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Ausländerkriminalität

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Die Ausländerkriminalität ist ein kriminologischer Begriff, der sich auf Straftaten bezieht, die von Ausländern begangen werden. Das Bundeskriminalamt hat bereits im Jahre 1988 eine Studie mit dem Titel Ausländerkriminalität in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben;[1] insofern handelt es sich um einen offiziellen polizeilichen Terminus. Der Begriff wird zum Teil auch als politisches Schlagwort mit fremdenfeindlicher Tendenz verwendet.

Grundlagen

Ausländerkriminalität ist eine Deliktgruppe, die insbesondere im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht und der Asylpolitik zu einem Schlagwort geworden ist. Im „geeinten Europa“ der Europäischen Union bezieht sich der Ausdruck primär nicht auf EU-Ausländer, sondern Drittausländer – und, wie auch Kriminalität im Allgemeinen, auf Straftaten, nicht aber auf Ordnungswidrigkeiten (also etwa eine Geschwindigkeitsübertretung eines Italieners in Österreich). Daneben umfasst er das Phänomen Kriminalitätsimport im Zusammenhang mit den veränderten Reisefreiheiten und -beschränkungen in Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen. Basis ist das Haager Programm der EU von 2005.

Für die aktuellen strafrechtlichen Entwicklungen durch grenzüberschreitende organisierte Kriminalität ist die Frage der Täter- und Mittäterschaft von Ausländern wenig relevant. Basis dieser Deliktklasse ist die UN-Resolution Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität A/RES/55/25 vom 15. November 2000[2], von der EU mit Beschluss 2004/579/EG des Rates vom 29. April 2004 (Amtsblatt L 261 vom 6. August 2004) abgeschlossen,[3] von der Schweiz ratifiziert 27. Oktober 2006.[2]

Eine Vergleichsstudie des „Berliner Forum Gewaltprävention“[4] geht bei der Suche nach Ursachen für Ausländerkriminalität von einer Wechselwirkung verschiedener Faktoren aus:

„Es gibt heute keinen ernstzunehmenden Zweifel mehr, dass die Merkmale „Staatsangehörigkeit“ oder „Ethnie“ für die Erklärung von Kriminalität bedeutungslos sind. Dies gilt natürlich auch für den Begriff des „Ausländers“, der „sich aus der Differenz zwischen der Staatsangehörigkeit eines Individuums und seinem momentanen geographischen Standort ergibt. Für die Annahme, dass dies eine Ursache für Kriminalität sein sollte, existiert kein einziger triftiger Grund.“[5]

Weiter heißt es:

„Ein Vergleich verschiedener europäischer Staaten zeigt, daß jeweils andere Minderheiten durch eine besondere Auffälligkeit im Bereich der Jugenddelinquenz gekennzeichnet sind. In Deutschland und der Schweiz fallen Jugendliche aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien durch eine besonders hohe Gewaltbelastung auf. In den Niederlanden sind marokkanische Jugendliche seit längerem weit überdurchschnittlich vertreten, während türkische Jugendliche mit einer vergleichbaren Migrationsgeschichte und sozialen Lebenssituation nicht auffällig sind. In England und Wales gibt es bemerkenswerte Differenzen zwischen der hohen Auffälligkeit von Jugendlichen, die aus dem karibischen Raum stammen, und der außerordentlich geringen Auffälligkeit von Jugendlichen aus Pakistan, Indien und Bangladesh, die etwa zur gleichen Zeit eingewandert sind und von denen sich viele in einer schwierigeren sozialen Lage befinden.[6] [Es scheint], als müßten wir zum Verständnis der Kriminalitätsproblematik bei immigrierten Minderheiten von einer komplexen Wechselwirkung zwischen gesellschaftlichen Dynamiken im Herkunftsland, spezifischen Mustern der Migration selbst und den neu entstehenden Lebensumständen im Gastland ausgehen.“[7]

Der Deutsche Presserat bestimmt in Ziffer 12.1 („Berichterstattung über Straftaten“) seines „Pressekodex“:[8]

„In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.
Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“

Deutschland

In Deutschland ist die Ausländerkriminalität ein kriminologischer Begriff, der sich auf Straftaten bezieht, die von Nichtdeutschen im Sinne von Art. 116 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland begangen werden.

Methodische Probleme

Aus dem relativ hohen Anteil von Ausländern unter den Tatverdächtigen, den Verurteilten und den Strafgefangenen (s. u.) ziehen viele die Schlussfolgerung, dass Ausländer generell eine stärkere Neigung als Deutsche dazu hätten, Straftaten zu begehen. Bei der Auswertung der Statistiken sind allerdings einige methodische Probleme zu beachten:

Fragestellung: Vergleich der in Deutschland Wohnenden

Wenn man die deutsche mit der ausländischen Wohnbevölkerung in Deutschland vergleichen will, dann müssen Straftaten aus der Statistik herausgefiltert werden, die von ausländischen Touristen (33.184 von 462.378 nicht-deutschen Tatverdächtigen waren 2009 Touristen[9]), Durchreisenden oder sich aus anderen Gründen nur vorübergehend in Deutschland aufhaltenden Menschen verübt werden. Insbesondere die Verbrechen von Angehörigen der organisierten Kriminalität fallen in diese Kategorie, die zwischen einem Viertel und einem Drittel der von Ausländern begangenen Straftaten ausmacht. 12,6 Prozent der ausländischen Tatverdächtigen gehörten 2006 zu der von keiner Statistik erfassten Gruppe der Ausländer, die sich illegal in Deutschland aufhielten.[10] Aus der Statistik herauszufiltern sind auch Fälle, in denen Menschen in Deutschland Opfer von Straftaten werden, die vom Ausland aus begangen werden (z. B. in Form von Internetkriminalität, die durch ausländische Server ermöglicht wird).

Auffällig ist, dass 2007 17,3 Prozent der 490.278 nicht-deutschen Tatverdächtigen der Kategorie „Arbeitnehmer“ angehörten,[11] während insgesamt der Anteil der Arbeitnehmer unter der Menge aller 2.294.883 Tatverdächtiger nur 3,7 Prozent betrug.[12] Zwar gerieten ausländische Arbeitnehmer nicht so leicht unter Tatverdacht wie die Gesamtmenge der Ausländer (21,4 Prozent aller Tatverdächtigen waren 2007 Ausländer), aber der Besitz eines Arbeitsplatzes bewirkte bei Ausländern nicht in demselben Ausmaß wie bei der Vergleichsgruppe der Deutschen, dass sie nicht einer Straftat verdächtigt wurden.

Ausländerspezifische Straftaten

Herauszufiltern sind ferner Straftaten, die von Deutschen (mangels Vorteilen eines Verstoßes gegen Gesetze) nur selten begangen werden. So ist bei Statistiken zu prüfen, ob sie Straftaten gegen das Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz und das Freizügigkeitsgesetz/EU berücksichtigen. Solche Straftaten werden fast ausschließlich durch Ausländer begangen. Bei 17,5 % (2005: 16,6 %) aller nichtdeutschen Tatverdächtigen wurde 2006 wegen Verstoßes gegen das Aufenthalts-, das Asylverfahrens- und das Freizügigkeitsgesetz/EU ermittelt.[13] Der hohe Anteil von Ausländern am Delikt Urkundenfälschung (40 Prozent[10]) steht oft im Zusammenhang mit dem Wunsch, sich eine Grundlage für einen Aufenthalt in Deutschland zu verschaffen (diese Grundlage besitzen Deutsche durch ihren Inländerstatus von vornherein).

Straffälligkeit, Auffälligwerden und Anzeigebereitschaft

Zu berücksichtigen ist ferner, dass nicht jede Straftat angezeigt wird und sich nicht jeder Verdacht bestätigt. Ausländer geraten auf Grund von Vorurteilen bei Verbrechen oft schnell unter Tatverdacht (Tatverdachteffekt)[14] und werden bei Straftaten auch eher angezeigt als Deutsche (Anzeigeeffekt).[15]

Wenn sich das Anzeigeverhalten der Bevölkerung oder die Verfolgungsintensität der Polizei verändert, so kann sich die Grenze zwischen Hellfeld und Dunkelfeld verschieben, ohne dass eine Änderung des Umfangs der tatsächlichen Kriminalität damit verbunden sein muss.[16][17]

Sozialer Status

Ausländer gehören im Vergleich zu Deutschen häufiger einkommensschwachen und in prekären sozialen Verhältnissen lebenden Bevölkerungsschichten an, die auch bei Deutschen zu einer verstärkten Neigung zur Kriminalität führen.

