Sufismus
Der Sufismus (arabisch تصوف, tasawwuf), veraltet auch Sufitum oder Sufik, ist die islamische Mystik.
Entwicklung
Die ersten Sufis soll es nach muslimischer Tradition schon zu Lebzeiten des Propheten Muhammad im 7. Jahrhundert gegeben haben. Sie waren oft einzelne Asketen, der bekannteste unter ihnen ist Uwais al-Qarani aus dem Jemen, der als Einsiedler in der Wüste lebte. Auf ihn soll der älteste Sufiorden zurückgehen. Wissenschaftliche Belege für diese frühen Sufis gibt es jedoch nicht.
Erst ab dem 12. Jahrhundert entwickelten sich die Ordensgemeinschaften (Tariqas), die größtenteils noch heute existieren, viele jedoch nicht mehr im Blickpunkt des öffentlichen Lebens. Die Zentren bzw. Versammlungsorte der Orden nennt man Khanqah (persisch خانگاه chānegāh und خانقاه chāneghāh), Dergah (persisch درگاه dargāh „Türschwelle“, „Palast“; osmanisch dergâh auch Derwischkonvent), Tekke (osmanisch تكيه tekke, tekye) oder Zawiya (arabisch زاوية zāwiya pl. زوايا zawāyā). Manchmal ist auch von Konventen oder Klöstern die Rede, man kann aber eine Tekke nicht mit der christlichen Vorstellung eines Klosters vergleichen.
Der Sufismus ist in den Augen heutiger Sufis lebendig geblieben und hat seine Dynamik bewahrt, weil er sich den Zeiten angepaßt hat und sich dementsprechend gewandelt hat. Gleichzeitig ist er aber der Essenz der Tradition treu geblieben, die die innere Ausrichtung des Herzens auf Gott sowie die Hingabe des Ego ist. Da Gesellschaften und Kulturen sich ständig weiterentwickeln und verändern, antwortet auch der Sufismus äußerlich gesehen auf diese Veränderungen. Hierzu ein Zitat:
„Sufismus ist die alte Weisheit des Herzens. Er ist nicht durch Form, Zeit oder Raum begrenzt. Er war immer und wird immer sein.“
Etymologische Herkunft
Etymologisch ist unklar, ob das Wort Sufi von arabisch suf صوف – „Schurwolle“, das auf die wollenen Gewänder der Sufis hinweist, oder von safa صفا – „rein“ stammt. Eine andere Erklärung bietet auch der Begriff ahl as-suffa, was „Leute der Veranda“ bedeutet. Dies bezieht sich auf die Gruppe von Personen, die sich zu Lebzeiten Mohammeds um den Propheten scharten und wahrscheinlich in Armut lebten. Es wird außerdem behauptet, dass das Wort Sufismus auf die Leute der ersten (Gebets-)Reihe (saff-i awwal) hindeuten kann.
Andere, vor allem westliche Vertreter eines „universellen Sufismus“, bringen es wiederum mit dem griechischen Wort sophia („Weisheit“) in Verbindung.
Lehre
Obwohl manche Sufi-Orden als sunnitisch oder schiitisch, andere beides, klassifiziert werden können, gibt es einige, die keiner der beiden islamischen Glaubensrichtungen zuordenbar sind und damit einen separaten Bereich des muslimischen Glaubens darstellen. Die meisten Sufis bewegen sich aber innerhalb des orthodoxen Islams von Sunna aus Schia.
Ihr Weg folgt vier Stufen, die auf die Prägung aus dem indischen Raum verweisen; bis heute ist jedoch offen, wie und in welche Richtung diese Beeinflussung historisch verlief:
- Auslöschen der sinnlichen Wahrnehmung.
- Aufgabe des Verhaftetseins an individuelle Eigenschaften.
- Sterben des Ego.
- Auflösung in das göttliche Prinzip.
Das oberste Ziel der Sufis ist, Gott so nahe zu kommen wie möglich und dabei die eigenen Wünsche zurückzulassen. Dies spiegelt sich klar in dem Prinzip zu sterben bevor man stirbt wieder, das überall im Sufismus verfolgt wird. Hierzu versuchen die Sufis, die Triebe der niederen Seele bzw. des tyrannischen Ego (an-nafs al-ammara) so zu bekämpfen, dass sie in positive Eigenschaften umgeformt werden. Auf diese Weise kann man einzelne Stationen durchlaufen, deren höchste die reine Seele (an-nafs al-safiya) ist. Diese letzte Stufe bleibt jedoch ausschließlich den Propheten und den vollkommensten Heiligen vorbehalten.
