserschüssel des Hundes, die mit dem genetischen Profil des getöteten Pferdes übereinstimmten.Vorlage:Ref
Sonstiges
Bei Dopingfällen aus dem Hunde- und Pferderennsport können z.B. die Untersuchung von Pferdeurin sowie der Identitätsnachweis bei Caniden eine Rolle spielen.
In einem Fall konnte eine aufgefundene Spritze, mit der offensichtlich einem Rennpferd Drogen injiziert worden waren, klären, welches Tier gedopt worden war. Hierzu diente die DNA-Analyse von Rückständen an der Kanüle. Nach Abwischen von Kolbe und Düse der Spritze konnte darüber hinaus sogar das genetische Profil jener Person bestimmt werden, die die verbotene Substanzverabreicht hatte.Vorlage:Ref
Tiere als Täter
Tatbestände, bei denen Tiere zu „Kriminellen“ werden, umfassen in erster Linie tätliche Angriffe gegen Mensch und Tier, Verkehrsunfälle und Sachbeschädigungen.
Bissattacken

Bissattacken (z.B. durch Hunde) führen oft zu einem tödlichen Ausgang oder verursachen doch beim Ziel bleibende Schäden. Opfer sind meist Kleinkinder, alte Menschen oder auch andere Tiere. Mit Hilfe der forensischen Odontologie können anhand charakteristischer Bissmarken Aussagen zu Tierart und Rasse des Angreifers gemacht werden. Zu diesem Zweck können die Weite des Zahnbogens, die Tiefe der Abdrücke oder tierart- bzw. rassetypische Zahndefekte herangezogen werden.
So führt etwa das Angriffsverhalten und die Zahnstellung des Haushundes zu pathognomonischen Verletzungen, die aus einer Kombination von stichförmigen Einbissen der Canini mit multiplen, klaffenden Reißwunden bestehen (a-hole-and-a-tear-combination). Diese sind oft begleitet von oberflächlichen Gewebedefekten und Klauenmarken, die aus meist vier bis fünf parallelen, schmalen Abschürfungen bestehen. Der kombinierte Abdruck beider Zahnbögen führt in der Regel zu typischen, runden oder mandelförmigen Verletzungen.
Zusätzlich zur konventionellen Aufarbeitung eines solchen Tatorts und dem Vergleich von Zahnabdrücken hat die DNA-Analyse für die Klärung dieser Fälle zunehmend Bedeutung erlangt. Hierbei werden Blutspuren und menschliche Haare auf dem Fell, im Maul oder am Halsband des Tätertieres ebenso berücksichtigt, wie die Untersuchung von Haaren und Speichelspuren des Tätertieres auf der Kleidung oder dem Körper des Opfers. Sowohl die STR-Analyse, als auch die mtDNA-Haplotypisierung finden dabei erfolgreich Anwendung. Der Einsatz mitochondrialer Cytochrom b–Fragmente eignet sich darüber hinaus zur eindeutigen Speziesbestimmung bei Asservaten nichtmenschlichen Ursprungs.Vorlage:Ref
- 1998 konnten im Falle eines 11jährigen Jungen, der von Hunden lebensgefährlich zerfleischt wurde, die in Verdacht geratenen Pitbulls identifiziert werden, sodass die Hundebesitzer zur Verantwortung gezogen werden konnten.Vorlage:Ref
- Im Jahr 2000 wurden in Oklahoma C. Ohman und V. A. Borja beschuldigt, einen bösartigen Hund zu besitzen, nachdem ihr Pit Bull „Trek“ die 74jährige Nachbarin angefallen und dabei eine bleibende Behinderung verursacht hatte. Die aus Speichelspuren auf der Kleidung des Opfers isolierte Hunde-DNA stimmte mit „Treks“ genetischem Profil überein.
