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KV62

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KV62
Grabmal von Tutanchamun
Ort Tal der Könige
Entdeckungsdatum 4. November 1922
Ausgrabung Howard Carter
Vorheriges
KV61
Folgendes
KV63
Tal der Könige
(östliches Tal)

Das altägyptische Grabmal KV62 im Tal der Könige (KV als Akronym für King's Valley) ist die Ruhestätte des Pharaos Tutanchamun aus der 18. Dynastie. Es gilt durch seine öffentlichkeits- und medienwirksame Entdeckung in fast unberührtem Zustand im Jahr 1922 durch den britischen Archäologen Howard Carter, seinerzeit im Auftrag von Lord Carnarvon stehend, als die populärste Grabstätte in Ägypten. Die Räumung und Säuberung des Grabes nahm insgesamt 10 Jahre in Anspruch. In dieser Zeit wurden um die 5398 Objekte geborgen, die zum Teil im Ägyptischen Museum in Kairo ausgestellt sind oder in den Magazinen des Museums lagern. Howard Carters Notizen, Zeichnungen, Tagebucheinträge sowie die Fotos von Harry Burton zum Fund werden beim Griffith Institute in Oxford aufbewahrt, für dessen Archivierung und Aufbereitung für das Internet der Ägyptologe Jaromír Málek verantwortlich war. 95 % der Dokumentationen zur Ausgrabung sind auf der Internetseite für jedermann frei zugänglich. Howard Carters „Ausgrabungsjournal“ befindet sich im Ägyptischen Museum in Kairo.

Entdeckung und Ausgrabung

Carters Wohnhaus am Eingang zum Tal der Könige
Vordergrund rechts: Eingang zum Grab Tutanchamuns, dahinter rechts der Eingang zu Grab KV9 (Ramses V. und Ramses VI.), linksseitig und KV62 gegenüber gelegen: KV6 (Ramses IX.)

KV62 wurde durch Howard Carter am 4. November 1922 im Auftrag seines Finanziers George Herbert, 5. Earl of Carnarvon, entdeckt, nachdem er am Fundort während seiner Grabungskampagne von 1905 bis 1906 Artefakte mit den Kartuschen Tutanchamuns hatte identifizieren können. Als Indiz für eine Bestattung des Pharaos im Tal der Könige diente Carter gefundenes Einbalsamierungsmaterial aus Grab KV54 („Balsamierungsdepot“) sowie ein kleiner Fayencebecher mit dem Namen Tutanchamuns. Außerdem konnten dem König und dessen Hofbeamtem Eje aus dem 1909 entdeckten Grab KV58, dem sogenannten „Streitwagengrab“, Goldfolien zugeordnet werden. Der amerikanische Rechtsanwalt Theodore M. Davis hatte das Tal der Könige dennoch für archäologisch erschöpft erklärt.

Nachdem Davis 1914/1915 nach über zwölf Jahren seine Grabungslizenz für das Tal zurückgegeben hatte, hatte Carnarvon vom Service des Antiquités de l’Egypte, dem heutigen Supreme Council of Antiquities, die Erlaubnis erhalten, Ausgrabungen im Tal der Könige durchzuführen. Diese konnten jedoch wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges erst 1917 beginnen. Zwischen den Gräbern Ramses II. und Ramses VI. legte Howard Carter für Carnarvon eine Arbeitersiedlung frei und konzentrierte sich daraufhin auf die umliegenden Gebiete, als Lord Carnarvon sich 1921 für die Beendigung der Finanzierungsvereinbarung entschied. Carter konnte die Grabungen nach Überredung Carnarvons jedoch fortsetzen und stieß mit einem Arbeiter am 4. November auf eine Treppenstufe.

Nach der Entdeckung der obersten von 16 Treppenstufen befreite der britische Archäologe den mit Schlamm und Geröll angefüllten Eingang und fand eine intakte Versiegelung der antiken Talwächter vor: mehrere ovale Stempelabdrücke mit Anubis in Gestalt eines liegenden Schakal über neun Gefangenen, den sogenannten Neun Bogen, dem Siegel der Nekropole. Carter füllte den Zugang erneut mit Schutt und wartete die Ankunft seines Geldgebers Lord Carnarvon und dessen Tochter Lady Evelyn am 23. November 1922 ab. Carter und sein Grabungsteam erreichten dann am späten Nachmittag des 26. November eine zweite ebenfalls mehrfach versiegelte Blockierung, in die er ein etwa faustgroßes Loch schlug und eine Kerze zur Prüfung der Faulgase hinein hielt. Sein Bericht über diesen Moment ist wie folgt überliefert.

“At first I could see nothing, the hot air escaping from the chamber causing the candle flame to flicker, but presently, as my eyes grew accustomed to the light, details of the room within emerged slowly from the mist, strange animals, statues, and gold – everywhere the glint of gold.”

„Zuerst sah ich nichts, die aus der Kammer entweichende warme Luft ließ die Kerzenflamme flackern, aber dann, als sich meine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, sah ich Details des Raums aus dem Staub erscheinen, seltsame Tiere, Statuen und Gold, überall schien der Glanz des Goldes.“

Howard Carter

Ab dem darauf folgenden Tag wurde KV62 von Carter und seinem wissenschaftlichen Team bis 1932 ausgegraben. Der Fund stellte Howard Carter vor eine große logistische Herausforderung, da es bisher keinen vergleichbaren Fund in Ägypten gab. Für die allgemeinen Arbeiten, die Bergung, die Katalogisierung von im Grab gefundenen Objekten sowie Konservierungsarbeiten sowie dem Transport nach Kairo wurden elektrischer Strom, Materialien und Personal benötigt. Neben Howard Carter und Lord Carnarvon gehörten zum Grabungsteam: Arthur C. Mace, Alfred Lucas, Harry Burton, Arthur Callender, Percy E. Newberry, Alan Henderson Gardiner, James Henry Breasted, Walter Hauser, Lindsley Foote Hall und Richard Adamson.[1] Zum anderen wurden vor Ort Räumlichkeiten benötigt, um die Funde nach dem Bergen aus dem Grab zu lagern oder zu konservieren, bevor sie nach Kairo transportiert werden konnten. So diente das Grab Ramses XI. (KV4) als allgemeiner Lagerraum für „geringwertigere Funde“, das Grab Sethos II. (KV15) wurde als Konservierungslabor und Fotostudio genutzt, während das nicht weit von KV62 entfernte Grab KV55 von Harry Burton, Fotograf des Metropolitan Museum of Art, als Dunkelkammer verwendet wurde.[2]

