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Lore Maria Peschel-Gutzeit

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Lore Maria Peschel-Gutzeit

Lore Maria Peschel-Gutzeit (* 26. Oktober 1932 in Hamburg) ist eine deutsche Juristin und Politikerin (SPD).

Leben

Ihr Vater war Offizier; er war fast nie zu Hause und wurde oft versetzt. Im Krieg sah die Familie ihn viele Jahre nicht, danach war er lange in Kriegsgefangenschaft. Sie hatte eine vier Jahre ältere Schwester (Ursula); mit dieser wurde sie per Kinderlandverschickung nach Bayern (Bischofsgrün) geschickt.[1] 1946 kehrten beide nach Hamburg zurück.

Peschel-Gutzeit studierte ab 1951 Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und schloss ihre juristische Ausbildung 1959 mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung ab. Anschließend war sie zunächst kurz als Rechtsanwältin tätig, dann wurde sie Richterin am Landgericht Hamburg.

Früh legte Peschel-Gutzeit ihre Schwerpunkte auf Familienrecht, Kinderrechte und auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Sie war 1977 bis 1981 Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes und trat 1988 in die SPD ein.

Ab 1972 war Peschel-Gutzeit Familienrichterin am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg, wo sie 1984 nach einigen internen Querelen als erste Frau zur Vorsitzenden eines Familiensenats ernannt wurde. 1990 wurde sie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit der Arbeit „Das Recht zum Umgang mit dem eigenen Kinde. Eine systematische Darstellung“ zum Dr. jur. promoviert.

Im Jahr 1988 veröffentlichte die Zeitschrift Emma im Rahmen ihrer PorNO-Kampagne einen Gesetzesentwurf, der in Zusammenarbeit mit Peschel-Gutzeit erarbeitet worden war.[2], [3] Der Entwurf wurde nicht umgesetzt.

Bürgermeister Ortwin Runde mit L.M. Peschel-Gutzeit bei einer Begegnung im Landesarbeitsgericht

1991 wurde sie von der Bürgerschaft in den Hamburger Senat gewählt (Senat Voscherau II). Sie wurde Präses der Justizbehörde (= Justizsenatorin). Sie verblieb in diesem Ressort bis Ende 1993, als die SPD die absolute Mehrheit verlor und eine Koalition mit der STATT Partei einging (→ Senat Voscherau III).

1994 wurde sie zur Nachfolgerin von Jutta Limbach als Justizsenatorin in Berlin in den Senat Eberhard Diepgens (Senat Diepgen III) berufen.

Aus diesem Amt schied sie 1997 aus, um erneut das Justizressort in Hamburg zu übernehmen, diesmal unter Ortwin Runde (SPD) in einer Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen. Nach dem Verlust der Regierungsmehrheit 2001 (Bürgerschaftswahl in Hamburg 23. September 2001) schied Peschel-Gutzeit aus dem Amt und kehrte der Politik den Rücken.

Während ihrer Tätigkeit als Justizsenatorin in Hamburg, Berlin und anschließend wieder in Hamburg legte Peschel-Gutzeit ihren Schwerpunkt auf die rechtliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die im Grundgesetz verankert ist. Obwohl sie auf heftige Gegenreaktionen stieß, konnte sie dementsprechende Gesetzesvorlagen verwirklichen, z. B. die sogenannte Lex Peschel, in dem festgeschrieben wurde, dass Beamte aus familiären Gründen Teilzeitarbeit leisten können.

Peschel-Gutzeit hat drei Kinder und ist heute als Anwältin mit dem Schwerpunkt Familienrecht in Berlin tätig.

Unter dem Titel Selbstverständlich gleichberechtigt veröffentlichte Lore Maria Peschel-Gutzeit im Jahr 2012 eine autobiografische Zeitgeschichte.

Ehrungen

Veröffentlichungen

  • Verfahren und Rechtsmittel in Familiensachen, München 1988
  • Hrsg., Das Nürnberger Juristen-Urteil von 1947. Historischer Zusammenhang und aktuelle Bezüge, Baden-Baden 1996
  • Aufarbeitung von Systemunrecht durch die Justiz, Berlin 1996
  • Unterhaltsrecht aktuell. Die Auswirkungen der Unterhaltsreform auf die Beratungspraxis, Baden-Baden 2008
  • Selbstverständlich gleichberechtigt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, ISBN 978-3-455-50248-0
Commons: Lore Maria Peschel-Gutzeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Autobiografie, S. 19
  2. Alice Schwarzer: Pornografie ist geil ..., EMMA, Nr. 5, 2007
  3. Alice Schwarzer: Die konventionelle Unkonventionelle, [1], EMMA Herbst 2012