Salzpflanze
Als Salzpflanzen (Halophyten, griech. aus hals - Salz und phytos - Pflanze) bezeichnet man eine Gruppe von Pflanzen, welche sich an einen erhöhten Salzgehalt (bis zu 3 %) in ihrer Umgebung, auf unterschiedlichste Art und Weise angepasst haben und in diesem Milieu mehr oder weniger fortpflanzungsfähig sind. Aus diesem Grund spielen Halophyten eine besondere Rolle als Strandpflanzen, auf sog. Salzwiesen für die Küstenbefestigung und Landgewinnung. Viele halophile Pflanzen benötigen für ihr Wachstum allerdings kein Salz und bevorzugen entsprechend erhöhte Salinität nicht. Vielmehr gedeihen zahlreiche Salzpflanzen sogar wesentlich besser auf salzarmen Böden (z.B. Strandaster, Strandbeifuß oder Strandwegerich).

Beschreibung

Bis auf wenige Ausnahmen gehöhren Halophyten zu den Blütenpflanzen. Sie können als ein-(Melden- und Sodenarten), zwei- (Löffelkraut, Strandaster) oder mehrjährige (Seegrasarten, Salzbinse) Pflanzen auftreten. Das äußere Erscheinungsbild des typischen Halophyten ist fleischig und hellgrün, gelblich bis graublau angehaucht. Die Blätter sind oftmals zurückgedrängt, reduziert bis fehlend oder in den Stiel verjüngt. Ihr Wuchs ist schmal-elliptisch, linear, manchmal flach gewölbt. Blüten wirken meist unscheinbar, dicht stehend und sind häufig hinter Blattschuppen versteckt. Die Blütenkörbe, falls vorhanden, sind in der Regel sehr klein und werden durch Insekten oder Wind bestäubt. Da viele Salzpflanzen in der Nähe von Wasserstellen wachsen, sind die Samen meist schwimmfähig. Der Stengel ist aufsteigend, knotig gegliedert, oft stark verzweigt und am Grund zäh, verholzt.
Nutzung
Halophyten, wie der Queller oder die Sode, gehören zu den Pionierpflanzen und können zur Sedimentation sowie zur Entstehung von Salzwiesen in Meeresregionen beitragen. Während die Wurzeln den Boden festhalten, sorgt der obere Teil der Pflanze für eine Beruhigung der Wasserbewegung. Das vom Meerwasser mitgeführte Salz (vorwiegend Natriumchlorid) und andere Sedimente, lagern sich zwischen den Wurzeln und einzelnen Pflanzenteilen ab. Darauf sinken diese in den Boden ein. Eine langfristige Wiederholung dieses Vorgangs kann dazu führen, dass sich der Boden immer weiter anhebt und über den Wasserspiegel steigt. Solche Erhebungen bieten nun wiederum weniger salzresistenten Pflanzen eine Lebensgrundlage. Diese verlandungsfördernde Wirkung wird durch die Anlage von "Halophytenbeeten" gelegentlich genutzt.
Verbreitung und Lebensraum
Verbreitungsgebiet

Vertreter der Salzpflanze sind sowohl auf der Nord-, als auch auf der Südhalbkugel der Erde beheimatet. Eine Besonderheit in den Ökosystemen der Halophyten bilden dabei die tropischen und subtropischen Klimaregionen. Die Umweltfaktoren dieser Areale (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) tragen in Gebieten entlang des Äquators (Südamerika, Afrika, Ozeanien und Australien) dazu bei, dass sich anstatt von Salzwiesen (wie in den heimischen, gemäßigten Klimazonen), Mangrovenwälder herausbilden. In Mittel- und Nordeuropa sind Salzpflanzen von der Mittelmeerküste bis in den Süden Skandinaviens (Norwegen, Schweden), auf den britischen Inseln und auch an der Schwarzmeerküste anzutreffen. Auch an der Nord- und Ostseeküste sowie im Binnenland Deutschlands sind Individuen diese Pflanzenart verbreitet.