- Im März 2000 wurde auf einem Sportgelände die Leiche eines 7jährigen Jungen entdeckt. Als Todesursache wurden Hundebisse festgestellt. Obwohl die Justiz durch falsche Zeugenaussagen behindert wurde, konnten letztlich durch eine STR-Analyse von Speichelresten, Haaren und winzigen Blutspuren die beiden Wachhunde des Vaters als Täter identifiziert werden.Vorlage:Ref
- Ein junges Mädchen wurde Opfer einer schweren Hundebissattacke. Die STR-Analyse von Blutspuren, die vom Fell eines in Frage kommenden Hundes gesammelt wurden, ergab jedoch keinen Zusammenhang mit der Beißerei. Andere forensische Beweise wie Haare, Fasern und odontologische Untersuchungen konnten ebenfalls kein bestimmtes Individuum mit diesem Fall in Verbindung bringen.Vorlage:Ref
- Im Fall eines 9jährigen Jungen konnte eine von drei Dänischen Doggen anhand von Speichel auf der Kleidung des Opfers zweifelsfrei als Täter identifiziert werden. Dadurch konnte auf eine Euthanasie der beiden anderen in Frage kommenden Tiere verzichtet wurde.Vorlage:Ref
Verkehrsunfälle

Um bei Verkehrsunfällen den Tierhalter für den entstandenen Schaden haftbar zu machen, ist es nötig, das verursachende Tier auf DNA-Basis eindeutig zu identifizieren und damit zu überführen. Als Techniken können hier ebenfalls sowohl die STR-Analyse als auch mitochondriale Sequenzierung eingesetzt werden.
- Ein Hund stand im Verdacht, einen Verkehrunfall verursacht zu haben. Haarfragmente vom beschädigten Fahrzeug wurden einer Sequenz-Analyse der mitochondrialen DNA unterzogen. Die Ergebnisse wurden mit Referenzproben des beschuldigten Hundes sowie mit Proben von vier unabhängigen Kontrolltieren unterschiedlicher Rassen verglichen. Da das Beweismaterial nicht mit dem verdächtigen Hund übereinstimmte, konnte dieser als Quelle der Haare ausgeschlossen werden.Vorlage:Ref
Tiere als Bindeglied
Grundsätzliches
Das zentrale Kerngebiet der animal forensics sind Tierspuren, die ein entscheidendes Bindeglied zwischen Täter und Opfer bei Kapitalverbrechen darstellen. Hierbei spielen besonders Haustiere eine Rolle („pet forensics“)
Die Analyse von Tierhaaren, -Speichel und verschiedenen Gewebespuren an Tatorten erlaubt es den Kriminologen manchmal, anhand dieses tierischen Spurenmaterials einen Verdächtigen mit der Tat in Verbindung zu bringen. Der Wert des Beweismaterials für das Knüpfen einer solchen Verbindung wird dabei von der Wahrscheinlichkeit beeinflusst, dass
- Zuordnung einer Spur zu einem Tier oder umgekehrt der Ausschluss eines Tieres auf einen Zufall zurückzuführen ist,
- die Zuordnung durch einen Fehler des Spurenteams zustande kam,
- es alternative Erklärungen für das Vorhandensein dieser Spuren gibt (sekundärer Transfer, Kontamination, Legen falscher Spuren, Verbrechen zwischen nahen Angehörigen).
Haustierhaare

Millionen von Haushalten beherbergen Haustiere wie Hunde oder Katzen. Ebenso allgegenwärtig wie die Vierbeiner selbst sind auch ihre Haare, die überall in der näheren Umgebung ihrer Besitzer zu finden sind und auch an Kleidung und Gegenständen haften. Da diese Haare durch physischen Kontakt weitergegeben werden können (Transfer) kann ihr Vorkommen einen Verdächtigen folglich mit einem Opfer bzw. Opfer wie Täter mit einem Tatort in Verbindung bringen.
Wird z.B. ein Opfer in einem Fahrzeug deponiert oder an einem Ort festgehalten, zu dem Tiere regelmäßig Zugang haben, resultiert daraus meist ein Transfer von Tierhaaren auf die Kleidung des Opfers („primärer Transfer“). Eine Übertragung von Tierhaaren auf das Opfer oder an den Tatort ist ebenso möglich, wenn der Verdächtige ein Haustier besitzt, dessen Haare sich während der Tat noch an seiner Kleidung befanden. Dies wird als „sekundärer Transfer“ von Spurenmaterial bezeichnet. Verräterische Katzen- oder Hundehaare sind ebenfalls sehr häufig auf klebenden oder anhaftenden Flächen von Lösegeld- oder Erpresserschreiben zu finden.
Typ, Anzahl und Erhaltungszustand der anhaftenden Haare beeinflussen ihren Wert als Spurenmaterial. Der mikroskopische Vergleich morphologischer Merkmale eines in Frage kommenden Haares mit Vergleichsproben kann erkennen lassen, ob ein Transfer stattgefunden hat.
Haare tierischen Ursprungs an Tatorten oder der Kleidung von Verdächtigen oder Opfern können darüber hinaus auch von einem Pelzmantel oder von Tierfell stammen. Sie sind dann bisweilen künstlich gefärbt oder getrimmt und weisen oft keine mehr Wurzel auf. Auch diese Spuren können - ähnlich der forensischen Analyse von Fasern - helfen, den Täter mit Hilfe von Indizien zu überführen.
