Halbinsel-Feldzug
Der Halbinselfeldzug (März bis Juli 1862) war der erste groß angelegte Feldzug des Amerikanischen Bürgerkriegs auf dem östlichen Kriegsschauplatz. Er fand im Süden Virginias, auf der von den Flüssen James und Appomattox gebildeten "Halbinsel" (Peninsula) statt. Um die Verteidigungsstellungen der Konföderierten im Norden Virginias zu umgehen, wurde die nordstaatliche Potomac-Armee unter Generalmajor George Brinton McClellan mit Schiffen nach Fort Monroe am östlichen Ende der Halbinsel transportiert, von wo aus sie die konföderierte Hauptstadt Richmond erobern sollte. Nach anfänglichen Erfolgen wurden die Nordstaaten jedoch durch eine Gegenoffensive der Konföderierten unter Robert Edward Lee zum Rückzug gezwungen. Das Scheitern der Nordstaaten wenige Meilen vor Richmond bedeutete den endgültigen Abschied von der Vorstellung eines kurzen Krieges und war ein wichtiger Grund für die Entwicklung des Bürgerkrieges hin zum "ersten modernen Krieg".
Hintergrund

Nach der schweren Niederlage der Nordstaatler in der Ersten Schlacht von Bull Run übernahm Generalmajor George Brinton McClellan, der im Westen Virginias einige kleinere Erfolge errungen hatte, den Befehl über die von nun als Potomac-Armee bekannten nordstaatlichen Streitkräfte in Virginia. Den Winter über verbrachte er damit, seine noch unerfahrenen Soldaten auszubilden und seine Armee neu zu organisieren und auszurüsten. Als das Frühjahr 1862 begann, drängte US-Präsident Lincoln dazu, etwas gegen Joseph Eggleston Johnstons Armee von Nord-Virginia zu unternehmen, die 30 Meilen von Washington D.C. entfernt, bei Centreville, Virginia, stand. McClellan zögerte jedoch. Er überschätzte die zahlenmäßige Stärke der Konföderierten und wollte deswegen nicht über Land gegen Johnston vorgehen. Stattdessen schlug er vor, seine Armee auf Schiffe zu verladen und bei Urbanna in Johnstons Rücken zu landen und von dort aus nach Richmond zu marschieren. Lincoln zögerte jedoch, dieser Operation zuzustimmen, da er um die Sicherheit Washingtons besorgt war und deswegen den Landweg bevorzugte. Die Diskussionen über McClellans Vorschlag zogen sich drei Monate hin, bis sich Johnston Anfang März 1862 von Centreville nach Culpeper zurückzog und dadurch McClellans Plan vereitelte. Der nordstaatliche General schlug nun eine andere amphibische Operation vor: Dieses Mal wollte er mit seiner Armee bei Fort Monroe im Süden Virginias landen und von dort auf der Halbinsel zwischen James und Appomattox westwärts nach Richmond marschieren. Lincoln stimmte dem schließlich zu, verlangte jedoch von McClellan, das Korps von General Irwin McDowell, rund 50.000 Mann, zum Schutze Washingtons im Norden Virginias zurückzulassen. McClellan verblieben somit noch rund 120.000 Mann. Auch wenn er damit nicht recht glücklich war und McDowell lieber früher als später bei sich gehabt hätte, begann er seine Offensive am 17.März mit dem Einschiffen der Armee nach Fort Monroe. Als er seine Armee dort versammelt hatte, stand nur der konföderierte General John Bankhead Magruder mit rund 13.000 Mann zwischen ihm und Richmond. Der Großteil von Johnstons Armee, rund 43.000 Mann, war noch immer bei Culpeper, andere Teile unter den Generälen Jackson, Holmes und Huger waren im Shenandoahtal, in Fredericksburg beziehungsweise in Norfolk stationiert.
