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Endlagerung

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Warnzeichen W05:
„Warnung vor radioaktiven Stoffen oder ionisierenden Strahlen“

Unter Endlagerung versteht man allgemein die Entsorgung von Abfällen durch deren Verbringung in eine speziell dafür angelegte Einrichtung, das so genannte Endlager. Endlagerung ist die Kurzform für "endgültige Lagerung" und der Begriff stellt in diesem Zusammenhang eine Abgrenzung zur Zwischenlagerung dar. Eine Endlagerung kann aber auch die Fortsetzung einer - vorherigen - Zwischenlagerung sein.

Eine Wiederverwertung ist in diesem Fall normalerweise nicht mehr vorgesehen, es sei denn, man trifft gezielte Vorkehrungen, um die Abfälle bei Bedarf wieder aus dem Endlager zu holen. In diesem Falle spricht man auch von "rückholbarer Endlagerung". Überwiegend wird der Begriff im Zusammenhang mit der Lagerung radioaktiver Abfälle - der "atomaren Endlagerung" - verwendet. Hier sagt man auch scherzhaft "Atomklo".

Problematik der atomaren Endlagerung

Als Endlagerung bezeichnet man in der Kerntechnik die Deponierung radioaktiver Abfälle für alle Zeiten ohne Absicht der Rückholbarkeit und ohne Notwendigkeit der Kontrolle und Reparatur des Endlagers. Endlagerung ist somit deutlich zu unterscheiden von jeder Form der Zwischenlagerung in der Kerntechnik, die eine zeitlich begrenzte Lagerung mit der Möglichkeit der Kontrolle und Reparatur darstellt.

Aufgrund des Gefährdungspotentials der Abfälle ist es notwendig, die radioaktiven und chemotoxischen Bestandteile der Abfälle langfristig von der Biosphäre zu isolieren. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Sicherung gegenüber dem Zugriff unberechtigter Personen und Personengruppen. Die Isolierung und Sicherung soll durch geologische, geotechnische und technische Barrieren geschehen. Dieses Multibarrierensystem sollte zur Gewährleistung der Langzeitsicherheit keiner Überwachung oder Kontrolle bedürfen. Die Zeitdauer, für die Langzeitsicherheit gewährleistet werden kann, soll bei günstigen Standortbedingungen in der Größenordnung von 1 Million Jahren liegen. Allerdings ist der Nachweis der Langzeitsicherheit das zentrale Problem bei der Endlagerung. Außerdem ist die Zahl von 1 Million Jahren angesichts der Halbwertszeit einiger gefährlicher Substanzen nicht sehr großzügig bemessen. Um wirkliche Sicherheit zu gewinnen, müssten wahrscheinlich Zeiträume berücksichtigt werden, in denen Gebirge wie die Alpen oder der Himalaya entstehen und wieder vergehen können.

Die Planung und Vorgehensweise bei der Endlagerung ist von Staat zu Staat unterschiedlich. Fast alle Länder unterscheiden dabei zwischen der Art der radioaktiven Abfälle, insbesondere hinsichtlich des Aktivitätsgehalts sowie der Halbwertszeit der Radionuklide. In Deutschland unterscheidet man die radioaktiven Abfälle für die Endlagerung nach stark wärmeentwickelnden Abfällen und nicht bzw. gering wärmeentwickelnden Abfällen.

Bei hochradioaktiven Abfällen wird international durchweg die Endlagerung in einem Bergwerk in tiefen geologischen Formationen favorisiert. Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle ist bisher jedoch noch nirgends in Betrieb. Schwach- und mittelradioaktive Abfälle werden oft oberflächennah in etwa 5 bis 10 m Tiefe eingelagert. Diese Form der Endlagerung wird bereits in zahlreichen Ländern praktiziert, z.B. in Frankreich, Großbritannien, Spanien, Tschechien oder in den USA.

Der Versuch, mit Warnzeichen und -symbolen über Jahrtausende auf das Gefahrenpotenzial des Atommülls hinzuweisen, wird als Atomsemiotik bezeichnet, hat in der Praxis bisher allerdings keine Bedeutung.

