Olsztyn
Vorlage:Infobox (Polen) Olsztyn [ ], bis 1945 das deutsche Allenstein, ist die Hauptstadt der 1999 gegründeten Woiwodschaft Ermland-Masuren (vorher Woiwodschaft Olsztyn) im nördlichen Teil Polens.
Geografische Lage
Olsztyn liegt im Zentrum der Woiwodschaft Ermland-Masuren am Fluss Łyna (Alle), 125 Meter über dem Meeresspiegel am Übergang vom Ermland zum Oberland. Die umgebende hügelige Landschaft ist von der Allensteiner Seenplatte und ausgedehnten Wäldern geprägt. In der Stadt kreuzen sich die Fernstraßen 16, 51 und 53 sowie die Bahnlinien Torun (Thorn) - Tilsit und Danzig - Ełk (Lyck). Die Stadt liegt rund 100 km südlich von Kaliningrad, 120 km östlich von Danzig und etwa 170 km nördlich der Landeshauptstadt Warschau.
Geschichte
bis 1945
Offiziell wurde Allenstein am Fluss Alle im preußischen Ermland am 31. Oktober 1353 von Johannes von Leysen im Schutz einer bereits im Aufbau (Bauzeit: 1347 bis 1397) befindlichen Burg des Deutschen Ordens gegründet (Verleihung der Stadtrechte).
Allenstein lag in einem der vier 1245 gegründeten Bistümer Preußens, im Ermland und blieb damit unter direkter Regierung der katholischen Kirche unter einem Fürstbischof, war also nicht vom Deutschen Orden regiert.
Im Jahre 1516 erhielt der Neffe und Pflegesohn des ermländischen Fürstbischofs Lukas Watzenrode, der später als Astronom bekanntgewordene Nikolaus Kopernikus, die Administration der Landkreise Allenstein und Mehlsack. Kopernikus wohnte während der vier Jahre seiner Amtszeit im Allensteiner Schloss. Zur Zeit der vorreformatorischen Kriege in Preußen ging er nach Frauenburg, kam aber im Herbst des Jahres 1520 wieder zurück nach Allenstein, welches er erfolgreich gegen Angriffe des Deutschen Ordens verteidigte. Aufgrund seiner erfolgreichen Verteidigung wurde Kopernikus zum Kommissar des Ermlands ernannt und mit dem Wiederaufbau beauftragt. Tiedemann Giese war sein Assistent.
Zur Zeit der ersten Teilung Polens (1772) kam die Stadt - als Teil des Ermlands - zum Königreich Preußen. Dort war die Stadt seit 1905 Regierungsbezirkssitz. Von 1818 bis 1910 gehörte sie dem Landkreis Allenstein an und wurde dann kreisfreie Stadt.
Der Vertrag von Versailles bestimmte nach dem Ersten Weltkrieg die Durchführung einer Volksabstimmung über den Verbleib bei Deutschland oder einen Anschluss an Polen.
Eine überwältigende Mehrheit stimmte für den Verbleib; in der Stadt Allenstein mit einer Zustimmung von 98 %.
1945
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt am 22. Januar 1945 von sowjetischen Truppen eingenommen. Dabei kam es zu Misshandlungen der Zivilbevölkerung durch Soldaten der Roten Armee. Zu besonders grausamen Übergriffen kam es nach Augenzeugenberichten in der zum Feldlazarett umfunktionierten Heilanstalt Kortau, wo alle Lazarett-Patienten und das Personal den Tod fanden. Dort wurden bei Bauarbeiten in den 1950-er Jahren mehrere kleinere und größere Massengräber entdeckt; das größte von ihnen barg 227 Leichen (Quelle: S. Piechocki, s. Literaturangaben). Bis März 1945 wurden in Allenstein durch Brandstiftung 1040 Häuser zerstört, bevor die Rote Armee die Kontrolle über die Stadt an die polnische Armee abtreten musste. Das Vorgehen der sowjetischen Armee in Ostpreußen am Ende des Krieges und die dabei geduldeten Ausschreitungen werden u. a. auch in Werken der russischen Schriftsteller Alexander Solschenizyn (Nobelpreisträger für Literatur) (vgl. sein Buch "Ostpreußische Nächte") und Lew Kopelew (vgl. sein Buch "Aufbewahren für alle Zeit") thematisiert, die damals selbst Soldaten und Zeitzeugen waren.
Nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Ermland und somit Allenstein in Folge des Potsdamer Abkommens im Jahre 1945 unter polnische Verwaltung gestellt. Der letzte Soldat der Sowjetarmee verließ Allenstein im Jahre 1956. Die deutschen Einwohner flohen während des letzten Kriegsjahres oder wurden danach vertrieben . Die Stadt wurde in Olsztyn umbenannt und zur Hauptstadt der Woiwodschaft Olsztyn. Mit der Regionalisierung Polens entstand 1999 die Woiwodschaft Ermland-Masuren, die ihren Regierungsssitz in Olsztyn hat. Im gleichen Jahr wurde hier die Ermland-und-Masuren-Universität gegründet. Im Zuge der Demokratisierung konnte die ostpreußische Restbevölkerung die "Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit" gründen, die bis zum Tode ihres streitbaren Vorsitzenden Walter Angrik 1993 von diesem geführt wurde.
