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Ekklesiologie (Quäkertum)

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Die Quäker (off. Bez.: "Religiöse Gesellschaft der Freunde") sind eine Religionsgemeinschaft christlichen Ursprungs, die vor allem in den englischsprachigen Teilen der Welt und in Afrika verbreitet ist. Sie entstand im 17. Jahrhundert vor allem durch den Einfluss des englischen Laienpredigers George Fox (1624-1691) auf andere, bereits bestehende lose Gruppierungen, vor allem die Seekers. Der Name Quäker stammt vom englischen to quake = beben, zittern.

Lehre

Die spirituellen Wurzeln "der Freunde" liegen im Christentum. Von den großen christlichen Strömungen, der römisch-katholischen sowie den evangelischen Kirchen und Gemeinschaften unterscheidet sich das Quäkertum in wesentlichen Aspekten. Konfessionsgeschichtlich kann man die Quäker dem mystischen Teil des 'linken Flügels der Reformation' zuordnen. Quäker glauben " an das von Gott in jedem Menschen " (engl.: "that of God in everyone"). Diese Erfahrung wird auch mit Metaphern wie dem Inneren Licht (engl.: "the Light Within"), dem "Inneren Christus" (engl.: "the Christ Whithin") oder der "Inneren Wahrheit" (engl.: "the Truth Within") zu beschreiben versucht. Nach der Überzeugung der Quäker ist niemand auf irgendwelche Glaubenssätze verpflichtet. ("Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig" 2.Kor.3,6) Die "Freunde" sind der Überzeugung, dass sich die je individuelle Glaubenshaltung eines Menschen nicht hinreichend in Worten mitteilen lässt. Anstelle von verbindlichen Lehrmeinungen oder dogmatischen Festlegungen wird die jeweilige persönliche Glaubensüberzeugung der/des Einzelnen als authentisches Zeugnis respektiert, geradezu gefordert. (Geoge Fox: "You may say Christ saith this, and the apostles say this, but what canst thou say ? Art thou a child of the Light and hast thou walked in the Light, and what thou speakest is it inwardly from God ?") Quäker kennen keine besonderen Sakramente, sondern halten das ganze Leben für ein Sakrament. Dementsprechend wird keine Unterscheidung zwischen heilig und profan gemacht.

Über die gesamte Zeit ihres Auftretens liegt bei den Quäkern eine starke Betonung auf sozialer Verantwortung und sozialem Handeln. Dies geht unter anderem auf die beschriebene Überzeugung zurück, dass in jedem Menschen „etwas von Gott“ ist, woraus sich zwingend die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen ableitet, unabhängig von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, gesellschaftlichem Stand etc. Daher z.B. konsequenter Pazifismus, Kampf für Gleichberechtigung von Frau und Mann, für die Anerkennung von und einen würdevollen, gleichberechtigten Umgang mit sogenannten Minderheiten aller Art etc.

Quäker gehen vom Priestertum aller Gläubigen aus. Während es bei den frühen Quäkern Prediger (und von Anfang an auch Predigerinnen) gab, ist dies heute in der traditionell liberalen Ausprägung des Quäkertums in Europa und in den USA, nicht mehr der Fall. In ihren Gottesdiensten, einer ca. einstündigen schweigenden Andacht, versuchen die "Freunde" sich der Gegenwart Gottes zu öffnen. Dabei kann jede/r Anwesende die/der sich dazu getrieben fühlt, das Wort ergreifen.

In den pastoralen bzw. evangelikalen "Quäker-Kirchen" die vor allem in den USA, in Lateinamerika und in Afrika vertreten sind, gibt es Pastoren und Pastorinnen. Die Gottesdienste dieser relativ jungen Spielart des Quäkertums haben eine traditionelle liturgische Struktur mit Gebeten, Liedern, Textlesung und Predigt.

