Stolpersteine in Slowenien
Die Liste der Stolpersteine in Slowenien enthält die Stolpersteine in Slowenien, die an das Schicksal der Menschen erinnern, die während des Regimes des Nationalsozialismus in Slowenien ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine wurden von Gunter Demnig verlegt.
Die slowenische Stadt Maribor war im Jahr 2012 Kulturhauptstadt Europas und organisierte in diesem Rahmen die erstmalige Verlegung von Stolpersteinen in Slowenien – als Teil des Projekts Shoah – Let Us Remember, finanziell unterstützt von der Task Force für Internationale Kooperation bei Holocaust-Bildung, Gedenken und Forschung. Am 25. und 26. Januar 2012 fanden – anlässlich des International Holocaust Remembrance Day – an den drei Verlegeorten Feierstunden mit der symbolischen Verlegung der Stolpersteine statt.[1][2] Die eigentliche Verlegung erfolgte erst am 13. Juli 2012 durch Gunter Demnig und den damaligen slowenischen Präsidenten Danilo Türk, der den letzten Stein setzte.[3]
In slowenischer Sprache heißen die Stolpersteine: Tlakovci spomina.
Die Tabellen sind teilweise sortierbar; die Grundsortierung erfolgt alphabetisch nach dem Familiennamen.
Kontext
Nach dem Überfall der Achsenmächte auf das Königreich Jugoslawien am 6. April 1941 wurde Slowenien in drei Teile zerrissen: Das faschistische Regime Italien okkupierte Notranjska, Dolenjska und Bela krajina (deutsch: Inner-, Unter- und Weißkrain), nachdem Italien bereits 1920 im Grenzvertrag von Rapallo die Primorska (das slowenische Küstenland) und die Halbinsel Istrien, die von Kroaten, Italienern und Slowenen bevölkert war, zugesprochen bekommen hatte. Das nationalsozialistische Deutschland sicherte sich 1941 Gorenjska (Oberkrain), Koroška (das frühere Unterkärnten) und Štajerska (die frühere Untersteiermark). Ungarn erhielt schließlich Prekmurje, das kleine Übermurgebiet. Die Štajerska mit ihrer Hauptstadt Maribor (früher: Marburg) sollte dem deutschen Reichsgebiet eingegliedert werden, wie Hitler selbst bei einem Besuch in Maribor am 26. April 1941 verkündete.
Es gab in Slowenien sechs wesentliche Opfergruppen: die jüdische Bevölkerungsgruppe, Roma und Sinti, die ins Dritte Reich und nach Serbien verschleppten Zwangsarbeiter aus Slowenien, Intellektuelle, Geistliche und Partisanen, überwiegend aus der slowenischen Befreiungsfront Osvobodilna Fronta (OF).

Mehrfach wurden auch ganze Dörfer als Vergeltung für Widerstandsaktionen durch Massaker ausradiert. Das berüchtigte Gestapo-Hauptquartier der Gorenjska befand sich von 1941 bis 1945 auf Burg Katzenstein in Begunje, wo 12.134 Personen interniert waren, von denen zumindest 1.282 erschossen und viele andere in Konzentrationslager verschleppt wurden. Insgesamt bis zu 260.000 Slowenen wollte das NS-Regime aus ihrem Heimatland deportieren, „um Platz für volksdeutsche »Umsiedler« zu schaffen“.[4] Mehr als 70 Prozent der slowenischen Bevölkerung wurden rassenanthropologischen Untersuchungen unterzogen, um sie auf ihre sogenannte „Eindeutschungsfähigkeit“ zu untersuchen.
Bislang wurden nur neun Stolpersteine in Maribor für zwei jüdische Familien verlegt, die anderen Opfergruppen sind noch nicht berücksichtigt.
