Freiheit
Freiheit ist die Fähigkeit, zwischen Handlungsmöglichkeiten auswählen zu können. Der Begriff benennt einen Zustand der Autonomie.
Unterscheidungsmerkmale
Es kann unterschieden werden nach individueller Freiheit (z.B. die Freiheit, die eigene Meinung zu äußern) und kollektiver Freiheit (z.B. Freiheit eines Landes von einer Besatzungsmacht).
Es kann ferner unterschieden werden nach negativer und positiver Freiheit. Negative Freiheit bezeichnet einen Zustand, in dem keine von anderen Menschen ausgehenden Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern. Negative Freiheit bezeichnet also eine Möglichkeit und ist somit die notwendige Voraussetzung der ausgeübten, der positiven Freiheit. Positive Freiheit bezeichnet einen Zustand, in dem die Möglichkeit der negativen Freiheit auch tatsächlich genutzt wird. Negative Freiheit kann z.B. bedeuten, dass jemand seine Meinung äußern kann, positive Freiheit würde in diesem Beispiel bedeuten, dass die Meinung auch tatsächlich geäußert wird.
Außerdem lässt sich unterscheiden nach Innerer und Äußerer Freiheit. Während Äußere Freiheit eine soziale Größe ist und Zwänge ausschließt, die aktuell bestehen und von Mitmenschen ausgehen, beschreibt die Innere Freiheit einen Zustand, in dem der Mensch durch Einsatz seiner Rationalität die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausnutzt und sich dabei auch von inneren Zwängen wie z.B. Trieben, Eigenerwartungen, Verhaltensmustern, Gewohnheiten, Rollenverständnissen u.ä. befreit. Als Schlüssel zur Inneren Freiheit wird heute vor allem Bildung verstanden.
Freiheit in der Geschichte
Im Altertum und im Mittelalter waren große Teile der Bevölkerung als Sklaven oder Leibeigene Eigentum der herrschenden Oberschicht. Damals bedeutete Freiheit die Unabhängigkeit von einem Herren. Wenn ein leibeigener Bauer ein Jahr und einen Tag in einer mittelalterlichen Stadt gelebt hatte, war er frei. Mit der Industrialisierung wurde die Anzahl der freien Fabrikarbeiter und des Bürgertums immer größer, bis in der bürgerlichen Revolution die Unfreiheit des Feudalismus beseitigt wurde. Seit dieser Zeit entwickelte sich der Begriff der Freiheit von der Abwesenheit von Sklaverei zum heutigen Begriff der Handlungsfreiheit.
Wegbereiter
Das Mill-Limit: In seiner bekanntesten Schrift „On Liberty“ (dt: „Über die Freiheit“) setzt der britische Philosoph und Nationalökonom John Stuart Mill das Limit „[…] dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.“ Das Mill-Limit gilt heute noch, besonders in angloamerikanischen Ländern, als Grundlage des Liberalismus.
System der natürlichen Freiheit: Das einfache System der natürlichen Freiheit ist eine von Adam Smith vorgeschlagene gesellschaftliche Ordnung ("obvious and simple system of natural liberty").
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: (französisch: liberté, égalité, fraternité) sind die Ideale der Französischen Revolution. Das Bürgertum erringt seine Freiheit von Klerus (Geistlichkeit) und Adel. In der französischen Republik geht die Macht im Staat auf das Volk über, statt in der Monarchie im einzigen Souverän, dem König, konzentriert zu sein (Gottesgnadentum). Die neue Freiheit des Bürgertums findet Ausdruck in den Bürgerrechten.
Besondere Freiheiten
Individuelle Freiheit und allgemeine Freiheit: Während der allgemeine Freiheitsbegriff eher als utopische Idealvorstellung bzw. ein philosophisches Ziel zu verstehen ist, ist die individuelle Freiheit der in der Realität verbleibende Handlungsspielraum eines Individuums vor dem Hintergrund real existierender Restriktionen, zum Beispiel physische, rechtliche oder materielle/ökonomische Beschränkungen.
Handlungsfreiheit ist ein Begriff aus der Philosophie und der Rechtswissenschaft (Grundrecht). Sie bezeichnet das Vermögen eines Lebewesens, seiner Natur, seinen Interessen oder seinen Neigungen zu folgen.
Willensfreiheit: Der freie Wille ist eine Bezeichnung für die freie Entscheidung eines Wesens zwischen mehreren Handlungsmöglichkeiten (s.a. Kognitionswissenschaft).
Die Meinungsfreiheit ist das Recht eines jeden Menschen zur Äußerung seiner eigenen subjektiven Meinung.
Ebenfalls gilt das Recht auf Anerkennung des Individuums, des Respekts (im Gegensatz zur Toleranz gilt der Respekt der Ganzheitlichkeit des Wesens) als auch dem verankerten, grundlegenden Recht auf Unversehrtheit des Lebens und Seins.
Rezipientenfreiheit, auch Informationsfreiheit, ist das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu informieren.
Der Begriff Pressefreiheit bezeichnet das Recht der Presse auf freie Ausübung ihrer Tätigkeit, vor allem das unzensierte Veröffentlichen von Informationen und Meinungen. Die Rundfunkfreiheit ist in Art.5 Abs. 1 S.2 GG garantiert und schützt alle mit der Rundfunkveranstaltung verbundenen Tätigkeiten.
Die Evangelische Freiheit ist ein Zentralbegriff des Christentums.
Heute vorherrschende Verwendung
Unter dem Begriff der Freiheit wird eine der wichtigsten, aufregendsten, komplexesten und folgenreichsten, aber gleichwohl auch eine der gefährlichsten politisch-philosophischen „Formeln“ der Neuzeit subsumiert.
Im erweiterten Sinn bedeutet Freiheit das Fehlen von (meist unerwünschten) Eigenschaften oder Dingen (Frei von Schuld). Im engeren Sinn ist Freiheit das Gegenteil von Gefangenschaft. Ethisch ist Freiheit das Recht, die Möglichkeit und die Verpflichtung des Menschen zur Selbstbestimmung und zum Ausdruck seines freien Willens. Philosophisch ist Freiheit die Fähigkeit (und Möglichkeit?) zur Entscheidung. Nach der Definition von Friedrich Engels ist (den Wurzeln bei Hegel folgend --> Lit. Spinoza?) »Freiheit Einsicht in die Notwendigkeit«. Ansätze, die in der Philosophie des Idealismus wurzeln, betonen dagegen eher die Freiheit als Vermögen der Selbstgestaltung (Autonomie). Bei Rosa Luxemburg heißt es "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden" und betont damit den intellektuellen Aspekt, die Motivation als Gegenstand der Freiheit. Nach der Definition von Friedrich Hayek ist Freiheit ein "Zustand, in dem ein Mensch nicht dem willkürlichen Zwang durch den Willen eines anderen oder anderer unterworfen ist". Der Strukturalismus zeigt die zwangsweise Einschränkung von Freiheit durch die gesellschaftlichen Grundstrukturen!
Man unterscheidet zwischen Freiheit von (negative Freiheiten) und Freiheit zu (positive Freiheiten).
Freiheit von bedeutet hier, dass etwas nicht vorhanden ist, beispielsweise Freiheit von Behördenwillkür, oder Freiheit von Repressionen.
Freiheit zu bedeutet die Erlaubnis, etwas ohne unnötige Einschränkungen zu tun oder zu vertreten. Beispielsweise ist die Meinungsfreiheit eine Freiheit zu: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Eine Interpretation als Freiheit von (»Ausdruck einer eigenen Meinung ist unerwünscht«) entspräche gerade dem Gegenteil dessen, was man unter Meinungsfreiheit versteht.
In bestimmten Bereichen gibt es keine Übereinstimmung der Interpretation. Beispiel ist die Religionsfreiheit. Manche verstehen darunter die Freiheit von Religion in dem Sinne, dass außerhalb des privaten und des explizit religiösen Bereichs die Religion nicht ausgedrückt werden sollte (beispielsweise Kreuze in der Schule aufzuhängen), während andere darunter die Freiheit zu verstehen (im Beispiel also die Freiheit der Christen, auch in der Schule Kreuze aufzuhängen).
Beiträge zu einer Philosophie der Freiheit lieferten viele Philosophen. Historisch wichtige Beiträge kamen u.a. von John Stuart Mill, Jean Paul Sartre, John G. Bennett und Rudolf Steiner.
"Freiheit" war außerdem der Gruß der Eisernen Front.
Individuelle Freiheit heute
In der Gegenwart genießen Bürger besonders in den westlichen Gesellschaften verglichen mit früheren Zeiten ein verfassungsmässig garantiertes hohes Maß an Freiheit (vgl. auch Bürgerrechte, Menschenrechte). Wie das Individuum dabei selbst seine Realität erlebt, welchen Bestrebungen nach Selbstverwirklichung, Selbstverwaltung oder Eigenverantwortung es folgen kann, und an welche Grenzen es stösst, ist individuell verschieden: Einige Arten des riskanten Auslebens der Freiheit werden von der Gesellschaft eher sanktioniert als andere (Beispiel: Drogen, verglichen mit gefährlichen Sportarten oder riskantem anderweitigem Verhalten).
Freiheit aus verschiedenen Perspektiven
Der Existentialismus sieht den Menschen zur Freiheit verurteilt, mit allen positiven und negativen Konsequenzen, die das hat.
Die Kunst sieht sich manchmal als letzte Bastion der Freiheit (vgl. Manifest der Gruppe SPUR).
Der Konservatismus sieht die menschliche Freiheit durch menschliche Determiniertheit, Moral, und durch höhere Mächte (etwa: Gott) beschränkt.
Die 68er wollten u.a. mehr persönliche Freiheit erkämpfen.
Der Liberalismus betont besonders die individuelle Freiheit. Klassische Themenfelder des Liberalismus sind daher Menschenrechte, Grundrechte und Bildung. Kollektive Freiheit werden im Liberalismus regelmäßig auch auf das Individuum zurückgeführt und findet ihren Ursprung in der Vertragsfreiheit. Er setzt die Freiheit somit in Gegensatz zum Kollektivismus. Damit wird etwa auch der ökonomische Liberalismus (Neoliberalismus) begründet.
Der Anarchismus beklagt einen gegenwärtigen Mangel an Freiheit und kritisiert, dass persönliche Freiheit (etwa die Freiheit, selbst über seine Zeit zu verfügen) oftmals eine Frage des Wohlstands ist. Er stellt die Frage nach dem Verhältnis von Macht und Freiheit, und fordert Selbstbestimmung.
Der Biologismus und manche Strömungen der Hirnforschung´verneinen die Möglichkeit einer echten individuellen Freiheit und sehen den Menschen durch seine Gene und das evolutionäre Programm "Mensch" als konditioniert an.
Literatur
- Negative Freiheit? - Zur Kritik des neuzeitlichen Individualismus, Charles Taylor, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1999, ISBN 3518286277
- Die Furcht vor der Freiheit, Erich Fromm (Sozialphilosoph, Psychoanalytiker), Dtv, Ersterscheinung 1941, ISBN 3423350245
- Über die Freiheit. John Stuart Mill, reclam, ISBN 3150034914
- Risiko und Freiheit. Hasard - Das Wagnis der Verwirklichung, Bennett, John Godolphin, ISBN 3-905272-70-9, Zürich, 2005
- Philosophie der Freiheit, Rudolf Steiner, 1894, ISBN 3-7274-0049-8
- Les Chemins de liberté (Wege der Freiheit) Jean Paul Sartre, verfasst 1946-49
Weblinks
- Positive and Negative Liberty. Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Theologische Literatur zum Freiheitsbegriff
- Sehr lesenswerte Erörterung zu Herkunft und (Be)Deutung
- Der Wert der Freiheit, eine Grundlagenstudie des IfD Allensbach (PDF)
- Zehn Thesen des Liberalismus zur Freiheit
- Determination & Freiheit / (Verhaltens-)Biologie & Kultur PDF
Andere Wortbedeutung
Zum - auch in Zusammensetzungen - nicht seltenen Straßennamen "Freiheit" siehe "Große Freiheit".