Sämtliche Fundstücke wurden an Ort und Stelle fotografiert, nummeriert und katalogisiert und zum Teil direkt vor Ort durch Restauration vor dem vollständigen Zerfall geschützt, um sie überhaupt transportieren zu können. Zu vielen Stücken fertigte Carter zudem detaillierte Zeichnungen beziehungsweise Skizzen an. Die Lageskizzierung einzelner Objekte in Fundsituation der Vorkammer erfolgte nicht nur fotografisch durch Harry Burton sondern auch zeichnerisch durch Walter Hauser und Lindsley Foote Hall.[3] Daneben zeichnete Howard Carter den Inhalt der Grabkammer vollständig nach. Für den Anbau (Annex) und die Schatzkammer wurden keine Zeichnungen angefertigt.[4]

Die Gegenstände waren durch diese langwierige, aber wissenschaftliche Vorgehensweise aus der Vorkammer beispielsweise erst nach etwa 50 Tagen aus dem Grab entfernt. Für die Bergung der großen Schreine und die Särge aus der Grabkammer J beschädigte Carter im Durchgang zur Kammer I die westliche Zarge und zerstörte den Teil der Götterszene mit der Darstellung der Göttin Isis und drei Unterweltgottheiten an der südlichen Grabkammerwand, die Tutanchamun dort außerdem mit Anubis und Hathor zeigen.

Das Grab in der Antike

Die Grabstätte Tutanchamuns befindet sich im zentralen Wadi des Tals der Könige. Der Größe zufolge wurde es vermutlich ursprünglich für einen hohen Beamten oder ein Mitglied der königlichen Familie in der späten Hälfte der 18. Dynastie entworfen und in den Fels gehauen. Generell wird vermutetet, dass es sich bei KV62 um das Grab für Tutanchamuns späteren Nachfolger Eje handelt. Für den Pharao selbst war womöglich entweder WV23 oder WV25 im westlichen Tal vorgesehen. Für das Begräbnis der Mumie Tutanchamuns wurden dann in KV62 eine Grabkammer und eine Nebenkammer hinzugefügt, da sogenannte Beamtengräber in der Regel nur eine Kammer aufweisen, wie beispielsweise das Grab KV46 von Tuja und Juja, das ebenfalls im Tal der Könige liegt. Diese Umarbeitung der Grabanlage wird als Indiz für das plötzliche Ableben des Pharaos gedeutet, dass eine „schnell verfügbare“ Begräbnisstätte benötigt wurde. Tutanchamuns Nachfolger Eje ließ sich schließlich in Grab WV23 bestatten, dessen Wandmalereien in der Grabkammer auffallende Parallelen zu denen in KV62 aufweisen.

Howard Carter fand Hinweise, dass die Kammern in antiker Zeit unmittelbar nach dem königlichen Begräbnis mindestens zweimal beraubt worden waren. Davon zeugten drei unterschiedliche Versiegelungen an dem von Carter freigelegten Grabzugang, das derangierte Erscheinungsbild der Vorkammer (I) und insbesondere des Annex (Ia) zum Entdeckungszeitpunkt. Ein weiterer Anhaltspunkt waren die Inventarlisten von Truhen oder Kisten, die durch Abgleich das Fehlen etlicher Artefakte ergab, mit denen der Diebstahl einiger Objekte nachgewiesen werden konnte[5]. Etwa 60 % des Schmuckes war aus den Truhen und Kisten gestohlen worden, ebenso wie Gefäße aus kostbaren Metallen. In einer Truhe fand sich ein zusammen geknotetes Leinentuch, das massiv goldene Ringe enthielt. Hierbei handelte es sich vermutlich um Diebesgut, das den Grabräubern abgenommen und von den Nekropolenbeamten wieder zurück gelegt worden war.[6] Howard Carter wies nach, dass die Diebe über die Grabkammer bis in die Schatzkammer vorgedrungen waren, dabei aber den äußersten Schrein und somit die vollständige königliche Bestattung unangetastet gelassen hatten. Nach der ersten Beraubung wurde der Zugang zur Vorkammer verschlossen und versiegelt, nach der zweiten Beraubung wurde der Zugang erneut verschlossen und der Gang mit Geröll angefüllt, sowie der Zugang zum Gang, beziehungsweise Korridor, ab der letzten Treppenstufe vermauert und versiegelt. Die abschließende Versiegelung des Grabes wurde vermutlich unter der Herrschaft von Pharao Haremhab durchgeführt, bevor auch der Treppenabgang mit Geröll verfüllt wurde[7].

Da der Zugang zu KV62 unterhalb der Eingangsrampe des später angelegten Grabes von Ramses VI. (KV9) in die Talsohle gehauen wurde und der Abraum des ramessidischen Grabes und die darauf errichteten Arbeiterbehausungen den Zugang zu Tutanchamuns Grabstätte blockierten, blieb der Zugang zu der Anlage für Grabräuber über die Jahrtausende verborgen.

Architektur und Ausstattung

Grundriss von KV62
Isometrische Darstellung, Grundriss und Schnittzeichnung des Grabes

Grab KV62 hat eine Gesamtgröße von 109.83 m². Die Grabanlage besitzt trotz ihres vergleichsweise geringen Umfangs eine mit den traditionellen Gräbern des Tals vergleichbare Raumaufteilung und wird aufgeteilt in einen Zugangsweg (A) mit 16 Treppenstufen, die an einem vermauerte Zugang (B) endete, dem ein absteigender Korridor (B) folgt. Daran schließt eine rechteckige große, ursprünglich verschlossene (Gate I) Vorkammer (I) sowie eine sich links an der rückwärtigen Wand anschließende Seitenkammer beziehungsweise Annex oder Anbau (Sidechamber Ia) an, deren Zugang (Gate Ia) vermauert war. An die Vorkammer (I) schließt sich an der nördlichen Seite die Grabkammer (J) an, die von der Vorkammer durch einen vermauerten Zugang blockiert war (Gate J) und ebenso eine östlich davon abzweigende Seitenkammer (Ja) an, die im Sprachgebrauch auch als „Schatzkammer“ bezeichnet wird. Abgesehen von der Grabkammer ist das gesamte Grab undekoriert.

Die umfassende Grabausstattung mit den in den Kammern I, Ia, J und Ja gefundenen 3500 weitgehend unversehrten Artefakten brachten wertvolle Erkenntnisse zumindest über die Lebensweise des königlichen Hofstaats und damit auch einen immensen wissenschaftlichen Fortschritt für die ägyptologische Forschung. So identifizierte Carter im Grabinventar des Königs neben Kleidung, Stoffen und zahlreichen Skarabäen beziehungsweise Schmuckstücken aus Gold und Edelsteinen, kleine Statuen des Königs und von Göttern, verschiedene Kosmetika, Salben, Weihrauch, Möbelstücke wie Stühle und Liegen, Brettspiele, Lampenbedarf, Nahrungsmittel, Ton- und Goldgefäße sowie Kriegsgerät und Jagdwaffen. Von den Fundstücken sind heute etwa 1700 im Ägyptischen Museum in Kairo ausgestellt, alle weiteren befinden sich in Magazinen des Museums sowie in Luxor.