Slowenien hatte in den 1920er und 1930er nur einen geringen jüdischen Bevölkerungsanteil, die Zahlen bewegten sich zwischen 760 und 845 Menschen. Die Mehrheit von ihnen lebte ursprünglich in Murska Sobota (269) und in Lendava (207), beide in der Prekmurje. Obwohl das Königreich Jugoslawien nur zwei antisemitische Gesetze erlassen hatte, und dies erst 1940,[5] verließen eine Reihe jüdische Bürger Sloweniens bereits vor dem Überfall der Nazis präventiv ihr Heimatland. Nach der nationalsozialistischen Okkupation von Maribor im April 1941 flüchtete eine Reihe jüdische Bürger nach Ljubljana, in ihre Hauptstadt, die sich unter Kontrolle des Mussolini-Regimes befand. Der Antisemitismus der Italiener erschien ihnen zumindest nicht lebensbedrohlich.[6] Ende August 1941 befanden sich 400 jüdische Flüchtling in Ljubljana, viele von ihnen stammten aus Deutschland, Österreich und Kroatien, die anderen aus den von den Deutschen besetzten, slowenischen Gebieten. Die jüdischen Bürger von Maribor wurden von den deutschen Besetzern umgehend enteignet, d.h. ihrer Besitztümer beraubt, und vertrieben. Bislang untersucht sind nur die Lebensgeschichten der Familien Singer und Kohnstein, die nach der NS-Invasion in Slowenien nach Međimurje in Ungarn flüchten mussten, wo seit 1935 bereits Emil Kohnstein mit seiner Familie lebte. Die Singers und Kohnsteins wurden bereits 1941 mit der sogenannten Endlösung der Judenfrage konfrontiert, als Ustaschas im KZ Jadovno Nicola Steiner töteten, den Sohn Eugen Steiners, und die Nationalsozialisten Viljem Kohnstein von Prag nach Theresienstadt deportierten. Von dort wurde er 1944 ins KZ Auschwitz-Birkenau überstellt und zu Tode gebracht. Ab 1943 folgte auch die gnadenlose Vernichtung der Juden in den vormals italienisch besetzten Gebieten, nach dem 19. März 1944 begann schließlich die systematische Deportation der in Ungarn lebenden jüdischen Bürger und deren Ermordung in Vernichtungslagern, nachdem das NS-Regime auch Ungarn besetzt und eine Kollaborationsregierung unter Döme Sztójay eingesetzt hatte.
Bislang sind 558 Opfer des Holocaust aus Slowenien identifiziert, 430 davon wurden im KZ Auschwitz-Birkenau vom NS-Regime ermordet. Darunter befanden sich 69 Kinder.
Nach 1945 wurde über den Holocaust in Slowenien und den anderen Teilrepubliken Yugoslawiens weitgehend geschwiegen. Der slowenische Historiker Marjan Toš kritisierte die Verleugnung des Holocaust in Slowenien nach 1945.[7]
Stolpersteine in Maribor
Bild | Name | Standort | Verlegedatum | Leben | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Arnošt Kohnstein wurde 1888 geboren und 1941 vom NS-Regime aus seiner Heimatstadt Maribor vertrieben. Er flüchtet nach Međimurje, wo sein Bruder Emil bereits seit 1935 lebte. Er wurde 1944 aus Čakovec – gemeinsam mit seiner Frau Olga, seinem Sohn Rudolf und seinen Zwillingstöchtern Gisela und Milica – ins KZ Auschwitz-Birkenau verschleppt und dort vom NS-Regime ermordet. | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Gisela Kohnstein, auch Gisela oder Gisele genannt, wurde 1927 in Maribor geboren.[8] Gemeinsam mit ihrem Bruder Rudolf, ihrer Zwillingsschwester Milica und ihren Eltern Arnošt und Olga Kohnstein wurde sie am 26. April 1944 verhaftet und in Nagykanizsa interniert. Am 2. Mai 1944 folgte der Abtransport nach Familie ins KZ Auschwitz-Birkenau, wo ihre Eltern und ihr Bruder sofort vom NS-Regime ermordet wurden. Sie bekam die Nummer 80913 eintätowiert und wurde gemeinsam mit ihrer Schwester für das Zwillingsforschungsprojekt von Josef Mengele missbraucht. Gizela Kohnstein überlebte das KZ, kam danach nach Budapest. Ihre Schwester Milica verstarb 1946 an den Folgen der im Konzentrationslager erlittenen Entbehrungen. Gizela Kohnstein kehrte nach Yugoslawien zurück und ging 1947 in die ČSSR.