Berühmte Kriminalfälle
Der Fall „Snowball“
Bei der Suche nach der verschwundenen Shirley Duguay 1994 auf Prince Edward Island wurde in einem Waldstück eine blutbefleckte Männerlederjacke gefunden. Das menschliche Blut stimmte mit dem Profil des Opfers überein. Der verdächtige Ex-Mann konnte jedoch zunächst nicht mit dem Kleidungsstück in Verbindung gebracht werden. Im Futter der Jacke entdeckte man allerdings weiße Haare, die als Katzenhaare identifiziert werden konnten.
Die DNA, die man aus einer der Haarwurzeln isoliert hatte, diente als Grundlage zur Genotypisierung. Das resultierende genetische Profil wurde mit mit einem Referenzprofil aus dem Blut von „Snowball“ verglichen, einer weißen Katze, die im Elternhaus des Ehemanns lebte. Es lag 100% Übereinstimmung vor. Kombiniert mit der Wahrscheinlichkeit von 6,9 x 10-7, dass eine weitere Katze mit demselben Profil in den USA existiert (probability of match identity) wurde der Ehemann 1997 auf der Grundlage dieser Beweise des Mordes für schuldig befunden.
Dieser berühmte Kriminalfall gilt als Präzedenz für die Möglichkeit, Tatverdächtige anhand des genetischen Profils von Tierhaaren mit Kapitalverbrechen in Verbindung zu bringen.
Der Fall „Chief“
In Seattle, Washington, verurteilte eine Jury Kenneth Leuluaialii und George Tuilefano wegen besonders schweren Mordes und Verletzung des Tierschutzrechts im Zusammenhang mit den 1996 erschossenen Jay Johnson, Raquel Rivera und dem Mischlingshund „Chief“. Die Blutspritzer auf Hose und Jacke der beiden Verdächtigen, die durch die Tötung des Hundes im Rahmen der Ermordung der beiden Opfer auf die Kleidungsstücke der Täter gelangten, waren mit „Chiefs“ genetischem Profil identisch. Die Irrtumswahrscheinlichkeit betrug 1:350 Millionen.
Der Fall „van Dam“
Als einer der bekanntesten auf tierischem Beweismaterial beruhenden Kriminalfälle gilt der Mord an der 7jährigen Danielle van Dam in San Diego im Jahr 2002. Die Hundehaare, die im Haus des Tatverdächtigen David Westerfield gefunden wurden, konnten dem Weimaraner der van Dams zugeordnet werden und erwiesen sich als wichtigstes Bindeglied zwischen Westerfield und dem Tod des Mädchens.
Weitere wichtige Fälle
- Bei der Aufklärung eines versuchten Raubmordes an einem Ladenbesitzer in Pampa, Texas, wurde 1999 bei der Anhörung zur Beweisaufnahme eine Analyse caniner mitochondrialer DNA als Beweismittel zugelassen. Obwohl dieser Fall nie zur Verhandlung kam, stellte er den Präzedenzfall für die Anerkennung forensischer caniner mitochondrialer DNA–Analysen als Beweismittel vor Gericht dar.
- Im Jahr 2000 wurde im Zusammenhang mit dem Mord an einem Soldaten ein einzelnes Deckhaar caniner Herkunft untersucht, das auf dem Körper des Toten in einem See gefunden wurde. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes des Haars stellte dieser Fall eine labortechnische Herausforderung dar. Die Sequenzanalyse schloss den Hund des Tatverdächtigen aus. Obwohl die Verteidigung letztendlich keinen Gebrauch davon machte, wurde dieser Beweis vor Gericht zugelassen.
- Während eines sexuellen Übergriffs beobachtete das Opfer den Urinabsatz ihres Hundes an den Reifen des Täterfahrzeugs. Obwohl der Verdächtige bestritt, jemals in der Nähe des Hauses gewesen zu sein, in dem das Opfer wohnte, stimmte das genetische Profil des Hundes perfekt mit den sichergestellten Spuren auf dem Reifen überein.Vorlage:Ref
- Einige der Blutspuren, die in der Gasse neben einem erstochenen Londoner Barkeeper gefunden wurden, stammten weder vom Opfer noch waren sie menschlicher Herkunft. Sie wurden als Hundeblut identifiziert und konnten dem Hund des Hauptverdächtigen zugeordnet werden.Vorlage:Ref
Wildlife Forensics

Der Unterbereich der wildlife forensics beschäftigt sich überwiegend mit der Verfolgung, Aufdeckung und Ahndung von Verstössen gegen den Arten- und Naturschutz (sogenannte wildlife crimes). Darunter fallen nicht nur das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES), sondern auch nationale Naturschutzgesetze und lokales Jagdrecht.
