Bahnstrecke Rybník–Lipno nad Vltavou
Rybník–Lipno nad Vltavou[1] | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Kursbuchstrecke (SŽ): | 195 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 22,185 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenklasse: | C2 (2006) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Stromsystem: | 1280 V (1912–1955) = 1500 V (1955–2003) = 25 kV 50 Hz (seit 2005) ~ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 33 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Minimaler Radius: | 150 m | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckengeschwindigkeit: | 60 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Bahnstrecke Rybník–Lipno nad Vltavou ist eine elektrifizierte Nebenbahn („regionální dráha“)[2] in Tschechien, die ursprünglich von der Hohenfurther Elektrischen Lokalbahn erbaut und betrieben worden ist. Die Strecke verläuft in Südböhmen entlang der oberen Moldau von Rybník (Zartlesdorf) über Vyšší Brod (Hohenfurth) nach Lipno nad Vltavou (Lippen).
Geschichte
Im Jahr 1885 eröffnete Ernst Porak (Arnošt Porák) in Kienberg eine Zellstofffabrik. In den folgenden Jahren kamen noch ein Kartonagenwerk in St. Prokop und ein Betrieb für Papier hinzu. Um die Industrie besser an die östlich verlaufende Bahnstrecke St. Valentin–České Budějovice anzubinden, wurde eine Bahnstrecke gefordert. Auch die Stadt Linz wollte mit einer Strecke über Bad Leonfelden, Hohenfurth und Krummau nach Budweis den Handel mit dieser Region verstärken. Für den Bau der Bahnstrecke setzte sich auch Bruno Panner, der Abt des Klosters Hohenfurth, ein. Trotz einer Baugenehmigung vom 9. Mai 1902 konnte diese Strecke aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden.

Die Konzession „zum Baue und Betriebe einer normalspurigen Lokalbahn von der Station Zartlesdorf der k.k. Staatsbahnen über Hohenfurth zur Lippner Schwebe“ erhielten Bruno Pammer und Ernst Porak am 12. September 1911. Teil der Konzession war die Verpflichtung, den Bau der Strecke sofort zu beginnen und binnen zwei Jahren fertigzustellen. Die Konzessionsdauer war auf 90 Jahre festgesetzt.[3]
Der erste Güterzug fuhr am 18. Oktober 1911 von Zartlesdorf nach Kienberg. Der Personenverkehr begann am 17. Dezember desselben Jahres. Den Betrieb führt die Hohenfurther Elektrische Lokalbahn selbst aus. Die Bahn war von Anfang an elektrifiziert. Am 1. Juli 1912 ging die Betriebsführung von der Lokalbahngesellschaft auf die k.k. Staatsbahnen (kkStB) über.
Im Jahr 1913 gründeten die Konzessionäre die Hohenfurther Elektrische Lokalbahn-Gesellschaft. Deren Aktienkapital betrug insgesamt 877.000 Kronen in 87 Stammaktien zu je 10.000 Kronen und in 35 Stammaktien zu je 200 Kronen. Gesellschafter waren der Zisterzienserorden des Klosters Hohenfurth und Ernst Porak. Der Sitz der Gesellschaft war in Hohenfurth.[4]
Nach dem Ersten Weltkrieg lag die Strecke in einem von Österreich als auch der Tschechoslowakischen Republik beanspruchten Gebiet. Nach dem Vertrags von Saint-Germain vom 10. März 1919 wurde das Bahngebiet endgültig der Tschechoslowakei zugesprochen. Damit gehörte die Strecke nun zum Netz der Tschechoslowakischen Staatsbahnen (ČSD).

Nach der Angliederung des Sudetenlandes an Deutschland im Herbst 1938 kam die Strecke zur Deutschen Reichsbahn, Reichsbahndirektion Linz. Im Reichskursbuch war die Verbindung nun als Kursbuchstrecke 455k Zartlesdorf–Lippen enthalten. Damit einher ging die endgültige Verstaatlichung und Auflösung der Hohenfurther Elektrischen Lokalbahn. Das Gesetz vom 2. August 1940 „betreffend die Übernahme von Eisenbahnen im Reichsgau Sudetenland und in den in die Reichsgaue Oberdonau und Niederdonau eingegliederten Teilen der sudendeutschen Gebiete auf das Reich“ regelte u.a. die Verstaatlichung von neun Lokalbahnen mit einer Gesamtlänge von 169,77 km, an denen der tschechoslowakische Staat bereits die Mehrheit der Aktienanteile besessen hatte.[5][6]
Ab 1940 kamen, um dem steigenden Verkehr gerecht zu werden, auch Dampflokomotiven zum Einsatz. Von der Königsseebahn wurden 1942 drei Elektrotriebwagen und drei Personenwagen auf die Strecke verlegt.
In den 1950er Jahren stieg auf Grund der Baumaßnahmen am Moldaustaudamm bei Lipno das Transportaufkommen stark an. Auf der Strecke wurde deswegen der Oberbau saniert und die Fahrleitung erneuert. Im Zuge dessen wurde die Fahrleitungsspannung auf 1500 V erhöht und der bis dahin eingesetzte Fahrzeugpark ersetzt. In Lipno wurde infolge des Talsperrenbaues ein neuer Bahnhof errichtet.