Statistiken

Im statistischen Vergleich zeigt sich, dass der Anteil der Ausländer, die einer Straftat verdächtigt werden (Tatverdächtige), deutlich höher ist, als es entsprechend ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung zu erwarten wäre. Dies ist teilweise, aber nicht vollständig, darauf zurückzuführen, dass in der polizeilichen Kriminalstatistik kein Unterschied gemacht wird zwischen in Deutschland wohnhaften Ausländern und nicht in Deutschland wohnhaften Ausländern. Ausländer, die nicht in Deutschland wohnhaft sind und eine Straftat begehen, sorgen so für eine Überrepräsentierung. Umgekehrt gibt es nur vergleichsweise wenige Deutsche, die nicht in Deutschland wohnhaft sind und dort eine Straftat begehen. Ein weiterer Erklärungsansatz ist die soziale Lage. Wenn man den Faktor soziale Lage statistisch herausrechnet, also die Kriminalitätsrate von in Deutschland wohnhaften Ausländern und Inländern nur jeweils innerhalb derselben Schicht vergleicht, dann sind in Deutschland wohnhafte Ausländer sogar insgesamt weniger kriminell.[18]

Deliktgruppe Aufklärungsrate Anzahl Straftaten davon Ausländer in % Bevölkerungsanteil
Mord und Totschlag 95,5 % 5.889 1.457 24,7 % 8,8 %
Körperverletzung 83,2 % 159.512 38.128 23,9 %
Vergewaltigung 82,9 % 6.868 2037 29,7 %
Diebstahl 29,7 % 536.198 111.807 20,9 %
Raub, räuberische Erpressung 51,5 % 33.988 9786 28,8 %
Verbrechen gegen die Umwelt 57,9 % 11.859 1.507 12,7 %


Anteil ausländischer Tatverdächtiger bei verschiedenen Verbrechenskategorien des Jahres 2006. Quelle: Statistisches Bundesamt[19]

Der Anteil der Ausländer an den rechtskräftig Verurteilten betrug 2006 bundesweit 23 Prozent.[20] Auch unter den Strafgefangenen sind Ausländer deutlich überrepräsentiert: Der Anteil der Gefangenen ausländischer Staatsangehörigkeit an der Gesamtbelegung der Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen beträgt rund 28 Prozent.[21]

Unter Berücksichtigung der methodischen Einschränkungen ist festzustellen, dass der einzige Teil der ausländischen Wohnbevölkerung, der tatsächlich unbestrittenermaßen eine höhere Neigung zu kriminellen Handlungen als die deutsche Vergleichsgruppe hat, im Bereich der Jugendkriminalität liegt; insbesondere sind hier 14- bis 17-Jährige Ausländer betroffen.

Begründet wird die Anfälligkeit junger männlicher Ausländer für kriminelle Verhaltensweisen im Allgemeinen mit Sprachproblemen, Problemen bei der Identitätsbildung und fehlenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt.[22]

Herkunft Intensivtäter mit Migrationshintergrund in Berlin

Roman Reusch, Oberstaatsanwalt in Berlin und zuständig für die Strafverfolgung von Intensivtätern, hat folgende Erklärung:

„Die Täter stammen […] von wenigen Ausnahmen abgesehen aus sozial randständigen Familien, insbesondere solchen mit bildungsfernem Hintergrund. […] Die ethnischen Deutschen [stammen] regelmäßig aus Familienverhältnissen, welche üblicherweise als kriminalitätsfördernd beschrieben werden. Alkoholmißbrauch, fehlende Zuwendung für die Kinder, Gewalt innerhalb der Familie etc. bestimmen das Bild und damit die Kindheit und Jugend der dort aufgewachsenen Täter. Hiervon unterscheiden sich die Familienverhältnisse der orientalischstämmigen Täter meist deutlich. Hier findet man vorwiegend Familien vor, die sich selbst keineswegs als irgendwie auffällig empfinden oder gar beschreiben würden, sondern die sich mehr oder minder nahtlos in die übrigen Migrantenfamilien ihres Wohngebietes einordnen und die – gemessen an den eigenen Maßstäben – meist auch über halbwegs intakte familiäre Strukturen verfügen. Übereinstimmendes Merkmal zwischen den verschiedenen orientalischen Ethnien dürfte die Gewaltanwendung des männlichen Familienoberhauptes gegenüber seiner Familie sein. Körperliche Züchtigungen, auch heftige Schläge, sind, wie die jungen Migranten immer wieder berichten, gängige Erziehungspraxis. Dem devianten Verhalten ihrer Söhne stehen diese Familien teils unwissend, teils verharmlosend, aber auch hilflos gegenüber. Die heimatliche Tradition verbietet es geradezu, Hilfen von außerhalb, noch dazu eine solche des fremden Staates, zuzulassen oder gar zu erbitten. Bei [einigen] türkischkurdisch-libanesischen Großfamilien muss zudem davon ausgegangen werden, dass dort keineswegs selten eine konsequente Erziehung zur professionellen Kriminalitätsausübung stattfindet.“[23]
Allgemeine Kriminalitätsentwicklung nach rechtskräftigen Urteilen in der Bundesrepublik Deutschland 1976–2002[24]
Jahr verurteilte Straftaten Straftaten ohne Straftaten im Straßenverkehr Vergewaltigung gefährliche/schwere Körperverletzung Raub/Erpressung Drogen Mord/Totschlag
1976 699.339 388.767 1186 12.785 5099 8798 774
1977 722.966 397.220 1190 13.126 5196 10.266 707
1978 739.044 407.000 1162 13.247 5535 10.426 688
1979 718.779 397.866 1166 13.184 5560 12.056 677
1980 732.481 403.181 1177 13.844 5294 14.786 682
1981 747.463 425.849 1310 15.118 6078 17.054 684
1982 772.194 459.689 1303 16.273 6983 17.105 861
1983 784.657 477.093 1333 15.520 7283 17.802 861
1984 753.397 465.789 1316 14.947 7165 18.274 840
1985 719.924 452.291 1180 14.078 6641 17.435 813
1986 705.348 445.446 1156 13.436 6484 17.145 705
1987 691.394 437.611 1161 12.853 5892 19.796 757
1988 702.794 445.870 1110 13.087 5806 21.629 692
1989 693.499 436.832 1017 12.500 5698 23.170 598
1990 692.363 433.682 923 12.805 5604 24.295 565
1991 695.118 432.662 897 12.769 6359 27.781 564
1992 712.613 451.014 1014 13.267 6678 28.516 651
1993 760.792 498.764 1053 14.002 7337 29.086 640
1994 765.397 501.386 1124 14.914 7592 29.494 730
1995 759.989 497.935 1021 15.290 8079 31.393 746
1996 763.690 511.818 1010 16.301 9359 37.024 760
1997 780.530 530.311 1009 17.593 10388 41.332 804
1998 791.549 554.127 18.388 10875 42.377 869
1999 759.661 545.444 18.411 10076 45.033 724
2000 732.733 522.839 19.917 9606 45.090 700
2001 718.702 517.118 786 20.399 9150 45.963 734
2002 719.751 522.916 824 21.358 9535 45.598 613
Prozentualer Anteil ausländischer Verurteilter an allen rechtskräftig Verurteilten in der Bundesrepublik Deutschland 1976–2002 [25]
Jahr verurteilte Straftaten Straftaten ohne Verkehrsdelikte Vergewaltigung Mord/Totschlag gefährliche/schwere Körperverletzung Raub/Erpressung Drogen
1976 10,48 11,79 14,33 27,00 12,07 9,20 13,18
1977 10,01 11,22 17,31 25,04 12,14 9,28 12,04
1978 9,89 11,15 18,24 24,27 12,24 9,70 13,30
1979 10,37 11,95 17,75 22,01 12,17 9,48 13,80
1980 11,41 13,38 19,97 23,17 12,81 10,99 13,95
1981 12,25 14,34 21,53 25,73 14,12 12,75 15,91
1982 12,06 13,81 21,80 27,53 14,13 13,10 14,60
1983 11,34 13,04 20,18 25,55 14,01 13,77 16,78
1984 11,14 12,90 20,29 24,64 12,52 13,55 17,11
1985 11,58 13,60 19,75 20,17 13,01 15,52 17,45
1986 12,58 14,99 19,64 22,84 14,34 16,83 18,43
1987 13,68 16,46 22,91 21,40 16,25 18,97 18,57
1988 14,71 17,73 22,79 22,83 17,92 20,36 18,88
1989 16,20 19,56 21,14 23,75 18,35 23,01 19,98
1990 17,77 21,59 24,05 26,02 20,58 28,00 21,47
1991 19,78 24,34 27,20 28,55 22,68 32,30 22,75
1992 23,58 28,45 28,80 25,96 27,28 34,28 24,77
1993 29,07 34,41 35,52 33,75 29,52 35,90 28,64
1994 28,95 33,71 36,03 36,85 31,47 37,63 30,54
1995 27,35 31,40 32,71 34,45 32,21 39,27 30,57
1996 27,15 31,26 33,17 35,53 32,99 39,10 28,66
1997 26,88 31,13 37,17 36,07 33,65 38,65 28,47
1998 26,08 29,81 36,25 32,41 37,20 27,62
1999 25,54 28,96 37,29 29,58 34,73 26,07
2000 24,82 27,91 34,14 28,88 33,85 24,52
2001 23,73 26,45 29,64 37,87 26,57 32,61 22,59
2002 24,25 26,72 32,04 32,14 26,87 33,55 23,39