Durch Wilderei und illegalen Tierhandel wird das Überleben bereits gefährdeter Arten ernsthaft in Frage gestellt. Grund für die drohende Ausrottung vieler Spezies ist der profitable Handel mit ihren seltenen und begehrten (Luxus-)Produkten. Bekannte Beispiele sind der Elfenbeinschmuck, der Kaviarmarkt und die lederverarbeitende Industrie. Der blühende Markt traditioneller asiatischer Arzneimittel (z.B. in der TCM) führte zu einer starken Nachfrage an Harnblasen, Genitalien, Zähnen und Hörnern bestimmter Arten (Raubkatzen, Nashörner) - häufig aufgrund nachgesagter aphrodiasierender Wirkungen. Trophäensammler dezimieren die letzten Populationen seltener afrikanischer Caniden-, Feliden- und Antilopenarten. Der boomende Heimtiermarkt reicher Industrienationen hat den hemmungslosen Ausverkauf exotischer Vögel, Reptilien und Fische zur Folge.

Zu den Aufgabenbereichen der wildlife forensics gehören die Artbestimmung von beschlagnahmten Tieren bzw. deren Produkten. Gleichzeitig gehört die Aufklärung verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen morphologisch ähnlichen Arten zu den Voraussetzungen ihrer Arbeit. Von Bedeutung ist diese Grundlagenforschung in Bereichen, bei denen eine makroskopische, d.h. eine mit dem Auge nicht mehr zu vollziehende, Unterscheidung der Arten in „geschützt“ und „nicht geschützt“ nicht mehr möglich ist. Beispiele sind einige in Schwärmen lebende geschützte und nicht-geschützte Fischarten, die auch zu einer Bastardisierung untereinander neigen. Um in solchen Fällen eine Verletzung des Artenschutzes sicher festzustellen, ist die Einrichtung umfassender genetischer Referenzdatenbänke essentiell.
Unter Wilderei wird das widerrechtliche Erlegen und Aneignen von Wild verstanden. Dabei kann gegen ein absolutes Jagdverbot für bedrohte Tierarten oder das generelle Jagdverbot z.B. in Naturschutzgebieten verstoßen werden. Die Nichteinhaltung der Schonzeit fällt ebenfalls darunter. Auch der Bruch geschlechtsspezifischer Jagdverbote ist ein häufiges Vergehen: so ist in Florida zwar die Jagd auf wilde (männliche) Truthähne, nicht aber auf die Truthennen erlaubt. Auch die vergleichsweise kurze Jagdsaison für weibliche Rehe in Florida (nur zwei Tage im Jahr) führt regelmäßig zu Verletzungen des Jagdrechts. Das illegale Töten weiblicher Tiere kann durch die molekulargenetische Geschlechtsspezifikation anhand von verdächtigem Wildbret oder Blutspuren auf der Jagdkleidung nachgewiesen werden.Vorlage:Ref
Zahlreiche aufgeklärte Fälle von Wilderei belegen den Erfolg der angewendeten Methoden:
- 2005 konnten Jäger, die in einem Naturschutzgebiet in Texas einen Weißwedelhirsch gewildert hatten, durch Spuren von Hirschblut an ihrem registrierten Boot überführt werden.Vorlage:Ref
- Der kopflose Kadaver eines Maultierhirsches, der 2002 in den Überresten eines absichtlich gelegten Waldbrands gefunden wurde, konnte auf DNA-Basis einer von drei Hirschkopftrophäen zugeordnet werden, die bei einem der Verdächtigen beschlagnahmt wurden. Die für das genetische Profil notwendige Referenz-DNA war aus dem Rückenmark des verkohlten Kadavers gewonnen worden.Vorlage:Ref
- In Tansania wurde 1998 einem bereits zuvor auffällig gewordenen Verdächtigen die illegale Tötung eines Buschbocks nachgewiesen. Er wurde anhand von Blut- und Gewebespuren auf einem Jagdmesser überführt. Seine Behauptung, mit der Waffe zuvor ein Hausrind ausgeweidet zu haben, konnte durch eine Speziesidentifizierung auf Basis mitochondrialer DNA widerlegt werden.Vorlage:Ref
- Die Tötung einer in Zimbabwe unter strengem Naturschutz stehenden Hyänenart im Jahr 1998 konnte einem Trophäensammler in seiner Heimat durch vergleichende Schädelmorphologie nachgewiesen werden, obwohl der präparierte Schädel unter falscher Deklaration bereits erfolgreich durch den Zoll geschmuggelt worden war.Vorlage:Ref
- In Indien gelang es, die Tötung und den Verzehr einer streng geschützten Pfauenart nachzuweisen. Am Tatort beschlagnahmtes gekochtes Fleisch und Vogeleingeweide stammten zwar nur von einem Huhn. Doch konnte bei dem Hackklotz, der zum Fleischzerteilen benutzt worden war, mittels mitochondrialer Sequenzanalysen die DNA eines Indischen Pfaus nachgewiesen.Vorlage:Ref
Food forensics
Im Lebensmittelsektor dienen molekulargenetische Methoden zum Nachweis von Infektionserregern oder Lebensmittelvergiftern. Außer in der Lebensmittelhygiene-Überwachung werden sie jedoch auch zum Schutz des Verbrauchers vor Täuschung eingesetzt.
