Zuerst!
ZUERST! – Deutsches Nachrichtenmagazin | |
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Beschreibung | Monatszeitschrift |
Sprache | Deutsch |
Verlag | Verlagsgruppe Lesen und Schenken |
Erstausgabe | 18. Dezember 2009 |
Erscheinungsweise | monatlich |
Chefredakteur | Manuel Ochsenreiter |
Herausgeber | Dietmar Munier |
Weblink | zuerst.de |
ZDB | 2532848-7 |
ZUERST! – Deutsches Nachrichtenmagazin ist eine seit 2009 erscheinende deutsche Monatszeitschrift. Sie gehört zum Verlagsimperium von Dietmar Munier und ging aus der 1951 gegründeten Zeitschrift Nation und Europa hervor. In seiner Selbstdarstellung bezeichnet sich Zuerst! als „das Magazin für deutsche Interessen”. Wissenschaftler und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes verorten sie im Rechtsextremismus, wenngleich auf dezidiert rechtsextreme Agitation verzichtet wird. Der Leserkreis umfasst sowohl konservative Demokraten als auch Rechtsextremisten.
Geschichte
Zuerst! wurde auf dem Grundstock des Abonnentenstammes der nicht an Kiosken erhältlichen, 1951 gegründeten, rechtsextremen Monatszeitschrift Nation und Europa (N&E) aufgebaut,[1] die Munier aufkaufte und zugunsten von Zuerst! einstellen ließ, wobei er den N&E-Mitherausgeber Harald Neubauer, der eine rechtsextreme Funktionärskarriere aufweist, als Kolumnisten übernahm.[1] Im Impressum von Zuerst! heißt es, dass die Zeitschrift „vereinigt mit Nation & Europa, Deutsche Monatshefte“ wurde.[2] Rechtsextreme Medien wie die Deutsche Stimme unterstützen die Gründung. Wirtschaftlich hatte es allerdings Startschwierigkeiten. Da jedoch etwa der Arndt-Verlag, die Wochenzeitung Der Schlesier und die Deutsche Militärzeitschrift für Zuerst! warben, machte Vieregge einen „Werbeeffekt“ für Muniers Publikationen aus. Darüber hinaus bespricht Zuerst! Bücher aus dem Munier-Verlagsimperium.[1]
Die Zeitschrift erscheint in der Verlagsgruppe Lesen und Schenken (Verlage Arndt, Bonus, Pour le Merite) von Dietmar Munier, einem der einflussreichsten Verleger aus dem rechtsextremen Spektrum. Der schleswig-holsteinische Verfassungsschutzbericht des Jahres 2009 bescheinigte der Erstausgabe von Zuerst! zwar „keine offenkundig rechtsextremistischen Äußerungen“, verwies jedoch auf Muniers Rolle als ihr Herausgeber.[3] Dem schleswig-holsteinischen Verfassungsschutz galt Muniers Verlag zumindest als rechtsextremer „Verdachtsfall“. Nach einem von Munier angestrengten Gerichtsverfahren darf der Verlag seit dem Verfassungsschutzbericht 2012 nicht mehr als ein solcher Verdachtsfall geführt werden.[4]
Vertrieben wurde die Zeitschrift über die Verlagsunion, einer Tochtergesellschaft des Bauer-Verlags.[5][6] Auf Anfragen des NDR-Medienmagazins Zapp sowie des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, warum der Bauer-Verlag eine Zeitschrift wie Zuerst! vertreibt, antwortete die Verlagsleitung, dass die Pressefreiheit „Meinungsfreiheit im Rahmen der geltenden Gesetze ermöglichen” solle und diese „das volle politische Spektrum” abdecke.[6] Anfang 2012 wechselte das Magazin aus Kostengründen, wie es hieß, den Vertrieb.[7]
2015 richtete die Zeitschrift ein extrem rechtes „Lesertreffen“ aus, bei dem u.a. Menno Aden, Gerd Schultze-Rhonhof und Barbara Rosenkranz als Redner auftraten. Alexander Dugin, der von russischer Seite nicht ausreisen durfte, wurde live zugeschaltet.[8]
Redaktion
Als Chefredakteur fungierte zunächst der Journalist, ehemaliger Welt-Ressortleiter und studierte Historiker Günther Deschner, der nach Einschätzung von Beobachtern moderater als Munier und bisher nicht durch „rechtsextremistische Aktivitäten“ aufgefallen war.[1]
Seit März 2011 hat Manuel Ochsenreiter diese Aufgabe übernommen, der ein langjähriger Mitarbeiter und zuletzt Ressortleiter „Innenpolitik“ der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit[9] war und ehemaliger Chefredakteur der als rechtsextrem eingeordneten, im gleichen Verlag erscheinenden Deutschen Militärzeitschrift (DMZ), ist.[10] Ochsenreiter schreibt auch weiterhin für die DMZ. Es gibt Artikel von ihm, die in beiden Magazinen in unterschiedlicher Aufmachung abgedruckt werden. Seine Beiträge und Interviews nutze er nach Meinung von Vieregge auch „zur Selbstdarstellung“, so integriere Ochsenreiter eigene Fotos in seine Reportagen.[1]
