Eduard Arning
Eduard Arning (*9. Juni 1855 in Manchester; † 1936) war ein deutsch-englischer Dermatologe und Lepraforscher.
Leben
Eduard Arning entstammte einer alten Hamburger Patrizierfamilie. Er wurde zunächst zweisprachig (Deutsch-Englisch) von Hauslehrern erzogen, durchlief dann das Johanneum in Hamburg bis zum Abitur. Nach dem Medizinstudium in Heidelberg und Straßburg lernte er in Berlin den berühmten Dermatologen Oskar Lassar - einen gebürtigen Hamburger - kennen, der ihn an die Universitäts-Hautklinik Breslau vermittelte. Breslau war wie Wien eine Hochburg der deutschen Dermatologie. Arning wurde Schüler von Oskar Simon (1845 - 1882) und Albert Neisser (1855 - 1916), die zu den anerkanntesten Dermatologen der damaligen Zeit gehörten.
Lebraforschung in Hawaii
Nach seinem Ausscheiden aus der Breslauer Klinik ging er für drei Jahre von 1883-1886 als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung der Preußischen Akademie der Wissenschaften zur Erforschung der Lepra auf die Sandwich-Inseln nach Hawaii. Arning experimentierte hier mit Menschen, indem er sie mit dem Lepravirus infizierte und die Entwicklung der Krankheit beobachtete. Für seine Froschungen wurde ihm ein Etat von 10.000 Mark zur Verfügung gestellt.
In seinem Forschungsantrag benannte Arning die "günstigen Experimentierbedingungen". Dazu zählte, dass Lebra erst seit kurzer Zeit "durch die koloniale Vereinnahmung Hawaiis" (Bergmann) eingeschleppt wurde. Die große Verbreitung der Krankheit nannte Arning als erstes Kritierum: "1. Größe des vorhandenen Krankenmaterials." Auch sei das „Material“ auf wenige Punkte verteilt: "in einer Beobachtungsstation" und in einer Absonderungskolonie auf der Insel Molokai. Besondere Bedeutung für seine Froschung hatte der schnelle Krankheitsverlauf: "Während in europäischen Lepra-Ländern 15-20 Jahre für den Verlauf der Lepra gelten,(...) führt auf den S.W.Inseln die Lepra fast ausnahmslos in 3-5 Jahren zum Tode. Es ist somit gegründete Hoffnung vorhanden,sowohl über den gedrängteren klinischen Verlauf, als auch durch reichliche Sectionen über die bisher so wenig bekannten visceralen Formen der Lepra nähere Aufschlüsse zu erhalten." (Arning, zitiert nach Bergmann)
Vor Ort waren die Experimentierbedingungen jedoch schwieriger, da sich die "Isolierung" in der "polynesischen Kultur politisch nicht durchsetzbar" (Bergmann) war. Zunächst standen Experimente mit Tieren auf seiner Agenda, die er mit Lebraknötchen von Patienten des Leprahospitals in Kakako injizierte. Anschließend folgten Impfexperimente an kranken Menschen.
Sein herausragendes Experiment stellte er 1989 in Prag der Deutschen Derrmatologischen Gesellschaft vor. Dieses Experiment betraff den von ihm als "Material" bezeichneten 48jährige Polynesier Keanu. Kenau war verheiratet und Vater von zwei Kindern. Kenau sei, so heißt es in seinem Vortrag über seine Versuchperson, ein "bestialischer Mörder" gewesen. Allerdings beklagt sich Arning über die Taubheit seiner Versuchsperson, so dass er die Vorgeschichte des Häftlings nicht weiter ermitteln kann. Die Angaben über Keanau seitens der Behörden, seien hingegen nicht unbeding sehr ernst zu nehmen, da Hawaiiern "zu leichtfertigen oder gar lügnerischen Angaben" neigten. Das Experiment an Herrn Kenau begann am 28. September 1884. Entsprechend seinen Tierexperimenten entnahm Arning einem Mädchen, das "seit Jahren das Bild einer exquisiten tuberösen Lepra bot" (Arning) eine Leberknötchen und pflanzte es Kenau ein. Er beobachtete den Krankheitsverlauf und fotograpierte seine Versuchsperson. 1888 konnte Arning sein Experiment erfolgreich auswerten: "Ohren knotig verdickt und beträchtlich vergrössert,ebenso Haut der Stirn; Wangen, Nase und Kinn zei gen flache knotige Infiltrationen, Gesicht zeigt im Allgemeinen die charakteristische Facies leonina (...) Hände gedunsen." Damit konnte Arnig zum ersten Mal den Nachweis erbringen, das Lebra ansteckend ist. Für die Wissenschaftlichkeit des Ergebnisses, waren allerdings weitere Versuche dieser Art notwendig. Keanu wurde im Februar 1889 auf Aussätzigeninsel Molokai verbannt und starb im März des Jahres 1989.