In Fällen, wo gefährdete Arten kommerziell genutzt werden, überschneiden sich bisweilen die food forensics mit dem Bereich wildlife forensics. Hier stellt der Verkauf falsch deklarierter Produkte mit Verstoß gegen das Artenschutzgesetz ein Problem dar.

Ein praxisnahes Beispiel stellt hier die Aufdeckung falsch deklarierter Kaviardosen dar, in denen Rogen von völlig anderen geschützten Fischspezies (z.B. Paddelfisch) verarbeitet wurde. Auch die sichere Identifizierung illegal als Süßwasserschildkröten-Eier angebotener Eier von gefährdeten Meeresschildkröten ist nunmehr möglich. Molekulargenetische Tests erlauben auch Aussagen über den Strand, an der die Eier gesammelt wurden, da Schildkröten zur Eiablage immer an den Ort ihres eigenen Schlupfes zurückkehren.Vorlage:Ref
Die betrügerische Fehldeklaration von Lebensmittelinhaltsstoffen auf der Produktkennzeichnung ist ein weit verbreitetes Problem, vor allem bei geschätzten, hochpreisigen Produkten. Gängige Praktiken zur Täuschung des Verbrauchers durch Fehldeklaration sind:
- Der Verkauf von Produkten, die Beimengungen an minderwertigem (z.B. Innereien) oder potentiell risikobehaftetem Gewebe aufweisen (Separatorenfleisch, Nerven- und Hirngewebe)
- Der Verkauf von gefälschten Produkten, denen Anteile fremder Tierarten beigemischt sind bzw. die ausschließlich aus dem Gewebe anderer Tiere bestehen (Döner, angerichtetes Wild)
- Die Nichteinhaltung der im Lebensmittelrecht vorgeschriebenen Mindestmengen in Bezug auf Gewebe oder Tierart (Mozzarella aus Kuhmilch)
- Der Betrug bei der Deklaration von Fischen mit den Prädikaten „wild gefangen“ und „gezüchtet“
Der eindeutige Beweis, dass eine Täuschung stattgefunden hat, erfordert die genaue qualitative und quantitative Bestimmung der Inhaltsstoffe. Die molekulargenetischen Methoden zur Bestimmung von Spezies in Lebensmitteln tierischer Herkunft sind weitgehend identisch mit den oben angeführten. Methodische Probleme verursachen dabei Lebensmittel, die stark erhitzt oder industriell verarbeitet wurden, sowie Produkte, bei denen DNA-haltiges Material von anderen Substanzen getrennt werden muss. RFLP-Analysen des mitochondrialen Cytochrom B erlauben eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Wildfleischarten und die Abgrenzung zu Haustieren. STR-Marker werden in der Lebensmittelforensik nicht nur erfolgreich eingesetzt, um die Verfälschung von Lebensmitteln nachzuweisen, sondern erlauben z. B. auch die Differenzierung beim Rotfisch zwischen „wild gefangen“ und „kultiviert“.Vorlage:Ref
Fleischrechtliche Vorschriften sowie die allgemeine Verkehrsauffassung regeln, welche Gewebe und Organe in Fleischerzeugnissen nicht verarbeitet werden dürfen. Dazu gehören z.B. Schleimhäute, Harnblasen, und Rinderhaut. Aus gesundheitlicher Sicht ist vor allem der Nachweis von Rinderhirn und -nervengewebe in Fleischprodukten (BSE/Creutzfeld-Jakob-Krankheit) relevant. Da beim Herstellungsprozess von Seperatorenfleisch eine erhöhte Kontaminationsgefahr durch ZNS-Gewebe besteht, ist die Gewinnung und Verarbeitung bei Rind, Schaf und Ziege verboten.