Nach eingehender kunsthandwerklicher und fachwissenschaftlicher Untersuchung der Architektur, der Wandmalereien und Grabbeigaben, insbesondere aber der Schreine, deutet das Interieur auf ein überhastetes Begräbnis entsprechend der rituellen 70-Tage-Frist und auf überwiegend unpersönliche, vielerorts umgewidmete und rasch organisierte Grabausstattung hin. Für die ägyptologische Forschung ergeben sich hieraus zahlreiche Erkenntnisse über die politischen Umstände zum Todeszeitpunkt des Pharaos Tutanchamun.

Darüber hinaus gibt die Ausstattung in KV62 Aufschluss über die während der Regentschaft von Tutanchamun in Ägypten vollzogene religiöse und kulturelle „Restaurationsphase“ von der Verehrung des Aton in der Amarna-Zeit zurück zu einer staatsreligiösen Verehrung des Amun-Re.

Die Vorkammer (Antechamber)

Der absteigende Gang (auch Korridor) endete vor einer Türblockierung, hinter der sich die 28.02 m² große Vorkammer befindet. Die Wände der Kammer sind grob behauen, nicht verputzt und undekoriert. In der angrenzenden, durch eine Vermauerung verschlossenen, Grabkammer finden sich an der Decke Markierungen von Meißeln, die darauf hindeuten, dass diese Kammer mindestens zwei Meter weiter Richtung Norden führte, bevor der Zugang zur dann dort angelegten Grabkammer durch Vermauerung verschlossen wurde.[8]

Entlang der westlichen Wand waren hintereinander in Richtung zur Grabkammer drei Große Ritualbetten aufgestellt.

Unter dem linken hinteren Ritualbett (auch Ritualbahre) der Ammit („Verschlingerin der Toten“ oder „Totenfresserin“) lag der vergoldete und mit Fayenceeinlagen, Stein und buntem Glas verzierte Thronsessel Tutanchamuns. Die vordere Lehnenseite des Thrones zeigt eine Szene im Amarna-Stil, in der die namentlich genannte Anchesenamun, die Große Königliche Gemahlin, dem sitzenden König Tutanchamun den Brustschmuck anlegt. Über dem Königspaar befindet sich die Sonnenscheibe Aton, die beiden, symbolisiert durch Anch-Symbole an den Enden der Strahlen, langes Leben verleiht. Die Rückseite der Lehne des Thronsessels ist hingegen mit dem ursprünglichen Geburtsnamen des Königs (Tutanchaton - „Lebendes Abbild des Aton“) sowie dessen Thronnamen (Neb-cheperu-Re – „Herr an Gestalten, ein Re“) und dem ursprünglichen Namen seiner Gattin, Anchesenpaaton („Sie lebt durch Aton / Sie lebt für Aton“), aus der Amarna-Zeit versehen.

Unter dem mittleren Ritualbett der Göttin Isis-Mehtet, mit dem Erscheinungsbild einer stilisierten Kuh, waren etwa zwei Dutzend ovale Behälter mit einer gipsartigen Oberfläche gestapelt, die für die Jenseitsreise des Königs tierische Nahrungsmittel enthielten. Dieses Bett wurde aufgrund der Inschriften der Göttin Isis-Mehtet zugeordnet, die allerdings eine Löwengöttin ist und die Gestalt der Kuh eher Hathor oder Mehet-weret („Die großen nördlichen Wasser“) zugeordnet wird. Das vorderste Ritualbett zur Grabkammer hin ist das der Göttin Mehet-Weret, doch ist die gewählte Tiergestalt nicht die der Göttin entsprechende Kuh, sondern der Löwe. So sind die Gestalten und Inschriften der beiden Ritualbetten vertauscht: Die Bahre der Löwingöttin trägt die Inschrift zur Kuhgöttin und umgekehrt.[9]

In der linken südöstlichen Ecke konnte Carters Ausgrabung die Teile von vier intakten Streitwagen identifizieren, von denen zwei zu wohl zeremoniellen Verwendungszwecken Bemalungen aufwiesen. Der verschlossene Zugang zur Grabkammer J, die Nordwand der Vorkammer, wurde links und rechts zur symbolischen Bewachung der Königsmumie von zwei schwarz bemalten und vergoldeten 1,90 m großen Holzstatuen flankiert; eine davon trug eine sogenannte chat-Kopfbedeckung, die andere ein klassisches Nemes-Kopftuch. Vor der Nordwand war zwischen den Statuen eine Truhe platziert, die in aufgemalten Szenen Tutanchamun bei der Jagd, sowie bei Feldzügen gegen Syrien und Nubien zeigen. In der Vorkammer befanden sich über 600 Objekte[10].

Fundstücke in der Vorkammer

Der „Anbau“ (Annexe)

Der an die Westseite der Vorkammer (I) anschließende Anbau hat eine Größe von 11,14 m²[11] und war durch eine Türverfüllung von der Vorkammer abgetrennt. Wie die Vorkammer ist die Seitenkammer grob behauen, nicht verputzt und undekoriert. Das Bodenniveau dieser Kammer liegt ca. 90 cm tiefer als die Vorkammer. Der ursprünglich verschlossene und von Grabräubern durchbrochene Durchgang hat eine Höhe von 1,40 m. Howard Carter fand hier die durcheinandergeworfenen Grabbeigaben in derangiertem Zustand. Diese, eigentlich als Vorratsraum gedachte Kammer enthielt jedoch auch Objekte, die nicht typisch für einen solchen Raum sind[12]. Eigentlich ist eine solche Vorratskammer für kostbare Öle, Wein in Krügen oder Lebensmittel wie Brot und getrocknetes Fleisch gedacht. Es fanden sich unter den Gegenständen aber zudem umfangreiches Mobiliar wie Betten, Stühle, Gehstöcke, Truhen und Kisten, Schilde, Bögen und Pfeile sowie zwei weitere Streitwagen und die eigentlichen Vorratsbeigaben wie Weinkrüge, Körbe und Uschebtis (Dienerfiguren). Der Anbau war vermutlich die letzte im Grab versiegelte Kammer[13].

