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Ghetto

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Ein Ghetto (oder Getto) ist ein Stadtviertel, in dem eine bestimmte Bevölkerungs- oder kulturell geprägte Gruppe in einer mehr oder weniger strengen Isolation zu leben gezwungen (ursprünglich waren v.a. gesetzliche Zwänge gemeint, heute treten auch soziale und wirtschaftliche Zwänge in den Vordergrund) ist.

Die Juden lebten in Europa seit der Antike (besonders in den Mittelmeerländern) und auch Deutschland seit dem frühesten Mittelalter. Ursprünglich konnten sie fast allen Berufen nachgehen. Es wurden ihnen auch meist volle Handelsfreiheiten gewährt, sie durften auch Grundbesitz erwerben. In der mittelalterlichen Stadt lebten bestimmte Gruppen von Handwerkern in einer Straße. So lebten die Juden als Händler meist zentral in der Judengasse ohne besondere Erschwerungen.

Zur Zeit der Kreuzzüge, ab dem 12. Jahrhundert, stellte der Kaiser, nicht ganz uneigennützig, die Juden unter seinen Schutz, denn die Kreuzfahrer gingen meist schon in der Heimat gegen alle Nichtchristen brutal vor, ja selbst die Christen, besonders die der Ostkirche, waren vor ihnen unterwegs nicht sicher. Jedoch verlangte der Kaiser und die Städte dafür von den Juden immer höhere Abgaben.

Den s. g Schutzjuden wurden in den Städten besondere Wohnviertel zugewiesen, die Ghettos. Ihre Freizügigkeit wurde dagegen zunehmend begrenzt. Juden waren vom städtischen Bürgerrecht, allen Ehrenämtern, Handwerken und Grundbesitz ausgeschlossen, mit vielen zusätzlichen Steuern belastet und durch sichtbare Abzeichen an der Kleidung oder Kleiderordnung immer wieder neuen Verfolgungen ausgesetzt. Pogrome in den Judenvierteln wiederholten sich, besonders in Zeiten der Not. Es gab kaum ein Unglück, an dem nicht ein Jude oder die Juden schuld waren, Verwüstungen und Plünderungen in den Ghettos wurden für den Mob zum Freizeitsport, sie sind auch von der Obrigkeit, wenn nicht gewollt, dann wenigstens in Kauf genommen geworden – als Ventil und Volksbelustigung, gleichzeitig Ablenkung von anderen Sorgen und Elend.

Auf Reisen waren sie nur sicher, wenn sie sich spezielle Schutzbriefe gekauft und höhere Mauts und Zölle entrichtet hatten. Seit dem 13. Jahrhundert blieb ihr Wirkungsbereich auf den Kleinhandel mit Altwaren, Vieh und Getreide sowie auf Geldwechsel und Geldverleih gegen Zins beschränkt, den der Umgang mit Geld und Zinsforderung wurde den Christen unfein. Die Reformation befreite die Christenheit von diesen Bedenken, nicht jedoch die Juden.

Im 13. Jahrhundert erst wurden die ersten Ghettos als abgesperrte Bezirke für Juden in Deutschland, Spanien und Portugal an den Rändern der Städte errichtet. Die Bezeichnung kommt vom Getto (getto Gießerei; wegen der Nachbarschaft zu einer Kanonengießerei ) Venedigs im (14. Jahrhundert). Papst Paul IV. ließ 1555 das römische Ghetto errichten und verpflichtete die Juden durch einen Kanon, in diesem besonderen Bereich zu leben.
Papst Pius V. befahl allen Grenzländern die Errichtung von Ghettos; Anfang des 17. Jahrhunderts wiesen alle Hauptstädte ein Ghetto auf (ausgenommen Livorno und Pisa).

Im 19. Jahrhundert wurden die Ghettos im Zuge der Ideale der Französischen Revolution allmählich abgeschafft und ihre Wände niedergerissen. Vor und während dem 2. Weltkrieg jedoch wurden sie von Nazis in Osteuropa umgebaut. Bekannte Gettos:

In den USA sind bestimmte Wohngebiete der farbigen Bevölkerung auch als "Ghettos" bekannt.
Als in den 1960er Jahren Bürgerrechtsgesetze Freizügigkeit auch den Farbigen gestatteten, setzten sich die wohlhabenderen Afroamerikaner aus den "Ghettos" in die zuvor weiß besiedelten Bezirke ab. Dies hatte ein Anwachsen der sozialen Krise in den Ghettos verbunden mit Verfall und wachsender Kriminalitätsrate zur Folge.

In Deutschland werden bestimmte Wohnviertel in Neubaugebieten "Ghetto" genannt, die von bestimmten sozialen bzw. Volksgruppen - Randgruppen - bewohnt werden.