Wissenschaftsjournalismus
Unter dem Begriff Wissenschaftsjournalismus versteht man die journalistische Berichterstattung über Resultate und Entwicklungen der Wissenschaften.
Anspruchsvolle sowie populäre Ausrichtungen
Die Aufgabe eines Wissenschaftsjournalisten liegt in seiner Funktion als Mittler zwischen den Wissenschaften auf der einen Seite und dem Medienumfeld bzw. der Öffentlichkeit auf der anderen Seite.
In den großen überregionalen Tages- und Wochenzeitungen umfasst das Ressort Wissenschaft meist die klassische Berichterstattung über Naturwissenschaften, Technik und Medizin, wobei Umfang und Ausarbeitung der Texte sehr unterschiedlich ausfallen.
Medizinjournalismus klärt auf, Hintergrundwissen mit riesigen Zielgruppen... Man kann mit reden (bis hin zu übertriebener Beschäftigung mit sich selbst im Zeitalter der Individualisierung/Enttraditionalisierung fliessend Grenzen ins Psychologische, Diagnose Narzismus bei ob ich zwei Kilo zu viel wiege etc., auch Stichwort: Biertischwissenschaft).
Zum Beispiel auf der Mittwochsbeilage der FAZ dominiert seriöse Medizinberichterstattung, Kongressberichte etc., obwohl sie "Natur und Wissenschaft" heisst.
Die Wissenschaftsjournalismus-Forschung, ein seit Jahrzehnten etablierter Zweig der Publizistik-Wissenschaft, liefert immer wieder Statistiken über die Anteile der Medizinberichterstattung.
Wegen der dahinter stehenden Produktmärkte /PR, anzeigennahen Berichterstattung erscheinen immer wieder kostenlose Blätter (so für Apotheken). Manche sind ein paar Jahre auf dem Markt, wie eine Ärztetageszeitung der oben genannten überregionalen Tageszeitung. Auch wenn das oft unzugegebener Massen in PR übergeht, fallen doch meist hilfreiche, gesundheitsfördernde Informationen ab (intern auch Arbeitsstellen, wobei im Verlagsjargon sogenannte "Selbstausbeutung" in kleinen, idealistischen Verlagen ebenso wie bei den freien Journalisten vorkommt).
Sonst aber bedient Medizinjournalismus bisweilen geradezu riesige Industriezweige (Pharma, Medizingeräte…). Das ist schon vom Anzeigenaufkommen her umfangreich - zu dem dann passende Artikel geschehen. Aktuelles Beispiel eines wissenschaftlichen Medizin-Verlags, ganz gewiss eher als Querfinanzierung für weniger einträgliches geplant - Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Newsletter (19. Januar 2006): „Interessierte können die Tageszeitungsbeilage "Medizin" ab sofort kostenlos abonnieren. Die 16-seitige Beilage informiert Gesundheitsinteressierte über Themen wie Allergien, Ernährung oder Krebs. "Medizin", ein Produkt aus der Thieme Verlagsgruppe, erscheint achtmal im Jahr und geht bisher bundesweit an die Leser 13 regionaler Zeitungen und man kann das auch ohne einen Dauerbezug einer der Zeitungen, denen sie beigelegt ist, kostenlos anfordern.(…)“
Im Kern geht es darum, die vorhandenen wissenschaftlichen Daten und Fakten für unterschiedliche Zielgruppen von Lesern und Zuschauern aufzuarbeiten. Dabei darf der Wissenschaftsjournalist durchaus populärwissenschaftlich sein. So hatten in den 1960er Jahren die populärwissenschaftlichen Fernsehsendungen über Astronomie mit Prof. Dr. Heinz Haber große Einschalterfolge beim breiten Publikum.
Auch so beliebte Kindersendungen im Fernsehen wie Löwenzahn wäre ohne Wissenschaftsjournalismus schwer denkbar. Die Wissenschaftsredakteure müssen hierbei ihr Fachwissen als sprachlich fassbare „Wissenschaft für Kinder“ aufbereiten.
Andere deutschsprachige Sendeformate dieses Spektrums sind Quarks & Co (WDR), Abenteuer Wissen mit Wolf von Lojewski und Joachim Bublath (ZDF), Nano (3sat) und Alpha Centauri mit Prof. Dr. Harald Lesch (BR-alpha).
Abgrenzungen
Wissenschaft ist genau und ausführlich, Wissenschaftsjournalismus dagegen immer sehr viel kürzer und zwangsläufig trotz aller Präzision ungenau (was ihm immer wieder vorgeworfen wird). Mit dem Wissenschaftsjournalismus nicht verwechselt werden darf der Fachjournalismus. Ein Journalist, der sich nur mit Sport beschäftigt, ist zwar ein Fachjournalist, aber kein Wissenschaftsjournalist. Wissenschaftliche Fachzeitschriften, die primär Originalbeiträge der Forscher enthalten, gehören nicht zum Wissenschaftsjournalismus.
Der beschränkt sich fast immer auf Naturwissenschaft, Technik und Medizin. Sozialwissenschaftsjournalismus wird im sehr langfristigen Trend englisch als "second class science journalism" oder "garbage science.." (Müll) abgegrenzt: im Vergleich brächten Sozialwissenschaften zuviel Nachrichtenmaterial und dabei viel weniger Nachrichtenwerte zustande, auch wenn sie mit genauer, respektabler Statistik an die Naturwissenschaftlichkeit heranreichen wollen. Der Gegenstandsbereich ließe sich aber mit Datenfriedhöfen gerade für den journalistischen, knappen Zweck nicht abrunden, auch wenn es spannende statistische Trends gibt, wie sie Umfrageforschung zum Beispiel bei politischen Wahlen zeigt.
Ausweitung der medialen Präsenz
In den letzten Jahren ist es zu einem sprunghaften Anwachsen von Wissenschaftssendungen in Fernsehen und Hörfunk gekommen. Das ist zum einen gewiss dem Konkurrenz- und Innovationsdruck der Medienlandschaft zu verdanken. Andererseits benötigt eine zunehmend auf Wissenschaft aufbauende „Informationsgesellschaft“ auch die entsprechende mediale Vermittlung der dazugehörigen Haltungen und Inhalte.
Literatur
- Andre Stuber: Wissenschaft in den Massenmedien. Die Darstellung wissenschaftlicher Themen im Fernsehen, in Zeitungen und in Publikumszeitschriften. Dissertation, Shaker Verlag, Aachen 2005. ISBN 3-8322-4235-X
- Jan Lublinski: Wissenschaftsjournalismus im Hörfunk. Redaktionsorganisation und Thematisierungsprozesse. Dissertation, UVK Verlag, o.O. 2004. ISBN 3-89669-441-3
- Christian Müller (Hrsg.): SciencePop. Wissenschaftsjournalismus zwischen PR und Forschungskritik. Nausner & Nausner, o.O. 2004. ISBN 3-901402-36-5 (Reihe: Konkrete Wissenschaft)
- Winfried Göpfert, Stephan Russ-Mohl (Hrsg.): Wissenschaftsjournalismus: ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. 4. Auflage, List, München 2000. ISBN 3-471-78556-6
- Matthias Kohring: Die Funktion des Wissenschaftsjournalismus: ein systemtheoretischer Entwurf. Westdeutscher Verlag, Opladen 1997. ISBN 3-531-12938-4 (Schriftenreihe: Studien zur Kommunikationswissenschaft)
- Georg Ruhrmann: Öffentlichkeit, Medien und Wissenschaft: Was leistet Risikokommunikation?. 1. Auflage, Zeitungsverlag, Bonn 1996. ISBN 3-929122-25-1 (Schriftenreihe: Düsseldorfer medienwissenschaftliche Vorträge 4)
- Robert Gerwin (Hrsg.): Die Medien zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit: ein Symposium der Karl-Heinz-Beckurts-Stiftung. Hirzel (u. a.), Stuttgart 1992. ISBN 3-8047-1224-X
- Stephan Ruß-Mohl: Wissenschaftsjournalismus und Öffentlichkeitsarbeit: Tagungsbericht zum 3. Colloquium Wissenschaftsjournalismus vom 4./5. November 1988 in Berlin. Bleicher Verlag, Gerlingen 1990. ISBN 3-922934-27-7 (Schriftenreihe: Materialien und Berichte Robert Bosch Stiftung 32)
- Leo Schmidt: Symbiotischer Wissenschaftsjournalismus: Universität und öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Kooperation. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1989. ISBN 3-88339-712-1 (Schriftenreihe: Bochumer Studien zur Publizistik- und Kommunikationswissenschaft 57)
- Eleanor Singer/Carol Weiss: The Social Sciences in The Mass Media.
Weblinks
- Deutscher Fachjournalisten-Verband – Berufsverband der Fach- und Wissenschaftsjournalisten
- Informationsportal Wissenschaftsjournalismus
- Newsletter Wissenschaftsjournalismus
- Studiengang Wissenschaftsjournalismus (FH Darmstadt)
- Wissenschafts-Pressekonferenz e. V.