Standort
Halophyten sind oft auch gleichzeitig Lichtpflanze (Sonnenpflanzen), da ihre Standorte meist nur wenige Schattenplätze bieten. Sie wachsen in der Nähe von Meeresstränden, Dünen, salzhaltigen Seen oder Flussmündungen (Brackwasser), aber auch verteilt über innere Landstellen (Binnenland), welche einen leicht erhöhten Salzgehalt aufweisen (vereinzelte Salzquellen). Auf Salzböden im zeitweilig überfluteten Deichvorland der Küstenregionen sind sie besonders weit verbreited. Mehrere Salzpflanzen sind am Rande des Watts zu finden und sind Erstbesiedler von Sand- und Schlickböden. Der Nährboden muss nährstoffreich (reich an Stickstoff und Kochsalz) sein. Es gibt auch Arten die sich auf der Oberfläche organischen Materials ansiedeln (z.B. auf Blättern von Wüstenpflanzen), dies sind jedoch Einzelfälle.
Anpassung und anatomische Besonderheiten
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Im Salzwasser und in salzigen Böden sind vor allem erhöhte Gehalte von Natriumchlorid (NaCl), Natriumcarbonat (Na2CO3) und Natriumsulfat (Na2SO4) vorzufinden. Diese Salze wirken im gelösten Zustand (Dissoziation im Wasser), aufgrund ihrer Kationen (Na+), als Zellgifte, womit die Aufnahme weiterer wichtiger Ionen (z.B. K+) mit dem Wasser erschwert wird. Außerdem kann ein zu hoher Salzgehalt zur Denaturierung von Enzymen führen, die für den Stoffwechsel von entscheidender Wichtigkeit sind. Um einen solchen Vorgang zu verhindern, haben Salzpflanzen unterschiedlichsten Alternativen entwickelt, um den Salzwert in den Zellen nahezu konstant zu halten. Einige Halophyten verdünnen ihre zelluläre Salzkonzentration durch Sukkulenz (z.B. Salzsode). Dabei werden Wurzel- und Sprossteile zu Wasserspeicherorganen mit dickfleischigen Speichergeweben umgebildet. Auch die Blattoberfläche wird reduziert, um die Transpiration möglichst gering zu halten. Damit wird deutlich, dass die meisten Salzpflanzen von xerophytischen Merkmalen geprägt sind. Durch das gespeicherte Wasser in den Zellen wird die Salzkonzentration verdünnt. Andere Pflanzen dieser Art, entsalzen durch den Abwurf von bestimmten Pflanzenteilen, wie zu Beispiel Blätter oder Blüten. In diesen wird zuvor das Kali angereichert und sie werden dann als "Abfallprodukt" entfernt. Eine weitere Anpassungsmöglichkeit bildet die Sekretion des aufgenommenen Salzes über Blatthaare. Die Haare werden ähnlich wie bei der oben genannte Methode durch Abwerfen entfernt. Es gibt sogar Halophyten, die Salzdrüsen ausbilden. Diese befinden sich in den Laubblättern und ermöglichen eine Ausscheidung ohne Verlust körpereigener Teile. Die Anreicherung von Salz erfolgt im Protoplasma der Zelle und erhöht damit den osmotischen Druck, der zu einer Wasserausströmung aus der Zelle führen würde. Um diesen Wirkungen entgegenzukommen, reichern Halophyten anorganische Stoffe (Betain, Prolin) an, die dem entgegenwirken und gleichzeitg die Stoffwechselenzyme in ihrer Aktivität nicht einschränken. Für weitere Infomationen zur Anpassung der Salzpflanzen siehe Artikel Halophile.