[9] | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Jeannet Kohnstein geb. Blum wurde 1866 geboren. Sie wurde nach der Okkupation Sloweniens durch das NS-Regime im Jahre 1941 nach Čakovec vertrieben, wo sie 1943 verstarb. | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Emilie Kohnstein, auch Emilia oder Milica genannt, wurde 1927 in Maribor geboren.[10] Gemeinsam mit ihrem Bruder Rudolf, ihrer Zwillingsschwester Gizela und ihren Eltern Arnošt und Olga Kohnstein wurde sie am 26. April 1944 verhaftet und in Nagykanizsa interniert. Am 2. Mai 1944 folgte der Abtransport nach Familie ins KZ Auschwitz-Birkenau, wo ihre Eltern und ihr Bruder sofort vom NS-Regime ermordet wurden. Sie bekam die Nummer 80912 eintätowiert und wurde gemeinsam mit ihrer Schwester für das Zwillingsforschungsprojekt von Josef Mengele missbraucht. Zwar überlebte sie die KZ-Zeit, verstarb jedoch 1946 an den Folgen der im Konzentrationslager erlittenen Entbehrungen. Über ihren Todesart gibt es unterschiedliche Angaben, entweder Budapest oder Čakovec.[11] | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Olga Kohnstein geb. Singer wurde 1895 geboren und 1941 vom NS-Regime gemeinsam mit ihrem Ehemann Arnošt, dem Sohn Rudolf und den Zwillingstöchtern Gizela und Milica aus Maribor vertrieben. Die Familie flüchtet nach Međimurje, wo ihr Schwager Emil bereits seit 1935 lebte. Sie wurde 1944 aus Čakovec – gemeinsam mit Ehemann, Sohn und Töchtern – ins KZ Auschwitz-Birkenau verschleppt und dort vom NS-Regime ermordet. | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Pavla Kohnstein wurde 1889 geboren. Nach der Okkupation Sloweniens durch das NS-Regime im April 1941 wurde sie gemeinsam mit ihrer Familie aus ihrer Heimatstadt Maribor nach Čakovec vertrieben. Nach der Okkupation Ungarns durch das NS-Regime im März 1944 wurde sie gemeinsam mit ihrer Familie ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Rudolf Kohnstein wurde 1919 als Sohn von Arnošt und Olga Kohnstein geboren. 1927 kamen seine Zwillingsschwestern Gizela und Milica zur Welt. Die Familie musste nach der Okkupation Sloweniens durch das NS-Regime im April 1941 nach Međimurje flüchten, wo Rudolfs Onkel Emil bereits seit 1935 lebte. Die Kohnsteins wurde am 2. Mai 1944 aus Čakovec ins KZ Auschwitz-Birkenau verschleppt, wo Rudolf Kohnstein gemeinsam mit seinen Eltern sofort nach der Ankunft vom NS-Regime ermordet wurde.[12] | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Viljem Kohnstein, geboren 1891, begab sich 1937 nach Prag. Dort wurde er im Jahr 1941 vom NS-Regime in Haft genommen und ins Ghetto Theresienstadt verschleppt. 1944 erfolgte die Deportation ins KZ Auschwitz-Birkenau, wo er vom NS-Regime ermordet wurde. | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Drago Singer, auch Dragotin oder Dragutin, wurde 1897 in Hodošan geboren. Er heiratete Erna Kohnstein, das Paar hatte einen Sohn, Milan, geboren 1931 in Zagreb. Nach der Okkupation Sloweniens durch das NS-Regime im April 1941 wurde die Familie aus Maribor nach Čakovec vertrieben. Nach der Okkupation Ungarns durch das NS-Regime im März 1944 wurden Drago, Erna und Milan Singer ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort wurden seine Frau und sein Sohn unmittelbar nach der Ankunft in der Gaskammer ermordet.
