Hans Peter Hümmer
Hans Peter Hümmer (* 24. August 1943 in Unterasbach) ist ein deutscher Kinderchirurg, Hochschullehrer und Studentenhistoriker.
Leben
Als Sohn eines Sanitätsoffiziers und Landarztes besuchte Hümmer die Grundschule in Oberasbach und das humanistische Neue Gymnasium in Nürnberg. Nach dem Abitur studierte er von 1962 bis 1968 Medizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, der Universität Wien und der Universität Graz. Das Physikum und das Staatsexamen machte er in Erlangen. Im August 1968 promovierte er in Erlangen mit einer gerichtsmedizinischen Arbeit bei Marika Geldmacher-von Mallinckrodt magna cum laude zum Dr. med.[1]
Chirurgie
Hümmer war Medizinalassistent in Schwabach und Pforzheim. Chirurg wurde er bei Georg in Pforzheim. Die Ausbildung wurde 1970/71 durch die achtzehnmonatige Restantenzeit als Stabsarzt in München und Karlsruhe unterbrochen.
Im April 1976 trat Hümmer in die Chirurgische Universitätsklinik Erlangen, in der er sich der Thoraxchirurgie, Viszeralchirurgie und Intensivmedizin widmete. Die kinderchirurgische Zusatzausbildung erhielt er am Universitätsspital Zürich bei Peter Paul Rickham und im Universitätsklinikum Erlangen bei Günter H. Willital und Waldemar Hecker.
Nach drei Jahren als Oberarzt bei Franz Paul Gall und nach mehreren Auslandsaufenthalten übernahm Hümmer am 1. Januar 1984 die Leitung der Kinderchirurgie in der Erlanger Chirurgie. Im selben Jahr habilitierte er sich.[2] Als Privatdozent erhielt er die Lehrbefugnis für Chirurgie/Kinderchirurgie.
Im März 1988 wurde Hümmer als außerordentlicher Professor nach Essen, im Mai 1991 zurück nach Erlangen berufen. Die dortige Abteilung wurde 1996 nach dem Bayerischen Hochschulgesetz eigenständig. Hümmer leitete sie bis zu seiner Emeritierung im März 2010. Seine Schüler Bertram Reingruber und Peter Weber setzen seine Arbeit in Regensburg fort.
Arztrecht und Patientenaufklärung
Mit Weißauer und Müller-Osten (Berufsverband der Deutschen Chirurgen) begann Hümmer 1978, Informationsblätter für Patienten und ihre Angehörigen zu entwickeln. In Deutschland und Europa waren sie damals ohne Vorbild. Sie dienen der Dokumentation einer rechtskonformen und zugleich verständlichen Aufklärung vor chirurgischen Eingriffen.
Die „Stufenaufklärung“ setzte Maßstäbe. Die schriftlich dokumentierte „Basisinformation zum Aufklärungsgespräch“ hat sich in vielen Haftpflichtprozessen bewährt. Die Blätter erscheinen in Fremdsprachen und in digitaler Version. Sie werden fortlaufend aktualisiert und von Gerichten als Beweismittel für die korrekte und umfassende Aufklärung anerkannt.
Forschung
Hümmers chirurgische Schwerpunkte lagen mehr als drei Jahrzehnte auf den angeborenen Fehlbildungen des Neugeborenen, der chirurgischen Onkologie des Kindesalters und der Thoraxchirurgie. In der Rekonstruktion der Brustwand setzte er die Schule seines Lehrers Hegemann fort. Seit 1976 behandelt er angeborene und erworbene Deformitäten wie Trichterbrust und Kielbrust alter- und fachübergreifend. Unter seiner Leitung entstand das erste Trichterbrustzentrum in Deutschland, an dem bis zu seiner Pensionierung mehrere tausend Eingriffe durchgeführt wurden. Auf Hümmer geht das sog. Erlanger Verfahren, die Minimalisierte Erlanger Korrekturmethode (MEK), zurück.
Hümmer hat über 100 Doktoranden betreut und neun Mitarbeiter habilitiert.
Ehrenämter
- Mitglied des Prüfungsausschusses (1989) und des Fachberatergremiums (2008) Kinderchirurgie der Bayerischen Ärztekammer (seit 1989)
- Fachgebietsherausgeber für Allgemeine und Kinderchirurgie bei Perimed Compliance/Thieme proCompliance (seit 1996)
- Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (2006–2008), 2007 Kongreßpräsident
Studentenhistoriker
Hümmer wurde 1963 im Corps Onoldia aktiv.[3] Von jeher an Studentengeschichte interessiert, ist er seit 1999 der dienstälteste Schriftleiter von Einst und Jetzt, dem Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung. Er gehört zu den führenden Stammbuchkennern.