Systematik
Für die allgemeine Klassifikation der Salzpflanze wird die Einteilung nach der ökologischen Potenz (pflanzliche Physiologie) herangezogen. Damit ist der Bereich gemeint, in dem die Pflanze Schwankungen des Salzgehaltes innerhalb ihres Toleranzbereich ertragen kann und in diesen noch fortpflanzungsfähig ist. Nach heutigem Kenntnisstand existiernen noch zwei weitere, wichtige Einordnungen: der Lebensraum und die Salzkonzentration des Nährbodens.
Physiologie
In dieser Spezifikation unterscheidet man drei verschiedene Typen, die sich durch einen unterschiedlichen Grad der Anpassung (Adaption) an ihren salzhaltigen Lebensraum (Biotop) differenzieren lassen.
- Die Obligaten Halophyten (obligatorisch = pflichtgemäß, Resistenz gegenüber Salz), wie die Salzsode (Suaeda maritima), die Meerstrandbinse (Juncus maritimus) oder der Queller (Salicornia europaea) sind an ihre salzige Umgebung gebunden. Ohne eine bestimmte Konzentration (0,3 - 3 %) von Salz als Lebensgrundlage, wäre das Gedeihen und Keimen dieser Pflanzen nicht möglich, da sie sich an Extrembedingungen dieses Umweltfaktors weitgehend angepasst haben. Der Toleranzbereich der Obligaten Halophyten gegenüber Salz ist dem entsprechend sehr groß, sodass diese sogar bei ständiger Überflutung mit Meerwasser bestehen können.
Strandbeifuß (Artemisia maritima) - Die Fakultativen Halophyten (fakultativ = wahlweise, Toleranz gegenüber Salz) sind weniger an eine salzige Umgebung gewöhnt, haben aber die Fähigkeit sich an Salzstandorte anzusiedeln. Vertreter, wie das Gänsefingerkraut (Potentilla anserina), die Strandaster (Aster tripolium), der Strandwegerich (Plantago maritima) und der Strandbeifuß (Artemisia maritima), können durchaus auch in maritimen Gebieten auftreten. Ihr Optimum an Lebensfunktionen erreichen sie jedoch nur auf Böden, die überwiegend salzfrei sind oder nur einen leichten Salzgehalt aufweisen. Da sie in diesen Gebieten zunehmend auf zwischenartliche Konkurenten (andere Planzen) stoßen, sind diese Salzpflanzen häufig gegenüber den dort anzutreffenden Süßwasserpflanzen (Glykophyten) im Nachteil. Diese sind besser an ihr Milieu angepasst und vermehren sich schneller. Fakultative Halophyten weisen einen größer eingeschränkten Toleranzbereich gegenüber dem Salzgehalt des Bodens auf, als Obligate Halophyten.
- So genannte Standortdifferente Halophyten bilden eine Übergangsform zu den Süßwasserpflanzen und sind meist nur in salzfreien Gebieten zu finden. Sie kommen aber noch mit Salzböden zurecht, die eine geringere Konzentration an Salz aufweisen. Ihr Toleranzbereich ist deshalb relativ gering. In diesen Fällen verändert sich der Habitus der entsprechenden Pflanze auf unterschiedlichste Weise und weicht vom Grunderscheinungsbild ab. Vertreter dieser Ordnung sind: Rotschwingel (Festuca rubra litoralis), Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Krötenbinse (Juncus bufonius), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens), Mauerpfeffer (Sedum) und Gemeine Grasnelke (Armeria maritima).
Lebensraum
Auch bezüglich des Standortes werden Salzpflanzen in drei Gruppen eingeteilt, da sie in Verbindung mit Salz an verschiedene, beeinflussende Faktoren gebunden sind.

- Wasserhaline vertragen, wie die Bezeichnung bereits aussagt, erhöhten Salzgehalt im Wasser. Meere, Salzseen oder saline Verdunstungsbecken sind mögliche Lebensräume solcher Pflanzen, wobei sie oftmals vom Wasser überfluted werden. Beispiel hierfür ist der Queller.
