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Parlamentswahl in Portugal 2015

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Parlamentswahl in Portugal 2015 fand am 4. Oktober 2015 statt. Gewählt wurden die Abgeordneten der Assembleia da República für die Legislaturperiode 2015/19 wählen. Bestätigt haben sich die Einschätzungen der Comissão Nacional de Eleições (CNE, der Wahlkommission), nach denen die Stimmenthaltung zwischen 35 und 40 Prozent betragen und damit niedriger liegen würde, als bei der Parlamentswahl 2011.[1]

Wahlsystem

Die Assembleia da República besteht aus 230 Abgeordneten, wovon 226 von den Wahlberechtigten in Portugal und die übrigen vier von den Auslandsportugiesen gewählt werden.

Die Wahlkreiseinteilung folgt der Verwaltungsgliederung Portugals. Die 18 Distrikte des portugiesischen Festlandes sowie die Azoren und Madeira bilden jeweils einen Wahlkreis. Auf diese 20 Wahlkreise werden 226 Sitze gemäß der der Zahl ihrer Wahlberechtigten nach dem D’Hondt-Verfahren verteilt. Für die Portugiesen im Ausland bestehen zwei Wahlkreise. Zwei Sitze werden von den Auslandsportugiesen in Europa und zwei von den Portugiesen im Rest der Welt gewählt.

Die Größe der Wahlkreise ist sehr unterschiedlich. Mit Abstand die größten Wahlkreise sind Lissabon (47 Sitze) und Porto (39 Sitze). Dagegen haben die zehn kleinsten Wahlkreise in Portugal nur jeweils zwei bis sechs Sitze. [2]

Jeder Wähler hat eine Stimme zur Wahl einer Parteiliste. Innerhalb jedes Wahlkreise werden die Sitze nach dem D’Hondt-Verfahren verteilt. Innerhalb der Liste werden die Sitze nach der Reihenfolge in der Liste vergeben. Eine gesetzliche Sperrklausel besteht nicht. In Lissabon sind etwa 2 % der Stimmen für ein Mandat erforderlich, in den kleinen Wahlkreisen deutlich über 10 %.

Wahlkreise mit der Zahl der gewählten Abgeordneten 2015
Nr. Wahlkreis
(Distrikt)
registrierte
Wähler
zu wählende
Abgeordnete
1 Aveiro 653.541 16
2 Beja 128.971 3
3 Braga 787.706 19
4 Bragança 147.485 3
5 Castelo Branco 181.459 4
6 Coimbra 391.029 9
7 Évora 141.443 3
8 Faro 370.882 9
9 Guarda 163.508 4
10 Leiria 423.865 10
11 Lissabon 1.901.335 47
12 Portalegre 101 246 2
13 Porto 1.591.762 39
14 Santarém 393.387 9
15 Setúbal 725.783 18
16 Viana do Castelo 253.271 6
17 Vila Real 228 399 5
18 Viseu 371.991 9
19 Azoren 227.486 5
20 Madeira 255.748 6
21 Portugiesen in Europa 78.253 2
22 Portugiesen außerhalb Europas 164.273 2
Gesamt 9.682.823 230

Ausgangslage

Derzeit sind folgende Parteien im Parlament vertreten:

Nach der Niederlage der Minderheitsregierung des damaligen Ministerpräsidenten José Sócrates (PS) bei der Wahl 2011 bildete Pedro Passos Coelho (PSD) eine Koalitionsregierung aus seiner PSD und der CDS-PP.

Bei der Wahl 2015 werden PSD und CDS-PP in allen Wahlkreisen außer Azoren und Madeira mit einer gemeinsamen Liste antreten unter dem Namen Portugal à Frente (deutsch: Vorwärts Portugal).[3][4]

Wahlkampfthemen

Meinungsumfragen seit der letzten Wahl:
Partido Socialista (PS) Portugal à Frente (PàF, Wahlallianz von PSD und CDS-PP) Partido Social Democrata (PSD) Coligação Democrática Unitária (CDU) Centro Democrático e Social – Partido Popular (CDS-PP) Bloco de Esquerda (BE) Livre/Tempo de Avançar (L/TDA) Partido da Terra (PT) Partido Democrático Republicano (PDR)

