Mercedes-Benz Baureihe 107

Die SL-Baureihe 107, die 1971 debütierte, läutete eine neue Designlinie bei Mercedes-Benz ein, die in der Hauptsache aus den Breitband H4-Scheinwerfern und den großen geriffelten Rückleuchten bestand. Eine leichte Keilform deutete an, dass man der Aerodynamik mehr Aufmerksamkeit schenkte. Mit den Typen 450 SLC (C107 E45) und 450 SLC 5.0 bzw. 500 SLC (C107 E50) nahm Daimler-Benz Ende der siebziger Jahre - mehr oder weniger erfolgreich - an Mammutrallyes wie der 30.000 km lange Vuelta à la America del Sud (1977), der Safari-Rallye (1979) und der Bandama-Rallye (1979/1980) teil.
Motoren und Antriebe
Die Motoren im R107 waren teilweise Neukonstruktionen (die V8 Motoren wurden 1969 in der S-Klasse W108/109 präsentiert) oder wie der Reihensechszylinder M110 im 280 SL (1974) eine Weiterentwicklung des M130 aus dem W113. Der Reihensechszylinder verfügte über einen Doppelnockenwellenkopf und leistete 185 PS. Die beiden V8-Motoren gab es zunächst (1971) mit 3,5 (200 PS, interner Name M116) und ab 1972 mit 4,5 Litern (225 PS, M117) Hubraum. Über die gesamte Laufzeit des R107 von 18 Jahren wurden die Motoren immer wieder den veränderten Umweltauflagen angepasst und in Leistung oder Hubraum verändert. So gab es das Coupé 450 SLC 5.0 ab 1978 mit einem 5l-V8 mit Aluminiumzylinderblock, der 240 PS leistete. Diesen Motor gab es ab 1980 dann als 500 SL auch im Roadster. 1985 gab es das größte Facelift für den R107: Ein neuer 3 Liter Reihensechszylinder (M103) mit 188 PS im 300 SL (diese Typenbezeichnung gab es seit 1963 nicht mehr) und ein von 3, 8 auf 4,2 l (420 SL) aufgebohrter M116 mit 218 PS. Die Auslieferung war auch mit Katalysator möglich, wurde ab 1986 serienmäßig und ab 1989 Pflicht. Versionen ohne Katalysator blieben bis 1989 lieferbar, hießen ab 1987 RÜF (Nachrüstfahrzeug).
Der 560 SL ist schwächer als der 500 SL aufgrund der die Leistung beeinträchtigenden amerikanischen Abgasvorschriften; der 560 SL wurde in Deutschland offiziell nicht verkauft. Der Typ 450 SLC 5.0 (ab 1980 500 SLC) wartet mit einer Besonderheit auf: zur Gewichtsersparnis wurden die großen Hauben in Aluminium gebaut. Die Typen 450 SLC 5.0 und 500 SLC sind nicht nur in der Bezeichnung unterschiedlich: derweilen der Vorgänger 450 SLC 5.0 ein Dreigang-Automatikgetriebe mit breiteren, dem hohen Drehmoment gewachsenen Zahnradsätzen fuhr, wurde der spätere 500 SLC erstmals über ein Viergang-Automatikgetriebe angetrieben, das erst mit verbesserten Werkstoffen und Fertigungsverfahren haltbar zu bauen war.
==Sicherheit und Ausstattung==
Der neue SL verkörperte auch im Bereich der passiven Sicherheit neue Maßstäbe: Béla Barényis Sicherheitskonzept mit Knautschzonen vorne und hinten und der gestaltfesten Fahrgastzelle – dem „Drei-Boxen-Prinzip“ – fand auch im 71er SL seinen Niederschlag. Das Rückgrat des R 107 war nicht einfach eine verkürzte und verstärkte Limousinen-Bodengruppe wie beim Vorgänger, sondern eine eigenständige Rahmenbodenanlage mit geschlossenem Kardantunnel sowie kastenförmigen Quer- und Längsträgern, deren Besonderheit in unterschiedlichen Blechstärken lag und dem daraus resultierenden definierten Knautschverhalten.
Da der SL unter allen Umständen ein offener Wagen ohne Targabügel sein sollte, blieben als einziges Sicherheitspotential für den Roadster bei einem eventuellen Überschlag die A-Säulen samt Windschutzscheibe. Sie wurden von Grund auf neu entwickelt und erbrachten eine um 50 Prozent höhere Festigkeit als die bisher gebaute Version. Zudem wurde die Windschutzscheibe zur Erhöhung der Festigkeit in den Rahmen eingeklebt (im Citroën SM gab es das schon ein Jahr früher). Das ergab eine beachtliche Widerstandskraft beim Dachfalltest, womit der offene Wagen auch ohne Targabügel in den USA zulässig war. Die Heckscheibe im Hardtop war ebenfalls geklebt.
