Katastrophismus
Im Rahmen der Astronomie, sowie der Geologie und Paläontologie stellt der Katastrophismus eine Denkrichtung dar, die von der überragenden Bedeutung von katastrophalen Ereignissen für die Geschichte unseres Sonnensystems, der Erde und der Entwicklung (Evolution) der Lebewesen ausgeht. Meist wird die Grundhaltung des Katastrophismus dem Aktualismus (siehe dort) entgegen gesetzt. Es gibt aber auch vermittelnde Standpunkte.
Katastrophismus in der Wissenschaft
Als Begründer des Katastrophismus gilt der französische Naturforscher Georges de Cuvier (1769-1832) mit seiner Kataklysmentheorie. Cuvier vermutete, dass am Ende einzelner geologischer Epochen alle Tiere und Pflanzen in einem bestimmten Gebiet durch riesige Naturkatastrophen ('Revolutionen') vernichtet wurden. Wie die meisten seiner Zeitgenossen dachte er hierbei v.a. an große Überschwemmungen, wie etwa die Sintflut. Die vernichteten Lebewesen würden danach von anderen (neu zugewanderten, oder neu erschaffenen) Arten ersetzt. Hiermit versuchte er, die überall zu beobachtenden, markanten Veränderungen im Fossilbestand der Gesteine zu erklären.
Andere Katastrophisten, wie Léonce Élie de Beaumont (1798-1874), unterstrichen die Auswirkungen von Vulkanausbrüchen und Erdbeben auf die Gestalt der Erde.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzten sich jedoch weitgehend die aktualistischen Vorstellungen von Charles Lyell und Charles Darwin über die langsame, stetige Entwicklung des Erdkörpers und der Lebewesen durch. (Siehe auch: Geschichte der Geologie).
Der Physiker Sir James Hopwood Jeans vertrat Anfang des 20. Jahrhunderts die Hypothese, dass unser Planetensystem durch die Beinahe-Kollision unserer Sonne mit einem anderen Stern entstanden sei. Dabei seien große Stoffmengen aus der Sonne heraus gerissen worden, die sich zu Planeten und ihren Monden verdichtet hätten. Diese Hypothese gilt heute als widerlegt.
Die Katastrophentheorie erhielt neuen Auftrieb, als um 1980 der amerikanische Physiknobelpreisträger Luis W. Alvarez und sein Sohn, der Geologe Walter Alvarez, ihre Befunde über die Grenze zwischen den geologischen Perioden Kreide und Tertiär veröffentlichten. Dort hatten sie in den Sedimentgesteinen eine weltweit verbreitete Iridium-Anomalie entdeckt, die sie als Anzeichen für einen Asteroiden- oder Kometen-Einschlag deuteten. Der Impakt habe dann eine globale Klimaveränderungen bewirkt, und ein weltweites Massensterben ausgelöst, dem nicht nur die Dinosaurier zum Opfer fielen, sondern auch große Teile der marinen Fauna, wie die Ammoniten. Nach anfänglicher Kritik hat sich diese Vorstellung in breiten Kreisen durchgesetzt. Ob sich alle Massensterben in der Erdgeschichte so einfach erklären (z.B. an der Grenze Perm/Karbon) wird in der Wissenschaft heftig diskutiert.
Weiter gehende Theorien, die besagen, dass solche Arten von kosmischen Katastrophen die Erde in periodischen Abständen heimsuchen (z.B. etwa alle 26 Millionen Jahre), haben nur begrenzte Anhängerschaft.
Katastrophismus als alternatives gesamtheitliches Weltbild
Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das katastrophistische Weltbild von dem Arzt Immanuel Velikovsky neu ausgearbeitet. Nach seinen Ansichten ist die Welt in ihrer heutigen Erscheinungsform, die Berge und Meere, nicht (nur) gleichförmig in Millionen von Jahren entstanden, sondern zum Teil innerhalb von nur wenigen Tausend Jahren oder noch kürzeren Zeiträumen. Ebenso sei unser Sonnensystem in seiner heutigen Form weniger als 15 000 Jahre alt. Die Ursache dieser plötzlichen Veränderungen sieht er in kosmischen Beinahe-Kollisionen. Einzelne Planeten hätten sich zuvor auf anderen Bahnen zum Teil ähnlich Kometen bewegt. Dabei seien sie von Menschen beobachtet worden, die die Ereignisse in Form von Mythen niederlegten. So sei Venus ursprünglich ein Komet gewesen, den Jupiter ausgestoßen habe. Velikovsky stützt seine Hypothesen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sehr vielen Feldern (von der Physik über die Tiefenpsychologie bis zur Mythenanalyse) entstammen, allerdings ist deren Beweiskombination und Beweiskraft umstritten. Velikovskys Schriften gelten daher als hoch spekulativ und sind wissenschaftlich nicht anerkannt.
Nach Velikovskys Auffassung verdrängt der Mensch das bedrohliche, katastrophistische Weltbild durch das heute anerkannte aktualistische Weltbild, das die Ursachen und Phänomene heutiger Zeit auf die Vergangenheit projiziert. Daraus münde dann u.U. neurotisches Verhalten von gesellschaftlichen Verantwortungsträgern, die zu Krieg und Vertreibung sowie Ausbeutung großer Bevölkerungsteile führten.
In letzter Zeit werden laufend neue Spekulationen veröffentlicht, die das Wirken von Superfluten und anderen gewaltigen Naturkatastrophen auch in geologisch jüngerer Zeit behaupten. Solche Thesen werden neuerdings als Neokatastrophismus bezeichnet. Im deutschen Sprachraum ist z.Z. der Sachbuchautor Hans-Joachim Zillmer ein bekannter Vertreter eines katastrophistischen Weltbildes. Auch Zillmers Thesen sind wissenschaftlich nicht anerkannt.
Einige Vertreter des Katastrophismus, insbesondere solche, die sich als streng gläubig verstehen, hängen auch einer Junge-Erde-Theorie an. Mythen, wie zum Beispiel die Schöpfung oder die Sintflut werden nicht nur als Tatsachenberichte verstanden, sondern auch als durch eine höhere (göttliche) Kraft als Regulativ eingesetzt.