Gebräuche

Die frühen Quäker hatten viele für Außenstehende befremdliche Gebräuche (Die Weigerung vor gesellschaftlich 'höhergestellten' Personen den Hut zu ziehen, die Anrede aller Menschen mit „Du“, die Ablehnung von Titeln und besonderen 'Ehrenbezeugungen', eine graue Einheitstracht, die Weigerung Eide zu leisten, die Ablehnung von Glücksspiel, Theater, Tanz und Jagd etc.). Hintergrund hierfür war ursprünglich die Betonung der Gleichheit aller Menschen vor Gott und die Ablehnung eines „zügellosen“ Lebens. Heute entsprechen die meisten dieser Gebräuche nur noch teilweise dem Verhaltenskodex der "Freunde". Insbesondere Kunst und Kultur werden von vielen Quäkern heute als Bereicherung ihres spirituellen Lebens geschätzt und gepflegt.

Organisationsstruktur

Die Quäkergemeinschaft zeichnet sich in ihrer Verwaltung dadurch aus, dass auf allen Ebenen durch die Suche nach einem Konsens Entscheidungen getroffen werden. Die dahinter stehende Idee ist, dass alle Entscheidungen die religiöse Gemeinschaft der Quäker betreffend allein durch das Suchen nach Gottes Wahrheit getroffen werden sollen. Dieser Wahrheitsanspruch wäre durch einen demokratisch gewählten Kompromiss nicht aufrechtzuerhalten. Kann ein Konsens nicht erzielt werden, wird die Entscheidung vertagt oder bei einem Beschluss die abweichende Meinung ausdrücklich ebenfalls dokumentiert.

Die drei großen weltweiten Dachorganisationen sind Friends General Conference (FGC), Friends United Meeting (FUM) und Evangelical Friends International (EFI). Sie vertreten die an sie angeschlossene Andachtsgruppen. In allen drei Organisationen ist ein großer Teil ihrer Mitglieder aus den USA. Besonders viele konservative Quäker gibt es zudem in Kenia. Die FGC vertritt die liberalste Theologie während die EFI die konservativste ist. Die FUM ist die größte von ihnen. Einige Monthly Meetings (d.i. die nächstgrößte Organisationsgröße nach der Andachtsgruppe) gehören mehr als einer der Organisationen an, während andere keiner zugehören. International bemüht sich das nicht offizielle Friends World Comittee for Consultation (FWCC) um eine Zusammenarbeit aller Jahresversammlungen - unabhängig von der jeweiligen religiösen Ausrichtung.

Im deutschsprachigen Raum sind die örtlichen Andachtsgruppen in regionalen Bezirksversammlungen organisiert, die sich wiederum in der jeweiligen Jahresversammlung zusammenfinden. Die Andachtsgruppen, Bezirksversammlungen und die Jahresversammlung bewahren eine weitgehende Unabhängigkeit untereinander. Die deutsche Jahresversammlung ist keiner der drei großen internationalen Dachorganisationen angeschlossen, sondern lediglich der European and Middle East Section des FWCC. Das Zentrum der deutschsprachigen Quäker befindet sich in Bad Pyrmont, wo sich auch das einzige Andachtshaus der 'Freunde' in Deutschlands befindet. Die meisten anderen Andachtsgruppen im deutschsprachigen Raum treffen sich aufgrund der geringen Zahl entweder privat oder in angemieteten Räumlichkeiten.

Im deutschsprachigen Raum haben die Quäker z.Zt. ca. zweihundertfünfzig Mitglieder und etwa noch einmal so viele 'Freunde der Freunde', die an Andachten und anderen Aktivitäten teilnehmen ohne formell Mitglied zu sein. Die Zahl der nominellen Mitglieder ist in den letzten Jahren rückläufig, was in erster Linie auf den relativ hohen Altersschnitt der "Relgiösen Gesellschaft der Freunde" zurückzuführen ist. International gibt es rund 300.000 Quäker.

Weltweit verteilt sich die Anzahl der Quäker wie folgt (Stand 1994, Quelle: "Religion ohne Dogma", Religiöse Gesellschaft der Freunde, Auflage 1995 ISBN 3-929696-13-4):

Land Mitglieder
Kenia 105.000
USA 103.000
Bolivien 25.000
Großbritannien 18.000
Guatemala 16.500
Burundi 7.500
Peru 5.000
Tansania 4.500
Taiwan 3.200
Irland 1.600
Australien 1.100
Canada 1.100
Indien 900

Soziales Wirken

Die Quäker waren und sind, gemessen an ihrer zahlenmäßig geringen Größe, in der konkreten Umsetzung ihrer religiösen und ethischen Überzeugungen in soziale und politische Praxis in vielen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens überaus engagiert und erfolgreich.

Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen

Weil die Quäker als Gesamtheit nicht dem Ökumenischen Konsens des Ökumenischen Rates der Kirchen zustimmen können (Bekennen von Jesus Christus als Gott und Heiland), sind die deutschen Quäker nicht Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen, obwohl sie sich für überkonfessionelle Verständigung einsetzen. In Deutschland haben sie in den Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen meist einen Gast- oder Beobachterstatus, während die zahlenmäßig stärkste Gruppe, die amerikanischen Quäker, durchaus Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen sind.

Einzelpersonen, die zu anderen Kirchen und Glaubensrichtungen gehören, die sich aber ernsthaft mit dem Quäkertum befassen und dieses zumindest positiv sehen, werden "Freunde der Freunde" genannt, meistens ist dies die Vorstufe bevor diese Personen selber zu Quäkern werden.

Manche Quäker sind zusätzlich auch Mitglied in einer weiteren Religionsgemeinschaft. Grund hierfür kann z.B. sein, dass es nicht genügend Quäker in der Umgebung gibt, um regelmäßig an Quäkerandachten teilnehmen zu können. Die Religiöse Gesellschaft der Freunde legt im Aufnahmeverfahren Wert darauf, dass eine Doppelmitgliedschaft nicht aus Bequemlichkeit entsteht und die Mitgliedschaft bei den Quäkern von der anderen Religionsgemeinschaft akzeptiert wird.

Bekannte Quäker

Literatur

Im Selbstverlag der Die religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker) Bad Pyrmont

  • Anna R. Fry: Die Weise der Quäker. Ein Versuch, die Lebensgesinnung des Quäkertums zu schildern, Friedrich, Bad Pyrmont 1946
  • Thomas F. Green: Vorbereitung zur Andacht. Über das Gebet und Wege der Vertiefung des geistlichen Lebens, Friedrich, Bad Pyrmont 1987 als PDF-Datei
  • Katharina Provinski, Ilse Wandrowsky: Die religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker), Quäkerhaus, Bad Pyrmont 2002, ISBN 3-929696-29-0
  • William Taber: Vier Türen zur Andacht, unserem Gottesdienst, Quäkerhaus, Bad Pyrmont 1992, ISBN 3-87574-306-4
  • Duncan Wood: Die Leute, die man Quäker nennt, Quäkerhaus, Bad Pyrmont 1990
  • Ratschläge und Fragen. Leitfaden für die Lebensführung, Bad Pyrmont, Nachdruck 1995
  • Religion ohne Dogma. Darstellung des Glaubens der Quäker, Bad Pyrmont, Nachdruck 1995,ISBN 3-929696-13-4
  • Quäker Glaube & Wirken. Deutsche Übersetzung des Handbuchs zur christlichen Lebensführung, Bad Pyrmont 2002, ISBN 3-929696-29-0

Andere Verlage

  • Harold Loukes, "Die Quäker", Stuttgart 1965
  • Richenda C. Scott (Hrsg.): Die Quäker, Evangelisches Verlagswerk, Stuttgart 1974, ISBN 3-7715-0163-6
Wiktionary: Quäker – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen