Anatomie
Die Anatomie (aus griechisch ανά, aná auf und τομή, tomé Schnitt) ist ein Teilgebiet der Morphologie. Sie ist in der Medizin bzw. Humanbiologie (Anthropotomie), Zoologie (Zootomie) und Botanik (Phytotomie) die Lehre vom Aufbau der Organismen. Es werden Gestalt, Lage und Struktur von Körperteilen, Organen, Gewebe oder Zellen betrachtet. Die pathologische Anatomie befasst sich mit krankhaft veränderten Körperteilen. Die mikroskopische Anatomie befasst sich mit den feineren biologischen Strukturen bis zur molekularen Ebene und knüpft an die Biochemie an.
Geschichtliches

Die erste anatomische Zeugnisse findet man bereits in einigen Motiven der prähistorischen Höhlenmalerei. Äußerst erstaunlich ist, dass sich diese Menschen schon mit der Trepanation von Schädeln befasst haben, wobei wohl weder die Zeichnungen an den Höhlenwänden noch die geöffneten Schädel medizinische Ziele verfolgten.
Erst viele hundert Jahre später entwickelte sich in der griechischen Hafenstadt Alexandria ein Zentrum der Forschung und wissenschaftlichen Kultur. Dessen Infrastruktur zog Künstler und Wissenschaftler von weit her an, unter ihnen auch Claudius Galenus aus Pergamon. Er war ein herausragender Arzt und Anatom. Was ihn aber zum geschichtlichen Phänomen macht, ist die Tatsache, dass es ihm gelang, den medizinischen Fortschritt für Jahrhunderte zu blockieren. Wohl darf ihm als Verdienst angerechnet werden, das medizinische Wissen seiner Zeit systematisch zusammengestellt und in über 400 Schriften dargestellt zu haben, selbst war er jedoch kein schöpferischer Forscher. Er wusste alles und wusste sich zu verkaufen. Sein gesamtes Werk ist voller Selbstlob und Polemik gegen andere Ärzte, und bis auf Hippokrates ließ er niemanden "neben sich" gelten.
Unglaubliche dreizehn Jahrhunderte lang machte die Anatomie wie überhaupt die gesamte Medizin keine nennenswerten Fortschritte, man gab sich mit dem Kopieren alter Schriften, hauptsächlich jener Galens, zufrieden. Erst in der Renaissance wurden diese Denkstrukturen von Einzelnen durchbrochen. Andreas Vesalius war es, der zur Empörung seiner Kollegen die über Jahrhunderte kaum hinterfragten Glaubenssätze erstmals wieder erschüttern konnte. Seine Arbeit revolutionierte die Medizin seiner Zeit und macht ihn zum Begründer der modernen Anatomie.
Die Anatomie nahm einen hohen Stellenwert in den bildenden Künsten ein, Sektionen an Menschen und Tieren gehörten zur Grundausbildung der Studenten. Künstler wie Michelangelo, Raffael, Dürer und Leonardo brachten Jahre mit dem Studium des menschlichen Körpers zu, wobei letzterer in seiner wissenschaftlichen Genauigkeit selbst den erst später geborenen Vesalius übertraf. Die enge Zusammenarbeit von Künstlern und Anatomen ließ medizinische Schriften von außergewöhnlich hoher Qualität entstehen.
Literatur (Auswahl)
- Ralf Vollmuth: "Das anatomische Zeitalter", Verlag Neuer Merkur München 2005, ISBN 3929360705
Siehe auch
- Anatomie des Menschen
- Nomenklatur (Anatomie)
- vergleichende Anatomie, Evolutionstheorie
- makroskopische Anatomie
- beschreibende Anatomie
- systematische Anatomie
- topographische Anatomie
- Embryologie, Histologie
- Liste bedeutender Mediziner und Ärzte,
- Physiognomie
- Plastination - Präparate zu Ausbildungs- und Informationszwecken
Weblinks
- [http://www.anatomiedesmenschen.de Internetatlas der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
- Online-Kurs Anatomie (Video) und Histologie (engl.)
- Interaktiver Online-Kurs Anatomie (engl.)
- http://www.uni-mainz.de/FB/Medizin/Anatomie/workshop/Welcome.html
- Artificial Anatomy - Informative Seite des Smithsonian National Museums of History
- Anatomy of the Human Body (engl.)