Eine klassische Methode, Fremdgewebe in Fleischerzeugnissen nachzuweisen, ist die Histologie. Dabei werden sämtliche Gewebskomponenten anhand ihrer anatomisch-morphologischen Struktur und der spezifischen Farbaffinität identifiziert. Der dadurch entstehende qualitativ-morphologische Befund liefert eine schlüssige Aussage über die gewebliche Zusammensetzung des Produkts.
Die klassische Genetik stösst bei der Identifikation von Geweben in tierischen Produkten an ihre Grenzen, da verschiedene Gewebe eines Individuums völlig identische DNA-Sequenzen aufweisen. Gewebe unterscheiden sich jedoch durch spezifische Muster von Genaktivität: in der Muskulatur sind völlig andere Gene aktiv als im Gehirn. Die unterschiedlichen Aktivitätsmuster werden durch subtile chemische Modifikationen in gewissen DNA-Abschnitten ausgelöst. Dieser Bereich wird auch als Epigenetik bezeichnet.
Die neuartige Anwendung der Real-Time-PCR in Verbindung mit reverse Transkriptase zum Nachweis nervengewebstypischer saurer Gliafaserproteine macht nun auch eine quantitative Bestimmung von ZNS-Gewebe in Lebensmitteln tierischer Herkunft möglich.
Quellen
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Weblinks
- Viele animal forensics' Fälle unter diesem Link: http://www.questgen.biz/cv.htm#casework
- Molekulare Forensik („DNA-Analyse überführt Wilddiebe“, „Kaviarhandel“): http://www.izw-berlin.de/de/forschung/fg2/index.html?forensik.html~rechts
- U.S. "Animal Detectives" Fight Crime in Forensics Lab: http://news.nationalgeographic.com/news/2003/04/0402_030402_tvwildlifecrimes.html
- Caught, After the Act: How Crime Solvers Use Scientific Sleuthing to Stay Hot on the Trail of Wildlife Criminals: http://nationalzoo.si.edu/Publications/ZooGoer/2003/6/Animal_forensics.cfm
- FDA's Forensic Center: Speedy, Sophisticated Sleuthing: http://www.fda.gov/fdac/features/695_forensic.html
- Ingredient forensics: it's like CSI: new scientific techniques can uncover the source of pathogens contamination, even genetic modification ... in foods and their ingredients: http://www.allbusiness.com/periodicals/article/860686-1.html
- Food-Forensik: Lebensmittelbetrügern auf der Gen-Spur: http://science.orf.at/science/news/114617
- Haarige Beweise: Tiere hinterlassen Spuren, die wertvolle Informationen für Kriminalisten liefern können: http://www.unicom.unizh.ch/magazin/2002/2/pdf/magazin2002-2.pdf, S. 36f.
Literatur
- De Munnynck K., Van de Voorde W.: Forensic approach of fatal dog attacks: a case report and literature review. In: Int J Legal Med 116(5):295-300 (2002)
- Lechtenböhmer E.: Praxisnahe Methoden für die Untersuchung von Haaren zur Tierartbestimmung in forensischer Sicht (1982)
- Menotti-Raymond M.A., David V.A., O'Brian S.J.: Pet cat hair implicates murder suspect. In: Nature 386, 774 (1997)
- Padar Z., Angyal M., Egyed B., Furedi S., Woller J., Zoldag L., Fekete S.: Canine microsatellite polymorphisms as the resolution of an illegal animal death case in a Hungarian zoological garden. In: Int J Legal Med 115, 79-81 (2001)
- Padar Z., Egyed B., Kontadakis K., Furedi S., Woller J., Zoldag L., Fekete S.: Canince STR analyses in forensic practice. Observation of a possible mutation in a dog hair. In: Int J Legal Med 116, 286-288 (2002)
- Savolainen P., Lundeberg J.: Dog Genetic Data and Forensic Evidence. In: The Genetics of the Dog. Ed by. A. Ruvinsky & J. Sampson. CABI Publishing, New York, NY 2001, 521-536, ISBN 0-85199-520-9