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Sonderforschungsbereich 933 „Materiale Textkulturen“

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Begründung: Die enzyklopädische Relevanz eines "Sonderforschungsbereichs" der DFG (dies hier ist einer von zehn laut Artikel)) wird nicht dargelegt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat ihren Artikel zu Recht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist extrem engagiert in der Wikipedia, auch das ist richtig und gut. Jedoch darf das nicht dazu führen, dass hier nun alles als eigenständig aufgeführt wird, was man dort so betreibt. Auch nicht, wenn die Deutsche Forschungsgemeinschaft dazu Autoren einlädt und eine fachliche Befruchtung absehbar ist. Bitte also eine grundsätzliche Klärung, inwiefern diese Sonderforschungsbereiche, die ja nach Ablauf der Förderung wieder universitäre Bereiche werden, hier enzyklopädisch erwähnenswert sein sollen. Sorry für LA per IP, geht gerade nicht anders. Und bitte auch keine Pauschalablehnungen des LA per "alles, was MC anfängt" oder so; hier geht es nicht um den Autor, sondern um den Artikelgegenstand.

Der Sonderforschungsbereich 933 „Materiale Textkulturen“ ist ein an der Universität Heidelberg angesiedelter Sonderforschungsbereich (SFB) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit dem Untertitel Materialität und Präsenz des Geschriebenen in non-typographischen Gesellschaften. Der 2011 eingerichtete Forschungsbereich beschäftigt sich mit der Erforschung von den verschiedenen Schriftträgern und der aufgebrachten Schrift in Kulturen vor der Erfindung und Etablierung des Buchdruckes in Europa. Zentrale Forschungskulturen sind der Mittelmeerraum, Vorderasien und Europa, der zeitliche Rahmen umfasst dabei einen Bereich von der Entwicklung der Schrift am Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien und Altägypten bis zur Ablösung händischer durch mechanische Verfahren mit der Durchsetzung des Buchdruckes in Europa im 15. Jahrhundert. Sein Forschungsprogramm folgt dem Material Turn in den Geistes- und Kulturwissenschaften und misst der Erforschung der Materiellen Kultur besondere Bedeutung zu. Die jeweils spezifischen Ansätze und Forschungsergebnisse der am Text orientierten und der am Objekt ausgerichteten Disziplinen werden hierbei zusammengeführt[1].

Der SFB 933 ist derzeit einer von nur zehn geisteswissenschaftlichen Sonderforschungsbereichen der DFG[2] und wurde im Mai 2015 in einer zweiten Antragsphase bis 2019 verlängert. Beteiligt sind etwa 70 Wissenschaftler aus 18 geisteswissenschaftlichen Fachrichtungen[3] der Universität Heidelberg sowie der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Der SFB ist hierbei deutlich fakultätsübergreifend[4]. Im Bereich der Digital Humanities besteht eine enge Kooperation mit dem Universitätsrechenzentrum und der Universitätsbibliothek Heidelberg[5]. Nach Auslaufen der Förderung durch die DFG sollen Teile der Strukturen des SFB in die universitären Strukturen überführt werden.

In ihm sind viele Kleine Fächer vertreten, zu deren Sichtbarkeit und struktureller Stärkung er beiträgt [6].

Sprecher des SFB war zunächst der Assyrologe Markus Hilgert, nach dessen Wechsel auf die Position des Direktors des Vorderasiatischen Museums Berlin der Mediävist Ludger Lieb.

