Contrat première embauche
Vorlage:Neuigkeiten Der Contrat Première Embauche (CPE) (franz.:"Vertrag zur Ersteinstellung") ist Teil eines neuen Arbeitsgesetzes, mit welchem ein weiterer Typus von Arbeitsverträgen in Frankreich eingeführt werden soll. Am 16. Januar 2006 hat der Premierminister Dominique de Villepin das Gesetz angekündigt. Dieser Vertrag ist anwendbar auf Jugendliche unter 26 Jahren in Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern. Während der ersten 2 Jahre des Arbeitsverhältnisses darf der Angestellte ohne Begründung und ohne Vorwarnung entlassen werden (siehe auch Probezeit und Kündigungsschutz).
Im Gegensatz zum contrat nouvelle embauche (CNE), der sich nur an kleine und mittlere Unternehmen richtet, steht der CPE allen Unternehmen offen. Er wird begleitet von einer dreijähigen Freistellung des Arbeitgebers von allen Lohnnebenkosten.
Die Gesetzesänderung, welche den Contrat Première Embauche enthält, wurde von der französischen Nationalversammlung in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2006 angenommen. Der Contrat Première Embauche ist Teil des Gesetzenwurfs Pour l'égalité des chances. Laut UMP soll er auch eine Reaktion auf die Unruhen in Frankreich 2005 darstellen, ohne Kündigungsschutz sollen mehr Jobs für Jugendliche und junge Erwachsene besonders in den Vorstädten entstehen.
Infolge dessen kam es zu landesweiten Massendemonstrationen, Protesten und teilweise Besetzungen von Institutionen und Universitäten durch Jugendliche und Studenten unter anderem der Sorbonne, die von der Polizei gewaltsam geräumt wurde.
Ausgestaltung des CPE
Wie beim Contrat nouvelle embauche wird dem Unternehmer die Möglichkeit gegeben, seinen Angestellten während der Dauer einer Probezeit ohne jeglichen Grund zu kündigen. Als Ausgleich steht einem Gekündigten eine Abfindung von 8% zu, nach mehr als 4 Monaten Betriebszugehörigkeit zusätzlich zwei Monate lang eine Beihilfe von 490 Euro pro Monat. Anzumerken ist, dass eine Küdigung in diesem Falle juristisch gesehen eben keine Kündigung, sondern nur eine Beendigung der Probezeit darstellt. Dies erklärt den einseitigen Charakter der einseitigen Kündigungsmöglichkeit ohne jegliche Vorwarnung oder Begründung.
Praktika und befristete Arbeitsverhältnisse werden auf die zweijährige Probezeit voll angerechnet, so sie in der selben Firma erfolgt sind. Auch befristete Arbeitsverhältnisse können als Contrat Première Embauche gestaltet werden.
Ein Jugendlicher, welcher über einen solchen Vertrag eingestellt wurde, hat ab dem zweiten Monat Betriebszugehörigkeit das Recht auf 20 Stunden Weiterbildung pro Jahr.
Alle 18 bis 25jährigen als CPE Angestellten haben 18 Monate lang anrecht auf den sogenannten Locapass, welcher in etwa einem deutschen Wohnberechtigungsschein entspricht.
Ein CPE-Vertrag ist juristisch ein unbefristeter Arbeitsvertrag. Der französische Premierminister Dominique de Villepin und Baudouin Prot, Vorsitzender der Vereinigung der französischen Banken, betonen, dass dieser Arbeitsvertrag auch den Zugang zu Bankkrediten erlaubt. Dennoch brauchen Banken und andere Kreditvergeber keine Begründung für eine Ablehnung eines Kredits an Angestellte mit einem CPE-Vertrag.
Reaktionen
Kontra
Gewerkschaften
Die Gewerkschaften verurteilen die Unsicherheit, welche der CPE schafft, sowie die Aushöhlung des Arbeitsrechts. Sie bemängeln die Behandlung von Arbeitern als von "Wegwerf-Objekte" (salarié jetable).
