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Schleifen (Fertigungsverfahren)

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Schleifen ist ein spanendes, wegbestimmtes Fertigungsverfahren zur Bearbeitung von Oberflächen oder zum Trennen von Werkstoffteilen mit Schleifmitteln und gebundenem Schneidkorn. Dies kann manuell oder auf Schleifmaschinen erfolgen. Nach DIN 8580 gehört es zur Hauptgruppe Trennen. Außerdem gehört es zur Gruppe der Zerspanungsarten mit geometrisch unbestimmter Schneide. Die beim Schleifen als Neben- bzw. Abfallprodukt entstehenden Späne werden als Schleifstaub bezeichnet.

Geometrisch unbestimmte Schneide
Schleifscheibe im Eingriff

Erreichbare Genauigkeiten

Das Schleifen ist genauer als spanende Verfahren mit geometrisch bestimmter Schneide. Erzielbare Maß- und Formgenauigkeiten liegen bei Toleranzklasse von IT6 bis IT8 für das Flachschleifen, IT4 bis IT5 für das Profilschleifen und IT4 bis IT6 für das spiztenlos Schleifen. Die erreichbaren Oberflächenqualitäten liegen bei Oberflächenrautiefen von Rz 1 µm bis 6,3µm für das Flachschleifen, 2,25µm bis 4µm für das Profilschleifen und Spitzenlosschleifen.[1]

Kategorisierung und Definition nach DIN 8589

In der DIN 8580 werden die Fertigungsverfahren in Hauptgruppen eingeteilt. Die Hauptgruppe des Trennens wird in der DIN 8589 näher definiert. Sie wird eingeteilt in Zerteilen, Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide, Spanen mit geometrisch unbestimmter Schneide, Abtragen, Zerlegen, Reinigen und Evakuieren. Dem Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden sind, neben dem Honen und Läppen, drei Schleifvefahren zugeordnet:[2]

Schleifen mit rotierendem Werkzeug ist Spanen mit vielschneidigen Werkzeugen, deren geometrisch unbestimmte Schneiden von einer Vielzahl gebundener Körner aus natürlichem oder synthetischem Schleifmittel gebildet werde und mit hoher Geschwindigkeit, meist unter nicht ständiger Berührung zwischen Werkstücke und Schleifkorn den Werkstoff abtrennen.
Bandschleifen ist Spanen mit einem vielschneidigen Werkzeug aus Schleifkörnern auf Unterlage (Schleifband), welches über mindestens zwei rotierenden Rollen umläuft und in der Kontaktfläche durch eine dieser Rollen, ein anderes zusätzliches Stützelement oder auch ohne ein Stützelement an das zu schleifende Werkstück angegepresst wird und dessen geometrisch unbestimmte Schneiden mit hoher Geschwindigkeit unter nicht ständiger Berührung zwischen Werkstück und Schleifkorn, den Werkstoff abtrennen.
Hubschleifen ist Spanen mit einem nicht rotierenden Werkzeug, dessen geometrisch unbestimmte Schneide unter einer Vielzahl gebundener Schleifkörner gebildet werden und die durch eine hin- und hergehende im Wesentlihen geradlinige Schnittbewegung (Hub) den Werkstoff vom Werkstück abtrennen.

Schleifverfahren

Beispiele diverser Schleifverfahren: 1. Umfangs-Planschleifen 2. Seiten-Längsschleifen 3. Längs-Rundschleifen 4. Quer-Rundschleifen (Einstichschleifen) 5. Spitzenloses Rundschleifen
Einteilung der Schleifverfahren
Merkmale[3] Schleifverfahren
Vorschubrichtung Längsschleifen, Querschleifen
Wirkfläche des Schleifkörpers Umfangsschleifen, Stirnschleifen
Zu erzeugende Fläche Lage: Außenschleifen, Innenschleifen
Art: Profilschleifen, Formschleifen
0000Planschleifen, Rundschleifen
Schnittgeschwindigkeit Herkömmliches Schleifen, Hochgeschwindigkeitsschleifen
Zustellung Pendelschleifen, Tiefschleifen
Rauheit Schrupp- (Grob-), Schlicht-, Feinschleifen
Einspannung des Werkstücks Schraubstock, zwischen Spitzen, spitzenlos

Schleifmittel

Schleifkörner sollen eine große Härte sowie eine ausreichende Kornzähigkeit und Wärmebeständigkeit besitzen.[4]

Die meisten Schleifscheiben enthalten Schleifkörner aus Korund (Aluminiumoxid) oder Siliciumcarbid. Die Kornzähigkeit nimmt mit steigender Härte des Schleifkornes ab. Eine ausreichende Zähigkeit verhindert bei großer Kornbelastung den vorzeitigen Kornbruch.