Werke
Trichterbrust
- Hümmer HP, Weber PG: Die „neue“ Erlanger Trichterbrustkorrektur. Minimalisierung eines bewährten Verfahrens. Zentralblatt f. Chirurgie 131 (2006), S. 493–498
- Weber PG, Huemmer HP, Reingruber B.: Forces to be overcome in correction of pectus excavatum. The Journal of Thoracic and Cardiovascular Surgery 132 (2006), S. 1369–1373
- Beier JP, Weber PG, Reingruber B, Hümmer HP, Kneser U, Dragu A, Horch RE, Bach AD: Aesthetic and functional correction of female, asymmetric funnel chest – A combined approach. Breast 18 (2009), S. 60–65
- Hümmer HP, Reingruber B, Weber PG, Knorr C: Indikation und Technik der „minimal-invasiven“ Trichterbrustkorrektur. Chirurgische Allgemeine 4 (2010), S. 193–201 und 5 (2010), S. 277-284
Aufklärung
- The Programmed Physician. Indication and Explanatory Instruction Duty in Pediatric Surgery. Monatsschrift für Kinderheilkunde 130 (1982), S. 311 ff.
- Aufklärungspflicht vor ambulanten Operationen aus chirurgischer Sicht. ambulant operieren 2 (2007), S. 83–88 (mit P. Klein)
Studentengeschichte
- Tradition und Zeitgeist an der Wiege der Burschenschaft. Eine Bestandsaufnahme aus corpsstudentischer Sicht. Einst und Jetzt, Bd. 37 (1992), S. 93–113.
- Ewigkeit geschwor’nen Eyden. 200 Jahre Corps Onoldia. Erlangen-Nürnberg 1998 (ISBN 3-00-003028-X)
- Die Entstehung der Corps im Zeichen des klassischen Idealismus, in: Baum Rolf-Joachim (Hg.): Wir wollen Männer, wir wollen Taten. Kösener Festschrift. Berlin 1998, S. 15–44 (ISBN 3-88680-653-7)
- Erlangen – ein frühes Zentrum des NS-Studentenbundes. Einst und Jetzt, Bd. 45 (2000), S. 177–214
- Georg Friedrich Hildebrandt (1764–1816). Ein Erlanger Professor der Medizin und Naturwissenschaften und sein Göttinger Stammbuch. Einst und Jetzt, Bd. 52 (2007; ISSN 0420-8870), S. 85–146.
- Der [Erlanger und Jenenser] „Burschen-Comment“ des Martialis Schluck von Raufenfels. Die lateinische Fassung von 1780 und ihre erste deutsche Übersetzung von 1798. Einst und Jetzt, Bd. 52 (2007; ISSN 0420-8870) S. 13–56
- mit Michaela Neubert: „Wilhelm Schmiedebergs Blätter der Erinnerung (1835–1839).“ Ein Beitrag zur studentischen Memorialkultur an der Albertus-Universität Königsberg, hg. vom Verein für corpsstudentische Geschichtsforschung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hochschulkunde an der Universität Würzburg und der Deutschen Gesellschaft für Hochschulkunde. Würzburg und Neustadt an der Aisch 2013 – 364 S., ca. 200 meist farbige Abbildungen, Graphiken und Tabellen. ISBN 978-3-87707-872-3.
Miszellen
- Nur ein Medizyniker. Poetische Seitensprünge meiner Wachsaalzeit – „systemkritische“ Gedichte[4]
- Tricherbrustkorrektur nach Willibald – Karikaturen
- Elpís – Denn nur die Hoffnung ist unsterblich. Eine Götterkomödie. Hg. aus dem Nachlass des Ritters Amphortas v. Muselvatsch. VDS Schmidt, Neustadt an der Aisch 2013. 300 S., 25 Abb. ISBN 978-3-87707-887-7
Weblinks
- Literatur von und über Hans Peter Hümmer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Trichterbrustzentrum Regensburg
- Einst und Jetzt – Verein für corpsstudentische Geschichtsforschung
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Dissertation: Zur quantitativen Quecksilberbestimmung im menschlichen Körper unter besonderer Berücksichtigung der modernen Umweltexposition
- ↑ Habilitationsschrift: Experimentelle und klinische Untersuchungen zur stadien- und formgerechten Korrektur der Trichterbrust
- ↑ Kösener Corpslisten 1971, 23, 1311
- ↑ Mit seinen Satiren machte Hümmer sich nicht nur Freunde.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Hümmer, Hans Peter |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kinderchirurg, Hochschullehrer und Studentenhistoriker |
| GEBURTSDATUM | 24. August 1943 |
| GEBURTSORT | Unterasbach, Mittelfranken |