Selbst im Innenraum gab es Richtung weisende Neuerungen. Das Armaturenbrett war sowohl im oberen als auch im Kniebereich stoßnachgiebig und schaumgepolstert. Ebenfalls eine Neuheit: das Vierspeichenlenkrad, frisch nach den Erkenntnissen der Unfallforscher. Geblieben war der schon bewährte Pralltopf, aber Lenkradkranz, die vier Speichen, Polsterplatte und Nabe waren mit Polyurethan umschäumt. Teleskop-Sicherheitslenksäule und das hinter der Vorderachse liegende Lenkgetriebe ergänzten die Sicherheitsmaßnahmen unter dem Blech. Außerdem Serienmäßige 3-Punkt-Gurte. Die Türgriffe waren ebenfalls neu und so konstruiert, dass sie auch nach heftigen Einschlägen nicht von selbst aufsprangen, sich jedoch weiterhin mit Handkraft öffnen ließen.
Leicht zu bedienen, ja das „schnellste“ Verdeck aller Cabriolets und Roadster war das des SL, eine genial einfache Konstruktion, die auf jeden Automatismus verzichtete. In abgeklapptem Zustand verschwand es, wie schon bei den Vorgängern, unter einer Abdeckung. Die Sitze waren von Anfang an mit Kopfstützen und Automatik-Sicherheitsgurten lieferbar. Wer unbedingt wollte, konnte hinter den Sitzen anstelle der serienmäßigen Gepäckablage eine Art „Sitzgelegenheit“ bestellen, deren Nutzwert sich jedoch buchstäblich in engen Grenzen hielt.
Für Wohlbefinden und Konditionssicherheit sorgte die unabhängig vom Staudruck arbeitende und über Klappen geregelte, sehr spontan reagierende Heizung, unterstützt durch eine neuartige Klimatisierung der Türen. Ein kleiner Gag war die im Handschuhfach integrierte aufladbare Taschenlampe. Schmutz abweisende Verkleidungen an A-Säulen und Außenspiegel ließen gute Sicht auch bei schlechtem Wetter zu. Die in Wagenmitte eng nebeneinander angeordneten Scheibenwischer bestrichen beachtliche 70 Prozent der Scheibenfläche, lagen stets optimal im Luftstrom und hoben auch bei höheren Geschwindigkeiten nicht ab.
Im Laufe der Jahre wuchs das Angebot an passiver und auch aktiver Sicherheitsausstattung weiter an. So gab es ab 1980 ABS und ab 1982 einen Airbag für den Fahrer. Wie bei Mercedes-Benz üblich war die Liste der Ausstattungsextras lang und konnte den Wagen erheblich verteuern. Von elektrischen Fensterhebern über die Sitzheizung bis zur Klimaanlage und das B-Netz Autotelefon wurde alles angeboten.
Der SLC
Auf Basis der berühmten „Heckflosse“ hatte Daimler-Benz 1961 sowohl ein Coupé als auch ein Cabriolet präsentiert, dem nach angemessener Bauzeit ein neues Modell folgen sollte. Die nächste „Basis“, die langsam heranreifende neue S-Klasse, war jedoch nicht rechtzeitig greifbar, um ein darauf aufbauendes Coupé zu Beginn der 70er Jahre vorzustellen. So wurde auf die SL-Basis zurückgegriffen, zumal schon ein weit fortentwickelter „Entwurf“ von Karl Wilfert im Sindelfinger Prototypenbau auf seine Realisierung wartete.