Fundstücke im Annex

Die Grabkammer (Burial Chamber)

Anordnung Schreine, Sarkophag und Särge: 1) äußerster Schrein (rot), 2) Katafalk (blau), 3) zweiter Äußerer Schrein (türkis), 4) mittlerer Schrein (grün), schwarz: innerster Schrein; a) Sarkophag, b) erster Sarg, b) zweiter Sarg, c) dritter Sarg aus Gold, d) Mumie
Der äußere der vier vergoldeten Schreine mit darin befindlichem Katafalk, Ägyptisches Museum, Kairo

Das Bodenniveau der 26,22 m²[14] großen Grabkammer, auch als Sargkammer bezeichnet, liegt annähernd einen Meter tiefer als das der etwas größeren Vorkammer. Die Kammerwände sind zudem mit je einer rechteckigen kleinen Nische versehen, die – mit Kalksteinplatten verschlossen, verputzt und dekoriert – je einen magischen Ziegel enthielten und mit Abschnitten aus dem Ägyptischen Totenbuch (Spruch 151 - die vier magischen Ziegel) versehen waren. Sie hatten so eine symbolische Schutzfunktion für die königliche Mumie. Zu jedem der Ziegel gehörte ein Grabamulett. Im Grab Tutanchamuns fanden sich als Amulette in nicht typischer Anordnung nach den Himmelsrichtungen: eine kleine Osiris-Figur (Ostwand), ein Djed-Pfeiler (Südwand), eine Anubis-Figur (Westwand) und eine Uschebti-Figur (Nordwand)[15]. So galt für die Westwand üblicherweise ein Djed-Pfeiler, für die Ostwand ein Amulett in Gestalt des Anubis, für die Südwand eine Fackel aus Schilfrohr und für die Nordwand eine Uschebti-ähnliche Figur. Des Weiteren befand sich ein fünfter magischer Ziegel in der Schatzkammer zwischen den Vorderpfoten der liegen Anubisstatue. Der Ziegel aus ungebranntem Ton war mit einer Miniaturfackel und Holzkohle versehen. Zahi Hawass zufolge sollte dieser unübliche fünfte Ziegel vermutlich den Schatz vor Grabräubern schützen[16], da der dazugehörige Spruch aus dem Totenbuch lautet:

„Ich bin es, der den Sand hindert, das Verborgene zu versperren, und der den zurückweist, der sich (selbst) zur Brandfackel der Wüste zurückweist. Ich habe die Wüste in Flammen gesetzt, ich habe den Weg (des Feindes) in die Irre geleitet. Ich bin der Schutz des N.N.“ [17] [18]

Dieser Spruch wurde nach Lord Carnarvons Tod 1923 in verkürzter Form in der Presse eine Variante des Fluchs des Pharao: „Ich verhindere, dass Sand die geheime Kammer füllt. Ich bin zum Schutze der Toten da.“[19]

Wanddekorationen

Die Grabkammer ist der einzige dekorierte Raum im Grab. Die grobbehauene und unverputzte Decke weist, im Vergleich zu manch anderen Königsgräbern, keine Malereien auf. Auch die Wände sind nicht vollständig bemalt, die Wanddekorationen enden in etwa in Höhe des Sarkophags. Die Grundfarbe aller Wände ist ein Gelbton, der auf den weißen Verputz der glatt behauenen Wände aufgebracht worden war. Auf jeder Seite der Kammer bildet die Hieroglyphe für Himmel (pet) den Abschluss über die Darstellungen des Königs und verschiedener Götter zur Decke hin. Eine ebenfalls in Schwarz gehaltene Linie grenzt die bildlichen Darstellungen zur restlichen freien Wand zum Boden hin ab. Das Das Getty Conservation Institute stellte bei seinen Arbeiten von 2009 bis 2014 im Grab fest, dass sich die künstlerischen Arbeiten an der Nordwand von allen anderen drei Wänden im Grab unterscheidet. Bei Ost-, West- und Südwand waren die Figuren direkt auf die gelbe Untergrundfarbe aufgebracht worden, wohin die dargestellten Figuren auf der Nordwand ursprünglich auf eine rein weiße Fläche gemalt worden waren und die gelbe Bemalung nachträglich um die Figuren herum erfolgte. Zudem weist der Gelbton der Nordwand eine leicht hellere farbliche Abweichung zu den restlichen Wänden der Kammer auf.[20] Nicholas Reeves leitet deshalb aus den unterschiedlichen Bearbeitungen der Kammerwände ab, dass die Nordwand vor den anderen Wänden im Grab bemalt vorhanden gewesen sein musste und diese nachträglich bearbeitet worden war.[21]

Die Darstellungen der Figuren in der gesamten Grabkammer wirken zum Teil sehr außergewöhnlich im Vergleich zu anderen Königsgräbern und erinnern an die Kunst der Amarna-Zeit. Tatsächlich wurden durch die Zeichner für die Figuren unterschiedliche Zeichenraster verwendet. Zum einen das ursprüngliche Raster von 18 Quadraten als auch das aus der Amarna-Kunst mit 20 Quadraten, so dass die Proportionen der Figuren unterschiedlich sind.[22]

Die Motive der Grabkammerwände beginnen mit der Ostwand entgegen dem Uhrzeigersinn und zeigen die Grablegung des Königs sowie direkt weiterführend auf der Nordwand dieMundöffnungszeremonie, gefolgt von dem Eintritt des Königs in das Totenreich zu Osiris. Dem schließt sich auf der Westwand ein Auszug aus dem Amduatbuch („Schrift der verborgenen Kammer“) an, sowie auf der Südwand verschiedene Darstellungen des Königs mit Hathor, die ihm Leben durch ein Anchzeichen verleiht, sowie Anubis, Isis und drei weiteren Unterweltgottheiten.

Ostwand

Tutanchamuns Übergang in die Unterwelt wird beginnend mit dem Totenbuch auf der rechtsseitigen Ostwand symbolisch inszeniert. Die Wandmalerei und die Hieroglyphentexte schildern die Begräbnisprozession mit den im Grab gefundenen Begräbnisschreinen und -särgen und weisen die vollständig in weiß gekleideten Trauernden als hohe Beamte am Königshof aus. Diese Szene ist ungewöhnlich für ein Königsgrab und hier einmalig belegt. Ebenso wie die der Vogeljagd in den Sümpfen im Grab Ejes (WV23) einzigartig für ein Königsgrab ist.[23]

Amduatbuch mit Himmelsbarke (Westwand), Tutanchamun und dessen Ka mit Osiris (Nordwand)
Nordwand

Die Dekoration der anschließenden Nordwand beschreibt dann in drei Szenen die Vorbereitung der Reise des Königs ins Jenseits. Der erste Abschnitt zeigt die Mundöffnungszeremonie an dem osirisgestaltigen Tutanchamun zusammen mit Eje, der die für die 18. Dynastie typische blaue Krone (Chepresch) trägt und als Zeichen für die religiöse Priesterwürde in ein Pantherfell gekleidet ist. Der Name Ejes ist in den begleitenden Hieroglyphen in einer Kartusche geschrieben, was den ehemaligen Hofbeamten Echnatons und Tutanchamuns damit als königlichen Nachfolger und regierenden König ausweist. Die folgende Szene links davon zeigt eine Gegenüberstellung von Tutanchamun mit der Himmelsgöttin Nut, der abschließend eine Darstellung des Osiris folgt, der den Pharao mit Nemes-Kopftuch sowie dessen Ka ins Jenseits aufnimmt.