Dazu ein Zitat von Abu Nasr as-Sarradsch, einem Zeitgenossen des bekannten islamischen Mystikers Dschunaid: „Sufismus bedeutet, nichts zu besitzen und von nichts besessen zu werden.“
Oder eine etwas ausführlichere Beschreibung von Abu Said: „Sufismus ist Ruhm im Elend, Reichtum in der Armut, Herrschaft in Dienstbarkeit, Sättigung im Hunger, Leben im Tode und Süße in der Bitterkeit... Der Sufi ist der, der mit allem zufrieden ist, was Gott tut, so dass Gott mit allem zufrieden ist, was er tut.“
Viele Sufis, so sie nicht Anhänger einer strengen Scharia sind, glauben, dass in allen Religionen eine grundlegende Wahrheit zu finden ist und dass die großen Religionen von ihrem Wesen/Geist her dasselbe sind. Manche Sufis gehen deswegen sogar so weit, dass sie den Sufismus nicht innerhalb des Islam (also einer Religion) angesiedelt sehen, sondern dass die Mystik über der Religion steht, ja diese sogar bedingt.
Der Weg des Derwisch
Der Begriff Derwisch leitet sich her vom persischen Wort dar („Tor“, „Tür“), ein Sinnbild dafür, dass der Bettler von Tür(schwelle) zu Tür(schwelle) wandert. In der sufischen Symbolik bedeutet dies auch die Schwelle zwischen dem Erkennen der diesseitigen irdischen (materiellen, siehe auch dunya) und der jenseitigen göttlichen Welt.
Die volle persische Übersetzung für Derwisch (persisch درويش darwīsch) ist „Bettler“. Dabei ist es aber nicht unbedingt wörtlich zu verstehen, dass jeder Sufi ein Bettler ist; sondern dieser Begriff dient auch als Symbol dafür, dass derjenige, der sich auf dem Weg des Sufismus befindet, seine eigene „Armut gegenüber Gottes Reichtum“ erkennt.
Auf dem Weg eines Derwisch gibt es folgende Stationen, die er zu meistern versucht:
- Schari'a („islamisches Gesetz“)
- Tariqa („der mystische Weg“)
- Haqiqa („Wahrheit“)
- Ma'rifa („Erkenntnis“)
(In der Alevi-Bektaschi-Glaubenslehre kommt Ma'rifa vor Haqiqa.)
Die Sufis sehen diese Stationen auch als „Türen“ auf dem Weg zu Gott, die sich aber nicht neben-, sondern hinter-, oder besser noch „ineinander“ befinden. Man muss also erst eine Tür durchschritten haben, bevor man daran arbeiten kann, die nächste in Angriff zu nehmen.
Ibn Arabi beschreibt die vier Stationen folgendermaßen: Auf dem Niveau von Schari'a gibt es „dein und mein“. Das heißt, dass das religiöse Gesetz individuelle Rechte und ethische Beziehungen zwischen den Menschen regelt. Auf dem Niveau von Tariqa „ist meins deins und deins ist meins“. Von den Derwischen wird erwartet, dass sie sich gegenseitig als Brüder und Schwestern behandeln, den jeweils anderen an seinen Freuden, seiner Liebe und seinem Eigentum teilhaben lassen. Auf dem Niveau der Wahrheit (Haqiqa) gibt es „weder meins noch deins“. Fortgeschrittene Sufis erkennen, dass alle Dinge von Gott kommen, dass sie selbst nur die Verwalter sind und in Wirklichkeit nichts besitzen. Diejenigen, die die Wahrheit erkennen, interessieren sich nicht für Besitz und Äußerlichkeiten im Allgemeinen, Bekanntheit und gesellschaftlichen Stand inbegriffen. Auf dem Niveau der Erkenntnis (Ma'rifa) gibt es „kein ich und kein du“. Der einzelne erkennt, dass nichts und niemand von Gott getrennt ist. Dies ist das oberste Ziel des Sufismus.
Der Sheikh
In der sufischen Tradition ist es wichtig, dass das Wissen durch eine „lebendige Linie“ übertragen wird. Deswegen ist es für einen Derwisch unerlässlich, sich der geistigen Führung eines Lehrers (Sheikh) anzuvertrauen, der durch eine Überlieferungskette (Silsila) bis über den Propheten Mohammed mit der göttlichen Wissensquelle verbunden ist.
Der Sheikh leitet in gemeinsamen Zusammenkünften mit seinen Derwischen nicht nur den Dhikr, sondern er gibt jedem seiner Schüler meist auch individuelle spirituelle Übungen, die dem Stand des einzelnen Derwisch entsprechen.