Der SLC, wie das „Sportcoupé“ offiziell hieß, hatte seine Premiere auf dem Pariser Automobil-Salon im Oktober 1971. Bis zur Windschutzscheibe entsprach sein Äußeres dem des Roadsters, ab da ging es aufwärts und in die Länge. Über dem viersitzigen Fahrgastabteil streckt sich in sanfter Rundung das flache Dach, das in eine riesige, in zwei Richtungen gewölbte, sehr schräg stehende Heckscheibe mündet, die wiederum dem Heck eine vergleichsweise opulente Länge diktierte und dessen Kofferraumdeckel im Gegensatz zum Roadster eine leicht konvexe Kontur aufwies. In der Seitenansicht wurde die Länge erstens durch den größeren Radstand dokumentiert, 2820 gegenüber 2460 Millimeter, zweitens durch die Linie der Seitenscheiben, die, wie bei einem Mercedes-Benz Coupé üblich, voll versenkbar sein mussten, ohne störende B-Säule. Beim SLC stellte sich in dieser Frage jedoch eine Schwierigkeit in den Weg: Der kurze Abstand zwischen Tür und hinterem Radlauf verlangte nach einem hochkomplizierten und daher wahrscheinlich störanfälligen Dreh-Kipp-Versenkmechanismus, um die hinteren Seitenscheiben verschwinden zu lassen. Karl Wilferts Ausweg aus diesem Dilemma waren die später stilistisch nicht unumstrittenen, aber höchst markanten, doppelt verglasten „Sichtblenden“ mit den eingebauten Lamellen, die das Seitenfenster unterteilten und so verkleinerten, dass es problemlos versenkt werden konnte.
Erstmals war bei diesem Auto der bis heute serienmäßige Verbandkasten in einer speziellen Mulde unter dem Heckfenster verstaut, Vorbild für alle folgenden Mercedes-Benz Modelle. Angeboten wurde der SLC von 1971 bis 1981, als 280, 350, 380, 450 und 500 SLC, mit den gleichen Motoren und Getriebeausstattungen wie der Roadster. Eine Ausnahme bildete 1978 bis 1980 der 450 SLC 5.0, in dem der neue Leichtmetall-V8-Fünfliter zunächst lanciert wurde. Außerdem bekam dieser Wagen erstmals in der 107er Baureihe einen Frontspoiler und eine Gummilippe als Heckspoiler.
Der cw-Wert des SLC erwies sich als deutlich besser als der des SL, sodass er trotz Mehrgewicht von 45 bis 50 Kilogramm die gleichen Fahrleistungen erreichte. Im Verlauf seiner zehnjährigen Geschichte fand der SLC insgesamt 62 888 Käufer.
Der SL im Motorsport
Die Langstreckenrallye London – Sydney war für Daimler-Benz 1977 nach langer Enthaltsamkeit mit dem ersten, zweiten, sechsten und achten Platz ein erster großer Erfolg im wiedererwachenden Sportengagement.
Für die 1978 anstehenden Aktivitäten kamen der 280 E und der 450 SLC 5.0 in Frage. Die Fahrzeuge entsprachen weitgehend der Serie und damit dem Reglement. Sie wurden nur mit zusätzlichen Fernscheinwerfern, Scheinwerfergittern, höher gelegter Karosserie, Schalensitzen, Überrollkäfig, zusätzlichen Benzinpumpen und einem Tripmaster aufgerüstet. Das Team trat unter der Leitung von Erich Waxenberger an.
Die erste Herausforderung war die „Vuelta a la Americana Sud“, eine Mammut-Rallye von fast 30 000 Kilometer Länge durch zehn Länder rund um Südamerika vom 17. August bis 24. September 1978. Die ersten fünf Plätze gingen an Mercedes-Benz, davon auf Platz eins, zwei und vier die 450 SLC 5.0, auf drei und fünf die 280 E.
1979 schloss sich vom 12. bis 16. April die East African Safari an, die nach etlichen Misshelligkeiten, Pannen und Brüchen doch noch mit einem versöhnlichen zweiten und sechsten Platz für die 450 SLC 5.0 und einem vierten für den 280 E endete.
Die Bandama-Rallye durch die Savannen der Elfenbeinküste vom 9. bis 14. Dezember 1979 über 5600 Kilometer endete für die Mercedes-Benz Crew mit einem Vierfachsieg. Wie schwierig diese Rallye war, zeigte das Ergebnis von 1972: Da erreichte niemand das Ziel, demzufolge gab es auch keinen Sieger.
1980 wurde das „Dickschiff“ 450 SLC 5.0 nochmals überarbeitet, wo es ging gewichtserleichtert und vor allem fit gemacht für breitere und größere Reifen durch größere Radausschnitte und Kotflügel-Verbreiterungen. Bei der Portugal-Rallye vom 4. bis 9. März wurden der vierte und fünfte Rang erreicht.
Die Kenia-Safari vom 3. bis 7. April 1980 endete mit einem dritten, sechsten und zehnten Platz.
Vom 24. bis 30. Mai lief die Akropolis-Rallye, bei der Dieter Glemser 15 Jahre vorher wenigstens eine Platzierung erreichte. Diesmal reichte es nur zu einem hinteren Platz. Versagende Bremsen, Lenkung verbiegende Steine, gebrochene Kraftstoffleitungen und verlorene Tankdeckel hatten die Griechenlandfahrer nachhaltig mattgesetzt oder hoffnungslos zurückgeworfen.
