Henrik Ibsen
Henrik Johan Ibsen (* 20. März 1828 in Skien/Norwegen; † 23. Mai 1906 in Kristiania; damaliger Name von Oslo) war ein norwegischer Schriftsteller, der für den Naturalismus in Deutschland und Norwegen bedeutend war.

Leben
Henrik Ibsen entstammte aus einer der vornehmsten und ältesten norwegischen Familien, unter anderem die Familie Paus. Sein Vater (Knud Ibsen) war ein wohlhabender Kaufmann, der aber durch den Verlust seines Vermögens aus der Gesellschaft ausgestoßen wurde, als Henrik gerade acht Jahre alt war. Er musste deshalb in früher Jugend in Grimstad eine Lehre als Apotheker absolvieren. Er schrieb aufgrund der Erfahrungen seiner Kindheit später vor allem gesellschaftskritische Theaterstücke.
Im Jahre 1850 lebte Henrik in Oslo, wo er neben seinem Medizinstudium in der Christiania Universität sich auch sehr für Politik interessierte. Hier entstand auch sein erstes Stück, Catilina. Im Alter von 20 Jahren befreundete er sich dort mit Björnstjerne Björnson. In Christiania gab er zusammen mit P. Botten-Hansen und Aasmund Vinje das Wochenblatt Andhrimner heraus. Während dieser Zeit beschäftigte er sich viel mit altnordischer Geschichte und Volkskunde. Zwei Jahre später, 1852, berief ihn Ole Bull als Hausdichter an das Norske Theater in Bergen, wo er seine ersten Stücke aufführen lassen konnte. Sein Posten dort dauerte fünf Jahre. Ebenfalls 1852 machte er eine Studienreise nach Dresden und Kopenhagen, wo damals Eduard Philipp Devrient und Johanne Luise Heiberg die Theater leiteten.
Das erste Stück, das Ibsen der weiteren Öffentlichkeit bekannt machte, war Gildet på Solhaug (Das Fest auf Solhaug, 1856). Die später so stark betonte sozialkritische Thematik zeigt sich erstmals in seinem Drama Kjærlighedens Komedie (Komödie der Liebe, 1862).
Im Anschluss daran schuf Ibsen eher romantische und geschichtliche Dramen. 1857 übernahm Ibsen die Leitung des Kristiania Norske Theater in Christiania (damaliger Name von Oslo). Am 18. Juli 1858 heiratete er Suzannah Thoresen. Nach dem Bankrott des Kristiania Norske Theater, was ihn sehr belastete, verließ er 1864 seine Heimat Norwegen. Björnstjerne Björnson organisierte ihm ein Stipendium für eine Studienreise; so lebte er bis 1891 in Dresden, München und Rom, erst 1891 kehrte er nach langer Abwesenheit nach Norwegen zurück.
Henrik Ibsen wurde als Dramatiker bekannt, welcher gegen die bürgerliche Moral und "Lebenslüge" in den Kampf zog. Seine zeitgebundenen Texte zeichnen sich durch menschliche und revolutionäre Anliegen aus. Seine bürgerlichen Dramen waren mit ernster Ethik verbunden und zeigten großen psychologischen Hintergrund. Sein Sprachgefühl und seine Kenntnis der altnordischen Sagen gaben seiner dramatischen Sprache einen kräftigen Ton, der gegenüber der seinerzeit alleingültigen dänischen Dichterschule einen schroffen Eindruck machte. Neben dem Naturalismus geht durch die Dramen Ibsens auch ein mystischer Zug, der sich in Alterswerken bis zum Symbolismus ausweitet und mitunter unvermittelt der Beschreibung der Realität gegenübersteht.
Der 1886 in Berlin gegründete S.Fischer Verlag eröffnete 1887 sein literarisches Verlagsprogramm mit der Herausgabe von Ibsens Schauspiel Rosmersholm. Fast alle Dramen Ibsens wurden wiederholt ins Deutsche übersetzt.