Entgegen der Meinung von Sufismus-Kritikern wird ein authentischer Sheikh nie die Personenverehrung fördern. Er zieht zwar als Lehrer die Aufmerksamkeit auf sich, aber dann wird er von sich weg zum Ewigen (=Allah) weisen. Es ist deshalb die Aufgabe des Sheikh zu verhindern, dass der Schüler sich dem Ego (nafs) oder der Persönlichkeit des Lehrers hingibt.
Der Weg
Im Sufismus wird oft das Symbol der Rose gebraucht. Diese stellt die oben genannten Stufen auf dem Weg eines Derwisch folgenderweise dar: Die Dornen stehen für die Schari'a, das islamische Gesetz, der Stängel ist Tariqa, der Weg. Die Blüte gilt als Symbol für Haqiqa, der Wahrheit, die schließlich den Duft, Ma'rifa, die Erkenntnis, in sich trägt.
Hierbei lässt sich folgende Sichtweise der Sufis erkennen: Die Dornen schützen den Stängel, ohne sie könnte die Rose leicht von Tieren angegriffen werden. Ohne den Stängel haben die Dornen alleine aber auch keinerlei Bedeutung; man sieht hier also deutlich, dass die Sufis Schari'a und Tariqa unbedingt als zusammengehörig betrachten. Der Stängel ohne Blüte wäre nutzlos, und auch eine Blüte ohne Duft hätte keinen Zweck. Der Duft alleine ohne die Rose hätte aber ebenfalls keine Möglichkeit zu existieren.
Die Liebe
Der Mittelpunkt der sufischen Lehre ist die Liebe (arabisch hubb, 'ischq, mahabba), die immer im Sinne von „Hinwendung (zu Gott)“ zu verstehen ist. Die Sufis glauben, dass sich die Liebe in der Projektion der göttlichen Essenz auf das Universum ausdrückt. Dies lässt sich oftmals in den „berauschten“ Gedichten vieler islamischer Mystiker erkennen, die die Einheit mit Gott und die Gottesliebe besingen. Da diese poetischen Werke meist mit Metaphern durchsetzt sind, wurden sie in der Geschichte oft von islamischen Rechtsgelehrten argwöhnisch betrachtet. In ihren Augen haben sie ketzerische Aussagen, wenn beispielsweise der Suchende vom „Wein“ berauscht ist; wobei in der Symbolik des Sufismus der Wein für die Liebe Gottes steht, der Sheikh für den Mundschenk und der Derwisch für das Glas, das mit der Liebe gefüllt wird, um zu den Menschen getragen zu werden.
Al-Ghazali bezeichnet die Liebe zu Gott als die höchste der Stationen und sogar als das eigentliche Endziel der Stationen auf dem Weg zu Gott. Er sagt, dass nur Gott allein der Liebe würdig ist; die Liebe zu Muhammad nennt er jedoch als lobenswert, weil sie nichts anderes ist, als die Liebe zu Gott. Die Liebe zu den Gottesgelehrten und Frommen erwähnt er ebenfalls als lobenswert, denn „man liebt die jenigen, die den Geliebten lieben“.
Dhikr
Die Sufis suchen durch Askese und tägliche regelmäßige Meditation (Dhikr, das bedeutet „Gedenken“, also „Gedenken an Gott“, bzw. Dhikrullah) Gott nahe zu kommen oder mit Gott schon im irdischen Leben eins zu werden. Letzteres wird vom orthodoxen Islam und der ihr eigenen islamischen Rechtsprechung (Fiqh) zumindest kritisch betrachtet, wenn nicht gar als Gotteslästerung verdammt. Die Sufis sind aber auch andererseits oft dieser konservativen, manchmal verknöcherten, islamischen Rechtswissenschaft gegenüber kritisch eingestellt. Al-Hallaj, der mit Gott so eins geworden zu sein glaubte, dass er sagte: Ana al-Haqq („Ich bin die Wahrheit“), wurde von der Orthodoxie als Ketzer verdammt und öffentlich hingerichtet.
Kommen Sufis einem solchen Zustand nahe, geraten sie oft in Trance, wobei dies lediglich ein Nebeneffekt ist und nicht wie manchmal angenommen das Ziel des Dhikr. Einige wenige Sufigemeinschaften vollziehen in Trance verletzende Handlungen, wie etwa das Durchstechen der Wangen bei den Rifai-Derwischen, womit das vollkommene Vertrauen in Gott demonstriert wird. Ein weiteres bekanntes Beispiel für Trancezustände bei Sufis sind die so genannten drehenden Derwische der Mevlevi-Tariqa aus Konya in der heutigen Türkei, die sich während ihres Dhikr solange um die eigene Achse drehen, bis sie in Trance geraten.