Als Hauptthema des Wahlkampfes wird die künftige Wirtschaftspolitik gesehen. Portugal wurde von der Krise im Euroraum ab 2007 schwer getroffen, erlebte einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf maximal 16,5 % im Durchschnitt des Jahres 2013 und der Staatsverschuldung auf 130 % des Bruttoinlandprodukts in den Jahren 2013 und 2014.[5] In den Jahren 2011 bis 2013 schrumpfte die Gesamtwirtschaftsleistung. Im Jahr 2011 musste sich das Land unter den sogenannten Euro-Rettungsschirm begeben um weiter zahlungsfähig zu bleiben. Die Kreditgeber verlangten als Gegenleistung Sparmaßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, die auf erhebliche Proteste im Land stießen und Regierungskrisen verursachten. Seit einiger Zeit bessern sich die Wirtschaftsindikatoren allerdings wieder. 2014 wurde die Rezession überwunden und das Wirtschaftswachstum lag bei 0,9 %. Für 2015 und 2016 erwarten Wirtschaftsanalysten ein Wachstum von jeweils ungefähr 1,6 %. Im Mai 2014 konnte Portugal den Euro-Rettungsschirm wieder verlassen.[6] Die Arbeitslosigkeit sank im Jahr 2014 seit langen Jahren erstmals wieder, auf einen Wert von 14,1 %.[5] Zur Abnahme der Arbeitslosigkeit trug sicher wohl auch der Umstand bei, dass in den Jahren 2011 bis 2014 485.000 Personen aus Portugal emigiriert sind.[7]

In der Parteienszene Portugals gibt es keine größere Protestpartei, analog zu SYRIZA in Griechenland oder Podemos im benachbarten Spanien. Unter den großen Parteien besteht ein Grundkonsens, dass Wirtschaftsreformen und eine Politik der Ausgabendämpfung notwendig sind. Allerdings werden die Akzente anders gesetzt. Die amtierende Mitte-Rechts Regierung unter Pedro Passos Coelho möchte die bisherige Politik unverändert fortführen, die oppositionellen Sozialisten unter António Costa verlangen ein Ende der Austeritätspolitik und moderate Ausgabensteigerungen.[7] Den Umfragen zufolge schafften es die Sozialisten jedoch nicht, trotz der Unzufriedenheiten eine regelrechte Wechselstimmung unter der Wählerschaft herbeizuführen.[8]

Wahlergebnis

Nach den ersten Hochrechnungen nach 20 Uhr Ortszeit war das Wahlbündnis Portugal à Frente mit 44,1% der Stimmen klarer Wahlsieger vor der PS mit 31,6%.[9] Nach den Auszählungen zeichnet sich sich ein Ergebnis für Portugal à Frente knapp um die absolute Mehrheit der Mandate ab, beim Auszählungsstand 22:30 erreichte das Wahlbündnis 78 von 160 bis dahin vergebenen Mandaten.[10]

Einzelnachweise

  1. http://www.rtp.pt/noticias/politica/taxa-de-abstencao-entre-35-e-40-por-cento-melhor-que-em-2011_e863302
  2. Bekanntmachung der Zahl der Abgeordneten je Wahlkreis dirch die Wahlkommission
  3. Passos Coelho e Paulo Portas disputam Lisboa com António Costa, publico.pt, abgerufen am 24. August 2015
  4. Coligação para as Legislativas chama-se "Portugal à Frente", expresso.pt, abgerufen am 24. August 2015
  5. a b Portugal Economic Outlook. focus-economics.com, 29. September 2015, abgerufen am 4. Oktober 2015 (englisch).
  6. Portugal verlässt den Rettungsschirm. FAZ.net, 17. Mai 2014, abgerufen am 4. Oktober 2015.
  7. a b Portugal vote: Austerity policies face election test. BBC News, 4. Oktober 2015, abgerufen am 4. Oktober 2015 (englisch).
  8. Daniel Sulzmann: Konservative setzen auf Sieg. tagesschau.de, 4. Oktober 2015, abgerufen am 4. Oktober 2015.
  9. http://www.publico.pt/
  10. http://www.rtp.pt/noticias/eleicoes/legislativas/2015