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Paraquat

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Paraquat ist ein Kontaktherbizid aus der Familie der Bipyridilium-Herbizide. Es wurde von der englischen Firma ICI (Agrarsparte heute Teil der Schweizer Syngenta) 1955 entwickelt und kam 1962 erstmals unter dem Handelsnamen Gramoxone auf den Markt.

Strukturformel
Allgemeines
Name Paraquat
Andere Namen 1,1'-Dimethyl-4,4'-bipyridinium, Methylviologen
Summenformel C12H14N2
CAS-Nummer 1910-42-5 (Dichlorid)<br\> 2074-50-2 (Methylsulfat)<br\> 4685-14-7 (?)
Kurzbeschreibung geruchlose weisse Kristalle (Salze der Reinsubstanz)
Eigenschaften
Molmasse 186,3 g/mol (?)
Aggregatzustand fest (Salze der Reinsubstanz)
Dichte - kg/m³
Schmelzpunkt Zersetzung bei 300 °C
Siedepunkt Zersetzung bei 300 °C
Dampfdruck sehr niedrig
Löslichkeit in Wasser 700 g/L, in organischen Lösungsmitteln gering
Sicherheitshinweise
Gefahrensymbole
Datei:Gefahrensymbol T.png Datei:Gefahrensymbol N.png
T+
Sehr Giftig
N
Umweltgefährlich
R- und S-Sätze

R:R24/25-48/25-26-36/37/38-50/53
S:(1/2)-22-28-36/37/39-45-60-61

MAK 0,1 mg/m3
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

 

Wirkungsweise

Ausgebrachtes Paraquat wird, insbesondere bei feucht-warmen Verhältnissen, sehr schnell durch die Pflanzenoberfläche absorbiert. In den Chloroplasten werden Elektronen vom Photosystem I auf das Paraquat-Kation übertragen, das dadurch zum Paraquat-Radikal wird. Das Radikal gibt sein überschüssiges Elektron an ein Sauerstoffmolekül ab, es entsteht Superoxid. Superoxide sind chemisch sehr reaktiv und zerstören ungesättigte Fettsäuren in den Chloroplasten- und Zellmembranen. Da das Kation durch Elektronen immer wieder zum Radikal reduziert wird, setzt sich dieser Vorgang fort, bis das Photosystem I zerstört ist. Die Zellmembran wird porös und es kommt zu Wasserverlust. Die Pflanzen vertrocknen bei sonnigem Wetter innerhalb weniger Stunden.

Verwendung

Pflanzenschutz

Paraquat wird gegen breitblättrige Pflanzen und Gräser eingesetzt. Da es die Rinde von Bäumen nicht durchdringt, kann es zur Unkrautbekämpfung in Obst- und Weingärten sowie beispielsweise in Kaffee-, Tee-, Ölpalmen- oder Bananenplantagen verwendet werden. Es ist ein wichtiges Hilfsmittel der für Trockengebiete propagierten pfluglosen Bodenbearbeitung. Trotz seines häufigen Einsatzes gibt es nur wenige, unbedeutende Fälle von Paraquat-Resistenz bei Unkräutern. In Deutschland ist noch ein paraquathaltiges Herbizid im Acker-, Wein- und Zierpflanzenbau mit Einsatzbeschränkungen (einmal alle vier Jahre, nur in Gebieten mit Erosionsgefahr) zugelassen. In Österreich und der Schweiz ist Paraquat nicht zugelassen.

Weitere Einsatzgebiete

In Südafrika werden mit Hilfe von Paraquat Brandschneisen frei gehalten, um so Wald- und Buschbränden vorzubeugen. Paraquat wird auch verwendet, um Pflanzenmaterial schneller trocknen zu können. Beispielsweise führt es dazu, dass Ernterückstände nach dem Anbau von Ananas schneller trocknen und eher verbrannt werden können.

Toxikologie

Die LD50 bei Ratten liegt bei 110 bis 150 mg/kg Körpergewicht, für den für den Menschen wird die LD50 auf 35 mg/kg Körpergewicht geschätzt. Paraquat führte zu vielen tödlichen Vergiftungsfällen. Früher kam es als rötlich-braune, geruchlose Lösung in den Handel. Wenn diese in leere Getränkeflaschen umgefüllt wurde, konnte sie mit Cola-Getränken oder Rotwein verwechselt werden. Zudem wurde Paraquat häufig von Selbstmördern verwendet. Zur Vorbeugung werden den Paraquat-Formulierungen seit Mitte der 1970er Jahre meist ein auffälliger blauer Farbstoff, eine Substanz mit stechendem Geruch sowie ein schnell wirkendes Brechmittel zugesetzt. Erste Symptome einer Vergiftung mit Paraquat sind häufig ein starkes Brennen im Mund und Hals, Schmerzen im Unterleib, Appetitlosigkeit, Schwindel, Erbrechen und Durchfall. Daneben können Kurzatmigkeit, Herzrasen, Nierenversagen, Schmerzen in der Lunge und Schädigungen der Leber auftreten. Die Aufnahme einer tödlichen Dosis führt zu Krämpfen, Inkoordination und schließlich zum Tod durch Atemversagen. Der Tod tritt nach einigen Tagen, manchmal erst nach mehreren Wochen ein.

Laut WHO beträgt die Erlaubte Tagesdosis 0,004 mg/kg/Tag.

Die US-Umweltbehörde EPA stufte Paraquat als möglicherweise krebserregend und als schwach mutagen ein. Bei hohen Dosen kann eine fruchtschädigende Wirkung auftreten.

Umweltwirkungen

Für Vögel scheint Paraquat nur mäßig giftig zu sein, die Giftigkeit für Fische ist von der Fischart und der Wasserhärte abhängig. Paraquat ist nicht bienengiftig.

Im Boden wird Paraquat von Tonmineralen und Humus gut adsorbiert und daher kaum ausgewaschen. Durch die starke Adsorption wird die schädigende Wirkung von Paraquat abgepuffert, andererseits kann es so viele Jahre im Boden erhalten bleiben. In Wasser wird Paraquat ebenfalls nur langsam abgebaut. Auf der Oberfläche von Pflanzen und unter Lichteinwirkung werden Paraquatrückstände hingegen rasch zersetzt.