Schweiz

Statistiken

Von der Wohnbevölkerung in der Schweiz waren 2009 22,0 %, d. h. 1.714.000 Personen ausländische Staatsbürger. Die Schweiz hat nach Luxemburg und Liechtenstein den drittgrößten Ausländeranteil in Europa (der Anteil liegt innerhalb der EU durchschnittlich unter 10 %).[26]

Das Bundesamt für Statistik publizierte basierend auf der polizeilichen Kriminalstatistik 2009[27] im September 2010 erstmals eine Liste der Kriminalitätsrate nach Nationalität. Die Kriminalitätsrate von Schweizer Bürgern wurde dabei auf 1 normiert und die relative Kriminalitätsrate der einzelnen Nationalitäten im Vergleich dazu angegeben. Erfasst werden Männer im Alter zwischen 18 und 34 Jahren (die universell am höchsten delinquente Bevölkerungsgruppe; damit werden Verzerrungen durch unterschiedliche demographische Zusammensetzungen der Angehörigen der einzelnen Nationalitäten vermieden), gegen die 2009 eine Beschuldigung wegen einer Verletzung des Strafgesetzes erhoben wurde.[28]

Spitzenreiter sind Angolaner mit einer Rate von 6,3, gefolgt von Nigeria (6,2) und Algerien (6,0). Der Durchschnitt aller ausländischen Nationalitäten liegt bei 1,6. Die höchste Rate eines Europäischen Landes liegt bei 3,1 (das ehemalige Serbien-Montenegro[29]). Der höchste Wert eines EU-Landes liegt bei 1,3 (Portugal).

Eine tiefere Rate als die Schweiz (definitionsgemäß 1,0) haben aus den 26 erfassten Nationalitäten nur Österreich (0,8), Frankreich (0,7) und Deutschland (0,6). Die Nachfolgestaaten von Jugoslawien, denen eine wesentliche Rolle in der politischen Auseinandersetzung um Ausländerkriminalität zukommt, kommen auf Raten zwischen 2,3 und 3,1.[30]

Der Anteil der zum Stichtag im Jahr 2012 inhaftierten Ausländer in der Schweiz betrug 73,8 % von insgesamt 6.599 Inhaftierten.[31] Allerdings beinhaltet diese Zahl auch Ausländer in Untersuchungs- oder in Ausschaffungshaft. Dagegen ist der Anteil der Ausländer an den strafrechtlich Verurteilten regelmäßig wesentlich geringer (1998: 46,3 %). Mit dem Anteil der Ausländer an der Schweizer Wohnbevölkerung darf diese Prozentzahl jedoch nicht verglichen werden, denn über die Hälfte dieser verurteilten Nichtschweizer (26,7 % der Verurteilten im Jahr 1998) hat keinen Wohnsitz in der Schweiz und ist somit in der Bezugsgröße der Schweizer Wohnbevölkerung gar nicht enthalten.[32] Nimmt man nur die Verurteilten der Schweizer Wohnbevölkerung zur Grundlage, so beträgt der Anteil verurteilter Ausländer 27,2 % (bei einem Bevölkerungsanteil von 22 %). Der Großteil der Ausländerkriminalität in der Schweiz geht demnach nicht auf Einwanderer, sondern Gruppen wie Durchreisende, Asylbewerber und Touristen zurück, wobei von diesen allein 32 % nur aufgrund von Verstössen gegen das Ausländergesetz verurteilt wurden.[33]