Zielsetzungen und Leitideen

Als theoretischer Überbau wurden drei zentrale Zielsetzungen für den SFB 933 entwickelt:[7]

  1. die Generierung umfangreicher Grundlagenforschung und problembezogener Quellenerschließung in den beteiligten Disziplinen
  2. eine inhaltliche, epistemologische und methodische Weiterentwicklung in den text-interpretativen historischen Kulturwissenschaften
    1. Dabei ergibt sich eine inhaltliche Weiterentwicklung aus der systematischen Erschließung, Dokumentation und Analyse der materialen Präsenz des Geschriebenen in verschiedenen Praxisfeldern solcher Gesellschaften, in denen keine Verfahren der massenhaften Produktion und Distribution von Geschriebenem verfügbar oder verbreitet sind („non-typographische Gesellschaften“) sowie
    2. der auf dieser Evidenz basierenden Darstellung derjenigen Rezeptionspraktiken, deren Vollzug am Geschriebenen aufgrund dieser seiner materialen Präsenz jeweils wahrscheinlich ist.
    3. Eine epistemologische Weiterentwicklung wird erreicht durch die Anerkennung und konsequente Zugrundelegung der Prämisse, dass das Geschriebene keinen immanenten, unveränderlichen Sinngehalt besitzt, sowie durch
    4. die theoretische und methodologische Auseinandersetzung mit dem grundlegenden hermeneutischen Problem, das sich daraus für die Forschungspraxis in den text-interpretativen historischen Kulturwissenschaften ergibt.
  3. eine langfristige und strukturell verankerte Förderung der verschiedenen Fachkulturen durch einen disziplinübergreifenden, kulturtheoretisch ausgerichteten Forschungsansatz.

In der zweiten Phase des SFB werden diese Ziele weiter verfolgt, die Ziele aber auch weiter gefasst. Es werden weitere Räume, Kulturen und Zeitphasen einbezogen. Diese zum Teil geschärfte Perspektive wird vom SFB wie folgt beschrieben:

  1. Diachrone Perspektive: Der SFB verstärkt die Beobachtung von Wandel, Persistenz und Umbruch und geht teilprojektübergreifend den Fragen nach, wie die Veränderungen von Praktiken und Materialien sich wechselseitig bedingen (insbesondere im Übergang von non-typographischen zu typographischen Gesellschaften) und wie ein einzelnes Artefakt im Laufe seiner Überlieferungsgeschichte ganz unterschiedliche Praktiken verursacht und erfährt (‚Artefaktbiographien‘).
  2. Akteur-Netzwerke: Die Identifizierung und Rekonstruktion von Netzwerken wird vorangetrieben. Besondere Berücksichtigung erfährt, dass oft mehrere menschliche Akteure ‚arbeitsteilig‘ verschiedene Praktiken vollziehen und schrifttragende Artefakte selbst Aktanten in Netzwerken sind.
  3. Schrift und Bild – Schrift als Bild: Kunstwissenschaftliche und ästhetische Aspekte sowie Text-Bild-Artefakte bilden einen weiteren Schwerpunkt. Verstärkt wird den Phänomenen nachgegangen, dass Schriftzeichen Bildcharakter haben, dass Inschriften oft weniger hermeneutisch, sondern ästhetisch wirken und dass sie öfter eine Nähe zu Ornament und Dekor aufweisen.
  4. Sakrale Raumarrangements: Einen inhaltlichen Schwerpunkt bilden schrifttragende Artefakte in und an sakralen Räumen. Reliquienschreine, Kirchenräume, Gräber sowie ganze Totenstädte ermöglichen eine Rekonstruktion der Praktiken, die sich auf die dort zu findenden Texte beziehen.
  5. Potential der Metatexte: Für die Rekonstruktion von materialen Textkulturen sollen verstärkt Texte genutzt werden, in denen schrifttragende Artefakte selbst zum Gegenstand werden (‚Metatexte‘). Metatextuell gewonnene Beobachtungen sind mit jenen Beobachtungen zu vergleichen, die anhand tatsächlich überlieferter Artefakte gemacht werden. Sodann ist die poetische und imaginäre Aussagekraft gerade auch der phantastisch-irrealen Metatexte für materiale Textkulturen zu untersuchen.
  6. Theoretisch-methodische Weiterentwicklung: Die im SFB 933 beständig gepflegte theoretisch-methodische Reflexion soll in zwei Richtungen besonders vorangetrieben werden. Erstens erproben einige Teilprojekte neue naturwissenschaftliche und computergestützte Analyseverfahren. Zweitens entstehen neue Konzeptualisierungen des Forschungsprogramms (z.B. historische Textwissenschaft) oder Korrelationen mit rezenten Forschungsparadigmen (z.B. Memoria, Körper, Self-Fashioning).