Ein weiteres geeignetes Material für Schleifkörner ist Bornitrid (BN), speziell Kubisch kristallines Bornitrid (CBN) mit Diamant­struktur.[5] Außerdem werden Borkarbid und Diamant als Schleifmittel eingesetzt.[6]

Bindung

Die Bindung hat die Aufgabe, die einzelnen Körner so lange festzuhalten, bis sie stumpf geworden sind. Art und Menge des verwendeten Bindemittels beeinflussen die Härte und die Schleifeigenschaften der Schleifkörper.[7]

Bindungsarten:

Schleifmittelkenngrößen

Das Gefüge beschreibt das Verhältnis von Schleifkörnern (Körnung), Bindung und Porenraum (Spanraum) im Schleifkörper. Die Poren wirken als Span- und Kühlschmiermittel­kammern und fördern die Kühlung und den Abtransport der Späne beim Schleifen. Sind die Poren zu klein, setzen sie sich zunehmend zu, sodass zusätzliche Reibung entsteht und dadurch Druck und Temperatur beim Schleifen zunehmen. Dabei wird der Spanvorgang beziehungsweise das Spanvolumen oder die Spanleistung verringert und die Gefahr steigt, dass der Schleifkörper Schaden nimmt. Bei einem Schleifbrand wird hauptsächlich die Bindung in Mitleidenschaft gezogen.

Schleifkorngröße

Die Körnungsnummer entspricht der Maschenzahl eines Siebes aus einem genormten Siebgewebe auf einem Zoll Länge, durch welches das bezeichnete Korn gerade noch hindurchfällt, während es auf dem nächst engeren Sieb liegen bleibt. Die sehr feinen Körner werden im Schlämmverfahren getrennt. Die Körnung von Diamant und Bornitrid wird entsprechend der Siebmaschenweite in μm angegeben: Diamantkorn D150 hat eine Korngröße zwischen 125 und 150 μm.

Das Ausbrechen der Schleifkörner bezeichnet man als Selbstschärfung.

Härte einer Schleifscheibe

Unter Härte einer Schleifscheibe versteht man nicht die Härte der Schleifkörner, sondern den Widerstand der Bindung gegen das Ausbrechen der Schleifkörner.

Einsatzgebiete

Es lassen sich drei große Einsatzgebiete unterschieden: Das Werkzeugschleifen zum Schärfen von spanenden Werkzeugen oder Klingen wie Messer und Scheren, die Feinbearbeitung von Werkstücken um die gewünschte Form und Oberfläche herauszuarbeiten und die Grobbearbeitung durch Putzen, Säubern und Trennschleifen. Die letzte Gruppe hat gemessen am wertmäßigen Verbrauch der Schleifscheiben den größten Anteil.[9]

Zur Feinbearbeitung von Maschinenteilen wird es beispielsweise eingesetzt für Kugellagerlaufflächen, Lagerringe, Lagersitze, Fräser, Gewinde, Turbinenschaufeln, Zylinderköpfe, Nockenwellen, Ventilstößel, Dichtugsflächen an Gehäusen und Getriebewellen.[10]

Dekorations-Schliffe

Im Bereich der Dekorations-Schleiftechnik gibt es unterschiedliche Methoden und durch sie entstehende Schliffbilder der Oberfläche.

  • Der Längsschliff oder Querschliff ist ein gängiger Schliff, der auf einer Metalloberfläche gerade Linien zieht.
  • Der Kreuzschliff ist ein Designschliff, bei dem schräg verlaufende Linien übereinander auf das Material geschliffen werden.
  • Beim Hair-Line-Schliff zieht sich ein durchgängiger Strich über das gesamte Bauteil.
  • Rotationsschliffe bewirken kreisförmig angerissene Linien, z.B. die Schleiftechnik Perlieren ergibt das Schliffbild Perlschliff.
  • Die Schleiftechnik Metalldekorieren erzeugt Dekor-Schliffe, etwa in Form von Logos.

Bilder verschiedener Schleifmaschinen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Koether, Rau: Fertigungstechnik für Wirtschaftsingenieure, Hanser, 4. Auflage, S. 166.
  2. Uwe Heisel, Fritz Klocke, Eckart Uhlmann, Günter Spur: Handbuch Spanen, Hanser, 2014, S. 24.
  3. Heinz Tschätsch: Praxis der Zerspantechnik, Vieweg, 7. Auflage, 2005, S. 226
  4. Hans-Dieter Dobler: Fachkunde Metall, 54. Auflage, Europa-Lehrmittel 2003.
  5. Eintrag zu Bornitrid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  6. Tschätsch: Heinz Tschätsch: Praxis der Zerspantechnik, Vieweg, 7. Auflage, 2005, S. 249f.
  7. Heinz Tschätsch: Praxis der Zerspantechnik, Vieweg, 7. Auflage, 2005, S. 252
  8. Heinz Tschätsch: Praxis der Zerspantechnik, Vieweg, 7. Auflage, 2005, S. 252f.
  9. Pauksch: Zerspantechnik, Vieweg,, 12. Auflage, S. 278.
  10. Schönherr: Spanende Fertigung, Oldenbourg, 2002, S. 364.