Schon 1996 wies das Bundesamt für Statistik nach, dass ausländische Einwohner der Schweiz zwar öfter straffällig werden, dies aber vor allem durch Verstösse gegen spezielle Ausländergesetze und die unterschiedliche Altersstruktur und Geschlechterverteilung (mehr Männer) hervorgerufen wird. Berücksichtigt man dies, gebe es hinsichtlich der Kriminalität kaum Unterschiede zwischen Schweizer und Nichtschweizer Wohnbevölkerung.[34]

Politische Relevanz

„Ausländerkriminalität“ kam bereits 1997 auf das politische Tapet, als erstmals der Anteil der Schweizer an den strafrechtlichen Verurteilungen unter 50 % lag (bei 80 % Anteil an der Wohnbevölkerung; der Anteil stieg 2001 nochmals auf 50,8 % an, und fluktuierte seither zwischen 46,9 % und 48,8 %). 1999 beauftragte das Justiz- und Polizeidepartement eine Arbeitsgruppe „Ausländerkriminalität“, die 2001 in ihrem Bericht darlegte, dass die Verurteilungsrate unter Asylbewerbern etwa 12 Mal höher, diejenige von Ausländern mit Aufenthaltsbewilligung dagegen etwa doppelt so hoch sei wie die von Schweizer Bürgern. Gleichzeitig monierte die Arbeitsgruppe, dass keine nach Aufenthaltsstatus differenzierte und umfassende statistische Analyse der strafrechtlichen Registrierung ausländischer Personen erfasst wird.[35]

Die Ausländerkriminalität ist in der Schweiz „ein brisantes Thema in der öffentlichen Diskussion“.[36] Am 10. Juli 2007 lancierte die Schweizerische Volkspartei die eidgenössische Volksinitiative „für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)“, die beabsichtigte, die Ausschaffung von Ausländern zu vereinfachen. Sie kam zusammen mit einem direkten Gegenentwurf am 28. November 2010 zur Abstimmung und wurde mit einer Mehrheit von 52,9 Prozent angenommen.[37]

Die erstmalige Publikation einer Statistik zur Ausländerkriminalität im September 2010 wurde von Politikern kommentiert. Aufgrund der deutlichen höheren Kriminalität von Männern aus nicht-EU-Staaten, kündigte FDP-Nationalrat Philipp Müller parlamentarische Initiativen an, mit dem Ziel der Einschränkung der Einwanderung aus Nicht-EU-Staaten. Der Direktor des Bundesamts für Migration, Alard du Bois-Reymond, bezeichnete die "Deutlichkeit des Bildes", vor allem das schlechte Abschneiden der Afrikaner, als „frappierend“.

Literatur

Deutschland:

Schweiz:

Einzelnachweise

  1. Ausländerkriminalität in der Bundesrepublik Deutschland, COD-Literatur-Reihe Band 08, Bundeskriminalamt 1988
  2. a b Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Schweizer Fassung SR 0.311.54), admin.ch
  3. Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die organisierte Kriminalität, SCADplus
  4. Frank Gesemann: Migration, ethnische Minderheiten und Gewalt: Ein Forschungsüberblick (PDF; 392 kB)
  5. Eisner, Manuel: 1997, Das Ende der zivilisierten Stadt? Die Auswirkungen von Modernisierung und urbaner Krise auf Gewaltdelinquenz. Frankfurt/New York.
  6. Tonry, Michael (Hrsg.): 1997, Ethnicity, Crime, and Immigration. Comparative and Cross-National Perspectives (Crime and Justice: A Review of Research, Vol. 21). Chicago/London.
  7. Eisner, Manuel: 1997, Das Ende der zivilisierten Stadt? Die Auswirkungen von Modernisierung und urbaner Krise auf Gewaltdelinquenz. Frankfurt/New York.
  8. http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf
  9. Bundeskriminalamt: Polizeiliche Kriminalstatistik 2009. S. 435, Tabelle T61
  10. a b Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags: Ausländer- und Jugendkriminalität S. 8 (PDF; 161 kB)
  11. Bundeskriminalamt: Polizeiliche Kriminalstatistik 2007. S. 116
  12. Bundeskriminalamt: Polizeiliche Kriminalstatistik 2007. S. 118, Tabelle T78 (PDF)
  13. vgl. die Gegenüberstellung in Bundeskriminalamt: PKS Berichtsjahr 2006 Nichtdeutsche Tatverdächtige. S. 1
  14. Fritz Sack: Ausländerkriminalität“ – Ihre Instrumentalisierung durch Politik, Medien und ihre „Klienten“. In: Andreas Heinz, Ulrike Kluge (Hg.): Einwanderung - Bedrohung oder Zukunft? Campus Verlag, Frankfurt/Main 2012, S. 313 f.
  15. Bundeszentrale für politische Bildung: Ausländerkriminalität
  16. Florian Gathmann: So kriminell ist Deutschland. In: Der Spiegel vom 22. Mai 2008
  17. Henning Ernst Müller: Die ewig falsch verstandene „Polizeiliche Kriminalstatistik. Kommentar vom 22. Mai 2008
  18. Geißler, Rainer (2008): Der „kriminelle Ausländer“ – Vorurteil oder Realität? Zum Stereotyp des „kriminellen Ausländers“, in: IDA – NRW (Hg.): Überblick 1/2008, 14. Jg., S. 3–9.
  19. Statistisches Jahrbuch 2006
  20. Statistisches Bundesamt: Justiz auf einen Blick 2008. S. 16
  21. Justizministerium Nordrhein-Westfalen: Ausländer im Strafvollzug
  22. Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung
  23. Reusch, Roman: Migration und Kriminalität. Rechtstatsächliche und kriminologische Aspekte und Lösungsansätze für eine erfolgreiche Integration. Vortrag auf der Tagung der Hanns-Seidl-Stiftung vom 7. bis 9. Dezember 2007 im Kloster Banz, S. 7 f. (PDF; 175 kB)
  24. Datentabelle: D.08 Verurteilte Deutsche / D.09 Verurteilte Ausländer, nach: Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.), 2003: Lange Reihen über verurteilte Deutsche und Ausländer nach Art der Straftat, Altersklassen und Geschlecht. Früheres Bundesgebiet einschl. Berlin-West (seit 1995 einschl. Gesamt-Berlin). 1976–2002. Wiesbaden (www.destatis.de).
  25. Errechnet nach Datentabelle: D.08 Verurteilte Deutsche / D.09 Verurteilte Ausländer, nach: Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.), 2003: Lange Reihen über verurteilte Deutsche und Ausländer nach Art der Straftat, Altersklassen und Geschlecht. Früheres Bundesgebiet einschl. Berlin-West (seit 1995 einschl. Gesamt-Berlin). 1976 - 2002. Wiesbaden (www.destatis.de).
  26. Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz, Bericht 2006. Bundesamt für Statistik (BFS)
  27. Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) Jahresbericht 2009
  28. „Die Statistik basiert auf der polizeilichen Kriminalstatistik und wurde in Beziehung zur Anzahl der in der Schweiz wohnhaften Personen der jeweiligen Gruppe gestellt.“ 20 Minuten, Die Afrikaner sind die kriminellsten Ausländer, 12. September 2009.
  29. die drei Staaten Serbien, Montenegro und Kosovo konnten nicht getrennt erfasst werden, da ihre Sezession noch nicht lange zurückliegt, und viele der beschuldigten Personen nicht über Papiere eines der drei Nachfolgestaaten verfügte.
  30. Tages-Anzeiger, Neue Statistik: Tamilen sind krimineller als Ex-Jugoslawen, 12. September 2010.
  31. http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/19/03/05/key/ueberblick/wichtigsten_zahlen.html
  32. Arbeitsgruppe Ausländerkriminalität (AGAK). Schlussbericht 5. März 2001 (PDF; 496 kB) S. 28.
  33. Arbeitsgruppe Ausländerkriminalität (AGAK). Schlussbericht 5. März 2001 (PDF; 496 kB) S. 6. – vgl. Statistik Schweiz News, Sind Ausländer krimineller als Schweizer? (Memento vom 23. Mai 2013 im Internet Archive), Pressemitteilung Nr. 42/1996 vom 10. Mai 1996
  34. Sind Ausländer krimineller als Schweizer? (Memento vom 23. Mai 2013 im Internet Archive), Pressemitteilung Nr. 42/1996 vom 10. Mai 1996
  35. Ausländerkriminalität in der Schweiz (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive), Bernhard Bircher.
  36. Ausländerkriminalität, „Vernunft Schweiz“.
  37. Eidgenössische Volksinitiative „für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)“.