Standpunkt der Gewerkschaft CFDT:
- « Einen prekären Arbeitsvertrag speziell für Jugendliche zu entwickeln, stellt eine seltsame Wahrnehmung von Generationengerechtigkeit dar. Es ist nichts anderes als eine altersabhängige Diskriminierung, die dem, was Jugendliche an sozialem Zusammenhalt erwarten dürfen vollkommen entgegensteht. Jugendliche haben das gleiche Recht auf Berücksichtigung wie alle anderen Angestellten. »
Standpunkt der Gewerkschaft Solidaire-Unitaire-Démocratique:
- « Diese Maßnahme wird die Arbeitslosigkeit nicht verringern, auch wenn Villepin das behauptet. Die Einstellungsbremse befindet sich nicht im Inhalt unserer Arbeitsverträge: Firmen stellen nur dann Personal ein, wenn sie es auch brauchen! Der CPE wird alle anderen Arbeitsverträge zurückdrängen. Denn wenn man Unternehmen einfache Wegwerf-Arbeitskräfte anbietet, werden junge Arbeitskräfte bald zwei Jahre lang erpresst werden, da die Arbeitgeber nie genug haben können! » (Pressemitteilung vom 26 Januar 2006).
Standpunkt der Gewerkschaft Confédération générale du travail (CGT):
- Die CGT befürchtet die Erpressung von Beschäftigten zu Überstunden und unbezahlter Mehrarbeit zu Zwecken der Gewinnmaximierung, wenn Arbeitgeber ihre Angestellten ohne Grund kündigen können.
Die Gewerkschaft Confédération nationale du travail (CNT) schreibt in einem Fluglatt:
- « Dieser neue Vertrag erlaubt es (...), die Angestellten dem Willen ihres Bosses vollkommen zu unterwerfen. Die Geschäftsführer können jetzt Leute einstellen wie es ihnen gerade passt, ohne sich mit den "Schikanen" wie Kündigungsfristen, Begründungen von Kündigungen oder Abfindungen befassen zu müssen. Dazu kommt: Wie soll man es wagen, seine Rechte in Anspruch zu nehmen und sich zu verteidigen, wenn man von einem Tag auf den nächsten einfach so gefeuert werden kann? »
Studentengewerkschaften und Jugendorganisationen
In einem gemeinschaftlichen Anstrengung haben sich verschiedene Jugendorganisationen (Angestelltengewerkschaften, Studentengewerkschaften, politische und kulturelle Gruppierungen wie UNEF, Jeunes CGT, MJS, MJCF, UEC, Fédération SUD Étudiant, UNL, JCR, PRS jeunes, UNSA jeunes, JRG, Jeunes Verts und die Fédération Léo Lagrange) zusammengeschlossen und zur Bildung lokaler Protestgruppen aufgerufen.
Zwei weitere Studentenorganisationen (Confédération étudiante (Cé) und FAGE) protestieren ebenfalls gegen den CPE, haben sich dem Bündnis allerdings nicht angeschlossen.
Nach den Protesten vom 7. März hat der Präsident der UNEF alle Universitäten aufgefordert, sich dem Streik anzuschliessen.
Politische Parteien
Standpunkt der Parti socialiste français:
- « Dieser neue Vertrag ist keine neue Chance für die Jugendlichen, sondern stellt nichts Anderes als ein weiteres Geschenk an die Unternehmen dar, welche jetzt ohne Begründung ihre Angestellten loswerden können. Sollte der CPE beschlossen werden, dann wird er nicht nur die unbefristeten Arbeitsverträge, sondern auch die Zeitverträge ersetzen. Und zwar ohne irgendeine Auswirkung auf die Arbeitslosigkeit.»
Standpunkt der Parti communiste français:
- « Die Regierung Villepin und die MEDEF täuschen nur vor, sich um das Problem der Jugenarbeitslosigkeit zu kümmern, welches in Frankreich besonders gravierend ist, indem sie die Unsicherheit von allem und jedem betont und Arbeitgeber von Sozialversicherungsbeiträgen freistellt. Mit den Contrat nouvelle embauche und dem CPE stehen die Rechte der Arbeitnehmer noch stärker unter Beschuss.» (CN du 24/02/06)
Standpunkt der Union pour la Démocratie Française:
- Die UDF stellt sich gegen den CPE. François Bayrou kritisiert besonders, dass eine Kündigung keinerlei Rechtfertigung oder Begründung mehr bedarf. Bildungsminister Gilles de Robien hat sich trotzdem positiv zum CPE geäußert.