Der Sufismus bietet also dem Suchenden nicht zuletzt durch den Dhikr eine Möglichkeit, das Göttliche in sich zu finden, bzw. wiederzuentdecken. Die Sufis glauben, dass Gott in jeden Menschen einen göttlichen Funken gelegt hat, der im tiefsten Herzen verborgen ist. Gleichzeitig wird dieser Funke auch durch die Liebe zu allem, was nicht Gott ist, verschleiert, genauso wie durch die Aufmerksamkeit gegenüber den Banalitäten der (materiellen) Welt, sowie durch Achtlosigkeit und Vergesslichkeit. Laut dem Propheten Muhammad sagt Gott zu den Menschen: „Es gibt siebzigtausend Schleier zwischen euch und Mir, aber keinen zwischen Mir und euch.“
Während des Dhikr rezitieren die Sufis bestimmte Stellen aus dem Koran und wiederholen eine bestimmte Anzahl der göttlichen Attribute (im Islam neunundneunzig). Ein Dhikr, das bei allen Sufis angewandt wird, ist das Wiederholen des ersten Teils der Schahada („Glaubensbekenntnis“) La ilaha il-Allah, zu Deutsch „Es existiert kein Gott außer Gott“. Darüber hinaus kennen die meisten Orden ein wöchentliches Zusammentreffen, bei dem neben der Pflege der Gemeinschaft und dem gemeinsamen Gebet ebenfalls ein Dhikr ausgeführt wird. Je nach Orden kann dieser Dhikr auch Musik, bestimmte Körperbewegungen und Atmungsübungen beinhalten.
Sufi-Geschichten
Ein wichtiger Bestandteil des Sufismus sind die Lehrgeschichten, die die Sheikhs immer und immer wieder ihren Derwischen erzählen. Dabei kann man sie in drei verschiedene Kategorien unterscheiden:
- Geschichten, die sich mit dem Verhältnis des einzelnen zu sich selbst und seiner individuellen Entwicklung befassen.
- Geschichten, die das Verhältnis zur Gesellschaft und zu anderen Menschen behandeln.
- Geschichten, die sich mit der Beziehung zu Gott befassen.
Es handelt sich hier oft um scheinbar einfache Geschichten, deren tiefere Bedeutung aber für den Derwisch sehr fein und tiefgründig sein kann. Die im Westen bekanntesten Lehrgeschichten sind beispielsweise die von Nasruddin Hodscha (auch Mullah Nasruddin), die meistens als Anekdoten oder einfache Witze missverstanden werden.
Ein Beispiel zu 2.: Nasruddin setzt einen Gelehrten über ein stürmisches Wasser über. Als er etwas sagt, das grammatisch nicht ganz richtig ist, fragt ihn der Gelehrte: „Haben Sie denn nie Grammatik studiert?“ – „Nein.“ – „Dann war ja die Hälfte Ihres Lebens verschwendet!“ Kurz darauf dreht sich Nasruddin zu seinem Passagier um: „Haben Sie jemals schwimmen gelernt?“ – „Nein. Warum?“ – „Dann war Ihr ganzes Leben verschwendet – wir sinken nämlich!“
Anhand dieser Geschichte kann man erkennen, dass der Sufismus kein theoretisches Studium ist, sondern ausschließlich durch praktisches Handeln gelebt werden kann. Analog dazu sagen die Sufis, dass es zwar viele Bücher über den Sufismus gibt; den Sufismus in den Büchern zu finden sei aber unmöglich. Analog dazu betrachten die Sufis einen Religionsgelehrten, der sein Wissen nicht praktiziert, als einen Esel, der eine schwere Last an Büchern trägt, die ihm aber nichts nützen, weil er schließlich nichts damit anfangen kann.
Ein Beispiel zu 3.: Man sah Rabi'a in den Strassen von Basra, mit einem Eimer in der einen Hand und einer Fackel in der anderen. Gefragt, was das bedeute, antwortete sie: “Ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden. Und niemand mehr Gott aus Furcht vor der Hölle oder in Hoffnung aufs Paradies anbete. Sondern nur noch um seiner ewigen Schönheit willen.“
Sufi-Musik
In vielen Tariqas ist auch die Praxis der Musik üblich, die oft nur aus Gesängen besteht, in anderen Tariqas aber auch instrumental begleitet wird. Die Musik ist ein Bestandteil des Dhikr, denn in den Liedern werden entweder die Namen Gottes rezitiert, oder die Liebe zu Gott beziehungsweise zum Propheten Mohammed besungen.
Teilweise wurden später die lyrischen Werke bekannter Sufidichter (zum Beispiel Rumi oder Yunus Emre) als Liedtexte genommen.