Bei der Rallye Codasur in Argentinien vom 19. bis 25. Juli kam nur ein Team ins Ziel und wurde Zweiter.
Die neuerliche Teilnahme an der Bandama-Rallye im Dezember brachte diesmal einen Doppelsieg. 50 Prozent der gestarteten SLC hatten das Ziel ohne Blessuren erreicht. Bei dieser Rallye, die nur 792 Kilometer asphaltierte Straße hatte, bei 5336 Kilometer Gesamtlänge ein Meisterstück. Und das letzte, denn Daimler-Benz zieht sich mit Abschluss der 1980er Saison aus dem sportlichen Geschehen zurück.
==Marktlage, Hinweise für Interessenten==

Der SL der Baureihe 107 ist der SL mit der längsten Bauzeit. Während seiner 18-jährigen Bauzeit wurde er im sichtbaren Bereich nur unwesentlich verändert, und er erreichte schon vor Ende seiner Laufbahn den Status eines Klassikers. Die Preise für gebrauchte R107 bewegen sich seit Jahren auf einem stabil hohen, leicht ansteigenden Niveau. Gute Modelle mit dem Reihensechszylinder (280 SL) sind ab 14.000,- Euro erhältlich, die Modelle mit V8-Motoren schlagen (auch wegen der meist besseren Ausstattung) mit 16.000,- bis 22.000,- Euro zu Buche (jeweils Zustand 2). Die Coupes (SLC) sind momentan noch relativ wenig nachgefragt (Ausnahme: die in nur knapp 2.800 Einheiten gebauten 5-Liter Modelle), und wurden auch stärker verschlissen als die Cabrios. Hier ist es oftmals sehr schwierig, ein gutes, unverändertes Fahrzeug zu finden, auch weil weniger SLC gebaut wurden.
Generell kann man sagen, dass viele SL-Cabrios relativ geringe Laufleistungen als garagengeparkte Zweit- oder Drittwagen für schönes Wetter haben und dementsprechend hoch gehandelt werden, jedoch die SLC-Coupés häufig als Erstwagen von beruflichen Fernreisenden hohe und höchste Laufleistungen haben können. Viele SLC wurden in dritter oder fernerer Hand auch umgebaut auf Breitbereifung und Spoiler. Diesen Fehler teilen sie mit den Wagen der Baureihen W116 und W126. Dann sind oftmals viele Fahrwerkskomponenten in Reparaturstau (Räder, Achslagerungen, Lenkungskomponenten), zusätzlich kommen je nach Einsatzzweck Rückbaukosten in den Originalzustand auf einen Erwerbswilligen zu. Auch wenn SLC-Fahrzeuge teils preiswert zu kaufen sind (viele Angebote unter 8.000 €), so soll man sich über die Unterhaltskosten keine Illusionen machen: Oberklasse-Fahrzeug, hohe Steuern und Versicherung, teils sehr hohe Wartungskosten, sofern man nicht im Freundeskreis Kompetenz verfügbar hat, und nicht unbeträchtliche Verbrauchsdaten, sofern die Fahrzeuge keine LPG-Gastankanlage besitzen.
Der Nachfolger des R107 war der 1989 vorgestellte Mercedes-Benz R129.
Modellvarianten | ||
Modell + Motorisierung | Bauzeit | Leistung in PS |
Als Roadster R107 (SL) | ||
280 SL | 1974-1985 | 185, ab 2/1976 177, ab 4/1978 185 |
350 SL | 1971-1980 | 200, ab 2/1976 195 |
450 SL | 1971-1980 | 225, ab 11/75 217 |
380 SL | 1980-1985 | 218, ab 10/81 204 |
500 SL | 1980-1989 | 240, ab 10/81 231 |
560 SL | 1985-1989 | 230 |
300 SL | 1985-1989 | 188, mit Kat: 180 |
420 SL | 1985-1989 | 218, mit Kat: 204 |
Als Coupé C107 (SLC) | ||
280 SLC | 1974-1981 | 185, ab 2/1976 177, ab 4/1978 185 |
350 SLC | 1972-1980 | 200, ab 2/1976 195 |
450 SLC | 1972-1980 | 225, ab 11/75 217 |
450 SLC 5.0 | 1978-1980 | 240 |
380 SLC | 1980-1981 | 218 |
500 SLC | 1980-1981 | 240 |