Wilhelm Wostry
Wilhelm Wostry (* 14. August 1877 in Saaz, Österreich-Ungarn als Wilhelm Engelbert Wostrý; † 8. April 1951 in Helfta) war ein böhmischer Historiker der Deutschen Universität Prag.
Leben
Wostry wurde 1877 in Saaz als Sohn der Eheleute Engelbert Wostry und Aloisia Kaiser geboren. Sein Vater war Stadtsekretär in Saaz.[1] Wostry besuchte die Lateinschule in Saaz[1] und studierte Geographie und Geschichte[2] an der Deutschen Karls-Universität in Prag, wo er der Sängerschaft Barden beitrat.[2]
Er wurde 1904 mit einer Dissertation über „Albrecht II. (1437–1439) als deutsch-böhmischer und ungarischer König" bei Adolf Bachmann zum Dr. phil. promoviert. Danach arbeitete er als Bibliothekar. Im Jahre 1908 durchlief er am Institut für Österreichische Geschichtsforschung eine Ausbildung zum Archivar. 1912/13 habilitierte er sich für österreichische Reichsgeschichte.[3] Wostrys hauptsächliches Forschungsinteresse war die böhmische Geschichte und die Geschichte der Deutschen in Böhmen im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit.[4] Bei seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg geriet er in eine sechsjährige russische Gefangenschaft. 1922 wurde Wostry zum außerordentlichen Professor am neuen Lehrstuhl für tschechoslowakische Geschichte der Deutschen Karls-Universität berufen, fünf Jahre später als Ordinarius. Von 1933 bis 1935 amtierte er als Dekan und Prodekan seiner Fakultät.[2] Wostry betreute und begutachtete während seiner Tätigkeit 145 Dissertationen.
Als ihm 1937 eine Festschrift gewidmet wurde, nahm er die führende Position unter den deutschböhmischen Historikern ein, da er seit 1922 die Redaktion der Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen übernommen hatte und seit 1927 in dessen Vorstand saß.[2] Er war außerdem Obmann in der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste für die Tschechoslowakische Republik, außerordentliches Mitglied der Königlich böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, sowie korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[2]
In die Sudetendeutsche Partei trat Wostry im April 1938 ein, in die NSDAP ein Jahr später.[2][5] Für sein Verhalten während der Sudetenkrise wurde er, wie eine Million anderer Deutscher, mit der Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 ausgezeichnet. Er war Mitglied im NS-Dozentenbund, im NS-Reichskriegerbund und im NS-Reichskolonialbund.
Wostry arbeitete in der Reinhard-Heydrich-Stiftung und in der NS-völkischen Sudetendeutschen Anstalt für Landes- und Volksforschung in Reichenberg, in der er die Kommission für Geschichte leitete.[6] In der Stiftung F. V. S. war er Vorsitzender des Kuratoriums zur Vergabe des Joseph-Freiherr-von-Eichendorff-Preises. Im Jahr 1942 erhielt er die „Ackermannmedaille für kämpfende Wissenschaft“[2][3], musste sich aber in den nächsten Jahren krankheitsbedingt in seiner Arbeit zurückhalten.[2]
Schriften
- Germania, Teutonia, Alemannia, Bohemia, Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Prag, 1943.
- Das Kolonisationsproblem - eine Überprüfung der Theorien über die Herkunft der Deutschen in Böhmen , Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 1922.
- Aufsätze in: Das Böhmen- und Mähren-Buch; Volkskampf und Reichsraum Volk-und-Reich-Verlag, 1943.
- Saaz zur Zeit des Ackermanndichters. Mit einem Nachwort von Rudolf Schreiber. München : Lerche 1951
Literatur
- Karel Hruza: Wissenschaftliches Rüstzeug für aktuelle politische Fragen. Kritische Anmerkungen zu Werk und Wirken der Historiker Wilhelm Weizsäcker und Wilhelm Wostry, In: Zeitschrift für Ostmitteleuropaforschung 54 (2005), S. 475-526, hier S. 494-521.
- Karel Hruza: Wilhelm Wostry In: Ingo Haar, Michael Fahlbusch (Hrsg): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen – Institutionen – Forschungsprogramme – Stiftungen. Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11778-7, S. 772–776.
- Nina Lohmann: "Heimat und Volk" - Der Historiker Wilhelm Wostry zwischen deutschböhmischer und sudetendeutscher Geschichtsschreibung, In: Albrecht, Melville (Hg.): Die sudetendeutsche Geschichtsschreibung, S. 127-150.
- Anton Ernstberger (Hrsg.): Heimat und Volk Forschungsbeiträge zur sudetendt. Geschichte ; Festschrift f. Univ. Prof. Dr. Wilhelm Wostry zum 60. Geburtstage. Rohrer, Brünn, Prag, Leipzig, Wien 1937
- Ingo Haar, Michael Fahlbusch (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-11778-7
Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Wostry im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
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Einzelnachweise
- ↑ a b Vorwort, in: Wilhelm Wostry: Saaz zur Zeit des Ackermanndichters. München : Lerche 1951, S. 7
- ↑ a b c d e f g h Karel Hruza: Wilhelm Wostry, in: Handbuch der völkischen Wissenschaften. 2008, S. 772–776
- ↑ a b Rudolf Schreiber: Nachwort, in: Wilhelm Wostry: Saaz zur Zeit des Ackermanndichters. München : Lerche 1951, S. 131–138
- ↑ Ota Konrad: Die Geisteswissenschaften an der Prager Universität (1938/39-1945). In: Karen Bayer / Frank Sparing / Wolfgang Woelk: (Hrsg.): Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit. Franz Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08175-5, S. 219–248, hier S. 242.
- ↑ abweichende Angaben zu den Eintrittsjahren bei Ota Konrad: Die Geisteswissenschaften an der Prager Universität (1938/39-1945), 2004, S. 238.
- ↑ Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa der Uni Oldenburg
Personendaten | |
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NAME | Wostry, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | böhmischer Historiker, Volkstumsforscher, NSDAP-Mitglied |
GEBURTSDATUM | 14. August 1877 |
GEBURTSORT | Žatec |
STERBEDATUM | 8. April 1951 |
STERBEORT | Helfta |
- Historiker
- Hochschullehrer (Reichsuniversität Prag)
- SdP-Mitglied
- NSDAP-Mitglied
- Mitglied der Königlichen Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften
- Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Person (Königreich Böhmen)
- Person (Cisleithanien)
- Tschechoslowake
- Geboren 1877
- Gestorben 1951
- Mann