Nach der durchgängigen Elektrifizierung der Strecke Summerau–České Budějovice in den Jahren 2000 und 2001 wurde die Fahrleitungsspannung im Jahr 2005 auf 25 kV/50 Hz Wechselstrom umgestellt. Seitdem sind durchgehende Zugläufe von České Budějovice nach Lipno ohne umständlichen Lokomotivwechsel möglich.
Streckenbeschreibung
Verlauf
Die Strecke beginnt bei Rybník (Zartlesdorf), einem Ortsteil von Dolní Dvořiště (Unterhaid), an der Bahnstrecke St. Valentin–České Budějovice, die von České Budějovice (Budweis) nach Linz führt. Sie führt zunächst fallend ins Tal der Moldau nach Rožmberk nad Vltavou. Der Ort Rožmberk nad Vltavou liegt allerdings einige Kilometer nördlich des Bahnhofs. Bei Herbertov erreicht die Strecke ihren tiefsten Punkt. Die Bahn folgt dann der Moldau flussaufwärts über Vyšší Brod (Hohenfurth) und Loučovice (Kienberg) und endet direkt unterhalb des Staudamms des Moldaustausees bei Lipno nad Vltavou (Lippen).
Energieversorgung

Die Versorgung der Strecke mit Bahnstrom übernahm ursprünglich das Kraftwerk Obermühle am Bahnkilometer 8,2. Die Wasserkraft der Moldau wurde auf eine Francis-Turbine geleitet, die mit einer Nenndrehzahl von 950 U/min zwei Gleichstrom-Generatorsätze zu je 100 kW antrieb. Zum Ausgleich von Spannungsschwankungen gab es eine Pufferbatterie mit einer Nennladung von 148 Ah. Im Havariefall und bei Niedrigwasser konnte die Elektroenergieversorgung mittels eines Lokomobiles von Lanz aufrechterhalten werden, dass eine Leistung von 125 kW hatte. Geliefert wurde die Anlage von der Leobersdorfer Maschinenfabrik und den Österreichischen Siemens-Schuckert-Werken. Nach dem Brand des Kraftwerkes Obermühle im Jahr 1946 errichteten die ČSD am Bahnhof Vyšší Brod klášter ein neues Unterwerk, dass die Energie über einen Gleichrichter aus dem Landesnetz bezog.
Die Fahrleitung der Strecke hatte einen Querschnitt von 50 mm². Mit Ausnahme des Bahnhofes Zartlesdorf, wo eiserne Maste aufgestellt waren, hing die Fahrleitung sowie eine Speiseleitung an einfachen Holzmasten mit bogenförmigen Auslegern. Beim Umbau der Fahrleitungsanlage im Jahr 1955 stellten die ČSD durchgängig eiserne Masten auf und bauten die Fahrleitung auf ein nachgespanntes Kettenwerk um. Eine Besonderheit ist die in den Bögen sinusförmig schräg verspannte Fahrleitung, die ohne Ausleger an den Masten auskommt.
Fahrzeugeinsatz
Zur Betriebseröffnung 1912 standen der Hohenfurther Elektrischen Lokalbahn an Traktionsmitteln drei Triebwagen für den gemischten Dienst sowie eine elektrische Verschublokomotive zur Verfügung, mit der die Schleppbahnen der Papierindustrie in Kienberg bedient wurden. Für den Personenverkehr existierten noch zwei Beiwagen für die Triebwagen sowie ein kombinierter Post- und Gepäckwagen. Der Güterverkehr wurde mit zwei gedeckten und zwei offenen Güterwagen sowie acht Langholzwagen abgewickelt. Sechs der Langholzwagen besaßen keine Bremse, die restlichen zwei nur eine Handbremse. Für dienstliche Zwecke besaß die Hohenfurther Elektrische Lokalbahn einen Turmwagen, zwei Schneepflüge, zwei Bahnmeisterwagen und eine Fahrraddraisine.
Triebwagen und Lokomotiven der Hohenfurther elektrischen Lokalbahn (H.e.L.) | |||||||
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Nr. | kkStB-Nr. | ČSD-Nr. | DR-Nr. | Hersteller | Bauart | Baujahr | Anmerkungen |
1 | 22.001 | M 201.001 | ET 187.01 | Ringhoffer (mech. Teil) / ÖSSW (elektr. Teil) | Bo | 1912 | 1951 ausgemustert |
2 | 22.002 | M 201.002 | ET 187.02 | Ringhoffer (mech. Teil) / ÖSSW (elektr. Teil) | Bo | 1912 | 1956 ausgemustert |
3 | 22.003 | M 201.003 | ET 187.03 | Ringhoffer (mech. Teil) / ÖSSW (elektr. Teil) | Bo | 1912 | nach 1950 mit neuem Wagenkasten modernisiert, 1963 ausgemustert |
- | 22.004 | M 201.004 | ET 187.11 | Ringhoffer (mech. Teil) / ČMK (elektr. Teil) | Bo | 1924 | Nachbau durch die ČSD, 1956 ausgemustert |
51 | 1083.01 | E 200.001 | E 174.01 | Ringhoffer (mech. Teil) / ÖSSW (elektr. Teil) | Bo | 1912 | Verschublokomotive, 1956 ausgemustert |
Nach der Verstaatlichung beheimatete die Deutsche Reichsbahn 1942 vier Triebwagen und zwei Beiwagen in Hohenfurth, die von der Lokalbahn Berchtesgaden–Königsee und der Lokalbahn Berchtesgaden–Hangender Stein stammten. Die für 1000 Volt Fahrleitungsspannung ausgelegten Fahrzeuge wurden provisorisch an die in Hohenfurth üblichen 1280 Volt angepasst, indem im Fahrschalter alle oberen Fahrstufen (in Serienschaltung der Fahrmotoren) mechanisch blockiert wurden. Zwischenzeitlich waren Züge auch mit Dampflokomotiven der DR-Baureihe 93.1 (ehem. BBÖ 378) geführt worden, um das hohe Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Zwei der Berchtesgadener Triebwagen wurden bereits 1944 wieder abgezogen. Sie kamen leihweise zur Linzer Lokalbahn, wo sie durch einen Brand verlorene Fahrzeuge ersetzten.
Aus heutiger Sicht kurios war 1943 die Beheimatung der Berliner S-Bahn-Lokomotive E 178 01, die den schweren Güterverkehr übernehmen sollte. Die Lokomotive passte weder zur Fahrleitungsspannung, noch besaß sie einen normalen Stromabnehmer für Oberleitungsbetrieb. Der nötige Umbau sollte im Reichsbahnausbesserungswerk Linz ausgeführt werden, was angesichts der fortschreitenden Kriegsereignisse nicht mehr geschah. Die Lokomotive wurde nach 1945 in Linz verschrottet.

Die ČSD führten den Betrieb nach 1945 zunächst mit den vorhandenen, durch die Kriegsereignisse abgewirtschafteten Fahrzeugen fort. Erst die Umstellung der Fahrleitungsspannung auf 1500 Volt führte zur Beschaffung neuer Lokomotiven und Triebwagen. Den Reiseverkehr bewältigten ab 1956 zwei Triebwagen der ČSD-Baureihe EM 411.0. Škoda lieferte 1956 neue Gepäcklokomotiven der ČSD-Baureihe E 422.0 (ČD-Baureihe 100). Von 1956 bis 1973 kamen für den Güterverkehr zwei elektrische Lokomotiven der ČSD-Baureihe E 423.0 zum Einsatz, die ursprünglich für das elektrifizierte Netz im Prager Knoten gebaut worden waren. Ab 1973 wurden drei Lokomotiven der ČSD-Baureihe E 426.0 (ČD-Baureihe 113) beheimatet, die fortan den Güterverkehr bewältigten. Reisezüge wurden von 1976 bis 2005 mit den Lokomotiven der Baureihe E 422.0 und Görlitzer Doppelstockeinzelwagen gebildet.
Seit der Umstellung der Fahrleitungspannung auf 25 kV 50 Hz Wechselstrom wird der Verkehr hauptsächlich mit den elektrischen Lokomotiven der ČD-Baureihe 210 abgewickelt. Einige Zeit nach der Umstellung wurden Reisezüge auch mit Triebwagen der ČD-Baureihen 809 und 814 geführt.
Literatur
- Siegfried Bufe, Heribert Schröpfer: Eisenbahnen im Sudetenland. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1991, ISBN 3-922138-42-X, S. 229–232.
- Martin Harák: Elektrická dráha Rybník–Lipno, Malkus Praha 2012; ISBN 978-80-87047-19-4
- Andreas Petrak: Mit der Eisenbahn durch den hohen Böhmerwald. Eisenbahn-Kurier Verlag, Freiburg 2006, ISBN 3-88255-359-6.
- Radovan Rebstöck: Böhmerwald-Eisenbahnen : Unterhaltsame Eisenbahngeschichte Böhmerwald/Šumava und Bayrischer Wald. 1. Auflage. Ohetaler Verlag, Riedlhütte 2007, ISBN 978-3-937067-83-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Zdeněk Hudec u. a.: Atlas drah České republiky 2006-2007, 2. Auflage; Verlag Pavel Malkus, Praha, 2006, ISBN 80-87047-00-1
- ↑ Erlass der Regierung der Tschechischen Republik vom 20. Dezember 1995
- ↑ Reichsgesetz Nr. 190 für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder vom 12. September 1911
- ↑ Historische Wertpapiere auf www.geerkens.at
- ↑ Siegfried Bufe, Heribert Schröpfer: Eisenbahnen im Sudetenland. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1991, ISBN 3-922138-42-X.; S. 54f
- ↑ Gesetz betreffend die Übernahme von Eisenbahnen im Reichsgau Sudetenland und in den in die Reichsgaue Oberdonau und Niederdonau eingegliederten Teilen der sudendeutschen Gebiete auf das Reich vom 2. August 1940