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Minderheit

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Eine Minderheit ist zum einen eine demographische Gruppe auf einer bestimmten territorialen Einheit (Staat, Region,...), die sich durch bestimmte personale Merkmale von der Bevölkerungsmehrheit unterscheidet. Merkmale in diesem Sinne können Sprache, Rasse, Religion, Moral, soziale Funktion u.v.a.m. sein. Häufig werden Minderheiten auf Grund von Vorurteilen ausgegrenzt oder sind deshalb Opfer von Gewalt.

Im engeren Sinne meint man mit Minderheiten nationale Minderheiten, d.h. Bevölkerungsgruppen, die auf dem Territorium eines Staates leben, in dem eine andere Volksgruppe die Mehrheit bildet, also die "Macht" innehat. Die UNO hat für diese Fälle sogenannte Minderheitenrechte festgesetzt, die in den verschiedenen Mitgliedsstaaten unterschiedlich respektiert werden (siehe auch Menschenrechte).

Im Gegensatz zur demographischen Minderheit steht die demokratische Minderheit. Diese sind nicht identisch. Letztere bezeichnet die an eine Volksabstimmung oder Wahl gebundene Stimmbürger-/Wählergruppe deren Stimm-/Wahloption weniger Stimmen erreicht hat, als ein andere Option. Folglich ist man als Stimm-/Wahlbürger bei einer Abstimmung entweder in der Mehrheit oder in der Minderheit.

Bestimmungsfaktoren von Minderheiten

Bestimmungsfaktoren von Minderheiten sind:

  • kulturelle Faktoren (Sprache, Religion, Geschichte, Brauchtum...)
  • räumliche Strukturen (siehe Territorium)
  • die soziale Identität (Zugehörigkeitsgefühl, Zusammengehörigkeitsgefühl)
  • Beziehung zur Bevölkerungsmehrheit (Interaktion, Mobilität, Geschichte der Beziehung)
  • Verhalten der Bevölkerungsmehrheit gegenüber der Minderheit (Integration/Exklusion)

Entstehung von Minderheiten

Bei der Entstehung von Minderheiten können einer oder mehrere der folgenden Faktoren zusammenfallen:

1. Invasion: Eine existierende, auf einem bestimmten Territorium vorhandene Bevölkerung wird durch militärische Invasion oder massive Immigration eines anderen Volkes verdrängt respektive dezimiert. Die Invasoren installieren ihre politische, kulturelle, wirtschaftliche und soziale Struktur und die ehemals indigene Bevölkerung lebt als Minderheit auf ihrem eigenen Territorium weiter. Klassisches Beispiel: Die Indianervölker auf dem amerikanischen Kontinent.

2. Umsiedlung: Völker werden systematisch und gegen ihren Willen umgesiedelt in ein Gebiet, in dem sie in der folge als Minderheit leben. Klassisches Beispiel: Schwarze Bevölkerung in den USA.

3. Erzwungene Migration (Vertreibung): Soziokulturelle Einheiten müssen aus bestimmten Gründen ihr angestammtes Gebiet verlassen und siedeln sich in der Folge auf einem anderen Territorium an. Beispiel: Amish und Mennoniten. Ein Spezialfall der Vertreibung ist die sogenannte Diasporah, bei der eine bestimmte Bevölkerung von ihrem angestammten Gebiet vertrieben wird und sich in der Folge verstreut über den Erdball niederlässt. Die gemeinsame Kultur und Identität wird bewusst gepflegt und erhalten, so dass die Kultur und der kulturelle Zusammenhalt trotz der Verstreutheit erhalten bleibt. Klassische Beispiele: Juden, Armenier.

4. Freiwillige Migration: Angehörige bestimmter soziokultureller Gruppen verlassen freiwillig ihr angestammtes Gebiet und begeben sich an einen Ort, an dem sich bereits Menschen mit gemeinsamer Sprache, Kultur, Religion etc. befinden. Beispiel: Französischsprachige Kanadier (Québec).

5. Staatenbildung: Durch kriegerische oder diplomatische Aktionen werden Teile einer Volksgruppe politisch, wirtschaftlich und kulturell vom Rest ihrer Kultur abgeschnitten. Beispiele: Südtirol, Voivodina.

Minderheiten in Deutschland

Als offizielle nationale Minderheiten in Deutschland sind anerkannt:

Als Minderheitensprache in Deutschland ist durch die EU seit 1994 zusätzlich anerkannt:


Minderheiten in der Schweiz

Das politische System der Schweiz basiert nicht wie einem Nationalstaat auf künstlichen Verwaltungseinheiten, sondern auf natürlich gewachsenen Gemeinschaften. Weil die Schweiz praktisch nur aus Minderheiten besteht, gibt es neben dem ausgeprägten Föderalismus keine offizielle Minderheitenpolitik. "Inoffiziell" existiert eine gewisse Konfliktualität zwischen den Sprachregionen (siehe Röstigraben), diese ist jedoch nicht so akut, dass man von einem Minderheitenkonflikt sprechen könnte, dem mit gesetzgeberischen Massnahmen begegnet werden müsste. Die sprachlichen Minderheiten (Französisch, Italienisch, Rätoromanisch) sind bereits heute über ihre Kantone paritätisch in National- und Ständerat vertreten und im Bundesrat sind sie mit ihrem inoffiziellen Anrecht auf 3 von 7 Sitzen überrepräsentiert.

Verwandte Begriffe

Literatur

  • M. Boden: Nationalitäten, Minderheiten und ethnische Konflikte in Europa. München. Olzog. 1993