Teilprojekte

Der SFB ist in 23 Teilprojekte unterteilt (Liste der Teilprojekte des SFB 933 in der ersten und zweiten Förderphase).

Gastprofessoren und Gastwissenschaftler

Das Teilprojekt "Beschriebenes und Geschriebenes im städtischen Raum der griechisch-römischen Antike und des Mittelalters" (A1) besuchte der Althistoriker Andreas Bendlin von der University of Toronto im Frühjahr 2012. Weiterhin hat im Frühjahr 2014 Hans Ulrich Gumbrecht von der Stanford University als Gastprofessor zum Projekt beigetragen.

Publikationen

Publikationsreihe Materiale Textkulturen

Die Forschungsergebnisse des SFB werden vor allem, aber nicht nur in einer eigenen Reihe, die sowohl Sammelbände als auch Monografien umfasst, publiziert. Publikationssprachen sind Deutsch und Englisch. Die Reihe erscheint im Verlag Walter de Gruyter unter der Lizenz CC-BY-NC-ND im Open Access. Sie trägt denselben Namen wie der SFB, Materiale Textkulturen (MTK).[8] Bisher sind die folgenden Bände erschienen:

Publizierte Dissertationsprojekte im Rahmen des SFB

  • Natalie Maag: Alemannische Minuskel (744-846 n. Chr.). Frühe Schriftkultur im Bodenseeraum und Voralpenland (Quellen und Forschungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters; 18), Stuttgart: Hiersemann 2014 (Rezension)

E-Journal: "Material Text Culture Blog"

Das "Material Text Culture Blog" (ISSN: 2195-075X) ist eine nicht-periodische Online-Publikation des SFB 933 die in der Deutschen Nationalbibliothek bibliographiert wird (Bericht in: AWOL - The Ancient World Online.).

Rezeption

Online-Berichte

Radio-Features und Podcasts

Einzelnachweise

  1. Ott, Sauer und Meier (2015): Materiale Textkulturen. Konzepte-Materialien-Praktiken. Eine Gebrauchsanweisung
  2. Aktuelle Zahlen der DFG (Quelle: online). Da geistes- und sozialwissenschaftliche SFBs in einer Kategorie gefasst werden (in die auch Ökonomie, Psychologie, Linguistik und spezielle Fragen der Statistik fallen) kann die Zählung hier je nach Standpunkt des Auswertenden abweichen (Gesamtmenge: 22 SFB´s in dieser Kategorie und 3 Transregios).
  3. Stand November 2015: 28 TeilprojektleiterInnen aus 18 Fächern in 19 wissenschaftlichen Teilprojekten (darunter je 3 Unterprojekte in A01 und A03 und 2 Unterprojekte in C02) mit 34 MitarbeiterInnen (19 PostDocs und 15 DoktorandInnen), d.h. insgesamt 62 WissenschaftlerInnen zuzüglich der MitarbeiterInnen der Grundausstattung. Quelle: Liste Teilprojekte und Mitarbeiter des SFB 933 (online)
  4. Beteiligt sind fünf Fakultäten der Universität Heidelberg. (Quelle: online)
  5. SFB 933 TP INF (Quelle:online)
  6. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Hg.): Expertenkommission zur Situation der Kleinen Fächer in Baden-Württemberg. Empfehlungen für ein Zukunftsprogramm ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg, Stuttgart 2015. Redaktion: Markus Hilgert und Michaela Böttner. (Online als PDF)
  7. Zielsetzung & Leitideen auf der Webseite des SFB 933
  8. Directory of Open access Books