In heutiger Zeit wurde ein bestimmtes Genre der Sufimusik, das Qawwali, durch den pakistanischen Musiker Nusrat Fateh Ali Khan im Westen bekannt.
Siehe auch: Ilahi, Staatsensemble für klassische türkische Musik, Ömer Faruk Tekbilek, Mohamed Mounir
Einfluss auf den Westen
Die Auswirkungen des Sufismus blieben nicht nur auf die muslimische Welt beschränkt. Einflüsse hatte er unter anderem auf die Weltliteratur, die Musik und auf viele Kulturen Süd- und Osteuropas. So wurden beispielsweise Konzepte wie das der romantischen Liebe und der Ritterlichkeit vom Westen übernommen, als Europa mit den Sufis in Kontakt kam.
Viele Werke der westlichen Literatur zeigen einen Einfluss von Sufi-Geschichten. So bestätigte Cervantes selbst, dass sein Don Quijote sufische Wurzeln hat.
Für die Beliebtheit sufischen Gedankengutes, welches für die Bedürfnisse der westlichen Suchenden umgedeutet und angepasst wurde, lässt sich die Arbeit des indischen Musikers und Religionsgelehrten Hazrat Inayat Khan nennen, der 1917 die Internationale Sufi-Bewegung gründete.
Auch bildeten sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts im Westen Orden nach sufischem Vorbild oder Ableger traditioneller Sufiorden, die teilweise auch nicht-muslimische Mitglieder akzeptieren. Manche vertreten sogar einen Sufismus ohne jeglichen Bezug zum Islam, was man am ehesten als einen universellen Sufismus bezeichnen kann. Dies führte dazu, dass sich immer mehr westliche Suchende der islamischen Mystik öffnen konnten, ohne zum Islam konvertieren zu müssen, obwohl nach den schon weiter oben erwähnten Grundsätzen aller traditioneller Orden und deren Sheikhs die Tariqa unbedingt auf den Grundlagen der Schari'a fußt. Nach Meinung der Anhänger des universellen Sufismus existiert diese Form der Mystik aber schon seit Bestehen der Menschheit, also auch schon länger als der geschichtliche Islam, weswegen sie den Sufismus nicht unbedingt allzu eng verknüpft mit dieser Religion sehen und ihn als eine weltumspannende Bewegung mit einer alle Religionen integrierenden Heilsbotschaft betrachten.
Ein prominenter Vertreter des universellen Sufismus ist beispielsweise Reshad Feild, der durch seine Erlebnisberichte viele westliche Leser mit dem Sufismus bekanntmachte.
Siehe auch:
- Georg Iwanowitsch Gurdjieff
- Lex Hixon
- Mercan Dede Ensemble
- Pete Townshend
- Peter Gabriel
- Peter Murphy
- Reshad Feild
- Mirzakarim Norbekov
Bekannte Sufis
Bedeutende Sufi-Lehrer
- Abd al-Qadir al-Dschilani (1088–1166)
- Abdul Karim Dschili (zwischen 1408 und 1417)
- Abdur Rahman Dschami (1439–1492)
- Abu Bakr al-Kalabadhi (990, 994 oder 995)
- Abu al-Kasim al-Kuschairi (986–1072)
- Abu Hamid Al-Ghazali (1058–1111)
- Abu Nasr as-Sarradsch
- Ahmadou Bamba (1853–1927)
- Ahmed al-Badawi
- Ahmed Ghazali (1126)
- Ahmed Rifai (1118-1181)
- Ahmed Tidjani (1737–1815)
- Ahmed Yesevi (1165)
- Ainul Qudat Hamadhani (1131)
- al-Halladsch (858–922)
- al-Sulami (936–1021)
- al-Quschayri
- Bahauddin Naqschband (1318–1388)
- Bayazid Bistami (803-875)
- Dhu'n-Nun (859)
- Dschalal ad-Din Rumi (1207–1273)
- Dschunaid (910)
- Fariduddin Attar (ca. 1136 bis ca. 1220)
- Habib-ibn Salim Ra'i (3. Pir, Oveyssi)
- Haci Bektaş Veli (1270)
- Hasan al-Basri (642–728)
- Hazrat Inayat Khan (1882–1927)
- Hudschwiri (ca. 1071)
- Ibn al-Farid (1235)
- Ibn Arabi, „der größte Meister“ (1165-1240)
- Ibn Masarra (931)
- Ibn Ruschd (Averroës) (1126–1198)
- Ibn Tufail (1110–1185)
- Ibrahim ibn Adham (776 oder 790)
- Kabir (1440–1518)
- Merkez Efendi (16. Jahrhundert)
- Mir Dard (1719–1785)
- Muhammad Nurbakhsh
- Muhammad Ahmad „al-Mahdi“ (1844–1885)
- Muinuddin Chishti (- 1236)
- Muzaffer Ozak al-Jerrahi (1916–1985)
- Nadschmuddin Daya Razi (1256)
- Nadschmuddin Kubra (1145–1220)
- Niyazi Misri (1697)
- Usman dan Fodio (1754–1817)
- Pir Nureddin al-Dscherrahi (1678–1721)
- Pir Umar Halveti (1347)
- Pir Vilayat Inayat Khan
- Qushairi (1074)
- Rābiʿa al-ʿAdawiyya al-Qaisiyya (801)
- Salman Farsi (2. Pir, Oveyssi; 36/656)
- Sayyid Ali Hamadhani (1385)
- Shah Abdul Latif (1690-1751), Pakistan
- Suhrawardi (1157–1191)
- Uwais al-Qarani (7. Jahrhundert)
- Yahya ibn Mu'adh ar-Razi (871)
- Yunus Emre (1321)
- Qalandar Baba Aulija (1896–1979)
Zeitgenössische Sufi-Lehrer
- Molana Salaheddin Ali Nader Shah Angha; (Pir, Oveyssi seit 04. September 1970)
- Scheich Süleyman Dede Loras (*1904-1985)
- Abd al-Qadir as-Sufi
- Adhauliya Mahatma Radha Mohan Lal Ji (Bhai Sahib) (gest. 1966)
- Bawa Muhaiyaddeen (ca. 1900–1986)
- Bülent Rauf (1911–1987)
- Idries Shah (1924–1996)
- Irina Tweedie (1907–1999)
- Dieter Jarzombek Derwischbaba Efendi (*1947)
- Dr. Javad Nurbakhsh
- Nur al-Jerrahi (1941–1995)
- Annette Kaiser (*1948)
- Reshad Feild (*1934)
- Scheich Ramadan Hazir (1948)
- Scheich Muhammad Nazim Adil al-Qubrusi al-Haqqani (*1922)
- Scheich Süleyman Bahn (*1944)
- Llewellyn Vaughan-Lee (*1953)
Sufiorden (Tariqas)
Muslimische Orden
- Azeemia
- Aissaoua
- Badawiyya/Badawi
- Bayramiyya/Bayrami
- Bektaschiyya/Bektaschi
- Burhaniyya/Burhani
- Chishtiyya/Chishti
- Dandarawiyya
- Darqawiyya/Darqawi
- Dhahabiyya
- Dscha'fariyya
- Dscherrahiyya/Dscherrahi
- Haziriyya/Haziri
- Haksariyya
- Hayatiyya/Hayati
- Isma'iliyya
- Khalwatiyya/Halveti
- Khatmiyya
- Kubrawiyya
- Malamiyya/Malami
- Mevleviyya/Mevlevi
- Mouridiyya/Muriden
- Naqschbandiyya/Naqschbandi
- Nimatullahi
- Nur Ashki Jerrahi Sufi Order
- Nuraniyya
- Nurbakhshiyya/Nurbakhshi
- Qadiriyya/Qadiri
- Ramazaniyya/Ramazani
- Raschidiyya
- Rifaiyya/Rifai, auch Rufaiyya/Rufai
- Safawiyya
- Salihiyya
- Sanussiyya/Senussi
- Suhrawardiyya/Suhrawardi
- Schadhiliyya
- Tidschani/Tidschaniyya
- Yaschrutiyya
- Yeseviyya/Yesevi
Nicht-muslimische Orden
Siehe auch
- Adab
- Ghauth
- Liste islamischer Begriffe auf Arabisch
- Nafs
- Nusrat Fateh Ali Khan
- Pir
- Post
- Post Nischin
- Qalandar
- Qawwali
- Sabri Brothers
- Sheikh
- Silsila
- The Golden Sufi Center
- Federation of the Sufi Message
- Maktab Tarighat Oveyssi
Literatur
Es existiert eine reichhaltige Literatur von Sufis bzw. über den Sufismus. Ergänzend muß erwähnt werden, daß die Sufis selber sagen: "Es gibt viele Bücher über den Sufismus, aber man kann den Sufismus nicht in Büchern finden."
Deutsch
- Al Habib, Andre Ahmed: "Sufismus - Das mystische Herz des Islam. Eine Einführung" ISBN 3-929345-24-2
- Angha Nader: Sufismus - Die Brücke zwischen den Religionen ISBN 1-904916-16-3
- Angha Nader: Sufismus - Die Realität der Religion ISBN 1-904916-17-1
- Angha Nader: Sufismus ISBN 3-932689-00-3
- Angha Nader: Sufismus und Frieden ISBN 3-932689-01-1
- Angha Nader: Sufismus und Erkenntnis ISBN 3-932689-03-8
- Angha Nader: Sufismus und Islam ISBN 3-932689-04-6
- Angha Sadegh: Die Realität des Gebets im Islam - Al Salat ISBN 1-904916-18-X
- Tor Andrae: Islamische Mystiker
- Mojdeh Bayat/Mohamad Jamnia: Geschichten aus dem Land der Sufis
- Ibn Arabi: Fusus al-hikam (Die Weisheit der Propheten ISBN 3-905272-71-7)
- Ibn Arabi: Die Reise zum Herrn der Macht
- Ibn Arabi: Lubbul Lubb (Der innerste Kern) und Kitab al-Ajwibah (Wer sich selbst kennt...); beide Texte auf Deutsch erschienen unter dem Titel Der verborgene Schatz ISBN 3-905272-72-5
- Abdullah Halis Dornbrach: 40 Tage, 40 Geschichten. Wegzehrung für Sufis und andere Reisende
- Reshad Feild: Ich ging den Weg des Derwisch (1. Teil der autobiographischen Trilogie), ISBN 3-499-60456-6
- Reshad Feild: Wissen, dass wir geliebt sind. Das Siegel des Derwisch (2. Teil der Trilogie); ISBN 3-905272-12-1
- Reshad Feild: Jede Reise beginnt mit einer Frage (3. Teil der Trilogie); ISBN 3-8105-0634-6
- Al Ghasali: Das Elixier der Glückseligkeit
- Dieter Jarzombek: Die weisse Karawane. (ISBN 3833435453)
- Pir Vilayat Inayat Khan: Der Ruf des Derwisch. (ISBN 3-922026-07-9)
- Annette Kaiser: Manifest der Liebe. Meditationen und Kontemplationen. (ISBN 3-896202-89-8)
- Annette Kaiser: Jenseits aller Pfade. Visionen einer neuen Spiritualität. (ISBN 3-896202-38-3)
- Annette Kaiser: Der Weg hat keinen Namen. Leben und Vision einer Sufi-Lehrerin. (ISBN 3-896201-80-5)
- Franz Langenkamp: Wenn sich die Türen des Guten öffnen. Erfahrungen deutscher Sufis, Edition Avicenna, München 2004
- Said Nursi: "Wege der Gottesfreundschaft", im Band Briefe aus dem Gesamtwerk Risale-i Nur
- Muzaffer Ozak: Der Wein der Sufis. Die Lehren des inneren Islam, ISBN 3-924195-80-3 (Titel der Erstauflage: Liebe ist der Wein. Lehrgespräche eines Sufi-Meisters)
- Annemarie Schimmel: Mystische Dimensionen des Islam. Die Geschichte des Sufismus
- Annemarie Schimmel: Gärten der Erkenntnis. Das Buch der vierzig Sufi-Meister
- Annemarie Schimmel: Sufi - Liebe zu dem Einen. Texte aus der mystischen Tradition des Islam
- Annemarie Schimmel: Gesang und Ekstase. Sufi-Texte des indischen Islam
- Frithjof Schuon: Den Islam verstehen. Eine Einführung in die innere Lehre und die mystische Erfahrung einer Weltreligion
- Titus Burckhardt: Vom Sufitum
- Idries Shah: Die Sufis. Botschaft der Derwische, Weisheit der Magier
- Muhyiddin Shakoor: Aufs fließende Wasser geschrieben – Mein Werdegang zum Derwisch. Der Erfahrungsbericht eines westlichen Suchers auf dem Schulungsweg der Sufis, ISBN 3-502-67561-9
- Abd al-Qadir as-Sufi: Was ist Sufismus?. Eine Einführung in die islamische Mystik
- al-Sulami: Der Sufi-Weg zur Vollkommenheit
- Irina Tweedie: Der Weg durchs Feuer. Tagebuch einer spirituellen Schulung durch einen Sufi-Meister. (ISBN 3453700112)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Die Zeichen Gottes. (ISBN 3-9522211-0-4)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Das Verborgene Gesicht der Liebe: Die spirituelle Autobiographie eines modernen Sufi. (ISBN 3-502-20231-1)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Licht der Einheit. (ISBN 3-9522211-2-0)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Mit der Einheit arbeiten. (ISBN 3-9522211-1-2)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Die Karawane der Derwische. Die Lehren der großen Sufi-Meister. (ISBN 3-596-13208-8)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Die Transformation des Herzens: Die Lehren der Sufis. (vergriffen)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Der Liebesbund: Psychologische und spirituelle Aspekte des mystischen Weges. (ISBN 3-7157-0173-0)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Spirituelle Traumarbeit: Träume als Ratgeber und Wegweiser auf dem Sufi-Pfad des Herzens. (ISBN 3-502-20157-9)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Der Naqshbandi-Pfad. (ISBN 3-502-20157-9)