- Lufthaline passen sich an den Salzgehalt im aeroben Umfeld an. Das in der Luft vorhandene Salz ist auf Verdunstungsprozesse von Salzwasser in der Umgebung zurückzuführen.
- Terrestrische Haline reagieren auf steigenden Salzgehalt in der Erde (Zusammensetzung des Nährbodens). Das Salz kommt von Wasserstellen mit entsprechender stofflicher Konsistenz über das Grundwasser in die Erde. Meersalz kann beispielsweise der Strandflieder (Statice limonium) über den Boden aufnehmen, weil er dieses durch Drüsen wieder ausscheidet.
Salzgehalt des Bodens
Die Einordnung des Salzgehaltes im Boden erfolgt nach dem Prinzip wenig, mittel, viel und wird in Promille (1 ‰ entspricht 1 g/L) angegeben. Diese Systematisierung spricht vor allem terrestrisch haline Pflanzen an, die auf einen solchen Lebensraum mehr oder weniger angewiesen sind. Das Schema einer solchen Einteilung wird jedoch nicht nur bei Halophyten angewendet, sondern auch in der Bodenkunde und Geologie.
- Oligohaline (griech. oligos - wenig) Pflanzen vertragen eine Salzkonzentration von 0,5 bis 5 ‰ und haben einen sehr geringen Toleranzbereich in Bezug auf Salz. Sie sind häufig in der Nähe von Flussdeltas und Mündungen, aber auch in Salzsteppen und Binnlandstellen anzutreffen.
- Mesohaline (griech. meso - mittig, mitten) nennt man Pflanzen, die sich in Bereichen mit 5 bis 18 ‰ Salzgehalt befinden. Gemeinschaften dieser ökologischen Gruppe findet man in der Nähe von Salzsümpfen oder Seen mittlerer Salzigkeit.
- Polyhaline (griech. poly - mehrere, viel) weisen einen Salzgehalt von bis zu 30 ‰ (= 3 %) in ihrer Umgebung auf. Hierbei handelt es sich um Pflanzen, die oft vom Salzwasser überflutet werden und mit solchen Extrembedingungen zurecht kommen.
Vorkommen
Echte Halophyten der Nord- und Ostseeküste
- Gemeines Salzkraut (Salsola kali)
- Queller (Salicornia europaea)
- Salzsode (Suaeda maritima)
- Strandaster, (Aster tripolium)
- Strandbeifuß (Artemisia maritima)
- Strandflieder (Statice limonium)
- Strandmelde (Atriplex litorale)
- Strandmilchkraut (Glaux maritima)
- Strandwegerich (Plantago maritima)
- Salzmiere (Honckeniya peploides)
- Salz-Schuppenmiere, (Spergularia salina)
Halophyten anderer Biotope
- Doumpalmen (Hyphaene)
- Queller (Salicornia fruticosa)
- Mangrove
- Salsoloideae
- Tamarisken (Tamarix)
Literatur
- Anthony Huxley: Das phantastische Leben der Pflanzen, 1981
- Bothe, H.: Salzresistenz bei Pflanzen, 1976.
- Dr. Paul Kuckuck, J.F. Lehmanns V.: Der Strandwanderer, München 1952
- Ernst Albert Arndt: Zwischen Düne und Meeresgrund. Tiere und Pflanzen des Ostseeraumes, Urania-Verlag, Leipzig Jena Berlin 1969
- Georg Grabherr: Farbatlas Ökosysteme der Erde. Natürliche, naturnahe und künstliche Land-Ökosysteme aus geobotanischer Sicht, 1997, ISBN 3-80-013489-6
- Kreeb, Karlheinz: Pflanzen an Salzstandorten. Naturwissenschaften 61, 1974, ISBN 337-343
- Stichmann, Wilfried: Der große Kosmos Naturführer. Tiere und Pflanzen, Stuttgart 1996, ISBN 3-440-09575-4