Endlagerung in Deutschland

Das deutsche Entsorgungskonzept sieht vor, die Beseitigung aller Arten radioaktiver Abfälle durch Endlagerung in tiefen geologischen Formationen durchzuführen. Dies soll in einem einzigen Endlager geschehen, das etwa 2030 verfügbar sein soll. Mit den entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wurde bereits begonnen. Im Rahmen des zweiten Atomprogramms der Bundesregierung (1963 bis 1967) wurden konkrete Schritte zur Realisierung einer sicheren Beseitigung der Abfälle unternommen. Im Salzbergwerk Asse wurden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Endlagerung durchgeführt und von 1967 bis 1978 im Rahmen von Versuchs- und Demonstrationsprogrammen auch radioaktive Abfälle eingelagert. Inzwischen finden permanente Lösungszutritte aus dem Deckgebirge in das Grubengebäude statt, so daß die geplante Schließung der Asse vor großen Problemen hinsichtlich der Langzeitsicherheit steht.

Zwei Endlager befinden sich in der Planung, der Salzstock bei Gorleben und das ehemalige Eisenerzbergwerk Konrad bei Salzgitter:

In Gorleben wurde von 1979 bis 2000 ein unterirdischer Salzstock auf seine Eignung als Endlagerstätte für alle Arten von radioaktiven Abfällen, darunter speziell auch für Brennelemente und hochradioaktive Abfälle, untersucht. Von Beginn an wurde die Eignung von Gorleben kontrovers beurteilt. Die Erkundung des Salzstockes ist seit 2000 unterbrochen. Das auf drei bis zehn Jahre angelegte Moratorium wurde auf der Grundlage der von der Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehmen getroffenen Vereinbarung in Kraft gesetzt und dient der Klärung konzeptioneller und sicherheitsrelevanter Fragen zur Endlagerung. Die entsprechenden Gutachten wurden 2005 vorgelegt, und das Bundesamt für Strahlenschutz ist dabei, die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen.

Schacht Konrad

Für die ehemalige Eisenerzgrube Konrad wurde im Jahr 2002 der Planfeststellungsbeschluss erteilt. Die Genehmigung wurde jedoch vor Gericht beklagt. Da die Klagen aufschiebende Wirkung haben, ist das Projekt bis zu einer Entscheidung des Gerichts gestoppt. Die Klage diesbezüglich wurde am 6. März 2006 abgelehnt.

siehe dazu den Fachartikel Schacht Konrad

Morsleben

Ein Endlager bei Morsleben wurde im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung vom Bund übernommen. 1979 hatte die damalige DDR mit der Nutzung des stillgelegten Salzbergwerks als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle begonnen. Insgesamt wurden bis zur Beendigung des Einlagerungsbetriebs im Jahr 1998 rund 37.000 m³ radioaktiver Abfälle in Morsleben eingelagert. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren für die Stilllegung.

siehe dazu den Fachartikel Endlager Morsleben

Endlagerung in anderen Staaten

Gegenwärtig sind in einer Vielzahl von Ländern bereits Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb. Vielfach werden die Abfälle dabei in oberflächennahe Kammern in bis zu 10 m Tiefe eingelagert. Nach Beendigung des Einlagerungsbetriebs schließt sich eine ca. 300 Jahre lange Überwachungsphase an, während derer die Nutzung des Geländes normalerweise eingeschränkt ist. In Schweden und Finnland gibt es Endlager in Form von oberflächennahen Felskavernen in Tiefen von etwa 70 bis 100 m unter der Erdoberfläche.

Für hochradioaktive und langlebige Abfälle, deren Gefährdungspotential viele hunderttausend Jahre bestehen bleibt, wird weltweit die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen verfolgt. In Yucca Mountain (USA) und Olkiluoto (Finnland) sind entsprechende Endlager konkret geplant. In Schweden soll im Jahr 2010 aus zwei vorhandenen Kandidaten ein Standort ausgewählt werden.

Bestehende und geplante Endlager sind in der folgenden (unvollständigen) Übersicht zusammengestellt:

Argentinien: Sierra del Medio (geplant)

Bulgarien: Novi Han (in Betrieb)

Finnland: Loviisa (in Betrieb); Olkiluoto (in Betrieb)

Frankreich: Bure (Felslabor) (geplant); Centre de L'Aube (in Betrieb); Centre de La Manche (stillgelegt)

Großbritannien: Drigg (in Betrieb)

Japan: Rokkashomura (in Betrieb)

Norwegen: Himdalen (in Betrieb)

Schweden: SFR Forsmark (in Betrieb)

Schweiz: Benken (geplant)

Spanien: El Cabril (in Betrieb)

Tschechische Republik: Bratrství (in Betrieb); Dukovany (in Betrieb); Richard (in Betrieb)

Ungarn: Püspökszilágy (in Betrieb)

USA: WIPP (in Betrieb); Yucca Mountain (geplant)


siehe auch: Naturreaktor Oklo
siehe auch: Natürliche Endlagerstätte Cigar Lake, Kanada