Polenweg
Als Polenweg oder Polenstrasse werden in der Schweiz Waldwege, Feldwege und Strassen bezeichnet, die während des Zweiten Weltkrieges von internierten Soldaten der 2. polnischen Schützendivision angelegt oder ausgebaut wurden.
Geschichte
Während des deutschen Westfeldzugs wurde Anfang Juni 1940 die 2. polnische Infanterieschützen-Division unter dem Kommando von Bronisław Prugar-Ketling zur Unterstützung der 8. französischen Armee in die Region Belfort geschickt. Nachdem die polnischen Soldaten vom Nachschub abgeschnitten waren, überschritten am 19. und 20. Juni 1940 12'000 bis 13'000 polnische Soldaten der 2. Schützendivision südlich der Ajoie die Schweizer Grenze, um der Gefangennahme zu entgehen. Die Soldaten wurden in der Schweiz gemäss der Haager Konvention interniert. Nach einem missglückten Versuch, die Polen hauptsächlich in einem Lager in Büren an der Aare zu konzentrieren, wurden diese im ganzen Land verteilt. Ab 1941 entstanden in der ganzen Schweiz Barackenlager, in denen die Polen bis Dezember 1945 interniert wurden.[1]

Die internierten Polen leisteten vorwiegend gruppenweise Arbeitseinsätze für die Landesverteidigung, die Infrastruktur (Strassen- und Brückenbau, Trockenlegung von Sümpfen und Riedland) sowie in der Landwirtschaft. Insgesamt wurden 450 Kilometer Wege, Brücken und Kanäle gebaut.[2] Ein Bildstock in der Nähe von Rueun im bündnerischen Surselva erinnert an die polnischen Soldaten.
Im ganzen Land erinnern Denkmäler und Gedenktafeln an den unfreiwilligen Aufenthalt der Internierten. Nach Kriegsende gelang es rund 500 Polen, sich in der Schweiz niederzulassen und später das Bürgerrecht zu erhalten,[1] wie beispielsweise Jerzy Rucki[3], der ein Buch über die Internierungszeit schrieb; siehe Abschnitt Literatur.
Das Polenmuseum Rapperswil mit seiner Bibliothek übernahm die kulturelle und bildende Betreuung der Internierten.
Polenstrassen, Polenwege und übrige Infrastrukturarbeiten in der Schweiz

Kanton Aargau
- die Polenstrasse (Thalheim) bei Thalheim
- am Egelsee
- Polenstrasse in Oeschgen
Kanton Bern
Kanton Glarus
- Die ersten Meliorationsarbeiten in der Linthebene auf Glarner Gebiet erfolgten durch polnische Internierte. Das Polendenkmal in Oberurnen erinnert an den Arbeitseinsatz 1941 in Näfels und Oberurnen[4].
Kanton Graubünden
- am Hinterrhein, zwischen Domat/Ems und Rothenbrunnen[5]
- bei Passugg zwischen Chur und Churwalden[6]
- im Safiental/Tomülpass und am Saumweg aufs Güner Lückli[7][8]
- in Trin, von der Alp Mora ins Bargistal.
- von Ilanz nach Tavanasa auf der rechten Seite des Vorderrheins
Kanton Nidwalden
- Polenweg in Büren (NW)
Kanton Obwalden
- Polenstrasse in Sachseln, von Sarnen (Flüelistrasse) nach Flüeli-Ranft (Allmend)
- Polenstrasse von Alpnach zum Kernwald (Gemeinde Kerns) sowie zur Festung Mueterschwanderberg
- Polenweg ab der Alp Wängen (Gemeinde Alpnach) in Richtung Westen über Rickmettlen bis zur Steinstössi, mit kleiner Erinnerungstafel.
Kanton Schwyz
Kanton Zürich
- auf dem Uetliberg von der SZU-Haltestelle Ringlikon bis zur Arthur-Rohn-Strasse[10].
- (1940) auf der Alp Scheidegg Kanton Zürich
- Polenweg in Kloten
- Polenstrasse in Glattfelden
Weitere Polenwege und Polenstrassen
Literatur
- Jerzy Rucki: Die Schweiz im Licht – die Schweiz im Schatten. Erinnerungen, Rück- und Ausblicke eines polnischen Militärinternierten in der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges. Brunner-Verlag, Kriens, 1997, ISBN 3-905198-30-4.
- Caroline Belart: Viele von ihnen weinten – Polnische Internierte in der Schweiz und insbesondere in der Gemeinde Thalheim (AG) während des Zweiten Weltkriegs. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 118. Verlag hier+jetzt, Baden 2006, ISBN 3-03919-039-3, S. 47–63.
Weblinks
- Commons: Polenweg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Eintrag Polen und polnische Einrichtungen in der Schweiz im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS)
- Polen bauten Unterwaldner Strassen – Während des Zweiten Weltkriegs waren Soldaten interniert, Artikel der ONZ Obwalden und Nidwalden Zeitung vom 10. Dezember 2010. Archiviert von der originalen Online-Version am 18. März 2012.
- Limmattalerzeitung vom 6. September 2014: Polnische Soldaten wurden zu «Schweizer» Bauarbeiter
Einzelnachweise
- ↑ a b Artikel Polen und polnische Einrichtungen in der Schweiz im Historischen Lexikon der Schweiz
- ↑ Foto eines Gedenksteins zum Bau einer Polenwegs auf veloblog.ch, abgerufen am 16. Dezember 2010
- ↑ JERZY RUCKI (2 Teil) Artikel bzw. Nachruf über Jerzy Rucki, abgerufen am 17. Dezember 2010
- ↑ Linth-Escher-Stiftung: Linthwerk 3000 (PDF; 2,1 MB)
- ↑ Mountainbike-Tour Feldis, Artikel auf topin.travel, abgerufen am 16. Dezember 2010
- ↑ Chur 585m – Passug 736m – Polenweg – Churwalden1240m Artekel auf trekking-tours.com, abgerufen am 16. Dezember 2010
- ↑ Auf dem «Polenweg» zum Tomülpass und Alp Tomül Artikel auf veloland.ch, abgerufen am 16. Dezember 2010
- ↑ Wanderung Vals–Alp Tomül–Tomülpass–Turrahus.
- ↑ Mountainbiketour: Rigi Kulm, Artikel auf trail.ch, abgerufen am 16. Dezember 2010
- ↑ Alt-Zueri: Der Polenweg
- ↑ Eintrag Losone im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS)