Karl Christian Friedrich Krause
Karl Christian Friedrich Krause (* 6. Mai 1781 in Eisenberg; † 27. September 1832 in München) war ein deutscher Autor und Philosoph.
Er ist Namensgeber des so genannten Krausismo, der vor allem im Spanien des 19. Jahrhunderts für den Umbau staatlicher Institutionen bedeutsam war.
Krauses Bedeutung liegt darüber hinaus in seinen Ansätzen für die evolutive Weiterbildung von Wissenschaft, Kunst und Sozialformationen.
Leben
Er erhielt seinen ersten Unterricht von seinem Vater, der Lehrer und später Pastor in Nobitz war. Nach dem Besuch der Schulen in Donndorf (ab 1794) und Altenburg ging er im Jahre 1797 an die Universität zu Jena, wo er Philosophie und Mathematik studierte. Er hörte dort auch Vorlesungen bei Fichte und Schelling. Im Frühjahr 1802 habilitierte er sich als Privatdozent in Jena und hielt bis Mitte 1804 Vorlesungen über Logik, Naturrecht, Mathematik, Naturphilosophie und das gesamte System der Philosophie. Hinsichtlich aller dieser Wissenschaften gab er damals Lehrbücher heraus. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigte sich die Eigentümlichkeit seines Systems.
1804 ging Krause nach Rudolstadt und 1805 nach Dresden. 1814 habilitierte er sich in Berlin als Privatdozent in den Fächern Philosophie und Mathematik. 1815 war er dort Mitbegründer der bis etwa 1880 bestehenden Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache, die sich zunächst dem Sprachpurismus verschreibt. Ein Lehramt an der Universität Berlin wurde ihm nicht erteilt, weshalb er 1815 nach Dresden zurückkehrte. 1817 machte er eine Reise durch Deutschland, nach Italien und Frankreich. Im Übrigen arbeitete er weiter an seinem System und dessen Ausgestaltung. 1823 verließ er Dresden und habilitierte sich im März 1824 als Privatdozent in Göttingen, wo er von 1823 bis 1830 Vorlesungen hielt. 1831 entschloss sich Krause, nach München zu gehen, wo aber Schelling die Aufnahme an die Universität verhinderte.
Lehre
Krause gilt als Begründer einer sogenannten Wesenlehre. Aus eigener Sicht handelt es sich bei seinem System um eine „evolutionslogische Neuerung der Philosophie“. Im Rahmen der Entwicklung der Menschheit reiche diese über alle bisherigen Bemühungen der Philosophiegeschichte hinaus. Krause strebte nicht nur an, die Erkenntnistheorie, Logik, Mathematik und Sprachphilosophie zu revolutionieren, er glaubte auch, in allen bisherigen Systemen Mängel, Einseitigkeiten und gefährliche soziale Folgerungen für die Entwicklung der Gesellschaften nachweisen zu können, indem er die aus der göttlichen Essentialität abgeleiteten Urbilder mit den pragmatisch-empirischen Gesellschaftsformationen verglich und durch Musterbilder eine friedliche Entwicklung der Geschichte ermöglicht.
Im Rahmen seiner Philosophie ist seine Auseinandersetzung mit den Systemen Kants und Hegels, die er ausführlich kritisierte, daher von besonderer Bedeutung. Er entwickelte eine Erkenntnistheorie, welche die Erkenntnistheorie Kants präzisierte, dessen Kategorien relativierte und insbesondere eine „Anleitung zur Erkenntnis des absoluten und unendlichen Grundwesens“ enthält, die bisweilen als „essentialistische Wende“ bezeichnet wird. Unter der Voraussetzung, dass dem Leser diese Erkenntnis gelinge, breite die Grundwissenschaft vor ihm die absoluten und unendlichen Kategorien der göttlichen Essentialität aus, welche die konstitutiven und regulativen Prinzipien zur Begründung aller Erkenntnisse darstelle. Diese Kategorien versteht Krause als einen Neuanfang der Philosophie.
Vor allem will Krause damit aber auch zeigen, inwiefern durch diese Kategorien die Grundlagenkrise der Mathematik zu beheben sei. Es will sowohl die Grundlagen der Logik seiner Zeit wie auch jene der Hegelschen Inhaltslogik, die auch im Marxismus grundlegend ist, in einer neuen Inhaltslogik („synthetische Logik“) überwinden. Kein einziger Philosoph hatte sich zuvor mit der synthetischen Logik auseinandergesetzt Mit der Weiterbildung der Logik und Mathematik seiner Zeit sollten sich auch für die Naturwissenschaften grundlegende Veränderungen ergeben.
Krause meinte, dass seine Grundwissenschaft aber auch für die Neugestaltung und Vollendung aller anderen Wissenschaften und Künste konstitutiv sei. Das Werkverzeichnis Krauses zeigt, für welche Bereiche er dies selbst zu leisten glaubte: Ethik, Ästhetik, Soziologie (Grundrisse allharmonischer Sozialformationen, Urbild der Menschheit und Menschheitsbund), Sprachphilosophie mit neuen Aspekten für Pragmatik, Semantik und Syntaktik, Rechtsphilosophie mit der Entwicklung neuer Menschenrechtskategorien, einer neuen Staatstheorie, Grundrissen eines europäischen Staatenbundes und eines globalen Staatenbundes der Erde, Religionsphilosophie, Evolutionstheorie sozialer Systeme, Kritik der Philosophiegeschichte und Naturphilosophie.
In Deutschland war Krause nur wenig einflussreich. Sein Einfluss war jedoch im spanischsprachigen Kulturraum weitreichend (Krausimso), wo es derzeit auch einen Neo-Krausismo gibt.
Werke
- Dissertatio philosophico-mathematica de Philosophiae et Matheseos notione et earum intima conjunctione. Jenae, apud Voigtium, 1802.
- Grundlage des Naturrechts, oder philosophischer Grundriss des Ideales des Rechts. Erste Abtheilung. Jena, Gabler (Cnobloch), 1803.
- Grundriss der historischen Logik für Vorlesungen, nebst zwei Kupfertafeln, worauf die Verhältnisse der Begriffe und der Schlüsse combinatorisch vollständig dargestellt sind. Jena, Gabler (Cnobloch), 1803.
- Grundlage eines philosophischen Systemes der Mathematik; erster Theil, enthaltend eine Abhandlung über den Begriff und die Eintheilung der Mathematik, und der Arithmetik erste Abtheilung; zum Selbstunterricht und zum Gebrauche bei Vorlesungen, mit 2 Kupfertafeln. Jena und Leipzig, Gabler (Cnobloch), 1804.
- Factoren- und Primzahlentafeln, von 1 bis 100000 neuberechnet und zweckmässig eingerichtet, nebst einer Gebrauchsanleitung und Abhandlung der Lehre von Factoren und Primzahlen, worin diese Lehre nach einer neuen Methode abgehandelt, und die Frage über das Gesetz der Primzahlenreihe entschieden ist. Jena und Leipzig, Gabler (Cnobloch),1804.
- Entwurf des Systemes der Philosophie; erste Abtheilung, enthaltend die allgemeine Philosophie, nebst einer Anleitung zur Naturphilosophie. Für Vorlesungen. Jena und Leipzig, Cnobloch, 1804. (Die zweite Abtheilung sollte die Philosophie der Vernunft oder des Geistes, die dritte die Philosophie der Menschheit enthalten.)
- System der Sittenlehre; I. Band, wissenschaftliche Begründung der Sittenlehre. Leipzig, Reclam, 1810.
- Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft mitgetheilt, bearbeitet und durch eine Darstellung des Wesens und der Bestimmung der Freimaurerei und der Freimaurerbrüderschaft, sowie durch mehrere liturgische Versuche erläutert von Karl Christian Friedrich Krause. Dresden, Arnoldi, 1810.
- Tagblatt des Menschheitlebens; erster Vierteljahrgang 1811, Dresden in der Arnold'schen Buchhandlung und bei dem Herausgeber D. Krause. Nebst 26 Stücken eines literarischen Anzeigers. (Enthält mehrere wissenschaftliche Abhandlungen des Herausgebers über Mathematik, Naturrecht, Geschichte, Geographie, Musik.).
- Das Urbild der Menschheit, ein Versuch. Dresden, Arnold, 1811. - Zweite Auflage Göttingen, in Commission der Dieterich'schen Buchhandlung, 1851.
- Lehrbuch der Combinationslehre und der Arithmetik als Grundlage des Lehrvortrages und des Selbstunterrichtes, nebst einer neuen und fasslichen Darstellung der Lehre vom Unendlichen und Endlichen, und einem Elementarbeweis des binomischen polynomischen Lehrsatzes, bearbeitet von L. Jos. Fischer und D. Krause, nach dem Plane und mit einer Vorrede und Einleitung des Letztgenannten. Erster Band. Dresden, Arnold'sche Buchhandlung, 1812.
- Oratio de scientia humana et de via ad eam perveniendi, habita Berolini 1814.
- Von der Würde der deutschen Sprache und von der höheren Ausbildung derselben überhaupt, und als Wissenschaftssprache insbesondere. Dresden, 1816.
- Ausführliche Ankündigung eines neuen, vollständigen Wörterbuches oder Urwortthumes der deutschen Volkssprache. Dresden, Arnold, 1816.
- Theses philosophicae XXV, Gottingae, 1824.
- Abriss des Systemes der Philosophie, erste Abtheilung. Für seine Zuhörer, 1825. Im Buchhandel: Göttingen, in Commission der Dieterich'schen Buchhandlung, 1828.
- Darstellungen aus der Geschichte der Musik nebst vorbereitenden Lehren, aus der Theorie der Musik. Göttingen, Dieterich'sche Buchhandlung, 1827.
- Abriss des Systems der Logik für seine Zuhörer, 1825. Zweite, mit der metaphysischen Grundlegung der Logik und einer dritten Steindrucktafel vermehrte Ausgabe. Ebd., in Commission, 1828.
- Abriss des Systems der Rechtsphilosophie oder des Naturrechts. Ebd., in Commission, 1828.
- Vorlesungen über das System der Philosophie. Ebd., in Commission, 1828.
- Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft, zugleich in ihrer Beziehung zu dem Leben. Nebst einer kurzen Darstellung und Würdigung der bisherigen Systeme der Philosophie, vornehmlich der neuesten von Kant, Fichte, Schelling und Hegel, und der Lehre Jacobi's. Für Gebildete aus allen Ständen. Ebd. in Commission, 1829.
- (Anonym) Geist der Lehre Immanuel Swedenborgs. Aus dessen Schriften. Mit einer katechetischen Übersicht und vollständigem Sachregister. Herausgegeben von Dr. I. M. C. G. Vorherr. München, E. A. Fleischmann, 1832.
Darüber hinaus existieren zahlreiche Veröffentlichungen aus dem handschriftlichen Nachlass.
Literatur
- Ausgaben
- Krause: Vorlesungen über das System der Philosophie. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Göttingen 1828 mit einem Vorwort und Anmerkungen. Herausgegeben von Siegfried Pflegerl, 1981.
- Krause: Das Urbild der Menschheit. Ausgabe 1851. Herausgegeben von Siegfried Pflegerl. Kommentierter Originaltext und aktuelle Weltsystemanalyse. Peter Lang Verlag. 2003.
- Krause, Karl Christian Friedrich, Enrique M. Ureña (Herausgeber): Ausgewählte Schriften. 6 Bände. Ln. Fromann-Holzboog. Stuttgart.
- Einführendes
- Ureña, Enrique M.: K. C. F. Krause: Philosoph, Freimaurer, Weltbürger. Eine Biographie. Frommann-Holzboog. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991.
- Kodalle, Klaus-M. (Hrsg.): Karl Christian Friedrich Krause (1781-1832). Studien zu seiner Philosophie und zum Krausismo. Hamburg: Felix Meiner Verlag, 1985.
- Ureña, Enrique M.: Karl Christian Friedrich Krause. Stuttgart-Bad Cannstatt. 1991
- Sonstiges
- Dierksmeier, Claus: Der absolute Grund des Rechts. Karl Christian Friedrich Krause in Auseinandersetzung mit Fichte und Schelling. Frommann-Holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt, 2003
- Horn, Reinhard: Studien zur freimaurerischen Historiographie des 19. Jahrhunderts: Karl C. F. Krause. Herausgegeben von der Freimaurerischen Forschungsgesellschaft QUATUOR CORONATI e.V., Bayreuth: 1983.
- Pflegerl, Siegfried: Die Vollendete Kunst. Zur Evolution von Kunst und Kunsttheorie. Böhlau, Wien-Köln, 1990. Beurteilung der Kunstentwicklung im Sinne der Evolutionsgesetze der Wesenlehre Krauses.
- Ureña, Enrique M.: Philosophie und gesellschaftliche Praxis. Wirkungen der Philosophie K. C. F. Krauses in Deutschland (1833-1881). Fromann-Holzboog. Stuttgart. 2001
- Forster, Wolfgang: Karl Christian Friedrich Krauses frühe Rechtsphilosophie und ihr geistesgeschichtlicher Hintergrund. Münchener Universitätsschriften. Juristische Fakultät. Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 83. Aktiv Druck & Verlag, Ebelsbach 2000. 383 S.
Siehe auch: Panentheismus
Weblinks
- Vorlage:PND
- Karl Christian Friedrich Krause. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- "Krausismus" Der Philosoph und Freimaurer Krause - nach 200 Jahren immer noch hochaktuell
- Zeittafel (pdf)
- Digitale Erfassung der Werke im „Krause Digital Research Project“ (PDF)
- Zu Krauses Logik (PDF)
Personendaten | |
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NAME | Krause, Karl Christian Friedrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph |
GEBURTSDATUM | 6. Mai 1781 |
GEBURTSORT | Eisenberg (Thüringen) |
STERBEDATUM | 27. September 1832 |
STERBEORT | München |