Westwand

Die vom Eingang zur Grabkammer linksseitige Westwand enthält schließlich Teile des „Amduatbuchs“ und damit die Reise des Pharaos zusammen mit dem Sonnengott in Gestalt eines Skarabäus in der Himmelsbarke. Darunter symbolisieren zwölf Paviane die zwölf Stunden der Nacht, durch die Tutanchamun nach altägyptischer Glaubensvorstellung in die Götterwelt gelangte.

Südwand

Die Reise des Pharaos wird auf der teilweise von Howard Carter beschädigten Südwand dramaturgisch fortgesetzt. Tutanchamun wird von den Göttern Anubis und Hathor flankiert und auch in einer heute nicht mehr erhaltenen Szene von Isis und drei Unterweltgottheiten im Jenseits empfangen.

Funde in der Grabkammer

Die Grabkammer enthielt vier ineinander gestellte vergoldete Holzschreine und schließlich einen aus Quarzit gefertigten Sarkophag, an dessen Ecken die vier geflügelten Göttinnen Isis, Nephthys, Selket und Neith in den Stein gemeißelt sind. Der Sarkophag war mit einem Deckel aus Granit verschlossen, der in der Mitte einen Riss aufweist und womöglich in antiker Zeit bei seiner Anpassung an das Behältnis geborsten war. Nach der Bergung der Bruchstücke entdeckte Carter wiederum drei goldbeschlagene anthropomorphe Särge. Der äußerste davon misst etwa 224 Zentimeter und besteht aus vergoldetem Zypressenholz. Der Bestimmungszweck des reich verzierten mittleren Sarges wird heute dem Begräbnis Tutanchamuns Vorgängers Semenchkare zugeordnet, da dessen Kopfpartie deutlich andere Gesichtszüge als die der übrigen Särge zeigt. Der innere Sarg ist aus massivem Gold gefertigt, 110,4 Kilogramm schwer, 187,5 Zentimeter lang und enthielt die mit Blumengirlanden und annähernd 150 religiösen Amuletten geschmückte Königsmumie mit der goldenen Totenmaske. Der Sarkophag wurde zusammen mit der Mumie im äußersten Sarg seit der Entdeckung in KV62 belassen. Die Mumie Tutanchamuns ist bis heute die einzige, die sich in ihrem ursprünglichen Grab im Tal der Könige und nicht in einem anderen Grab oder im Ägyptischen Museum in Kairo befindet.

Der große Schrein, der darin befindliche Katafalk sowie die weiteren Schreine mit dem Sarkophag und den Särgen, füllte durch sein Volumen die Grabkammer fast vollständig aus. Um alle Objekte aus der Grabkammer zu bergen und den Sarkophag freizulegen, musste Carter neben der ursprünglichen Blockierung einen weiteren Teil der Südwand zwischen Grab- und Vorkammer entfernen. Dabei wurde die Darstellung der Göttin Isis sowie von drei Unterweltsgottheiten zerstört, die zuvor von Harry Burton dokumentiert worden waren.

Die „Schatzkammer“ (Treasury)

Die an die Grabkammer nach Osten grenzende Seitenkammer, von Howard Carter als Treasury (Schatzkammer) bezeichnet, hat eine Größe von 18.06 m². Wie Vorkammer und Annex ist der Raum nur grob behauen, nicht verputzt und undekoriert. Der Zugang zur Schatzkammer war unverschlossen.[24]

Als wichtigstes Fundstück der östlich an die Grabkammer angrenzenden Seitenkammer gilt der vergoldete und auf einem darüber konstruierten Baldachin mit Uräusschlangen besetzte Kanopenschrein Tutanchamuns, an dessen Seiten ebenfalls die vier Schutzgöttinnen Isis, Nephtys, Selket und Neith platziert worden waren. Der Schrein enthielt den aus Alabaster bestehenden Kanopenkasten mit vier Fächern, die in ovaler Kanopenform in den Alabaster eingearbeitet sind und mit vier menschenköpfigen Deckeln versehen waren. Diese kleinen Särge enthielten die aus dem Körper entfernten Eingeweide des Herrschers. Sowohl sie, als auch die aus Gold bestehenden und darin befindlichen Eingeweidesärge, weisen die Gesichtszüge eines Königs auf, unterscheiden sich jedoch von anderen Darstellungen Tutanchamuns. Genauen Untersuchungen zufolge wurden die Eingeweidesärge für Tutanchamun umgearbeitet und seine Namen in die Kartuschen geschrieben, die ursprünglich den Thronnamen Anchcheperure von Tutanchamuns Vorgänger Neferneferuaton (Eigenname) enthielten. Wie vermutlich auch der Kanopenkasten waren die Miniatursärge ursprünglich für Anchcheperure angefertigt worden.[25]

Am Eingang zur Kammer befand sich eine teilweise vergoldete und schwarz bemalte Statue des Anubis in Gestalt eines liegenden Caniden auf einem Schrein, der auf einem Schlitten mit Tragestangen stand. Im Inneren des Schreins sind vier kleine Fächer und ein großes Fach eingearbeitet. Trotz Beraubung enthielten sie insgesamt verschiedene Schmuckstücke, Amulette und Gebrauchsgegenstände, deren Verwendung noch nicht ganz geklärt ist. Howard Carter vermutete in diesen Beigaben einen Zusammenhang mit Ritualen zur Mumifizierung. So fanden sich neben Miniatur-Rinderschenkeln, kleinen Figuren in Mumiengestalt auch Amulette und kleine Götterfiguren sowie Pektorale ohne Ketten und Gegengewicht, die in Leinen gewickelt und mit einem Siegel versehen waren.[26] Bei einem der Pektorale, das die geflügelte Himmelsgöttin Nut zeigt, stellte Howard Carter fest, dass dieses ursprünglich die Namen (Thron- und Eigenname) Echnatons enthalten hatten und für Tutanchamun umgearbeitet worden war[27]. Hinter Anubisschrein und zwischen Kanopenschrein fand sich ein vergoldeter Kuhkopf, der Hathor symbolisiert.

