Senkrechtstart und -landung
VTOL ist ein Akronym für "Vertical Take-Off and Landing". Es bezeichnet die Fähigkeit eines Flugzeugs, senkrecht und ohne Start- und Landebahn starten und landen zu können, im Deutschen auch Senkrechtstarter genannt. Auch Hubschrauber sind streng genommen VTOL-Fahrzeuge, häufig wird aber der Begriff auf Luftfahrzeuge mit Tragflächen bezogen, so auch im Folgenden.
Geschichte

Das erste zuverlässig fliegende VTOL-Luftfahrzeug dürfte das Oehmichen No.2 von Étienne Oehmichen aus dem Jahre 1922 gewesen sein. Zu einem Entwicklungsschub kam es jedoch erst in den 1950er und den frühen 1960er Jahren, als man glaubte, Flugplätze würden im Falle eines Krieges zu den ersten Zielen gehören.
Eine Lösung versprachen VTOL-Kampfflugzeuge, die auch ausserhalb von Flugplätzen von befestigten Flächen aus starten und leicht verlegt werden konnten. Es wurden zahlreiche Prototypen entwickelt und erprobt, in Deutschland auch von Focke-Wulf, Heinkel und Messerschmitt bzw. EWR, wovon die EWR VJ 101 (Erstflug 1963) und die VFW VAK 191B (1970) den Entwicklungsstand erreichten. Es wurde jedoch sehr schnell festgestellt, dass die Kosten für solche Flugzeuge und der logistische Aufwand zur Verlegung der benötigten Unterstützungseinrichtungen wie z. B. der Treibstoffversorgung zu hoch waren.
Auch im zivilen Bereich gab es eine Vielzahl von VTOL- oder V/STOL-Ansätzen, in Deutschland neben der weit entwickelten Dornier Do 31 etwa Entwürfe der Do 231 “V-Jet”, MBB Bo 140, HFB 600 “Vertibus”, VFW VC 180, VC 400 und VC 500.
Deutsche VTOL-Flugzeuge, ausgestellt im Deutschen Museum in München:
Aktuell sind weltweit in Planung oder im Dienst:
- Bell/Boeing V-22 Ospey und Bell/Agusta BA609 (zivile Variante)
- Hawker Siddeley Harrier und AV-8B Harrier II
- Jakowlew Jak-38
- Boeing X-32 (Prototypen)
- Lockheed F-35 Joint Strike Fighter (X-35)
Technik
Es werden zwei Antriebsarten unterschieden, mit jeweils einer Anzahl von Umsetzungsvarianten (Beispiele in Klammern):
- Kombinierte Hub-/Schubantriebe
- Kipprotor(-propeller) - Tilt rotor (Bell XV-3, Bell-Boeing V-22)
- Kippmanteltriebwerke - Tilt duct (Bell X-22)
- Strahltriebwerk mit Schwenkdüsen - Tilt Jet (EWR VJ 101)
- Kippflügel - Tilt wing (Hiller X-18)
- Heckstarter - Tail Sitter (Lockheed XFV-1)
- Schubumlenkung - Deflected Slipstream (Ryan 92 VZ-3 Vertiplane)
- Vektorsteuerung - Vectored Thrust (Hawker Siddeley Harrier)
- Zusatzauftrieb via gekuppeltem Rotor im Tragflügel - Fan (Ryan XV-5A Vertifan)
- Zusatzauftrieb via Impeller oder Düse im Rumpf (X-35B)
- UFO-ähnliche Luftfahrzeuge
- Getrennte Hub- und Schubantriebe
- Strahltriebwerke - Lift and Cruise (Mirage III V)
- Kombination - Lift plus Lift/Cruise (Dornier Do 31)
- Flugschrauber
VTOL-ähnliche Varianten
Luftfahrzeuge, die nicht oder nicht immer senkrecht starten und landen können, aber durch besondere Konstruktionsweisen kurze Start- und Landebahnen erreichen, werden durch ähnliche Akronyme klassifiziert:
STOVL
STOVL (Short Take-Off and Vertical Landing) bezeichnet die Fähigkeit, auf kurzen Strecken starten, aber senkrecht landen zu können. Diese Variante wird i.a. im militärischen Bereich eingesetzt und hat die Eigenschaft, beim Start mehr Waffen und Treibstoff mitführen zu können, nach deren Benutzung das Gewicht sinkt und somit die senkrechte Landung ermöglicht wird.
VSTOL
VSTOL oder V/STOL - "Vertical/Short Take-Off and Landing" ist ein Oberbegriff, der VTOL und STOL Flugzeuge zusammen fasst.
Weblinks
- International V/STOL Historical Society Übersicht der bisher gebauten VTOL-Flugzeuge (Englisch)
- Übersicht der nicht gebauten VTOL-Flugzeuge (Englisch)
- http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_VTOL_aircraft - VTOL-Flugzeuge in der englischen Wikipedia