Archimedische Schraube
Eine archimedische Schraube ist eine Förderanlage, die aus einer um eine Welle gewickelten Spirale und einem Trog besteht, und wird auch Schneckenpumpe genannt. Ihre Erfindung reicht in die Antike zurück und wird üblicherweise dem griechischen Techniker Archimedes zugeschrieben. Hauptanwendung ist der Transport von Wasser auf ein höheres Niveau zu Bewässerungs- und Entwässerungszwecken. Wegen ihrer Zuverlässigkeit und Wartungsarmut werden die Schrauben überwiegend auf Kläranlagen eingesetzt. Ein wenig bekannter Vorteil ist hier der im Vergleich zu Zentrifugalpumpen schonende Umgang mit dem Fördermedium, der die Abwasserreinigung erheblich erleichtert.
Begriff
Die Schraubenpumpen wurden in der Antike wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer spiralförmigen Seemuschel im Griechischen cochlias und im Lateinischen cochleas genannt. Im Deutschen wäre der Begriff „Schraubenpumpe“ treffender und wird z. B. im Englischen (Screw Pump) auch verwendet. Jedoch war der Begriff im Deutschen schon anderweitig vergeben und so orientierte man sich an dem Holländischen Begriff „Vijzel“, was „Schnecke“ bedeutet. Der Begriff „Schneckenpumpe“ hat sich jedoch in der technischen Fachsprache als üblich etabliert.
Prinzip

Die Schnecke befindet sich in einem eng angepassten Trog oder Rohr aus Stahl oder Beton und dreht sich um ihre Mittelachse. Durch die Schnecke und den Trog werden Kammern gebildet, in denen das Wasser nach oben geschraubt wird. Diese Kammern sind nach oben und unten durch jeweils einen Blattabschnitt der Spirale begrenzt. Durch die Rotation der Schnecke bewegen sich alle Kammern in Richtung des Schneckenendes. Am Ende der Schnecke läuft das Wasser aus der sich auflösenden Kammer aus, am Schneckenanfang entsteht eine neue Kammer, die sich mit Wasser aus dem Zulauf füllt.
Die archimedische Schraube ist ein Sonderfall des Schneckenförderers, da hier nur die Schwerkraft mittelbar für den Vorwärtstransport des Fördermediums genutzt wird. Aus diesem Grund kann mit der archimedischen Schraube nur horizontal oder schräg nach oben gefördert werden, wogegen Schneckenförderer auch in der Lage sind, Güter senkrecht zu fördern.
Geschichte
Antike und Mittelalter
In der Antike lässt sich die Verwendung archimedischer Schrauben erstmals belegen. Die Erfindung wird üblicherweise dem griechischen Mathematiker und Techniker Archimedes zugeschrieben, der im 3. Jahrhundert von Christus lebte, es gibt aber in der technikhistorischen Forschung auch Hypothesen, nach denen derartige Geräte bereits zuvor in Mesopotamien eingesetzt wurden.[1] Diese wurden durch Windmühlen, durch Muskelkraft oder, an Flüssen, durch Wasserräder angetrieben und unter anderem hergestellt, indem man einen Holzkern in mehreren Lagen schraubenförmig mit flexiblen Ruten umwickelte und diese mit Pech (Stoff) abdichtete.


Genaue Angaben zum Bau einer Schraubenpumpe sind von Vitruv überliefert. In seinem Werk „Zehn Bücher über Architektur“ („De architectura libri decem“), das zwischen 33 und 22 v. Chr. entstand, stellt er im Band X Maschinenbau („Machinarum“, dort Kapitel 6) Vorgaben zusammen, wonach die Achse aus einem runden Holzpfahl herzustellen ist, dessen Durchmesser ein Sechzehntel der Länge haben soll. Der Umfang wird in acht gleiche Abschnitte geteilt, die Länge ebenfalls, so dass eine quadratische Aufteilung entsteht. Die Blätter der Schraubenpumpe werden diagonal über die Kreuzungspunkte dieser Quadrate aus flachen Streifen von Weidenruten oder Weidenholz erstellt und mit Pech abgedichtet. Der Antrieb erfolgt durch Menschenkraft („hominibus calcantibus“), ist allerdings nicht genauer dargelegt. Antike Darstellungen auf Wandmalereien und Terrakotta zeigen den Antrieb durch einen Menschen, der die Trommel durch Treten antreibt. Überschlägige Nachrechnungen der Pumpenleistung kommen bei einer Dauerleistung von etwa 100 Watt und einem Gesamtwirkungsgrad von 40 % auf eine Förderleistung von etwa 10.000 Litern pro Stunde.[2] Für das zweite nachchristliche Jahrhundert sind derartige Schrauben für den römischen Silberbergbau in Spanien überliefert.[3]
Italienische Renaissance und niederländische Polderentwässerung
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts finden sich die ersten Belege für den Einsatz von Schraubenpumpen im Italien der Renaissance, nämlich in Padua und im Arsenal von Venedig. Möglicherweise fand diese Technik auch zu dieser Zeit schon in den Niederlanden ihren Einsatz bei der Entwässerung für die Landgewinnung.[4] Wasserschrauben zu diesem Zweck wurden dort in großer Zahl dann um 1600 von Technikern wie Jan Adriaanszoon Leeghwater eingesetzt.[5] Die Niederländer nutzten diese Schrauben zur Entwässerung ganzer Landstriche („Poldermühlen“), die mit Windkraft betrieben wurden. Auf diese Weise wurde die Windmühle zum Wahrzeichen der Niederlande. „Flutter“(-Mühlen) (in Holland „tjasker(molen)“) waren dabei preiswerte und einfache Anlagen, die manuell in den Wind gedreht werden konnten.