Ethnologische Tätigkeiten in der Südsee
Während seines Forschungsprojekts in der Südsee betätigte er sich auch als Ethnologe und "sammelte" 300 Stücke polynesischer Kultgegenstände für das Berliner Museums für Völkerkunde. Geehrt wurde er dafür von dem Physiologen Emil Heinrich Du Bois-Reymond (1818-1896), dem Vorsitzender des Berliner Akademiekuratoriums, da Arning "mit grossem Erfolg alles gesammelt, was sich von Geräth, Waffen, Schmuck jener schnell und schneller dahinsiechenden Bevölkerung noch irgend bergen liess." Dazu schreibt Anna Bergmann: "Über seine medizinischen Forschungen hinaus plünderte Arning Knochen und Schädel von Häuptlingen sowie Priestern aus Grabhöhlen und sezierte Tote gegen den Widerstand der polynesischen Bevölkerung." Der Berliner Akademie berichtet er über seine Arbeitsbedingungen: "Das mitgebrachte Material besteht in den von 18 Sectionen getrennt aufbewahrten Organtheilen, einigen Gehirnen, Rückenmarken und Extremitäten. Ganze Organe zur Conservirung zur Seite zu schaffen, gelang mir bei Wachsamkeit der Kanaken nur in den seltensten Fällen.“
Niederlassung in Hamburg
Nach diesem Aufenthalt ließ Arning sich 1887 als Facharzt für Haut-und Geschlechtskrankheiten in Hamburg nieder. Er heiratete 1888 Helene Blohm, Tochter des Hamburger Patriziers und Kaufmanns J. E. Blohm. Bevor er die Stelle als Oberarzt an der Abteilung für Hautkrankheiten und Syphilis am Allgemeinen Krankenhaus St. Georg übernahm - sein Mitbewerber und letztlich unterlegener Konkurrent war Paul Gerson aus Unna - lehnte er Rufe auf die dermatologischen Extraordinariate in Kiel und Marburg ab. Nach Gründung der Universität Hamburg 1919 wurde Arning zum außerplanmäßigen Professor ernannt, die Abteilung im Allgeminen Krankenhaus St. Georg wurde zur Universitätsklinik erhoben, da in Eppendorf zu diesem Zeitpunkt noch die Voraussetzungen für Forschung und Krankenversorgung fehlten.
Arning wurde 69-jährig emeritiert. Bis zu seinem Tod im 82. Lebensjahr erhielt er noch zahlreiche Ehrungen im In- und Ausland.
Nach Arning wurde ein dermtologisches Präparat benannt, die so genannte "Arningsche Tinktur".
Siehe auch
Literatur
- Anna Bergmann: Tödliche Menschenexperimente in Kolonialgebieten. Die Lepraforschung des Arztes Eduard Arning auf Hawaii 1883-1886. In: Ulrich van der Heyden, Joachim Zeller (Hg.) „... Macht und Anteil an der Weltherrschaft.“ Berlin und der deutsche Kolonialismus. Unrast-Verlag. Münster 2005, ISBN 3-89771-024-2
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Arning, Eduard |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Dermatologe |
| GEBURTSDATUM | 9. Juni 1855 |
| GEBURTSORT | Manchester |
| STERBEDATUM | 1936 |
| STERBEORT | Hamburg |