Einwohnerentwicklung

Bürgermeister bis 1945
- Andreas Petrus Grunenberg, 1809-1818
- Karl Anton Ehlert, 1818-1835
- Jakob Rarkowski, 1836-1865
- Sakrzewski, 1866-1875
- von Roebel 1875-1877
- Oskar Belian, 1877-1908
- Georg Zülch, 1908-1932
- Dr. Gilka, 1932-1933
- Friedrich Schidat, 1933-1945
Wirtschaft und Infrastrukrur
Wirtschaftlich bedeutend war lange Zeit die an Michelin beteiligte Reifenfabrik "Stomil" sowie die holzverarbeitende Industrie. Zunehmend profitiert die Stadt aber auch vom Fremdenverkehr, der sich zu einem neuen Wirtschaftszweig entwickelte. Olsztyn beheimatet verschiedene kulturelle und wissenschaftliche Einrichtungen und ist heute Sitz des Erzbistums Ermland.
Sehenswürdigkeiten
- Mittelalterliches Schloß im Stil der Backsteingotik (teilweise zerstört)
- St.-Jakobus-Kirche (erbaut 1362)
- Heil- und Pflegeanstalt Kortau (heute Sitz der Universität)
- Luisenschule
- Lungenheilstätte "Frauenwohl" (seit 1906)
- Handels- und Höhere Handelsschule
- St.-Marien-Hospital
- Hindenburg-Krankenhaus
- Treudank-Theater (seit 1925)
- Volksabstimmungsdenkmal (nach 1945 zerstört)
- Sonstige Bauwerke:
- Sendemast für UKW und TV in Pieczewo (Geographische Koordinaten: 53°45'13" nördliche Breite, 20°30'57" östliche Länge) mit einer Höhe von 360 Metern. Dieser Sendemast ist seit dem Einsturz des Sendemasten in Konstantynow das höchste Bauwerk in Polen ([1] und [2]).
Städtepartnerschaften
- Die Stadt Gelsenkirchen übernahm 1952 eine Patenschaft für Allenstein und die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Allensteiner. 1992 ging aus dieser Patenschaft eine Partnerschaft der Stadt Olsztyn (Allenstein) mit der Stadt Gelsenkirchen hervor.
- Rovaniemi (Finnland), seit 1976
- Chateauroux (Frankreich) seit 1991
- Kaliningrad (Russland) 1993
- Richmond (Virginia) (USA) seit Juni 1995
- Łuck (Ukraine) seit Dezember 1997
- Offenburg (Deutschland) seit 1999
- Calpe (Spanien)
Persönlichkeiten
- Lucas David, * 1503 in Allenstein, preußischer Historiker
- Nikolaus Kopernikus, residierte 1520 als Kanzler des Ermländer Domkapitels in Allenstein
- Erich Mendelsohn, * 21. März 1887 in Allenstein, expressionistischer jüdischer Architekt
- Dr. Wolfgang Milde, *3. Juli 1934 in Allenstein, Handschriftenwissenschaftler und Bibliotheksdirektor
- Maximilian Kaller, von 1930 - 1947 Bischof von Ermland
- Dr. August Trunz, Landwirtschaftsrat und Gründer der Prussica-Sammlung Trunz
- Hans-Jürgen Wischnewski, * 24. Juli 1922 in Allenstein, Politiker (SPD)
- Hugo Haase, * 29. September 1863 in Allenstein, Politiker (SPD & USPD)
- Karl Roensch, lebte ab 1885 in Allenstein, dort Fabrikbesitzer, Stadtverordnetenvorsteher, Handelskammerpräsident, Ehrenbürger
- Klaus-Joachim Zülch, * 11. April 1910 in Allenstein, Neurowissenschaftler
- Juliusz Machulski, * 10. März 1955 in Olsztyn, polnischer Regisseur und Filmproduzent
- Józef Glemp (*1929), zwischen 1979-1981 Bischof von Ermland mit Sitz in Olsztyn
Weblinks
- http://www.stadtallenstein.de/ Stadtgemeinschaft Allenstein e.V.
- http://www.allenstein-landkreis.de/ Kreisgemeinschaft Allenstein- Land e.V.
- Homepage Stadt Olsztyn
- Ermland und Masuren heute Aktuelle Diskussion um Vertreibung und Neuanfang an der Alle
Literatur
- Anton Funk: "Geschichte der Stadt Allenstein 1348-1943" SCIENTIA-VERLAG, 1979 . - ISBN 3-511-09071-7
- Stanislaw Piechocki: Czysciec zwany Kortau [Eine Hölle, genannt Kortau], Olsztyn [Allenstein]: Ksiaznica Polska 1993. ISBN 83-85702-02-4, 154 Seiten.(Das Buch – leider nur in polnischer Sprache erhältlich – wird durch 59 Abbildungen und eine Zusammenfassung in deutscher Sprache ergänzt.)
siehe auch