Ein weiteres der goldenen Pektorale aus dem Anubisschrein ist von Besonderheit: Hierin ist der aus grünem Feldspat bestehende Herzskarabäus Tutanchamuns mit stilisierten, geöffneten Flügeln zwischen die Göttinnen Isis und Nephthys eingearbeitet. Darüber befindet sich die geflügelte Sonnenscheibe (auch Flügelsonne), ein Symbol des Gottes Horus. Auf der Rückseite ist ein Spruch aus dem Totenbuch für das Herz zu lesen, der das Herz des Königs davor warnt, falsches Zeugnis gegen ihn abzulegen.[28] Üblicherweise wurden diese sogenannten Herzskarabäen beim Einwickeln der Mumie mit in die Leinenbinden, meist in Herznähe, eingefügt.[29]

Zu weiteren Funden zählten kleine vergoldete Statuen des Königs und von Göttern sowie Truhen, Modellboote und Uschebtis. In dieser Kammer fand sich auch ein Holzkasten, der zwei kleine anthropomorphe Särge mit zwei Föten enthielt, die als Tutanchamuns Kinder angesehen werden. Eine kleine vergoldete Totenmaske aus Kartonage, die in KV54 („Balsamierungsdepot“) gefunden wurde, ist vermutlich einem der beiden zuzuordnen.[30] Insgesamt wurden in der Schatzkammer über 500 verschiedene Objekte gefunden[31]. Die Untersuchung und Räumung der „Schatzkammer“ wurde im Anschluss an die Grabkammer vorgenommen und begann in der 5. Grabungssaison (22. September 1926 – 3. Mai 1927). Während der Arbeiten in der Grabkammer war diese Seitenkammer mit Holzbrettern verschlossen worden, um Schäden an den sich dort befindlichen Gegenständen zu vermeiden.

Fundstücke in der Schatzkammer

Erhaltungszustand und Konservierungsmaßnahmen

Grab

Zustand nach der Entdeckung

Anhand der Funde im Grab stellte Howard Carter fest, dass KV62 weder durch eindringende Wassermassen durch Risse im Felsgestein noch durch Fluten durch den Grabeingang, da dieser versiegelt gewesen war, beschädigt worden war. Allerdings wirkte sich die durch leichte Risse im Gestein eingedrungene Feuchtigkeit auf die Gegenstände und Wandmalereien im Grab aus.[32] Zahlreiche Gräber im Tal der Könige waren von solchen Überflutungen betroffen, zumal diese bereits seit der Antike offen zugänglich gewesen waren. Über Restaurierungsmaßnahmen an den Wandmalereien durch Carter und sein Team gibt es in seinen Aufzeichnungen keinen Hinweis. Er vermerkte jedoch die „dunklen Punkte“ als Schimmelpilz in der Wandbemalung der Grabkammer, deren Bildung durch die eingedrungene Feuchtigkeit und durch die der organischen Objekte im Grab sowie vermutlich durch die Vergipsung und Farbe der Wände begünstigt worden war.

Zustand in heutiger Zeit

Als Reaktion auf die Flutschäden von 1994 im Tal der Könige wurden zahlreiche Schutzmaßnahmen gegen Witterungseinflüsse ergriffen. So wurden neben einer Überdachung des Grabeingangs und einer Umwallung je eine metallene Schutztür am oberen und unteren Ende des Korridors B und eine Zugangstreppe aus Metall installiert.[33]

Das Getty Conservation Institute und das Supreme Council of Antiquities hatten in Kooperation ein fünfjähriges Projekt (2009 – 2014) für das Grab Tutanchamuns vereinbart, das Konservierungsarbeiten und Management des Grabes vorsah. Das Projekt war in drei Phasen unterteilt. Die erste Phase (2009 - 2011) umfasste eine genaue Bestandsaufnahme über den Zustand des Grabes und der Wanddekorationen, wissenschaftliche Analysen von Material und Verarbeitungstechniken der Farben sowie Umwelteinflüsse auf das Grab und Erforschung der Ursachen für den sich verschlechternden Zustand der Wandmalereien. Phase zwei und drei fanden zeitgleich statt (2012 – 2014). In Phase zwei wurden aufgrund von Phase eins angemessene Möglichkeiten zur Durchführung von Verbesserungen für den Erhaltungszustand des Grabes und der Wandmalereien erarbeitet. Zudem wurde in Infrastruktur, beispielsweise Gehwege, Beleuchtung und Belüftung im Grab verbessert. Die letzte Phase galt der Auswertung der Arbeiten im Grab und diese durch verschiedene Medien der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.[34] Während der Untersuchungen der Grabkammer die Mumie Tutanchamuns in einem Glaskasten in der Vorkammer ausgestellt. Ein Ergebnis der Untersuchungen im Grab war, dass Besucher das Raumklima nicht nur durch Schweiß und Atemluft verändert, sondern auch zusätzlich Staub mit ins Grab bringt, der sich auf den Wandmalereien ablagert. Diese Ablagerungen zeigen sich auf Fotos der Getty Conservation als auch auf denen der Firma Factum Arte als leichter Grauschleier. Auch die bereits zur Zeit der Graböffnung in der Grabkammer vorhandenen „braunen“ Punkte auf den Wandmalereien wurden intersucht. Es konnte festgestellt werden, dass diese mikrobiologischen Ursprungs aber nicht mehr lebensfähig und nicht mehr aktiv sind.[35] Auch Alfred Lucas, der für chemische Untersuchungen und Konservierung zuständig war, vermerkte bereits in seiner Analyse zur Chemie im Grab, dass keinerlei bakterielle Lebensform nachweisbar sei.[36]