Pro
Arbeitgeberverbände
Der Arbeitgeberverband MEDEF hat die Schaffung des CPE mit der Begründung begrüßt, dass es keine Altersbeschränkung gebe. Dominique de Villepin wird mit den Worten zitiert, dass "ein Unternehmen, welches zwei Jahre lang in einen Jugendlichen investiert hat, sich nicht einfach so von ihm trennen wird".
« Das Leben, die Gesundheit, die Liebe... alles ist riskant. Warum sollte es der Arbeitsplatz nicht sein? » L. Parisot, Arbeitgeberverband MEDEF, 09/2005
Jean-François Roubaud, Präsident des Verbandes mittelständischer Arbeitgeber (CGPME), beglückwünscht die Regierung dazu, die Belebung des Arbeitsmarktes zu fördern, statt der sozialen Beihilfen.
Jugendorganisationen
Die "Jeunes Populaires", die Jugendorganisation der regierenden UMP, stimmt der Position des Arbeitgeberverbandes MEDEF zu. Die Studentengewerkschaft UNI unterstützt den CPE als "einen unbefristeten Vertrag" und "einen echten sozialen Fortschritt" im Bezug auf Abfindungen, wenn der Arbeitsvertrag gekündigt wird.
Politische Parteien
Die regierende Union pour un Mouvement Populaire unterstützt mit allen ihren Mitteln dieses für sie essenzielle Gesetz.
Landesweite Proteste

Am 7. Februar 2006 kam es in Frankreich landesweit zu Protesten und Demonstrationen gegen das neue Gesetz, an welchen sich zwischen 220.000 und 400.000 Personen beteiligten.
Am 7. März sind in ganz Frankreich neue Proteste aufgeflammt, an welchen sich zwischen 400.000 (Polizeiangabe) und 1.000.000 Menschen (Gewerkschaftsangaben) teilgenommen haben.
Am Abend des 8. März wird ein Gebäude der Sorbonne von bis zu 200 Studenten besetzt, bis zu 800 weitere protestieren davor. Nachdem einige Gruppen zu randalieren beginnen, wird das Gebäude in der Nacht von 10. auf 11. März von Einheiten der CRS geräumt. Die Polizisten, welche aus dem Gebäude heraus mit Stühlen und Feuerlöschern beworfen werden, setzen Schlagstöcke und Tränengas ein. 31 Polizisten und ein Student werden verletzt. 11 Personen werden festgenommen. Einige Beobachter verglichen danach die Stimmung mit derer während der Mai-Unruhen von 1968.
Protestaktionen, Besetzungen und Streiks finden landesweit an 50 Universitäten statt. Auch die Unipräsidenten einiger Unis(Nantes,Toulouse) haben sich hinter die Studenten gestellt und in offenen Briefen den Premierminister dazu aufgefordert den CPE zurückzuziehen. Für Samstag, den 18. März, haben zahlreiche Organisationen zu einem weiteren nationalen Aktionstag gegen den CPE aufgerufen.
Siehe auch
Weblinks
- Artikel des Handelsblattes: "Frankreichs Jugend demonstriert wegen Kündigungsschutz"
- Artikel der Welt: "Proteste gegen de Villepins Reformen"
- Artikel der taz: "Proteste gegen zwei Jahre Probezeit"
- Artikel der FAZ: Polizei stürmt Sorbonne-Universität in Paris
- Artikel über den Protest bei Indymedia: [1]
- Artikel des Telepolis: Studentenprotest an der Sorbonne gewaltsam beendet
- Hintergrundartikel Telepolis: [Proteste gegen Aufhebung des Kündigungsschutzes
- französischer Wikipedia-Eintrag zum Contrat Première Embauche
- französischer Wikipedia-Eintrag zum Contrat Nouvelle Embauche
- französischer Wikipedia-Eintrag zum Gesetzespaket "Loi pour l'égalité des chances", in welchem der CPE enthalten ist