Drago Singer überlebte die NS-Tyrannei und verstarb 1977 in Maribor. | |
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Nasipna ulica 68 | ![]() |
Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Erna Singer geb. Kohnstein, auch Erno, wurde 1904 in Jihlava geboren. Sie heiratete Drago Singer, das Paar hatte einen Sohn, Milan, geboren 1931 in Zagreb. Das Paar lebte seit 1932 in Maribor. Nach der Okkupation Ungarns durch das NS-Regime im März 1944 wurden Drago, Erna und Milan Singer ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort wurden Erna Singer und ihr Sohn unmittelbar nach der Ankunft in der Gaskammer ermordet.
Ihr Ehemann überlebte das Konzentrationslager, wurde befreit und verstarb 1977 in Maribor. | |
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Ulica kneza Koclja 2 | ![]() |
Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Marija Singer geb. Zeissler wurde 1860 in Szombathely geboren. Nach der Okkupation Sloweniens durch das NS-Regime im April 1941 wurde sie gemeinsam mit ihrer Familie aus ihrer Heimatstadt Maribor nach Čakovec vertrieben. Nach der Okkupation Ungarns durch das NS-Regime im März 1944 wurde sie gemeinsam mit ihrer Familie ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert und dort im Alter von 84 Jahren vom NS-Regime ermordet. | |
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Vorlage:SortDate ist seit 2010/2020 obsolet; Alternativen siehe dort | Milan Singer wurde 1931 in Zagreb als Sohn von Drago und Erna Singer geboren und 1944 vom NS-Regime ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er unmittelbar nach der Ankunft gemeinsam mit seiner Mutter in der Gaskammer ermordet wurde. Er war 12 oder 13 Jahre alt.
Sein Vater überlebte das Konzentrationslager, wurde befreit und verstarb 1977 in Maribor. |
Siehe auch
- Liste der Orte mit Stolpersteinen
- WikiProjekt Stolpersteine in Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Italien
Quellen
- Holocaust in Yugoslavia
- Irena Šumi und Hannah Starman: Slovenski Judje. Zgodovina in Holokavst. Hg. von Sinagoga, Maribor 2012
- Nuša Lešnik und Marjan Toš: Slovenski Judje. Zgodovina in Holokavst II. Hg. von Sinagoga, Maribor 2013
- Sinagoga Maribor, Kurzbeschreibung des slowenischen Projekts (en)
- Yad Vashem, Datenbank der Holocaust-Opfer
- Holocaust.cz, tschechische Holocaust-Datenbank (deutschsprachige Version)
- Stolpersteine.eu, Demnigs Website
Einzelnachweise
- ↑ International Holocaust Remembrance Alliance: International Holocaust Remembrance Day 2012, 27. Januar 2012
- ↑ Sinagoga Maribor: Project “Stolpersteine”, abgerufen am 19. Januar 2016
- ↑ Slovenska tiskovna agencija: Maribor Commemorates Holocaust Victims with Stolpersteine, 13. Juli 2012
- ↑ Rosa Fava: Eingedeutscht und ausgebeutet, Jungle World Nr. 38, 22. September 2011
- ↑ Ein Gesetz begrenzte die Anzahl der Studenten und Schüler jüdischen Hintergrundes an Universitäten und anderen höheren Schulen, proportional zum Anteil der jüdischen Bevölkerung in diesen Orten. Das andere Gesetz verbot es jüdischen Bürgern Lebensmittelgroßhandelsgeschäfte zu eröffnen bzw. zu führen.
- ↑ Marjan Toš: Slovenian Jews and Holocaust. In: Holocaust in Yugoslavia, abgerufen am 15. Januar 2016, 24-27
- ↑ Marjan Toš, a.a.O.
- ↑ Večer: In vendar so Židi bili, 14. Juli 2012
- ↑ Ernst Klee: Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde: Ein Personenlexikon. S. Fischer 2013
- ↑ Večer: In vendar so Židi bili, 14. Juli 2012
- ↑ Ernst Klee: Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde: Ein Personenlexikon. S. Fischer 2013
- ↑ siol.net: Od naključja do dvojčice, ki je preživela zloglasnega Mengeleja, 27. Januar 2014