Um 1880 gab es in Ostfriesland noch 130 solcher Entwässerungsmühlen; bis heute erhalten ist z. B. die Wasserschöpfmühle Wedelfeld in Sande. Wandstärke und Durchmesser des Zentralrohres bestimmen mit ihrem Widerstandsmoment die Durchbiegung und somit die erzielbaren Förderhöhen. Lange Zeit wurden keine Schneckenpumpen mit Baulängen größer 10 m verwendet, da sie schon nach kurzer Zeit brachen. Erst als man bemerkte, dass sie sich durch die Verdrängung des Wassers im Betrieb nach oben durchbiegen, konnte man durch Anpassung der entsprechenden Parameter längere Schneckenpumpen betreiben. Die ersten, mit 18 m Baulänge deutlich größeren Maschinen wurden auf der „Expo '58“ in Brüssel in einem Schaupumpwerk des Niederländischen Pavillons gezeigt und waren für Fachleute eine echte Sensation.
Bei größeren Förderhöhen werden die Schnecken als Kaskaden angeordnet (bereits auf einer römischen Darstellung).
Wesentliche Abmessungen

Die nebenstehende Abbildung zeigt die wichtigsten Abmessungen einer üblichen archimedischen Schraube:
- : Kernrohrdurchmesser
- : Schneckendurchmesser
- : Aufstellwinkel
- : konstruktive Förderhöhe
- : Wasserspiegeldifferenz
- : maximale Förderhöhe
- : erforderliche hydraulische Förderhöhe
- : Gangzahl (hier: 3)
- : beschaufelte Länge
- : Steigung
Verwandte Mechanismen
- Der Schiffsantrieb der 1875 in Dienst gestellten Panzerfregatte General-Admiral hatte eine der archimedischen Schraube ähnliche Konstruktion.
- Ähnlich aussehend, jedoch nach einem anderen Prinzip arbeitet die Exzenterschneckenpumpe.
- Die Umkehrung des Arbeitsprinzips, bei dem die Schnecke durch die Gewichtskraft des Wassers angetrieben wird, ist die Wasserkraftschnecke.

Der Engländer Francis Pettit Smith und der Schwede John Ericsson kehrten das Prinzip unabhängig voneinander im 19. Jahrhundert um. Bislang war die Schraube verankert und das Wasser konnte eine vertikale Distanz überwinden. Bei der Umkehrung war zwar die Schraube weiterhin stationär, jedoch in einem Schwimmkörper verankert. Die mit Maschinenkraft angetriebene Schraube hatte nun die Aufgabe, das Wasser hindurchzuleiten. Durch die Bewegung der Schraube wurde das Wasser in eine Richtung bewegt, so entstand eine Fortbewegung des Schwimmkörpers durch den Propeller (die Schubkraft muss höher sein als der Gegenwind und der Strom, außerdem musste die Massenträgheit des Schwimmkörpers überwunden werden). Das Wasser wurde nun auch transportiert (wie vor der Umkehrung), jedoch in horizontaler Richtung. Später wurden Propeller auch für die Luftfahrt und experimentell auch für die Eisenbahn (z. B. Schienenzeppelin) verwendet.
Literatur
- Peter J. Kantert: Praxishandbuch Schneckenpumpe. Hirthammer, 2008, ISBN 978-3-88721-202-5 (Inhaltsübersicht; auch in englischer Sprache, ISBN 978-3-88721-896-6).
- Vorlage:IZ
- Gerhard Nagel: Ritz, Handbuch der Wasserförderschnecken. 1968.
- Gerhard Nagel, Karl A. Radlik: Wasserförderschnecken, Planung, Bau und Betrieb von Wasserhebeanlagen. 1988.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Dazu ausführlich Stephanie Dalley, John Peter Oleson: Sennacherib, Archimedes, and the Water Screw: The Context of Invention in the Ancient World. In: Technology and Culture. Bd. 44, 2003, Nr. 1, S. 1–26, doi:10.1353/tech.2003.0011.
- ↑ John Gray Landels: Die Technik in der antiken Welt. Beck, München 1979, ISBN 3-8289-0362-2, Kapitel 3: Wasserpumpen (Titel der englischen Originalausgabe: Engineering in the Ancient World. Chatto & Windus, London 1978).
- ↑ Friedrich Klemm: Geschichte der Technik. 3. Auflage. Teubner, Stuttgart, Leipzig 1998, S. 38 f.; Helmuth Schneider: Geschichte der antiken Technik. Beck, München 2007, S. 45–47.
- ↑ Marcus Popplow: Technik im Mittelalter. Beck, München 2010, S. 76.
- ↑ Dietrich Lohrmann: Die archimedische Schraube in der Geschichte der menschlichen Arbeit bis ins 15. Jahrhundert. In: Verena Epp (Hrsg.): Arbeit im Mittelalter. Vorstellungen und Wirklichkeiten. Akademie, Berlin 2006, S. 171–186, hier S. 182.