Henrik Ibsen starb am 23. Mai 1906 in Oslo, wo man ihn als einen der bedeutendsten norwegischen Dramatiker ehrte.
Das Andenken an Ibsen wird in seiner Heimatstadt Skien besonders lebendig gehalten. Hier gibt es diverse Stätten der Ibsen-Verehrung und das jährliche große Ibsen-Kultur-Festival.
In Oslo steht ein von Stefan Sinding geschaffenes Standbild Ibsens (und auch Björnsons), das 1900 enthüllt wurde.
Werke
- 1850 Catilina
- 1850 Das Hünengrab
- 1853 Die Hohannisnacht
- 1855 Frau Inger auf Östrot
- 1856 Das Fest auf Solhaug
- 1857 Olaf Liljekrans
- 1858 Die Helden auf Helgeland
- 1862 Komödie der Liebe
- 1864 Die Kronprätendenten
- 1866 Brand
- 1867 Peer Gynt
- 1869 Der Bund der Jugend
- 1871 Gedichte
- 1873 Kaiser und Galiläer
- 1877 Die Stützen der Gesellschaft
- 1879 Nora oder ein Puppenheim
- 1881 Gespenster
- 1882 Ein Volksfeind
- 1884 Die Wildente
- 1886 Rosmersholm
- 1888 Die Frau vom Meer
- 1890 Hedda Gabler
- 1892 Baumeister Solness
- 1894 Klein Eyolf
- 1896 John Gabriel Borkman
- 1899 Wenn wir Toten erwachen
Literatur
- Wladimir Admoni: Henrik Ibsen. Die Paradoxie eines Dichterlebens. München: Beck. 1991. (= Beck'sche Reihe; 619; Autorenbücher) ISBN 3-406-33166-1
- Herlinde Nitsch Ayers: Selbstverwirklichung - Selbstverneinung. Rollenkonflikte im Werk von Hebbel, Ibsen und Strindberg. New York u. a.: Lang. 1995. (= Studies on themes and motifs in literature; 15) ISBN 0-8204-2668-7
- Rüdiger Bernhardt: Henrik Ibsen und die Deutschen. Berlin: Henschelverl. Kunst. u. Gesellschaft. 1989. ISBN 3-362-00298-6
- Marc Boettcher: Henrik Ibsen. Zur Bühnengeschichte seiner "Gespenster". Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1989. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 30; 34) ISBN 3-631-42166-4
- Maria Deppermann u. a. (Hrsg.): Ibsen im europäischen Spannungsfeld zwischen Naturalismus und Symbolismus. Kongreßakten der 8. Internationalen Ibsen-Konferenz, Gossensaß, 23. - 28. Juni 1997. Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1998. ISBN 3-631-33048-0
- Uwe Englert: Magus und Rechenmeister. Henrik Ibsens Werk auf den Bühnen des Dritten Reiches. Tübingen u. a.: Francke. 2001. (= Beiträge zur nordischen Philologie; 30) ISBN 3-7720-3093-9
- Robert Ferguson: Henrik Ibsen. Eine Biographie. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1998.
- Käte Hamburger: Ibsens Drama in seiner Zeit. Stuttgart: Klett-Cotta. 1989. ISBN 3-608-95665-4
- Michaela Giesing: Ibsens Nora und die wahre Emanzipation der Frau. Zum Frauenbild im wilhelminischen Theater. Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1984. (= Studien zum Theater, Film und Fernsehen; 4) ISBN 3-8204-5160-9
- Hans H. Hiebel: Henrik Ibsens psycho-analytische Dramen. Die Wiederkehr der Vergangenheit. München: Fink. 1990. ISBN 3-7705-2621-X
- Ibsens Dramen. Stuttgart: Reclam. 2005. (= Reclams Universal-Bibliothek, 17530: Interpretationen) ISBN 3-15-017530-5
- Susanne Kramarz: Eyolf. Kinder und Kinderschicksale im Werk Henrik Ibsens. Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1990. (= Texte und Untersuchungen zur Germanistik und Skandinavistik; 24) ISBN 3-631-43069-8
- Lena Kühne: Ibsen im Spiegelkabinett. Verfremdung der Gesellschaftsdramen Henrik Ibsens in Parodien und verwandten Rezeptionsformen im deutschen und skandinavischen Sprachraum. Wien: Ed. Praesens. 2004. (= Wiener Studien zur Skandinavistik; 10) ISBN 3-7069-0226-5
- Hans Georg Meyer: Henrik Ibsen. Erg. und überarb. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch-Verl. 1977. (= dtv; 6846; Dramatiker des Welttheaters) ISBN 3-423-06846-9
- Ingunn Moe: Deutscher Naturalismus und ausländische Literatur. Zur Rezeption der Werke von Zola, Ibsen u. Dostojewski durch die deutsche naturalistische Bewegung (1880-1895). Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1983. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; Deutsche Sprache u. Literatur; 729) ISBN 3-8204-5262-1
- Fritz Paul (Hrsg.): Henrik Ibsen. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1977. (= Wege der Forschung; 487) ISBN 3-534-07071-2
- Anita von Raffay: Die Macht der Liebe - die Liebe zur Macht. Psychoanalytische Studien zu Liebe/Macht-Verhältnissen in Dramen Wagners und Ibsens. Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1995. ISBN 3-631-48159-4
- Gerd Enno Rieger: Henrik Ibsen. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 1993. (= Rowohlts Monographien; 295) ISBN 3-499-50295-X
- Matthias Sträßner: Flöte und Pistole. Anmerkungen zum Verhältnis von Nietzsche und Ibsen. Mit einem Anhang. Würzburg: Königshausen u. Neumann. 2003. ISBN 3-8260-2539-3
- Heidi u. Christoph Wetzel: Henrik Ibsen. Salzburg: Andreas. 1984. (= Die großen Klassiker; 31) ISBN 3-85012-135-6
Verfilmungen
- 1934 - Peer Gynt - Regie: Fritz Wendhausen
- 1935 - Stützen der Gesellschaft - Regie: Detlef Sierck
- 1937 - Ein Volksfeind - Regie: Hans Steinhoff
- 1943 - Nora - Regie: Harald Braun
- 1972 - Nora (A doll's house) - Regie: Joseph Losey
- 1973 - Nora Helmer - Regie: Rainer Werner Fassbinder
- 1973 - Ein Puppenheim (A doll's house) - Regie: Patrick Garland
- 1975 - Hedda Gabler (Hedda) - Regie: Trevor Nunn
- 1976 - Die Wildente (Hans W. Geissendörfer)
- 1978 - Ein Feind des Volkes (An enemy of the people) - Regie: George Schaefer (nach einer Adaption von Arthur Miller
- 1984 - Die Wildente (The wild duck) - Regie: Henri Safran
- 1987 - Peer Gynt (Peer Gynt) - Regie: István Gaál
Weblinks
- Vorlage:PND
- http://www.theatredatabase.com/19th_century/henrik_ibsen_001.html
- http://odin.dep.no/odin/tysk/om_odin/stillinger/032005-990176/index-dok000-b-n-a.html
- Texte von Henrik Ibsen (Projekt Gutenberg)
- http://www.nord-weg.de/rd_Norwegen/Ibsen/Henrik%20Ibsen.htm
- http://www.lysator.liu.se/runeberg/authors/ibsen.html
- Ibsen auf dem Spielplan deutschsprachiger Bühnen
- Ibsen.net
Siehe auch: Liste norwegischsprachiger Schriftsteller
Personendaten | |
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NAME | Ibsen, Henrik |
KURZBESCHREIBUNG | norwegischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 20. März 1828 |
GEBURTSORT | Skien/Norwegen |
STERBEDATUM | 23. Mai 1906 |
STERBEORT | Christiania; damaliger Name von Oslo |