Grabschatz

Zustand nach der Entdeckung

Die im Grab gefundenen Objekte waren aufgrund verschiedener Materialien in unterschiedlich erhaltenem Zustand. Carter stellte fest, dass der hohe Anteil an Feuchtigkeit zu Schäden an den Gegenständen geführt oder einige völlig zerstört hatte. Deshalb wurden sie entweder an Ort und Stelle für den Transport aus dem Grab konserviert oder zur vollständigen Erhaltung und vor dem Weitertransport nach Kairo im Konservierungslabor, dem Grab Sethos II. (KV15). Gegenstände aus organischen Materialien wie Holz, Pflanzen, Leder, Leinen oder Lebensmittel waren besonders fragil. So musssten viele der Objekte direkt konserviert werden, bevor sie überhaupt angefasst werden konnten. Carter bezeichnet dies als „Erste Hilfe-Maßnahmen“, ohne die nicht mal ein Zehntel der zahlreichen Grabbeigaben das Ägyptische Museum in Kairo erreicht hätte.[37] Howard Carter beschreibt die Bearbeitung und Handhabung von den unterschiedlichsten im Grab gefundenen Materialien, sowie die damit verbundenen Schwierigkeiten der Konservierung in seinem ersten Band zum Grab des Tutanchamun. Jedes Material bedurfte unterschiedlicher Behandlung und in manchen Fällen musste improvisiert werden. Als ein Beispiel nennt er Sandalen, in die Perlen eingearbeitet waren, und beim Auffinden völlig intakt aussahen, die Perlen bei Berührung aber zerfielen. Diese wurden bespielsweise mit flüssigem Wachs behandelt und konnten nach dem Härtungsprozess intakt transportiert werden[38]. Die Grabsträuße wurden mit flüssigem Zelluloid besprüht, um sie haltbar zu machen. Schwierig war vor allem, dass für jedes Objekt andere Behandlungsmöglichkeiten zur Konservierung notwendig waren, die von Material und Erhaltungszustand abhängig waren. In manchen Fällen halfen nur Experimente, um die bestmögliche Konserverierungsmaßnahme zu finden.[39] Der Umgang und die Behandlung von Holz bereitete verschiedene Schwierigkeiten. Eine war, dass der Zustand des Materials bereits schlecht war und bei Berührung zerfallen konne, eine andere, dass das Holz durch die durch die Graböffnung bedingten Luftveränderungen im Grab selbst zu schrumpfen begonnen hatte und die Dekoration, wie beispielsweise Einlagen aus Glas, Edelsteinen und Elfenbein oder der Überzüge aus Gips oder Goldfolien, daraufhin abfielen. Hierfür wurde für die Erhaltung in der Regel Paraffinwachs verwendet.[40]

Allerdings stand vor den Konservierungsarbeiten häufig auch der Reinigungsprozess der Objekte, der unter anderem mit warmen Wasser oder Wasserdampf erfolgte. Manche Objekte mussten lediglich gesäubert werden.

Zustand in heutiger Zeit

M. V. Seton-Williams schildert 1978 den Zustand der Objekte aus dem Grab, die bereits zu diesem Zeitpunkt einer Reinigung und Restaurierung bedurften. Sie führte aus, dass sich einerseits die Luftzusammensetzung in Kairo stark auf die Ausstellungsstücke auswirkte, andererseits die Temperaturschwankungen in Kairo größer sind als in Luxor. So waren Veränderungen durch Anlaufen bei Objekten aus Gold und Verzug bei jenen aus Holz 66 Jahre nach der Grabentdeckung erkennbar. Die Gegenstände des Grabschatzes befanden sich weiterhin in der sie aus Grab geborgen worden waren.[41] Die meisten Gegenstände befinden sich in den Vitrinen, in der sie zum ersten Mal ausgestellt worden waren.

Eine vergleichbare Beschreibung gibt 2013 die ehemalige Direktorin des Ägyptischen Museums in Kairo, Wafaa el-Saddik zum Sarg des Juja. Auch hier gab es tiefe Risse im mit Blattgold vergoldeteten Holz des Sarges, der sich nach seiner Entdeckung 1905 immer noch in derselben Vitrine befindet und ebenfalls Hitze, Kälte und Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit im Museum ausgesetzt ist.[42]

Zahi Hawass bezeichnet den Kopf des Nefertem als gutes Beispiel für die Arbeit der Konservatoren im Ägyptischen Museum. Die Büste war als eines der Original-Objekte auf internationalen Ausstellungen zu sehen gewesen. Häufig werde die Besorgnis geäußert, dass gerade solche Ausstellungen zu Beschädigungen an Ausleihen führen könnten. Allerdings werde gerade solchen Ausstellungsstücken für Wanderausstellungen in der Erhaltung besondere Bedeutung beigemessen. [43]

Replikate

Grab

Die spanische Firma Factum Arte hat es durch ihre durchgeführten Scans im Original-Grab KV62 ermöglicht, eine detailgetreue Kopie des Grabes von Tutanchamun anzufertigen, wozu die Wanddekorationen aus der Originalgrabkammer als auch der Sarkophag gehören. Die Grabkopie befindet sich in der Nähe von Howard Carters ehemaligem Haus, am Eingang zum Tal der Könige und wurde am 30. April 2014 eröffnet. Begleitet wird diese Kopie des Grabes KV62 durch eine Ausstellung mit Bildern und Texten der Ägyptologen Jaromír Málek und Nicholas Reeves, sowie dem Inhaber von Factum Arte, Adam Lowe. Die £ 420,000 teure Kopie zählt zu den Besten, die jemals angefertigt wurden.[44] Das Grab von Königin Nefertari (QV66), der Großen königlichen Gemahlin Ramses II., und das Sethos I. (KV17) sind als Grabkopie in Planung.

Gegenstände aus dem Grabschatz

Replikat des Lotoskelches; Original: Ägyptisches Museum Kairo (JE 67465)

Objekte aus dem originalen Grabschatz Tutanchamuns werden nur noch sehr selten oder aufgrund der Fragilität von Ägypten gar nicht mehr in weltweite Wanderausstellungen gegeben. Die goldene Totenmaske des jungen Königs wird beispielsweise nur noch in Ägypten zu sehen sein. Auf Anfragen, weshalb die unbezahlbare Totenmaske nicht mehr an andere Ausstellungen außerhalb von Ägypten verliehen werde, antwortete der damalige Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung (Supreme Council of Antiquities, SCA), Zahi Hawass:

“I reply that it is too fragile to travel, and that taking it away from Egypt would disappoint the thousands of tourists who come to the Cairo Museum just to see this unique object.”

„Ich antworte, dass sie zu zerbrechlich ist, um auf Reisen zu gehen und sie aus Ägypten fortzunehmen, würde die Tausenden von Touristen, die in das Museum nach Kairo kommen, um dieses einzigartige Objekt zu sehen, enttäuschen.“

Zahi Hawass[45][46]

Dennoch gibt es immer wieder einige Originale in Ausstellungen zu bewundern, wie beispielsweise bei „Tutanchamun. Das goldene Jenseits. Grabschätze aus dem Tal der Könige.“ in 2004. In dieser Ausstellung wurden zum Beispiel unter anderem die Originale von Uschebtis des Königs, verschiedene Götterstatuen oder einer der Kanopenverschlüsse und ein Eingeweidesarg gezeigt. Die Tendenz geht jedoch dahin, die Originalstücke zu schonen und durch Replikate auf Wanderausstellungen zu ersetzen. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass 1980 bei den Ausstellungen in Deutschland die Figur der Göttin Selket beschädigt worden war, die eine der Schutzgöttinnen des Kanopenschreins ist, der sich in der sogenannten Schatzkammer fand[47].