- Ron Fischer: Spione des Herzens Die Sufi-Tradition im Westen (ISBN 3-426-04220-7)
- Michaela M. Özelzel: 40 Tage - Erfahrungsbericht einer traditionellen Derwischklausur
- http://www.irfanokulu.net/deutsch.html : Gebet Als Weg Zur Ethik
Englisch
- Yaşar Nuri Öztürk: The Eye of the Heart. An Introduction to Sufism and the Tariqats of Anatolia and the Balkans
- Khwaja Shamsuddin Azeemi:Muraqaba. The Art and Science of Sufi Meditation. Plato, 2005 (ISBN 0975887548)
- Martin Lings: A Sufi Saint Of The Twentieth Century
- Muzaffer Ozak: Irshad. Wisdom Of A Sufi Master
- Muzaffer Ozak: The Unveiling Of Love. Sufism and the Remembrence of God
- James Fadiman/Robert Frager: Essential Sufism
- Robert Frager: Heart, Self, & Soul. The Sufi Psychology of Growth, Balance, and Harmony
- Shems Friedlander: When You Hear Hoofbeats Think Of A Zebra
- Margaret Smith: Readings from the Mystics of Islam
- Margaret Smith: Studies in Early Mysticism
- Reynold A. Nicholson: Studies in Islamic Mysticism
- Llewellyn Vaughan-Lee: Spiritual Power: How It Works. (ISBN 1-890350-11-7)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Moshkel Gosha: A Story of Transformation. (ISBN 1-890350-10-9)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Love is a Fire: The Sufi's Mystical Journey Home. (ISBN 1-890350-03-6)
- Llewellyn Vaughan-Lee: The Circle of Love. (ISBN 1-890350-02-8)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Catching the Thread: Sufism, Dreamwork, & Jungian Psychology. (ISBN 1-890350-00-1)
- Llewellyn Vaughan-Lee: The Face Before I was Born: A Spiritual Autobiography. (ISBN 0-9634574-9-7)
- Llewellyn Vaughan-Lee: The Paradoxes of Love. (ISBN 0-9634574-6-2)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Sufism, the Transformation of the Heart. (ISBN 0-9634574-4-6)
- Llewellyn Vaughan-Lee: Travelling the Path of Love: Sayings of Sufi Masters. (ISBN 0-9634574-2-X)
- Llewellyn Vaughan-Lee: In the Company of Friends: Dreamwork within a Sufi Group. (ISBN 0-9634574-1-1)
Spanisch
- Miguel Asín Palacios: El Islam cristianizado. Estudio del „sufismo“ a través de las obras de Abenarabi de Murcia. Editorial Plutarco, Madrid 1931
Weblinks
- Tariqa As-Safinah
- Trebbuser Mevlevihane Mevlevi Tariqa in Deutschland
- Sufiportal Umfangreiche Seite der Naqschbandi-Haqqani-Tariqa mit Sammlung an Links, Audios und Texten
- Tariqa Burhaniya klassischer Sufi-Orden
- Haus Schnede Europäisches Zentrum der Tariqa Burhaniya
- Maktab Tarighat Oveyssi Shahmaghsoudi® Schule des Sufismus
- Der internationale Sufi-Orden Deutschland e.V.
- Osmanische Herberge Naqschbandi-Haqqani-Bruderschaft in Deutschland
- Naqshibandi Tariqat in Österreich
- Interview mit Sheikh Tosun Bayrak (in deutscher Sprache)
- Interview mit Sheikh Ragip Frager (in deutscher Sprache)
- Sufism, the West, and Modernity (in englischer Sprache)
- Sufi Tiefes Nachdenken und Heilung (in englischer Sprache)
- Villa Unspunnen Schweizer Zentrum von Annette Kaiser (in deutscher Sprache)
- Windschnur Deutsches Zentrum von Annette Kaiser (in deutscher Sprache)
- The Golden Sufi Center (in deutscher und englischer Sprache)
- Der Chalice Kreis um Reshad Feild (in deutscher und englischer Sprache)
- Bhai Sahib Auf den Spuren eines Sufi-Meister der Naqshbandiyya-Mujaddidiyya-Linie (deutsch/englisch)
- Sufi Saints Sufi-Meister der Naqshbandiyya-Mujaddidiyya-Linie (englisch)