Die Belagerung von Yorktown
Am 4. April 1862 hatte McClellan seine Armee soweit versammelt, dass er seinen Marsch auf Richmond beginnen konnte. Einen Tag später, am 5. April, traf seine Armee auf ersten hartnäckigen Widerstand der Konföderierten in Form von Magruders "Halbinsel-Armee", die vor allem in der Gegend von Yorktown starke Befestigungen errichtet hatte. Magruder hatte zwar nur 13.000 Mann unter seinem Befehl, machte aber auf McClellan einen viel stärkeren Eindruck, sodass dieser beschloss, Yorktown zu belagern. Rund vier Wochen, bis Anfang Mai, verbrachte McClellan damit, Belagerungsgeschütze zu massieren, während Johnston mit seinen Truppen aus dem Norden in den Süden Virginias eilte und Magruder verstärkte. Als McClellan am 3. Mai schließlich alle Vorbereitungen für seinen Angriff abgeschlossen hatte, zogen sich die Konföderierten zurück. Die Nordstaaten drängten ihnen energisch nach und versuchten den Südstaaten den Rückzug abzuschneiden, was zu blutigen Gefechten bei Williamsburg(5. Mai) und Eltham's Landing (6. Mai) führte, aber den geordneten Rückzug der Konföderierten nicht verhindern konnte.
Kämpfe zu Wasser
Auf der anderen Seite machte Johnstons Rückzug jedoch die Stadt Norfolk und mit ihr die CSS Virginia, den Schrecken der US-Marine, unhaltbar. Norfolk musste von den Südstaaten geräumt werden, und die CSS Virginia wurde von ihrer Besatzung zerstört. Solcherart ermutigt machte sich eine US-Flottille, zu der unter anderem die Panzerschiffe USS Monitor und USS Galena gehörten, auf den Weg den James hinauf, um Richmond über Wasser anzugreifen. Der Angriff wurde jedoch in der Ersten Schlacht von Drewry's Bluff zurückgewiesen, wobei ironischerweise unter den konföderierten Kanonieren auch die Besatzung der CSS Virginia war.
Vormarsch auf Richmond und Seven Pines
Unterdessen war McClellan zögerlich und vorsichtig (aufgrund von Meldungen seines Geheimdienstes war er immer noch im Glauben, zahlenmäßig unterlegen zu sein) weiter auf Richmond zu marschiert. Er wollte nahe genug an die Stadt herankommen, um sie dann mithilfe seiner schweren Belagerungsgeschütze zur Aufgabe zu zwingen. McClellan dehnte dabei seine rechte Flanke immer weiter aus, in der Hoffnung auf Verstärkungen aus dem Norden Virginias unter McDowell. Tatsächlich erfuhren die Konföderierten Mitte Mai, dass McDowell mit rund 40.000 Mann [1] auf dem Weg nach Süden war. Auf Anraten von General Lee, dem Militärberater des konföderierten Präsidenten Davis, führte General Jackson daraufhin im Shenandoahtal eine lokale Offensive durch, die zu den Siegen bei Front Royal und Winchester führte (siehe Jacksons Shenandoah-Feldzug 1862). Lincoln, ständig besorgt um die Sicherheit der Hauptstadt, entschied daher, dass der Sieg über Jacksons wichtiger sei als McClellans Offensive und beorderte das Gros von McDowells Korps zurück ins Shenandoahtal. Auch die Proteste von McDowell und McClellan konnten an diesem Entschluss nichts mehr ändern. Unterdessen war McClellans Streitmacht auf der Halbinsel der konföderierten Hauptstadt immer näher gekommen und wurde nun durch den Chickahominy in zwei Hälften geteilt. Der Chickahominy war eigentlich ein eher kleines Flüsschen, aber starke Regenfälle hatten ihn in der letzten Zeit stark anschwellen lassen. Johnston, der rund 70.000 Mann in Richmond versammelt hatte, entschied nun, gegen den schwächeren Flügel von McClellans Armee südlich des Chickahominy vorzugehen. Das Resultat war die blutige Schlacht von Seven Pines: Johnstons Angriff litt unter Koordinierungsproblemen und schlug fehl. Die Nordstaaten verloren rund 5.000 Mann, die Südstaaten rund 6.000, darunter Johnston, der schwer verwundet wurde. An seine Stelle trat am 1. Juni 1862 Robert Edward Lee.
Lees Gegenschlag- Seven Days
Lee brach die Schlacht ab und zog sich zurück auf seine Verteidigungslinien, die er in den folgenden Wochen weiter ausbauen und befestigen ließ. McClellan wollte diese weiterhin nicht angreifen, sondern wartete auf seine schweren Belagerungsgeschütze. Mitte Juni befahl Lee seinem Kavalleriegeneral J.E.B. Stuart einen Aufklärungsritt, in dessen Verlauf Stuart McClellans Armee vollständig umrundete (Ride around McClellan). Stuart entdeckte dabei, dass die rechte Flanke der Union, Fitz-John Porters nördlich des Chickahominy stationiertes V.Korps, ungedeckt und gegenüber einem Flankenangriff nicht geschützt war. Lee entschied daher, Jacksons siegreiche Truppen aus dem Shenandoahtal nach Richmond zu rufen. Während ein kleiner Teil seiner Armee dann die Front südlich des Chickahominy gegen das Gros der Unionsarmee halten sollte, wollte er mit dem Rest frontal gegen Porter vorgehen, während Jackson ihn in die Flanke traf. Nach Porters Vernichtung wollte Lee dann mit seinen Truppen McClellans Verbindungslinien nach Osten abschneiden und die Nordstaaten somit endgültig besiegen. Das Ergebnis dieses Plans war die Sieben-Tage-Schlacht. Lees Truppen erlitten dabei zwar zahlreiche taktische Niederlagen, zwangen McClellan, der nun vollends von seiner Unterlegenheit überzeugt war, jedoch zum Rückzug von Richmond. Auch wenn Lees ambitionierter Plan nicht funktioniert hatte und die konföderierten Verluste deutlich höher waren als die der Union, so war es ihm doch gelungen, die bis dato größte Bedrohung von der Konföderation zu nehmen.
Auswirkungen
McClellan zog sich, von Lee verfolgt, nach Harrison's Landing zurück, wo er sich, geschützt von den Geschützen der US-Marine, eingrub. Von dort wurde die Armee Anfang August auf Befehl von Abraham Lincoln nach und nach abgezogen, um die Truppen von General John Pope in der Zweiten Schlacht von Bull Run zu unterstützen. Der Feldzug war damit endgültig beendet. Ihr Sieg hatte die Südstaaten rund 30.000 Mann gekostet, die Verluste des Nordens lagen bei cirka 24.000 Mann. Die politischen und militärischen Folgen des Scheiterns der Nordstaaten im Halbinsel-Feldzug waren weitreichend: Der konföderierte Sieg im Shenandoahtal und vor Richmond hob die Moral der Südstaaten beträchtlich und brachte mit Lee, Jackson und Stuart drei der größten "Helden“"der Konföderation hervor. Inmitten einer Serie von Niederlagen (im Frühjahr 1862 verloren die Konföderierten den größten Teil Tennessees, weite Teile des Mississippi-Tales und zahlreiche Häfen) errang die Armee von Nord-Virginia einen ihrer größten Triumphe und machte die Vorstellung von einem kurzen, unblutigen Krieg endgültig zunichte. Mit der abschließenden Sieben-Tage-Schlacht, die beide Seiten zusammen rund 35.000 Mann kostete und damit die bis dato blutigste Schlacht der Amerikanischen Geschichte war (sie übertraf selbst die Schlacht von Shiloh im April 1862) wurde nun unwiderruflich der Weg zum totalen Krieg eingeschlagen, der später zum Graben- und Stellungskrieg vor Petersburg und Atlanta führen sollte. An seinem Ende sollte das vollständige Ende und die weitgehende Zerstörung des "Alten Südens" stehen.
Literatur
- Bernd G. Längin: Der amerikanische Bürgerkrieg - Eine Chronik in Bildern Tag für Tag. Weltbild Verlag, Augsburg 1998 ISBN 3-86047-900-8
- James M. McPherson: Für die Freiheit sterben. Augsburg 2003 (orig. Oxford 1988)
- William C. Davis: Der amerikanische Bürgerkrieg - Soldaten, Generäle, Schlachten. Weltbild Verlag, Augsburg 2004 ISBN 3-8289-0384-3