Die Ausstellung „Tutanchamun – sein Grab und die Schätze“ zeigt über 1.000 Kopien von Objekten aus dem Grab und ermöglicht es Besuchern der Ausstellung nicht nur die Stücke zu bewundern, sondern auch die Fundsituation wie Howard Carter und sein Grabungsteam sie nach der Entdeckung vorgefunden haben, nachzuempfinden. Die Ausstellungsstücke sind als Kopie sehr sorgfältig und detailgetreu gearbeitet. Zu sehen sind in der Ausstellung unter anderem Kopien von vielen Götterfiguren, Ritualbetten, Streitwagen, die den Sarkophag umgebenden vier Schreine, der Kanopenschrein, der Kanopenkasten, der Anubisschrein sowie die Särge und die Totenmaske Tutanchamuns. Auch die gesamte Wanddekoration der Grabkammer ist zu sehen. Hierbei auch die vollständige Südwand, die zum Teil zerstört werden musste, um die Schreine und Särge aus der Grabkammer zu bergen, und die in der Kopie anhand von Fotos von Harry Burton mit den drei Unterwelts-Gottheiten und Isis in der Kopie wieder vervollständigt wurde [48].

Siehe auch

Literatur

Commons: KV62 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 56–57.
  2. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 58-59.
  3. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 59.
  4. Nicholas Reeves, John H. Taylor: Howard Carter before Tutankhamun. British Museum Press; London 1992, ISBN 0-714-10959-2, S. 152.
  5. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Site History, abgerufen am 15. September 2015 (englisch)
  6. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 97.
  7. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Site History, abgerufen am 27. September 2015 (englisch)
  8. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Chamber I, abgerufen am 16. September 2015 (englisch)
  9. T. G. H. James: Tutanchamun. Köln 2000, S. 138, 141.
  10. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Chamber I, abgerufen am 16. September 2015 (englisch)
  11. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Side chamber Ia, abgerufen am 6. September 2015 (englisch)
  12. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 3: The Annexe and Treasury. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7777-1, S. 78-100.
  13. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 90.
  14. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Burial chamber J, abgerufen am 21. September 2015 (englisch)
  15. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamen: Khe King. The Tomb. The Royal Treasure. Thames & Hudson, London/ New York 2000, ISBN 0-500-27810-5, S. 135.
  16. Zahi Hawass: Discovering Tutankhamun. From Howard Carter to DNA. Cairo 2013, S. 215.
  17. Auszug aus Erik Hornung: Das Totenbuch der Ägypter. Artemis & Winkler, Düsseldorf/ Zürich 1997 (Unveränderter fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe 1979) ISBN 3-7608-1037-3, S. 320.
  18. Anmerkung: Osiris bezeichnet in solchen Grabtexten stets den Verstorbenen: „Osiris N.N.“
  19. Thomas Hoving: Der goldene Pharao Tut-ench-Amun. Gondrom, Bayreuth 1984, ISBN 3-8112-0398-3, S. 234
  20. Nicholas Reeves: The Burial of Nefertiti? (= Amarna Royal Tombs Project. Valley of the Kings Occasional Paper No. 1). Tucson 2015, AZ 85721-0045, S. 8-9.
  21. Nicholas Reeves: The Burial of Nefertiti? (= Amarna Royal Tombs Project. Valley of the Kings Occasional Paper No. 1). Tucson 2015, AZ 85721-0045, S. 9.
  22. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 74.
  23. Erik Hornung: Das Tal der Könige. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47995-2, S. 29.
  24. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Side Chamber Ja, abgerufen am 16. September 2015 (englisch)
  25. T. G. H. James: Tutanchamun. Köln 2000, S. 108.
  26. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun – The King. The Tomb. The Royal Treasure. S. 133-134.
  27. Zahi Hawass: Discovering Tutankhamun. From Howard Carter to DNA. Cairo 2013, S. 105.
  28. M. V. Seton-Williams: Tutanchamun. Der Pharao. Das Grab. Der Goldschatz. Luxembourg 1980, S. 142.
  29. Zahi Hawass: Discovering Tutankhamun. From Howard Carter to DNA. Cairo 2013, S. 106.
  30. Nicholas Reeves, Richard. H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Geheimnisvolles Totenreich der Pharaonen. Augsburg 2000, S. 126.
  31. Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamun. London 1995, S. 88.
  32. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 3: The Annexe and Treasury. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7777-1, S. 105.
  33. Theban Mapping Project: KV 62 (Tutankhamen): Conservation, abgerufen am 13. September 2015 (englisch)
  34. The Getty Conservation Institute:Conservation and Management of the Tomb of Tutankhamen, abgerufen am 29. September 2015 (englisch)
  35. Conservation and Management of the Tomb of Tutankhamen. Scientific Investigation, abgerufen am 29. September 2015 (englisch)
  36. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 2: The Burial Chamber. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7763-4, S. 118.
  37. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 3: The Annexe and Treasury. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7777-1, S. 106.
  38. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 1: Search, Discovery and Clearance of the Antechamber. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7686-6, S.115.
  39. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 1: Search, Discovery and Clearance of the Antechamber. London 2014, S.116.
  40. Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 1: Search, Discovery and Clearance of the Antechamber. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7686-6, S.148.
  41. M. V. Seton-Williams: Tutanchamun. Der Pharao. Das Grab. Der Goldschatz. Luxembourg 1980, S. 33.
  42. Wafaa el-Saddik:, Rüdiger Heimlich: Es gibt nur den geraden Weg. Mein Leben als Schatzhüterin Ägyptens. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013, ISBN 978-3-462-04535-2, S. 288.
  43. Zahi Hawass: The Head of Nefertem. (= King Tutankhamun. The Treasures Of The Tomb.) Thames & Hudson, London 2007, ISBN 978-0-500-05151-1, S. 16.
  44. Factum arte: The Facsimile of Tutankhamun's tomb, abgerufen am 24. August 2015 (englisch)
  45. Zahi Hawass: King Tutankhamun: The treasures of the Tomb. Thames & Hudson, London 2007, ISBN 978-0-500-05151-1, S. 112.
  46. Übersetzung des Bearbeiters (Benutzer:Sat Ra)
  47. Zahi Hawass: King Tutankhamun: The treasures of the Tomb. London 2007, S. 164.
  48. Tutanchamun – sein Grab und die Schätze, abgerufen am 24. August 2015.

Koordinaten: 25° 44′ 25″ N, 32° 36′ 6″ O