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Cellulosenitrat

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Datei:Schießbaumwolle.JPG
Schießbaumwolle aus einem Tischfeuerwerk.

Zellulosenitrat (Kurzzeichen CN) wird oft fälschlich als Nitrozellulose bezeichnet. Es enthält jedoch keine RC-NO2 -Bindungen, sondern ist ein Ester der Zellulose mit der Nitrat-Gruppierung RCO-NO2. Es ist eine weiße, faserige, geruch- und geschmacklose Masse. Zellulosenitrat oder Schießbaumwolle ist auch bekannt als "Rauchloses Pulver": Wenn es entzündet wird, verbrennt es augenblicklich - auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff - mit gelblicher Flamme zu CO2, CO, H2O, N2 und H2. Bei der Verbrennung gibt es, im Gegensatz zu Schwarzpulver, keinerlei für das menschliche Auge sichtbaren Rauch ab. Zellulosenitrat, auch Schießbaumwolle genannt, darf auf keinen Fall in historischen oder nachempfundenen Schwarzpulverwaffen verwendet werden. Die Reaktionszeit von Zellulosenitrat beträgt zwar ca. das Zwanzigfache von Schwarzpulver ist aber unter Verdämmung wesentlich aggressiver und kann zur Waffensprengung führen. Ferner unterliegt Zellulosenitrat wie auch das Schwarzpulver dem Deutschen Sprengstoffgesetz und darf nur im Unterricht und zu Untersuchungszwecken hergestellt werden.

Stoffcharakteristik

  • MG: 459,28 - 594,28 g/mol (abhängig v.d. Kettenlänge d. Polymerisate)
  • Smp.:169-170 C
  • Flammpunkt: 13 C
  • Zündtemp.: ca. 180 C
  • Dichte: ca. 1,7g/cm3
  • Bleiblockausbuchtung: 370 cm3
  • Schlagempfindlichkeit: 3Nm
  • CAS-Nummer: 9004-70-0

Herstellung

Datei:Zellulose Nitrat.png
Zellulosetrinitrat


  • Das Herstellen von Zellulosenitrat ist gefährlich und sollte nur von autorisierten Personen durchgeführt werden. Alle Haftungen an die Redakteure dieses Artikels sind ausgeschlossen!


  • Mindestens Schutzbrille und Schutzhandschuhe tragen und in der Nähe eines Abzuges arbeiten!
  • Ferner sollte darauf geachtet werden, dass man bei der Herstellung alle Zünd- sowie Wärmequellen ausschließt. Das Selbe gilt für die Lagerung.
  • Die Schießbaumwolle muss bei der Lagerung als solche oder als hitze-, druck-, schlag- und reibungsempfindlich gekennzeichnet werden!

Methode 1

Zellstoff (z.B. aus Baumwolle) wird ca. 30 Minuten lang in Rührkesseln mit Nitriersäure (z.B. 1 Teil Salpetersäure, 2-3 Teile konz. Schwefelsäure und 5-20% Wasser) behandelt. Je nach Art und Dauer der Nitrierung entstehen Produkte mit unterschiedlich hohem Stickstoff-Gehalt.

Methode 2

In einer Porzellanschale entsprechender Größe 20 ml konz. Salpetersäure (rauchende) und 40 ml konz. Schwefelsäure (98 %ige) zur Nitriersäure mischen. Mischung abkühlen lassen! Dann 2 g Zellulose-Watte (z.B. Baumwolle) einwiegen und mit Hilfe eines Glasstabes etwa 10 Minuten in der Mischung bewegen. Die Watte dann noch etwa 2 Stunden in der Nitriersäure belassen. Anschließend herausnehmen und unter fließendem Wasser bis zur neutralen Reaktion spülen. Das restliche Wasser auspressen und den Bausch zerrupfen. Die Flöckchen an der Heizung bei maximal 50 °C gut trocknen. Ganz wichtig: Nicht ausreichend neutralisiertes Zellulosenitrat neigt zu Selbstentzündung!!!

Verwendung

In der Pyrotechnik wird Zellulosenitrat wegen seiner Raucharmut für Feuerwerkseffekte in geschlossenen Räumen eingesetzt. Es wird in vielen Formen in den Handel gebracht, wie zum Beispiel als Pyrowatte, -papier, -schnur, -flocken oder -chips, die sich durch das Abbrennverhalten voneinander unterscheiden. Es wird heute auch als Treibladung für Projektile benutzt.

Durch Hinzufügen von Kampfer als Weichmacher entsteht aus Nitrozellulose Zelluloid. Dieses Material war der erste thermoplastische Kunststoff und wurde trotz seiner großen Feuergefährlichkeit lange Zeit als Träger für fotografische Filme verwendet. Später wurde es durch Zelluloseacetat ersetzt. Noch heute werden Tischtennisbälle aus Zelluloid hergestellt.

In Aceton, Essigsäureethylester und anderen Lösungsmitteln gelöst kommt Nitrozellulose als das namensgebende Bindemittel in Nitrolack zum Einsatz. Da für die vielfältigen Anwendungsgebiete (z.B. Flexo- oder Tiefdruckverfahren, Leder- oder Holzlack) unterschiedliche Viskositäten der Nitrolacke erforderlich sind, wird bei der Nitrozellulose durch Kochen in Wasser bei Überdruck die Viskosität abgebaut.

Ein großes Problem ist die Verwendung von Zellulosenitrat für fotografische Filme bis etwa 1960. Filmarchive aus dieser Zeit sind durch die Neigung des Materials zur Selbstentzündung und Explosion extrem gefährdet und müssen entsprechend gesichert werden.

Verwendung auch in reinen Nitrozellulosesprengstoffen, als Komponente in Raketentreibstoffen, Bergbausprengstoffen, Klebstoffen und Kitte.

Geschichte

Die "Schießbaumwolle" wurde 1846 sowohl von Christian Friedrich Schönbein und unabhängig davon im gleichen Jahr auch von dem Chemiker Rudolf Christian Böttger (1806-1881) entdeckt.

Siehe auch

Literatur

  • Richard Escales: Die Schiessbaumwolle (Nitrocellulosen), BoD GmbH Norderstedt, September 2003, ISBN 3-831149542