Zu den Kommentatoren der Zeitschrift gehören bzw. gehörten u.a.:
- Manfred Kleine-Hartlage
- Olaf Haselhorst
- Heinz Nawratil
- Harald Neubauer
- Manuel Ochsenreiter
Interviews
Zu den Interviewpartnern des Magazins gehörten Personen, die überwiegend der politischen Rechten zuzurechnen sind, darunter bekannte Rechtsextremisten aus Deutschland und dem europäischen Ausland, u.a. Holger Apfel (NPD), Bruno Bandulet, Alain de Benoist, Michael Brückner, Wjatscheslaw Daschitschew, Alexander Dugin, Nigel Farage (UKIP), Pawel Gubarew, Márton Gyöngyösi (Jobbik), Wilhelm Hankel, Björn Höcke (AfD), Heiner Kappel, Manfred Kleine-Hartlage, Michael Klonovsky, Hans-Helmuth Knütter, Sacha Korn, Zoltán Kovács (Fidesz), Rainer Langhans, Erik Lehnert | Peter Marx (NPD), Alfred Mechtersheimer, Felix Menzel, Andreas Mölzer (FPÖ), Reuven Moskovitz, Dietmar Munier, Malte Olschewski, Victor Ostrovsky, Rudi Pawelka, Walter Post, Rainer van Raemdonck (AfD), Barbara Rosenkranz (FPÖ), Thomas Rudy (AfD), Stefan Scheil, Arne Schimmer (NPD), Nicole Schneiders, Eduard Schock (FPÖ), Franz W. Seidler, Ali Reza Sheikh Attar, Wolfgang Thüne, Hans-Thomas Tillschneider (AfD), Michael Vogt, Michael Wolffsohn und Judith Wolter (pro NRW). Beobachter sprechen trotz alledem von einer möglichen „Interview-Falle“, denn es scheint den Verantwortlichen des Magazins wichtig zu sein, „Gesprächspartner zu finden, denen nicht der Geruch des Extremen anhaftet“, vorzugsweise über die politischen Grenzen hinweg.[11]
Ausrichtung
Fachjournalisten für Rechtsextremismus (Anton Maegerle (2010), Andreas Speit (2015) u.a.) und anderen Medienvertretern gilt es als dem rechtsextremen Spektrum zugehörig.[12][13][14][7] Der Welt-Herausgeber und ehemalige Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust sowie Welt-Journalist Per Hinrichs (2010) bezeichnen die Zeitschrift als rechtskonservativ.[15] Laut dem Dossier „Rechte Medien“ (2014) von no-nazi.net, ein Projekt der Amadeu Antonio Stiftung, „verbreitet [das Magazin] Themen aus dem rechtsextremen Spektrum in scheinbar seriöser Aufmachung bis an die Bahnhofskioske.“ Es sei zu einem „Netz aus rechter Propaganda“ zu rechnen.[16]
2010 befand der Historiker Volker Weiß: „Die Zeitschrift [Zuerst!] wird in der Szene als Nachfolger des von Munier aufgekauften faschistischen Traditionsblatts Nation & Europa gehandelt, will aber weit in etablierte Kreise hineinwirken. Das Magazin Zuerst deckt die gleichen Themen ab wie die Junge Freiheit, gibt sich aber journalistisch krawallbereiter.“[17]
Uwe Backes befand 2012, dass die Zeitschrift „zahlreiche apologetische[n] Beiträge[n] zugunsten der autokratischen Regime des Iran und Syriens“ veröffentliche.[18] Nach einem Zeitschriftenporträt von Elmar Vieregge im Jahrbuch Extremismus & Demokratie (2013) artikulierte Munier 2009 mit der „ethnischen Identität“ eine rechtsextremistische Grundhaltung, bestehend aus Fremdenfeindlichkeit und der „Überzeugung [..] Deutschland vor einer tödlichen Bedrohung schützen zu müssen“. Die Zeitschrift sei auf eine „Veränderung der Gesellschaft gerichtet“ und engagiere sich gegen die Zuwanderung von Ausländern. Damit versuche es ein „rechtes Gegenstück“ zum Spiegel zu bilden, bei dem das gesamte rechte Spektrum angesprochen wird. Bestimmte Schwerpunkte neben der Einwanderung hätten eine „besondere Bedeutung für Rechtsextremisten“: Man lehne die etablierten Medien und Parteien ab, befürworte stattdessen eine neue Partei rechts von der CDU (die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) sei hier ein Vorbild), vertrete antiamerikanische Positionen, wende sich gegen die Rechte Homosexueller und die Frauenförderung, instrumentalisiere Linksextremismus und Ausländerkriminalität, verharmlose Rechtsextremismus, relativiere die NS-Zeit und verbreite geschichtsrevisionistische Thesen u.a. die Präventivkriegsthese.[1]
Der Soziologe und Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber[19] (Extremismusforscher) und der Sozialwissenschaftler David Bebnowski[20] (Göttinger Institut für Demokratieforschung) verorten die Zeitschrift im Rechtsextremismus.
Auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW, 2015) bezeichnet die Zeitschrift als rechtsextrem.[21]
Nach dem Sozialwissenschaftler Samuel Salzborn sei die Zeitschrift, die er zu den „periodische[n] Vernetzungsmedien im rechten Spektrum“ zählt, wie auch die National-Zeitung oder Der Schlesier ausgerichtet auf „Massenabsatz in Bahnhofsbuchhandlungen“.[22]
Literatur
- Elmar Vieregge: Zeitschriftenporträt: ZUERST!. In: Uwe Backes, Alexander Gallus, Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 25. Jahrgang 2013, Nomos, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8487-1034-8, S. 211–228.
Weblinks
- Rainer Fromm: Rechte Meinungsmache. Das nationalistische Monatsmagazin "Zuerst". Kulturzeit (3sat), 2. Februar 2010.
- Daniel Bröckerhoff, Tina Schobe: Rechte Propaganda – Vertriebsgeschäft von "Bauer" ( vom 24. September 2012 im Internet Archive), ZAPP (NDR), 18. Januar 2012.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Elmar Vieregge: Zeitschriftenporträt: ZUERST!. In: Uwe Backes, Alexander Gallus, Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 25. Jahrgang 2013, Nomos, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8487-1034-8, S. 211–228.
- ↑ Gideon Botsch: Nation Europa (seit 1951). In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Band 6: Publikationen. Im Auftrag des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. De Gruyter Saur, Berlin u.a. 2013, ISBN 978-3-11-025872-1, 473 (473).
- ↑ Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2009. Kiel 2010, S. 75.
- ↑ Marc Brandstetter: Klatsche für Verfassungsschutz Schleswig-Holstein: Bericht 2012 muss geschwärzt werden. Endstation Rechts, 27. Juni 2013.
- ↑ Andreas Speit: Aus dem Sumpf. In: taz, 21. Dezember 2009, S. 17.
- ↑ a b Hetzblatt “Zuerst”: DGB kritisiert Bauer wegen Rechtspostille. SPON, 29. Dezember 2011.
- ↑ a b Kai-Hinrich Renner: Die Real Film kehrt als Tochter von Studio Hamburg zurück. In: Hamburger Abendblatt, 18. Februar 2012, Nr. 42, S. 20.
- ↑ Andreas Speit: In rechter Gesellschaft. Blick nach Rechts, 9. März 2015.
- ↑ Stephan Braun, Alexander Geisler, Ute Vogt: Die „Junge Freiheit" der „Neuen Rechten". Bundes- und landespolitische Perspektiven zur „Jungen Freiheit" und den Medien der „Neuen Rechten". In: Stephan Braun, Ute Vogt (Hrsg.): Die Wochenzeitung "Junge Freiheit". Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15421-3, S. 22.
- ↑ Robert Scholz: Wechsel an der „Zuerst!“-Spitze – Ochsenreiter wird neuer Chefredakteur. Endstation Rechts, 2. März 2011.
- ↑ Mathias Brodkorb: „Wir müssen die besseren Faschisten sein" - Rechtes Politmagazin „Zuerst!" bittet Kommunarden Langhans zum Gespräch. Endstation Rechts, 31. März 2010.
- ↑ Anton Maegerle: Großspurige Ambitionen. Blick nach rechts, 7. Januar 2010.
- ↑ Andreas Speit: Putin-Berater ist unerwünscht. In: taz, 6. März 2015, S. 7.
- ↑ Tilman Tzschoppe: Wider die "herrschende Meinungsdiktatur der politischen Korrektheit". Netz gegen Nazis vom 16. April 2010.
- ↑ Stefan Aust, Per Hinrichs: Zahlte der Staat für Afrika-Trip von V-Mann Brandt?. In: Welt am Sonntag, 31. August 2014, Nr. 35, S. 5.
- ↑ Dossier: Rechte Medien auf no-nazi.net, ein Projekt der Amadeu Antonio Stiftung, abgerufen am 9. Mai 2015.
- ↑ Volker Weiß: Rechte Verteilungskämpfe: JF gegen Zuerst!. publikative.org, 20. Februar 2010.
- ↑ Uwe Backes: Intellektueller Rechtsextremismus in Deutschland. Dossier Rechtsextremismus, Bundeszentrale für politische Bildung, 14. Dezember 2012.
- ↑ Armin Pfahl-Traughber: Wer oder was ist die "Alternative für Deutschland"? (Rez.). Humanistischer Pressedienst, 7. Mai 2015.
- ↑ David Bebnowski: Die Alternative für Deutschland. Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei. Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-08285-7, S. 2.
- ↑ DÖW: Rosenkranz bei deutschen Rechtsextremen. Neues von ganz rechts, Februar 2015.
- ↑ Samuel Salzborn: Rechtsextremismus: Erscheinungsformen und Erklärungsansätze. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, Nomos (UTB), Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8252-4476-7, S. 55 f.